Titel: | Einfluss der Leimung, des Holzschliffgehaltes und des Satinirens auf die Festigkeitseigenschaften von Papier; von A. Martens. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 120 |
Download: | XML |
Einfluſs der Leimung, des Holzschliffgehaltes und
des Satinirens auf die Festigkeitseigenschaften von Papier; von A. Martens.
Mit Abbildungen.
Martens, über Festigkeitseigenschaften des Papieres.
In der mechanisch-technischen Versuchsanstalt zu Berlin sind im Anschlusse an die
früher mitgetheilten Versuche über den Einfluſs wiederholter thierischer Leimung auf
die Festigkeit und Dehnung des Papieres (1886 259 472)
weitere Untersuchungen über den Einfluſs der Leimung und des Holzschliffgehaltes auf
die Festigkeitseigenschaften angestellt worden, welche A.
Martens in den Mittheilungen aus den Königl.
technischen Versuchsanstalten, 1886 * S. 40 veröffentlicht. Zu den
Untersuchungen wurden von Drewsen zu Lachendorf bei
Gelle 3 Sorten Schreibpapier, ganz aus Leinen- und Baumwollfasern, ohne Erdezusatz
in je drei verschiedenen Leimungen angefertigt. Als Grundlage für die Vergleiche
dienten die nur mit Pflanzenleim hergestellten Papiere; die übrigen Papiere waren im
Bogen nachträglich 1 bezieh. 2 mal thierisch geleimt.
Die durch 2 maliges thierisches Leimen der Papiere erzeugte Verbesserung ist durchweg
so bedeutend, daſs die mit thierischem Leim nachgeleimten Papiere um eine ganze
Güteklasse (vgl. 1885 258 294) höher stehen als die nur
mit Pflanzenleim hergestellten. Die Zunahme der Reiſslänge beträgt etwa 20 Proc.,
die der Dehnung etwa 10 Proc., während diejenige des Arbeitsmoduls auf etwa 15 bis
35 Proc. bemessen werden kann.
Bezüglich der mehrfach wiederholten Leimung bemerkt Drewsen, daſs sich eine solche nicht lohne, da bei
einem mehr als 2 fachen Leimen zu viel Ausschuſs entstehe. Für eine weitere
wissenschaftliche Untersuchung würde es trotzdem von Interesse sein, ein noch öfter
geleimtes Papier zu erlangen, nicht nur um festzustellen, wie weit man überhaupt im
Stande sein wird, durch die Leimung die Festigkeitseigenschaften zu erhöhen, sondern
vielmehr, um mit einem derartigen Material Versuche über Ausdauerfähigkeit und über
den Einfluſs des Feuchtigkeitsgehaltes anstellen zu können.
Die ferner von Max Sembritzky, Direktor der Papierfabrik
zu Schlöglmühl bei Gloggnitz, für diese wissenschaftlichen Untersuchungen
hergestellten 13 Büttenpapiere lagen ebenfalls zum gröſsten Theile sowohl ungeleimt,
als auch im Stoff mit Harz geleimt, als auch nachträglich im Bogen thierisch geleimt
vor. Wegen der sorgfältigen und zweckmäſsigen Stoffzusammensetzung waren diese
Papiere für die Untersuchungen betreffs des Einflusses des Holzschliffgehaltes
besonders werthvoll. Bis jetzt wurden die Festigkeitseigenschaften nur im
Anlieferungszustande des Papieres untersucht; es wird aber beabsichtigt, den Grad
der Veränderungen durch wiederholte Untersuchungen festzustellen, welchen die
Papiere beim längeren Liegen im Aktenschranke erleiden werden. Die Proben hatten
folgende Stoffzusammensetzung:
Nr.
1
20%
Leinenhadern
80%
Holzschliff
„
2
30
„
70
„
„
3
40
„
60
„
„
4
50
„
50
„
„
5
60
„
40
„
„
6
70
„
30
„
„
7
80
„
20
„
„
8
90
„
10
„
„
9
42,5
„
42,5
„
15%
Erde
„
10
35
„
35
„
30
„
„
11
25
Natronzellstoff
75
„
„
12
50
„
50
„
„
13
75
„
25
„
Die bei den Untersuchungen gewonnenen Zahlenwerthe sind in dem Originalaufsatze
vollständig mitgetheilt. Aus denselben geht hervor, daſs in allen 3 Leimungsgruppen
die Festigkeitseigenschaften: Reiſslänge, Dehnung und Arbeitsmodul, ziemlich
beträchtlich mit wachsendem Holzschliffgehalte
abnehmen. Umstehend sind als Beispiel die Mittelwerthe für einen Holzschliffgehalt
von 10 bis 80 Proc. verzeichnet; die Werthe über a
gelten für das ungeleimte Papier, die Werthe über b für
das mit Harz geleimte, die Werthe über c für das mit
Harz und thierisch geleimte Papier. Wie man sieht, sind in allen 3 Gruppen die
Werthe für die Harzleimung die geringsten; man wird sich hier im Allgemeinen der Müller'schen Ansicht anschlieſsen müssen, daſs die auf
den Fasern sich festsetzenden leimenden Harztheilchen eine innige
„Verfilzung“ hindern.
Die für die Papiere Nr. 9 und 10 erhaltenen Werthziffern ergeben, daſs durch den Erdezusatz der Werth des Papieres unter allen gegebenen
Verhältnissen ganz erheblich zurückgeht (vgl. Hartig:
Einfluſs der mineralischen Füllstoffe, 1884 252 259); zum
Vergleiche dient hierbei das Papier Nr. 4, welches aus gleichen Theilen Leinen- und
Holzschlifffasern ohne Erdezusatz angefertigt ist. Ein Erdezusatz von nur 15 Proc.,
wie er in der Praxis zur Beschwerung des Papieres leider nur zu häufig angewendet
wird, erzeugt schon einen bedeutenden Rückgang der Reiſslänge um etwa 30 Proc.,
während die Dehnung nahezu um 20 bis 30 und der Arbeitsmodul um 40 bis 50 Proc.
abnimmt. Durch einen gröſseren Erdezusatz hat im gegenwärtigen Falle eine weitere
Abnahme im Groſsen und Ganzen nicht mehr stattgefunden. Die doppelte Leimung hat
auch bei diesen Papieren eine ganz wesentliche Steigerung der
Festigkeitseigenschaften im Gefolge gehabt.
Textabbildung Bd. 263, S. 122Reiſslänge; Dehnung;
Arbeitsmodul Die drei letzten Papiere der Sembritzky'schen
Sammlung, die Papiere Nr. 11 bis 13, welche aus Natronzellstoff und Holzschliff hergestellt worden sind, zeigten durchweg
bessere Festigkeitseigenschaften als die gleichwerthigen der Abtheilung Nr. 1 bis 8.
Für nachfolgenden Vergleich ist der Mittelwerth aus den Papieren Nr. 1 und 2 zu
Grunde gelegt, welcher einer Stoffzusammensetzung aus 25 Proc. Leinenhadern und 75
Proc. Holzschliff entspricht. Bei dem gleichwerthigen Natronzellstoffpapier ist im
ungeleimten Zustande die Reiſslänge um 25, der Arbeitsmodul um 18 Proc. gröſser und
die Dehnung um 2,5 Proc. kleiner, beim vegetabilisch geleimten Papiere ist die
Reiſslänge um 11 Proc. gröſser und die Dehnung um 7 Proc. kleiner als beim
Leinenpapier, während bei dem doppelt geleimten Papiere nur die Reiſslänge um 6
Proc. gröſser ist, die Dehnung und der Arbeitsmodul aber um 7 bezieh. 5 Proc.
kleiner sind. Mit zunehmendem Natronzellstoffgehalte wachsen alle
Festigkeitseigenschaften erheblich, besonders die Reiſslänge und der
Arbeitsmodul.
Ob auch hier mit der Zeit sich diese Werthziffern
erheblich ändern, wie
z.B. bei dem SulfitzellstoffpapiereHartig: Sulfit-Zellstoff-Papier, seine
Festigkeits-Eigenschaften und deren zeitliche Veränderung, vgl. 1885 256 436., werden die weiteren in
Aussicht gestellten Untersuchungen lehren.
Im Anschlusse an die früher gegebenen Untersuchungen (1885 258 292) über den Einfluſs des Satinirens auf
die Festigkeitseigenschaften von Papier sind a. a. O. 1886 S. 93 weitere Ergebnisse
veröffentlicht, welche mit einem für die Untersuchungen besonders angefertigten
Maschinenpapiere aus der Papierfabrik Gebrüder Ebart in
Spechthausen erhalten wurden. Von dem Bogen, wie diesen die Maschine lieferte,
wurden zunächst die beiden rauhen Seitenränder abgeschnitten, alsdann wurde der
Bogen der Länge nach in drei gleich breite Streifen zertheilt. Aus jedem der so
erhaltenen Streifen ist alsdann eine gröſsere Anzahl Bogen gleicher Gröſse
herausgeschnitten worden; die Proben kamen zum Theile in dem Zustande zur
Untersuchung, wie denselben die Maschine liefert, zum Theile wurden sie in der
Richtung des Maschinenlaufes schwach und stark satinirt, zum Theile endlich
senkrecht zur Laufrichtung ebenfalls schwach und stark satinirt. Der Papierstoff
setzte sich aus Leinen- und Baumwollfasern zusammen, der Aschengehalt betrug 10,5
Proc.
Die Reiſslänge wächst beim Satiniren durchweg, ganz gleichgültig in welcher Richtung
der Probestreifen aus dem Bogen entnommen, oder in welcher Richtung letzterer
satinirt wurde, und ganz gleichgültig, ob der Versuchsbogen selbst aus dem Rande
oder aus der Mitte des Maschinenbogens geschnitten war. Ein Einfluſs des stärkeren
Satinirens ist im Allgemeinen nicht zu bemerken. Die mittlere Reiſslänge des
Papieres hat durch das Satiniren um etwa 8 bis 9 Proc. zugenommen. Diese Zunahme ist
bei den parallel zum Maschinenlaufe entnommenen Streifen kleiner (etwa 5 Proc.) als
bei den senkrecht zum Maschinenlaufe entnommenen Streifen (etwa 13 Proc.). Der
Unterschied zwischen den Festigkeiten nach den beiden Hauptrichtungen im Papiere ist
also durch das Satiniren geringer geworden, es liegt ein Bestreben nach Ausgleich
vor. Die mittlere Dehnung des Papieres hat keine wesentliche Aenderung erfahren;
hingegen zeigen sich nicht unerhebliche Verschiedenheiten in der Dehnbarkeit nach
den beiden Hauptrichtungen des Papieres. Die Dehnbarkeit in der Richtung parallel
zum Maschinenlaufe hat um etwa 8 bis 9 Proc. abgenommen, während sie in der Richtung
senkrecht dazu um etwa 8 bis 11 Proc. zunahm. Die Papierdicke nimmt durch das Satiniren ganz erheblich ab; Richtung und Grad
des Satinirens läſst aber einen wesentlichen Einfluſs nicht erkennen. Das Gewicht
des Papieres zeigt keine gesetzmäſsige Veränderungen.
Es mag hier noch besonders hervorgehoben werden, daſs es nicht zulässig sein würde,
die angeführten Versuchsergebnisse ohne Weiteres auf ein anderes Papier oder auf
eine andere Maschine anzuwenden, da die Verschiedenheit der Eigenschaften in den
Rand- und Mittelstreifen eines Bogens Maschinenpapier sehr wesentlich, wenn nicht ausschlieſslich von der
Eigenart der Maschine und der Führung des Arbeitsvorganges abhängen.
Es sind ferner noch Erhebungen angestellt worden, innerhalb welcher Grenzen die
Abweichungen der Einzelwerthe für die Festigkeitseigenschaften von den Mittelwerthen
schwanken. Diese Abweichungen betrugen im vorliegenden
Falle sowohl für die Reiſslänge, als für die Dehnung etwa 5 Procent des absoluten
Werthes. Mit Rücksicht hierauf wird man nicht zu weit fehlgreifen, wenn man
vorläufig für die Praxis und für die obigen Untersuchungen etwa einen Spielraum für
die Reiſslänge und für die Dehnung (als Mittel aus beiden Hauptrichtungen und unter
Zugrundelegung von je fünf Versuchen nach jeder Richtung) von etwa ± 5 Proc. als
zulässig annimmt, also Papiere, deren Festigkeitsergebnisse um nicht mehr als ± 5
Proc. bezüglich der Reiſslänge und Dehnung von einander abweichen, als von völlig
gleicher Güte erachtet, wenn sonst alle Eigenschaften und Merkmale der fraglichen
Papiere übereinstimmen.