Titel: Ch. Liernur's Anlage zur Behandlung städtischer Abwässer u.a.
Fundstelle: Band 263, Jahrgang 1887, S. 140
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Ch. Liernur's Anlage zur Behandlung städtischer Abwässer u.a. Mit Abbildungen auf Tafel 8. Liernur's Behandlung städtischer Abwässer u. dgl. Zur Behandlung städtischer Kanalabwässer oder beim Schwemmsystem (vgl. Liernur 1882 244 384)Vgl. ferner L. Hajnis: Historisch-kritische Studien über das Liernur-System mit besonderer Berücksichtigung des Entwässerungssystemes mittels Injectoren. (Prag 1886. Fr. Borovy.) erhaltener, mit menschlichen Abfallstoffen vermengter Spüljauche hat Ch. Liernur in Berlin (* D. R. P. Kl. 85 Nr. 37714 vom 8. December 1885) eine neue Anlage entworfen, in welcher drei verschiedene Apparate vereinigt sind: eine Einrichtung zum Mischen der Abwässer mit den Fällungsmitteln für die festen Stoffe, ein Behälter zur Klärung (also zur Ausscheidung des Düngers in Form eines dicken Schlammes) und eine Abdampftrommel, auf welcher die Trocknung dieses Schlammes und die Zerkleinerung des erhaltenen festen Düngers zu Pulver erfolgt. In der ganzen Anlage wird die Fortbewegung der zu behandelnden Abwässer und des erhaltenen Schlammes nur durch ein natürliches Herabsinken und durch den hydrostatischen Druck, also ohne die Hilfe von Druckpumpen u. dgl. hervorgebracht. Der Klärapparat zeigt noch eine besondere Eigenthümlichkeit, indem bei demselben gewissermaſsen eine Regelung des Abwasserlaufes – abhängig von der Menge der enthaltenen festen Stoffe, also der gröſseren oder geringeren Dauer des Ausscheidens derselben – besteht. In Fig. 9 Taf. 8 ist die ganze Anlage einfach schematisch dargestellt. Die zu behandelnden Abwässer gelangen in den Brunnen A, wo dieselben zur Abhaltung gröberer Körper durch einen Rost b gehen, um dann von der Pumpe B in den Behälter C befördert zu werden. Der Behälter C liegt so hoch, daſs die von demselben ablaufenden Abwässer die ganze Anlage von selbst durchflieſsen. Die Abwässer treten zuerst in das Mischgefäſs D und aus diesem durch den Kanal a aufsteigend in ein zweites Gefäſs D1. Der Kanal a vermittelt, ebenso wie der gleiche Austrittskanal a1, daſs die Abwässer beide Gefäſse D und D1 vollkommen von oben nach unten durchflieſsen müssen, also ordentlich der Wirkung der in diesen vorgesehenen Rührwerke ausgesetzt werden. In die Gefäſse D und D1 treten oben die Fällungsmittel aus den Behältern E und E1 zu und werden die Absperrvorrichtungen c und c1 der Zuleitungen so gewählt, daſs die Zuführung stets im Verhältnisse des Zulaufes der Abwässer erfolgt, also von dem Flüssigkeitsstande in den Behältern E und E1 unabhängig ist (vgl. 1886 262 * 118). In den Klärapparat F gelangen die mit den Fällungsmitteln vermischten Abwässer durch das Rohr d, welches so angeordnet ist, daſs der Austritt aus demselben oben in der Mitte des Apparates F erfolgt. Um das Rohr d ist eine Anzahl concentrischer, abwechselnd von oben und unten in einander tretender Cylinder e und f angebracht und liegen die oberen Ränder der Cylinder f in einer Kegelfläche bis zu der an der äuſseren Wand von F herumführenden Ablaufrinne g. Die unteren Ränder der Cylinder f sind durch Kegelringe derart mit einander verbunden, daſs an den Verbindungsstellen i ein schwacher ringförmiger Bodenspalt bleibt. Die dem Mittelrohre d entströmende Flüssigkeit kann also bei Schluſs dieser Spalte i nur nach einem schlangenförmigen Durchlaufen der einzelnen zwischen den Cylindern e und f gebildeten Ringräume nach dem Abflüsse g gelangen. Der Zweck dieser An Ordnung besteht darin, die Flüssigkeit zur Aasscheidung der fällbaren Stoffe innerhalb eines kleinen Raumes einen langen Weg zurücklegen zu lassen, sowie die Stromgeschwindigkeit bezieh. die für diese Ablagerung erforderliche Zeitdauer regeln zu können. Je weiter man die Cylinder von einander setzt, um so langsamer wird die Bewegung, und umgekehrt. Die sich niederschlagenden Stoffe lagern sich in den trichterförmigen Winkeln am Boden der Cylinder und verstopfen die Spalten. Nur wenn keine ablagerungsfähigen Stoffe mehr in dem Wasser vorhanden sind, wird kein Verschluſs mehr gebildet werden und keine fallende und steigende Bewegung des Wassers mehr auftreten, dann aber wird dieselbe unnöthig sein. Der in den Spalt gelangende Schlamm kann nur so lange unbeweglich sein, als die Reibung desselben gegen die Spaltwandungen fähig ist, dem Flüssigkeitsdrucke Widerstand zu leisten. Je steifer der Schlamm ist, desto gröſser müssen die Höhen der Wasserstände in den Ablagerungsräumen sein. Die in der Fig. 9 angedeutete Cylinderbodenverbindung ist für den Fall gedacht, daſs die Spüljauchen eine hinreichend groſse Menge ablagerungsfähiger Stoffe zur Füllung der durch diese Verbindung entstandenen Spaltreihe enthalten. Ist solches bei der anwendbar engsten Spaltbreite nicht der Fall, so kann die Spaltreihe dadurch vermindert werden, daſs die Spalten nicht, wie in Fig. 9 angegeben, an der äuſseren Wand der cylinderförmigen Kammer, sondern an der inneren Wand, nach dem Mittelrohre d hin, gebildet werden. Ist das richtige Verhältniſs auch auf diese Weise nicht zu erreichen, indem die Menge der ablagerungsfähigen Stoffe eine sehr geringe sein kann, so muſs zu der in Fig. 8 dargestellten Anordnung gegriffen werden: Hier sind die Böden trichterförmig zusammengeführt und haben an der tiefsten Stelle eine Oeffnung i, deren Gröſse gerade hinreicht, um mit knapper Noth die in dem Wasser enthaltenen ablagerungsfähigen Stoffe bezieh. den gebildeten Schlamm durchzulassen. Diese Oeffnungen sind über einander angebracht, so daſs sie einander speisen. Zur beliebigen Vermehrung des für das Durchdrücken des Schlammes durch die Oeffnungen i nöthigen Flüssigkeitsstandes ist das Oberende des Speiserohres d mit einem stellbaren Aufsatzstücke d1 versehen. Auch kann die Gröſse der Oeffnungen i dadurch geregelt werden, daſs in denselben ein kegelförmiger Stift angebracht wird, der von oben aus senkrecht bewegt werden kann. Die übrigen sich an diesen Apparat anschlieſsenden Einrichtungen sind dieselben, wie in Fig. 9 dargestellt. Die Höhe und Breite der von den Cylindern e und f gebildeten Ablagerungsgänge ist so zu regeln, daſs die zu klärende Menge stetig durchflieſsen kann, ohne daſs dieselbe im Auf- und Abgehen eine gröſsere Durchschnittsgeschwindigkeit als einige Millimeter in der Secunde erlangt, während die Anzahl der Auf- und Niedergänge so zu bemessen ist, daſs das Wasser völlig geklärt zum Ablaufe kommt und es sich danach bloſs noch um die Reinigung desselben von noch gelöst vorhandenen Stoffen handelt. Zur Abscheidung der letzteren dient der Apparat G, in welchen die Flüssigkeit unmittelbar aus dem Klärapparate F tritt. Der Apparat G besteht aus einer Anzahl mit absorbirenden Stoffen (z.B. Torfgrus) gefüllter Kammern k, in welchen die Flüssigkeit immer wie vorher von unten nach oben flieſsen muſs, um in die nächstfolgende Kammer gelangen zu können. Die absorbirenden Stoffe sind in einer Anzahl senkrecht neben einander stehender Kasten untergebracht, damit dieselben, wenn gesättigt, mit Leichtigkeit zu entfernen und zu erneuern sind. Die Kasten, aus welchen das Wasser zum Ablaufe hervorquillt, sind mit von Rahmen gefaſstem Filztuch abgedeckt, damit mitgerissene Torffasern zurückgehalten werden. Die Anzahl der Kammern k kann in der Richtung des Abflusses beliebig vermehrt werden; auch hier ist das Zurücklegen eines sehr langen Weges für das zu reinigende Wasser innerhalb eines sehr beschränkten Raumes möglich geworden. Dabei braucht die Reihe, in welcher die Kammern stehen, keine gerade Linie zu bilden, sondern sie kann jeder beliebigen Linie folgen, so daſs der Apparat an jeder sonst nicht zu verwerthenden Stelle der Anstalt untergebracht werden kann. Wenn eine Erneueruug der Füllung nöthig ist, können die gesättigten Stoffe in den Behälter C geschüttet werden, damit sie zur Pulverisirung mit dem Schlamme auf den Trockencylinder H gelangen. Der in dem Klärapparate F abgelagerte Schlamm wird durch das Rohr l in Folge des Flüssigkeitsdruckes abgeführt und es wird hierdurch erreicht, daſs das erhaltene Product stets von der gröſsten Dichtigkeit, ohne erhebliche Beimischung der wässerigen Masse der höher liegenden Schichten, ist. Bisher hat man dies durch das Anschlieſsen einer sogen. Breipumpe an den untersten Theil von F zu erreichen gesucht, machte aber dabei die Erfahrung, daſs die Steifheit des Breies eine richtige Wirksamkeit der Pumpenventile verhinderte, obschon nicht einmal nur die untersten, sondern zugleich die höher liegenden, mehr wässerigen Stoffe abgezogen wurden, und man sah sich demzufolge zu der Anwendung von Becherwerken, Schneckenpumpen u. dgl. gezwungen, die auch sehr wässerige Massen nach oben fördern. Alle diese Nachtheile werden durch Anwendung des einfachen Rohres l vermieden. Der Schlamm gelangt aus dem Rohre l in den Vertheilungstrog T und von diesem aus auf den umlaufenden, mit Dampf gespeisten Cylinder H, auf welchem er abgedampft und pulverisirt wird. Das Auftragen des Schlammes geschah bei älteren Liernur'schen Anlagen an der Unterseite des Cylinders H mittels einer mit Bürsten versehenen Walze, welche den Schlamm aus einem Troge aufnahm und auf den Cylinder auftrug. Dabei waren die Geschwindigkeiten von Walze und Cylinder so geregelt, daſs die Bürsten den Schlamm lange genug gegen den Cylinder andrückten, um ein theilweises Anbacken und dadurch ein genügendes Anhaften zu erreichen. Die Erfahrung aber zeigte, daſs dazu Bürsten mit ziemlich langen Haaren nöthig waren und daſs diese wegen ihrer leichten Biegsamkeit ein sehr kräftiges Andrücken erforderten, zufolge dessen sie einer raschen Abnutzung ausgesetzt waren. Auſserdem hatte diese Anordnung trotz aller Vorsicht in der Regelung der gegenseitigen Drehungsgeschwindigkeiten den Uebelstand, daſs, wenn unter der Schlammschicht Dampf sich entwickelte, der nicht sofort durch dieselbe hin entweichen konnte, ausgedehnte Schichtstücke von dem Cylinder abgehoben wurden, die in den Trog zurückfielen, so daſs leere Stellen auf dem Cylinder entstanden, welche eine verlustbringende Wärmeausstrahlung zur Folge hatten. Alle diese Nachtheile sollen durch die in Fig. 9 angedeutete Anordnung beseitigt werden. Der Schlamm wird oben auf dem Cylinder H derart zugeführt, daſs er sich daselbst zu einer Schicht ansammelt, deren Stärke in der Richtung der Cylinderdrehung allmählich abnimmt und schlieſslich die gewünschte wird, mit welcher der Schlamm getrocknet werden soll. Das Anhaften wird alsdann durch ein allmähliches Anbacken gesichert, ohne daſs ein etwaiges Abfallen der Masse zu befürchten ist. Der Winkel, von welchem die Masse auf dem Cylinder aufgenommen wird, kann auf verschiedene Weise gebildet werden. Ein um eine Achse o drehbarer Schlammhalter p drückt theils durch eigene Schwere, theils durch das Gewicht q gegen den Trockencylinder, während die Unterkante u messerartig geschärft ist, so daſs alle etwa von der Pulverisirwalze r nicht abgeschlagenen Stoffe, welche ein dichtes Anschlieſsen des Schlammhalters verhindern, abgeschabt werden. Zur Beschleunigung der Trocknung wird Luft in groſser Menge den Cylinder entlang geführt, indem die Dunstesse S mit einem Sauger in Verbindung gebracht wird. Die Luft tritt unten ein, nimmt alle auf dem Cylinder entstehenden Dünste auf und wird behufs Reinigung nach dem Dampfkesselherd abgeführt. Der fertige Dünger wird in kleinen Wagen aufgefangen und kann alsdann ohne Weiteres für die Versendung in Säcke verpackt werden. Auf dem Behälter C und dem Klärapparate F sind Dome R angebracht, mittels welchen dieselben in Verbindung mit der atmosphärischen Luft stehen, ohne Gefahr einer Verunreinigung der letzteren durch aufsteigende Gase oder Mikroorganismen, indem der Raum h mit Gas aufsaugenden Stoffen (z.B. Holzkohle) und das Austrittsrohr z mit Baumwolle gefüllt ist.

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