Titel: | Stahldraht von besonders hoher Festigkeit. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 184 |
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Stahldraht von besonders hoher
Festigkeit.
Mit Abbildungen.
Stahldraht von besonders hoher Festigkeit.
Percy hat im Iron and Steel
Institute über seine Untersuchungen von besonders festem Stahldraht
Mittheilungen vorgetragen, welche im Engineering, 1886
Bd. 42 S. 86 ausführlicher wiedergegeben sind. Der Draht, welcher unter dem Namen
„Fowlers Special“ in den Handel kommt,
wird von John Fowler und Comp. in Leeds zur Herstellung
von Stahldrahtseilen für Kraftübertragungen bei landwirthschaftlichen Maschinen
angewendet; er ist hart und bricht um 180° gebogen, ohne eine Spur von Korn auf der
Bruchfläche zu zeigen. Das specifische Gewicht der Drahtstücke betrug 7,814 vor und
7,808 nach dem durch Zug hervorgebrachten Bruche; nach dem Ausglühen zeigte sich das
specifische Gewicht von 7,808 auf 7,840 gewachsen. Die chemische Analyse ergab:
Kohlenstoff
0,828 Proc.
Magnesium
0,587
Silicium
0,143
Schwefel
0,009
Kupfer
0,030
Phosphor, Chrom, Titan, Wolfram waren nicht
nachzuweisen. Ueber die Herstellungsweise des Drahtes ist nichts mitgetheilt.
Ein Probestück von 1m,26 Länge
und 2mm,36 Durchmesser wies eine Bruchspannung von
242k/qmm und
eine Dehnung von 1,5 Proc. auf; die Elasticitätsgrenze lag bei 87k/qmm. Weitere
Proben ergaben bei 2m,54 Länge und:
einem Durchmesser von
3,4
4,0
4,9mm
als
Spannung an der Elasticitätsgrenze
125
63,5
48,5k/qmm
„
Bruchspannung
180
157
141
„
Bruchdehnung
0,4
0,9
0,5 Proc.
Eine weitere Reihe von 35 Drähten, deren Durchmesser zwischen 0,49
und 0mm,51 schwankte, zeigte eine mittlere
Bruchspannung von 253k/qmm, bei einer Dehnung von 1,2 Proc; einige Drähte von 0mm,76 Dicke brachen sogar erst bei 258k/qmm.
Aus diesen Versuchen geht hervor, daſs die Zugfestigkeit mit abnehmender Dicke des
Drahtes schnell wächst, während für die Bruchdehnung eine Gesetzmäſsigkeit sich
nicht erkennen läſst; sie ist von der Drahtdicke wenig abhängig. Man kann daher bei
den fraglichen Drähten vielleicht annehmen, daſs durch irgend eine Bearbeitungsweise
eine oberflächliche Härtung bewirkt worden ist, durch welche sich die Zugfestigkeit
der gehärteten Schicht erhöht hat. In der Regel ist mit einer derartigen Härtung eine Verminderung der
Bruchdehnung verknüpft, welche zur Folge hat, daſs der äuſsere und der innere Theil
nicht mehr zugleich brechen, daſs also die Festigkeit des inneren Theiles nicht
völlig ausgenutzt wird, wodurch die Tragfähigkeit des Ganzen sogar verringert werden
kann. Besitzt aber der verwendete Rohstoff die Eigenschaft, eine Erhöhung der
Zugfestigkeit durch äuſsere Bearbeitung bei unveränderter
Bruchdehnung zuzulassen, so muſs eine solche Bearbeitung eine Erhöhung der
Tragfähigkeit zur Folge haben, weil nun die gesammte Tragkraft des Stabes gleich ist
der Summe der Bruchspannungen des mittleren und des äuſseren Querschnitttheiles.
Wenn auch jedenfalls der Uebergang von dem äuſseren, tragfähigeren
zum inneren, weniger festen Theile des Querschnittes allmählich erfolgt, so darf
doch näherungsweise und zur Ermöglichung einer einfachen Rechnung die Annahme
gemacht werden, daſs sich die Spannungen nach dem in Fig.
1 dargestellten Gesetze vertheilen, daſs in dem äuſseren ringförmigen
Theile überall die künstlich erhöhte Bruchspannung k2 der gehärteten Schicht von der Dicke 0,5 δ herrsche, während in allen Punkten des mittleren
Flächentheiles vom Durchmesser d – δ nur die
ursprüngliche Zugfestigkeit des Stoffes entsprechende Bruchspannung k1 auftritt. Die
mittlere Zugfestigkeit k des Stabes ergibt sich dann
zu:
k=k_1+(k_2-k_1)\,\left(2-\frac{\delta}{d}\right)\,\frac{\delta}{d}.
Lassen sich die Werthe k, k1 und k2 durch Versuche bestimmen, so kann man hiernach die
Dicke δ der gehärteten Schicht berechnen; man erhält:
\frac{\delta}{d}=1-\sqrt{\frac{k_2-k}{k_2-k_1}}.
Fig. 1., Bd. 263, S. 184Fig. 2., Bd. 263, S. 184H. Zimmermann führt in dem Centralblatt der Bauverwaltung, 1886 S. 371 diese Rechnung aus, zuerst
unter der Annahme, daſs die Dicke 0,5 δ der
Härtungsschicht unabhängig ist von der Stabdicke. Er
bekommt aber dann für die Zugfestigkeit des ungehärteten Stahlkernes
unwahrscheinliche Werthe, so daſs man also eine unveränderliche Dicke der
Härtungsschicht nicht annehmen darf. Zimmermann macht
deshalb für eine zweite Berechnung die Annahme, daſs die Dicke 0,5 δ der Härtungsschicht von einem noch zu bestimmenden
gröſsten Werthe an bei zunehmender Stabdicke stetig
abnehme. Er legt für k1 den unveränderlichen Werth 133 und für k2 253k/qmm zu Grunde
und berechnet nun rückwärts aus k und d die zugehörigen Werthe δ. Fig. 2 zeigt diese Abhängigkeit der Dicke
der Härtungsschicht von der Drahtdicke; der gröſste Werth δ der Härtungsschicht ist in diesem Falle 1mm,36; unter 1mm,36 würde also immer
volle Härtung eintreten.