Titel: | Ueber Gewinnung von Stearin und Oleïn durch Anwendung von Kälte. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 48 |
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Ueber Gewinnung von Stearin und Oleïn durch
Anwendung von Kälte.
Mit Abbildungen auf Tafel
3.
Petit's Apparat zur Gewinnung von Stearin und Oleïn.
Die durch Verseifen von Talg oder Palmöl mittels Kalk abgeschiedenen Fettsäuren
bestehen bekanntlich aus Stearinsäure, Palmitinsäure und Oleïnsäure, wovon erstere
zur Herstellung von Kerzen und letztere zur Gewinnung von Seife oder zum Einfetten
der Wolle benutzt werden. Die Trennung dieser Stoffe geschieht auf mechanischem
Wege, indem man die Fettsäuren in Filterpressen einem starken Drucke unterwirft,
wobei das Oleïn als Flüssigkeit abflieſst, während das Stearin als halbfeste Masse
in der Presse zurückbleibt. Um das Stearin möglichst weiſs zu erhalten, darf die
Temperatur, bei welcher die Pressung stattfindet, nicht unter 18° betragen. Bei
dieser Temperatur geht aber mit dem Oleïn auch ein Theil des Stearins durch die
Filter, was einen Verlust an Stearinausbeute bis zu 15 Proc. ausmachen kann.
Holländische Fabrikanten wurden zuerst auf diesen Verlust aufmerksam und versuchten
denselben zu vermeiden, indem sie den auch in anderen Industriezweigen mit Erfolg
betretenen Weg einschlugen, daſs sie das gewonnene, noch mit Stearin versetzte Oleïn
zum Gefrieren brachten, um durch den Gefriervorgang eine Ausscheidung des Stearins
zu bewirken. Eine holländische Fabrik stellte zu diesem Zwecke eine Eismaschine auf,
welche im Stande war, in der Stunde 5000k Eis zu
erzeugen, und suchte mittels des gewonnenen Eises das in den Lagerkellern
aufbewahrte Oleïn zum Gefrieren zu bringen. Das Verfahren erwies sich hauptsächlich
insofern als unbrauchbar, als die Trennung des Stearins von dem in groſsen Massen
erstarrten Oleïn nicht gelang- auch war dasselbe viel zu kostspielig, da die Kälte
hierbei nur äuſserst schlecht ausgenutzt werden konnte. Das Eis wurde nämlich
einfach in den Kellern aufgestapelt, so daſs es zunächst die Luft und durch diese
erst das Oleïn abkühlen konnte, wobei natürlich ein groſser Theil der Kälte verloren
ging.
An Stelle dieses inzwischen wieder verlassenen Verfahrens ist in neuerer Zeit die
Benutzung eines von Gebrüder Petit in St. Denis
ausgeführten Apparates getreten, welcher nach Armengaud's Publication industrielle, 1886/7
Bd. 31 * S. 3 bei sparsamer Verwerthung der Kälte eine vorzügliche Wirkung erzielt.
Wie aus Fig. 9
Taf. 3 ersichtlich, ist der wesentlichste Theil desselben eine Trommel 4, bestehend
aus zwei guſseisernen Schildern B (vgl. Fig. 10), welche mittels
Stehbolzen zusammengehalten werden und zwischen sich zwei cylindrische Blechwände
halten. Im Inneren der Trommel befindet sich kaltes, von einer Kühlmaschine
kommendes Wasser, welches durch das Rohr C und einen
hohlen Arm D der Trommel zu- und durch einen anderen
Arm abflieſst. Die Trommel wird mittels Zahnkranz und Getriebe von einer Welle E aus in Drehung versetzt; diese Welle treibt zugleich
mittels Excenter eine Pumpe P, welche aus dem Behälter F die erstarrte Masse ansaugt und nach der Filterpresse
drückt. Die äuſsere Mantelfläche der Trommel nimmt bei der Drehung aus dem Troge f, welchem durch Hahn g
das Oleïn zuflieſst, eine dünne Schicht Flüssigkeit auf, welche während einer
Umdrehung erstarrt und schlieſslich bei h von einem
dort angebrachten Schaber abgestreift wird und in den ebenfalls durch kaltes Wasser
gekühlten Behälter F fällt, von wo die Masse nach einer
ebenfalls neuartig ausgeführten Farinaux'schen
Filterpresse gelangt, welche mit Bezug auf Fig. 11 und 12 Taf. 3
vorstehend (S. 22) beschrieben ist.
Die so behandelte Oleïnsäure soll eine Mehrausbeute von 4k auf je 100k verarbeiteten Rohmaterials
gestatten, was einem Gewinne von ungefähr 2,50 M. entspricht. Bei Benutzung eines
Apparates, welcher täglich 3000k Rohmaterial zu
verarbeiten im Stande ist, ergibt dies einen jährlichen Gewinn von 22500 M. Dazu
kommt noch, daſs das von jeder festen Beimengung befreite Oleïn wegen seiner groſsen
Klarheit einen höheren Werth für das Einfetten der Wolle besitzen soll.
Die oben erwähnte holländische Fabrik, welche früher mit einer Eismaschine von
5000k Leistung arbeitete und inzwischen den
beschriebenen Petit'schen Apparat eingeführt hat,
erzielt nun die gleiche Ausbeute mit einer Kältemaschine von 150k Leistungsfähigkeit. (Vgl. auch Kind bez. Beilby 1885 257 * 108. 109.)