Titel: | Bell's Schiffsschraube mit drehbaren Flügeln. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 170 |
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Bell's Schiffsschraube mit drehbaren
Flügeln.
Mit Abbildungen auf Tafel
9.
Bell's Schiffsschraube mit drehbaren Flügeln.
Schrauben mit drehbaren Flügeln sind mehrfach construirt worden, um den Widerstand
des Schiffes beim Segeln möglichst herabmindern zu können. Namentlich zu Beginn der
Befahrung der Meere mit Dampfschiffen muſste dies als eine Sache von höchster
Wichtigkeit erscheinen, da man ursprünglich die Dampfkraft nur als Aushilfe
betrachtete und soviel als möglich mit den Segeln fuhr. Nun hat zwar die Praxis sehr
bald für Handelsschiffe diese Anwendung des Dampfes als Hilfskraft verlassen und
dürften Segeldampfschiffe für Handelszwecke heute kaum noch vorkommen; um so mehr
aber müssen gewisse Kriegsschiffe als Segler und Dampfer gleich vollkommen sein.
Insbesondere sind die Kreuzer bei ihren weiten Reisen in hervorragender Weise auf
die Segelkraft angewiesen, da der Kohlenvorrath, den ein Kriegsschiff mitnehmen
kann, immer nur ein beschränkter ist und für ungünstiges Wetter und
Gefechtsbereitschaft geschont werden muſs. Allerdings hat man hier meistens die
Schraube zum Lichten eingerichtet und windet dieselbe ganz aus dem Wasser heraus;
doch würde eine zuverlässige Anordnung zum Drehen der Schraubenflügel, welche die
immerhin umständliche und ziemlich zeitraubende Arbeit des Aufholens vermeiden läſst
und dabei den platzraubenden Schraubenbrunnen entbehrlich macht, gewiſs häufig
vorgezogen werden, wenn auch der Widerstand hierbei nicht ganz so weit
herabgemindert wird als bei aufgeholter Schraube. Die meisten Ausführungen von
Schrauben mit drehbaren Flügeln leiden aber an allzu groſser Umständlichkeit,
Zerbrechlichkeit und Unzuverlässigkeit des Mechanismus; auch muſs das Drehen meist
mit Menschenkraft vorgenommen werden und geht daher ebenfalls ziemlich langsam vor
sich. Es muſs als wesentlichster Vortheil der nachfolgend nach den Industries, 1886 Bd. 1 * S. 460 beschriebenen Bell'schen Schraube angesehen werden, daſs bei
derselben die Drehung der Flügel durch die Betriebsmaschine selbst erfolgen kann;
auch macht die ganze Anordnung einen vergleichsweise einfachen und kräftigen
Eindruck, soweit letzteres bei der durch die Kleinheit der Nabe gebotenen Kürze der
Flügelzapfen überhaupt möglich ist. Als weiterer Vorzug der Bell'schen Anordnung wird angeführt, daſs dieselbe nicht bloſs auf
zweiflügelige Schrauben, sondern ebenso gut auch auf drei- oder vierflügelige
Schrauben angewendet werden kann.
Wie aus Fig. 15 bis 17 Taf. 9
hervorgeht, sind die Flügel mit abgestumpft kegelförmigen Zapfen und flanschen
artigen Verbreiterungen in die Nabe eingepaſst und werden durch in die Ringnuth des
Zapfens eingelegte Ringstücke W festgehalten. Diese
Ringstücke sind senkrecht zur Zapfenachse getheilt, damit bei Abnutzung des Zapfens
eine Nachstellung desselben durch Zwischenlagen zwischen die durch Schlitzschrauben
vereinigten Ringstückhälften erfolgen kann. Die Ringstücke werden von einem quer
durch den Flügelzapfen gesteckten Keil X in richtiger
Stellung zum Zapfen erhalten. An dem einen Ende ist dieser Keil dann mit einer
Anzugsschraube versehen, während das andere Ende einen Bolzen parallel zur Achse des
Flügelzapfens trägt. So ist der Flügel sicher gehalten, läſst sich aber noch um etwa
90° hin und her drehen. Diese Drehung geht von der centrisch in der Schraubenwelle
gelagerten Zugstange C aus. deren Kreuzkopf Z durch kurze Lenkerstangen x mit den Bolzen der Querkeile X in
Verbindung gebracht ist. Durch Ausschieben oder Einziehen der Zugstange C können daher alle Flügel zugleich in einem wie in
anderem Sinne gedreht werden und es handelt sich nur noch darum, in welcher Weise
die Zugstange C bewegt wird. Dies erfolgt vom
Wellentunnel aus mittels der in Fig. 13 und 14 Taf. 9
besonders; herausgezeichneten Vorrichtung.
Die Zugstange C ist nämlich bis zur
ersten Kuppelung durchgeführt und hier mit einem flachen Gewinde versehen, auf
welchem eine in der entsprechend verstärkten Flansche der Schraubenwelle gelagerte
Mutter sitzt. Letztere trägt einen Zahnkranz, in welchen eine Schraube ohne Ende
eingreift, deren Spindel die Achse des Wellenstranges rechtwinkelig kreuzend
gleichfalls in der verstärkten Flansche der Schraubenwelle ihre Lagerung findet. Ein
auf dem aus der Flansche herausragenden Ende der Schneckenspindel sitzendes kleines
Stirnrad greift in ein zweites ein, welches sich um einen auf dem Umfange der
Flansche senkrecht zur Achse des Wellenstranges befestigten Bolzen dreht und mit
einem Kegelrade zusammengegossen ist. Dieses Kegelrad steht im Eingriffe mit einem
an den Ring K angegossenem Zahnkranze I. Der Ring K ist um die
Flansche der Schrauben welle drehbar und es ist nun leicht einzusehen, wie jede
Verdrehung desselben gegen die Drehung der Schraubenwelle durch das Kegelrad das
Stirnräderpaar und die Schraube ohne Ende auf die Mutter der Zugstange C übertragen wird und so eine Verschiebung der
letzteren zur Folge hat. Die Drehung des Ringes K kann
bewirkt werden durch Hebel, welche in die Löcher k des
Ringes K eingesetzt werden. Wenn aber die Maschine im
betriebsfähigen Zustande ist, wird der Ring K durch
eine um denselben gelegte Bandbremse festgehalten, während man die Schraubenwelle im
entsprechenden Sinne umlaufen läſst. Um hierbei ein Ueberdrehen der Flügel zu
verhüten und die Stellung derselben leicht ersehen zu können, ist mit dem Ringe K eine Büchse S mit
Muttergewinde verbunden, in welche sich ein auf der Schraubenwelle mit Nuth und
Feder verschiebbarer Ring N hineinschraubt. Der
Stellung des letzteren entspricht offenbar die Stellung der Schraubenflügel, welche
daher durch einen vom Ringe N aus bewegten Zeiger an
passender Stelle leicht kenntlich gemacht werden kann. Auſserdem läſst der Ring N in dem Augenblicke, in welchem die Flügelflächen
parallel zur Achse des Schiffes stehen, eine Glocke ertönen, um dem Maschinisten ein
Zeichen zu geben.
Geht, was die Erfahrung allerdings erst noch zeigen muſs, das Drehen der
Schraubenflügel durch die Maschine mit der erforderlichen Zuverlässigkeit vor sich,
so würde diese Einrichtung vor der aufholbaren Schraube den Vorzug haben, daſs man
selbst in Erwartung eines Sturmes oder Gefechtes unter Segeln mit aufgebänktem Feuer
fahren kann, da das Klarmachen der Schraube im Falle der Noth sehr rasch und durch
das Maschinenpersonal allein erfolgt und also die ganze Deckmannschaft zur
Ausführung der Segelmanöver u. dgl. verfügbar ist. Auch läſst sich die Steigung der
Schraube den Umständen entsprechend während der Fahrt verändern, was in manchen
Fällen nicht unerwünscht sein kann.