Titel: | Sauerstoffübertragung und lösende Wirkung von flüssigen Kohlenwasserstoffen auf Metalle; von C. Engler und Ed. Kneis. |
Autor: | C. Engler, Ed. Kneis |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 193 |
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Sauerstoffübertragung und lösende Wirkung von
flüssigen Kohlenwasserstoffen auf Metalle; von C. Engler und Ed. Kneis.
Engler u. Kneis, Wirkung flüssiger Kohlenwasserstoffe auf
Metalle.
Im J. 1866 theilte SchönbeinJournal für praktische Chemie, 1866 Bd. 98 S.
264. Siehe ferner daselbst Bd. 100 S. 469. Bd. 102 S. 145. die
Beobachtung mit, daſs der Sauerstoff der Luft durch Berührung mit Terpentinöl, Erdöl
u.a. flüssigen Kohlenwasserstoffen in einen „beweglichen,“ d.h. chemisch
wirksameren Zustand versetzt werde, so daſs er nun oxydirende Wirkungen zeige, die
der gewöhnliche Sauerstoff nicht auszuüben vermag. Der Sauerstoff geht dabei
theilweise in das betreffende Oel und bildet mit demselben Verbindungen
(„Autozonide“), welche ihren Sauerstoff ebenfalls nur lose gebunden
enthalten und deshalb auch leicht wieder an andere oxydirbare Stoffe abgeben,
während ein anderer Theil in der über den Oelen befindlichen Luft als Ozon sich
befindet. Beobachtungen, durch welche die reichhaltigen Versuchsergebnisse Schönbeins in gleichem Sinne ergänzt werden, theilen
später FudakowskyBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1873 Bd. 6 S. 106., SchaerDaselbst 1873 Bd. 6 S. 406. u.a. mit. Ganz besonderes Interesse
aber verdienen die Versuche Schiel'sDaselbst 1879 Bd. 12 S. 507., denen zu Folge Natrium, Thallium,
Blei und andere Metalle unter einer Schicht von Petroleumäther rasch zu Metalloxyden
oxydirt werden, wobei wohl eine theilweise Lösung des Metalles in dem Oele eintritt,
die Hauptmenge des gebildeten Oxydes dagegen in unlöslicher Form abgeschieden wird.
In Zusammenhang mit diesen Wahrnehmungen steht ohne Zweifel die Beobachtung Macadam'sNach dessen Vortrage in der Zeitschrift für chemische
Großindustrie, 1879 Bd. 3 S. 28., wonach das Erdöl aus
Blei haltigen Metallbehältern soviel Blei aufnehme, daſs dadurch seine Leuchtkraft
in Folge kohliger Ausscheidungen am Dochte erheblich beeinträchtigt werde. Er warnt deshalb vor
Aufbewahrung des Erdöles in verbleiten Gefäſsen, in Cisternen, welche mit Blei
ausgeschlagen, oder auch nur mit Blei haltigem Loth verlöthet sind.
Durch das patentirte Verfahren von E. Schaal in
Stuttgart (vgl. 1885 258 * 230) der Darstellung von
Seifen durch Oxydation von Mineralölen bei Gegenwart von freiem Alkali, durch die
von KrämerSitzungsbericht des Vereins zur Beförderung des
Gerwerbefleißes, 1885 S. 288. mitgetheilten
interessanten Versuche über den Grad der Oxydation erwärmten Erdöles durch Luft,
auch durch die Mittheilung Markownikoff's und Ogloblin'sBerichte der deutschen chemischen Gesellschaft,
1883 Bd. 16 S. 1873., daſs Metalloxyde durch Erdöl nur in
Gegenwart Sauerstoff haltiger Verbindungen gelöst werden, sowie endlich durch die
zahlreichen Versuche der Verwendung der Dämpfe von Terpentinöl, Erdöl u.s.w. in
Vermischung mit Luft zum Bleichen verschiedenartiger Stoffe haben jene früheren
Beobachtungen Schönbein's u.a. erneute Bedeutung
gewonnen; sie bilden bis zu einem gewissen Grade einen Schlüssel für viele bei der
praktischen Verwendung flüssiger Kohlenwasserstoffe hervortretenden und verwertheten
Eigenschaften. Immerhin jedoch sind die Bedingungen, unter denen jene
verschiedenartigen Erscheinungen – oxydirende und bleichende Wirkung der Oele und
ihrer Dämpfe, Bildung von Säure aus den Kohlenwasserstoffen, Uebertragung des
Sauerstoffes durch die Oele an Metalle und andere Stoffe, ohne selbst Säure zu
bilden, Lösung der Metalle nach Macadam u.a.m. – bis
jetzt noch nicht in genügenden Zusammenhang gebracht und wir hatten es deshalb schon
vor einigen JahrenSiehe bei E. Kneis' Inauguraldissertation: Ueber die Wirkung des Sauerstoffgases auf flüssige
Kohlenwasserstoffe. (Freiburg i. B. 1880.) unternommen,
jene Bedingungen genauer zu studiren und in ihren Wirkungen zu verfolgen. Ganz
besonders waren es aber die schon erwähnten Versuche Macadam's und Schiel's, welche uns eine
solche Untersuchung nothwendig erscheinen lieſsen.
Wir sagten uns, die Löslichkeit der Metalle in flüssigen Kohlenwasserstoffen ist ohne
Zweifel nur eine Folge ihrer Oxydation zu Metalloxyden, welch letztere alsdann von
den Säuren gelöst werden, die sich aus den Kohlenwasserstoffölen ebenfalls durch
Oxydation mit Luftsauerstoff gebildet haben. Um diesen Satz auf seine Richtigkeit zu
prüfen, setzten wir zunächst verschiedene Metalle, zumeist das für diese Versuche am
besten geeignete Blei, unter Schichten von Terpentinöl,
Harzöl und Erdöl der Wirkung der Luft in flachen Schalen, also mit gröſstmöglicher
Oberfläche, aus und stellten nach bestimmten Zeiten die Menge des gelösten Metalles
fest. Aehnliche Versuche wurden dann noch in theilweise (capillar) verschlossenen
Flaschen, sowie unter gänzlichem Luftabschlüsse durchgeführt und endlich wurde auch
die Löslichkeit einiger fettsauren Salze in Kohlenwasserstoffölen unmittelbar
ermittelt.
1) Wirkung der Kohlenwasserstofföle auf
Metalle an freier Luft.
Bei dieser ersten Versuchsreihe wurden meist 150g
des zerkleinerten Metalles in flachen Schalen mit 700g amerikanischem Erdöl des Handels überschichtet an der Luft bei
Zimmerwärme stehen gelassen, von dem Oele nach Verlauf von 2, dann 8 und 14 Tagen, 1
und 4 Monaten Probe gezogen und genau auf gelöstes Metall geprüft. Es zeigte sich,
daſs nach Verlauf eines Monates in dem Erdöle auch noch keine nachweisbaren Mengen
der darin gelegenen Metalle – Blei, Kupfer, Zink, Zinn, Magnesium – enthalten und
daſs erst nach 4 Monaten, wobei das verdunstende Oel stetig ersetzt worden war,
Spuren von Blei und von Kupfer in Lösung gegangen waren. Zink, Zinn und Magnesium
lieſsen sich auch nach 4monatlicher Einwirkung nicht einmal in Spuren erkennen.
Natrium endlich verliert zwar unter den angegebenen Bedingungen schon nach einigen
Stunden seinen Metallglanz, nimmt aber erst nach 8 bis 10 Wochen das bekannte
schmutziggelbe Aussehen an, durch welches das längere Zeit in Erdöl aufbewahrte
Natrium immer gekennzeichnet ist; die Menge des gelösten Metalles ist dabei
ebenfalls so gering, daſs sie sich nicht bestimmen läſst. Auch aus Erdöl, in welchem
schon seit einigen Jahren Natrium aufbewahrt war, lieſs sich mit Salzsäure kein
Chlornatrium ausschütteln.
Bezüglich einzelner Fractionen des Erdöles konnte
festgestellt werden, daſs bei gleicher Behandlung, wie oben beschrieben, der unter
230° siedende Theil nach 4 Monate langer Einwirkung auf Blei noch keine bestimmbaren
Mengen, der von 230/300° siedende 0,0026 Proc., der über 300°. siedende Theil aber
0,0244 Procent seines Gewichtes an Blei gelöst hatte.
Unter Anwendung von je 50g
frisch destillirten Terpentinöles und 20g Bleischnitzel fanden sich nach 8tägiger
Einwirkung noch keine bestimmbaren Mengen, nach 14tägiger Einwirkung 0,0722 Proc.
Blei in dem Oele gelöst. Altes Terpentinöl löst Blei
ungleich rascher: nach 8tägiger Einwirkung enthielt es bei unserem Versuche schon
0,0522 Proc. Blei und auſserdem hatte sich ein rother Körper ausgeschieden, welcher
sich als organische Bleiverbindung erwies. Zählt man das in letzterer enthaltene
Blei noch hinzu, so waren 0,0752 Proc. Blei oxydirt bezieh. gelöst. Der gleiche
Versuch ergab nach 14tägiger Einwirkung 0,1435 Proc. gelösten und 0,2468 Proc. in
Gestalt jener rothen Verbindung ausgeschiedenen Bleies, im Ganzen also 0,3903
Proc.
Frisch destillirtes und altes Terpentinöl, unter im Uebrigen gleichen Bedingungen auf
dem Wasserbade mit eingelegten Bleischnitzeln erwärmt
ergab Procent gelöstes Blei:
In frischem Oel
In altem Oel
Nach
2
tägiger
Einwirkung
0,085
0,578
„
8
„
„
0,265
0,982
„
14
„
„
0,715
1,851
Ganz die gleichen Versuche wie mit Terpentinöl wurden auch mit frisch gereinigtem (mittels Natronlauge u.s.w.) und an der Luft einige Zeit gestandenem käuflichem Harzöle
durchgeführt, wobei in 100 Th. des Oeles die folgenden Gewichtsmengen Blei gelöst
waren:
Bei gewöhnl Temperatur
Auf dem Wasserbade
nach 8 Tag
14 Tag
nach 2 Tag
8 Tag
14 Tag
Frisch gereinigtes Harzol
Spuren
0,024
0,130
0,380
0,880
An der Luft gestandenes Harzol
0,073
0,185
0,670
1,190
2,711
Im Gegensatze zu den Versuchen mit Erdöl und mit Terpentinöl blieb bei den Versuchen
mit Harzöl das Metall auch nach langer Einwirkung stets vollkommen blank, woraus
vorläufig zu schlieſsen ist, daſs die Oxydation des Harzöles zu Säuren, welche das
gebildete Metalloxyd lösen, mindestens ebenso rasch vorwärts schreitet als diejenige
des Metalles selbst, während bei ersteren Versuchen die gebildete Säure nicht
ausreicht, um das gleichzeitig entstehende Metalloxyd aufzulösen. In Erdöl und in
Terpentinöl überziehen sich deshalb auch die eingelegten Metalle immer mit einer
Oxydschicht.
Um den Einfluſs noch höherer Temperaturen und eines
Ueberschusses an Luft auf Lösung und Oxydation der Metalle durch flüssige
Kohlenwasserstoffe kennen zu lernen, wurden beide unter Durchleitung von Luft
längere Zeit mit einander erhitzt. Erdöl oder einzelne
seiner Fractionen, sowie Paraffin wurden (je 300g) mit der Hälfte
ihres Gewichtes an Metall (150g, nur bei dem
Versuche mit Magnesium wurde bloſs der vierte Theil an Metall angewendet) auf 130
bis 150° erwärmt, Luft durch dieselben hindurchgeleitet und dann in dem Oele das
gelöste Metall bestimmt. Da dabei neben gelöstem Metalle jeweils auch noch
beträchtliche Mengen von freien Oxyden zu bemerken waren, bestimmten wir auch die
letzteren nach Möglichkeit. Dies gelang leicht mit dem Bleioxyde, welches sich
mittels Essigsäure von dem ungelösten Blei trennen lieſs, nur theilweise, d.h.
insoweit dasselbe in dem Erdöle vertheilt war, mit dem Magnesiumoxyde und gar nicht
mit Kupfer und Zinn. In folgender Tabelle sind die Procent Metall, welche nach 8
bezieh. 14tägiger Einwirkung in den Oelen gelöst und in Oxyd umgewandelt waren,
zusammengestellt:
Tage:
AmerikanBrennerdol
Fraction 150/230°
230/300°
über 300°
Paraffin
8
14
8
14
8
14
8
14
8
14
Blei, in Lösung
0,130
0,286
nichts
Spur
Spur
0,002
0,144
0,324
0,176
0,415
„ als Oxyd
3,351
6,818
2,630
5,463
3,102
6,327
3,479
6,493
3,570
7,107
Magnesium, in Losg.
Spur
Spur
Nicht bestimmt
0,012
0,027
0,016
0,042
„ als Oxyd
0,035
0,588
„
0,324
1,631
0,127
2,116
Kupfer, in Losung
0,040
0,087
„
0,052
0,113
0,061
0,134
Zinn, in Losung
0,073
0,152
„
0,093
0,177
0,107
0,221
Diese Zahlen lassen insbesondere die leichtere Löslichkeit und Oxydirbarkeit des
Bleies, sowie auch die Zunahme der Löslichkeit und Oxydirbarkeit mit steigendem
Siedepunkte der Fractionen erkennen, wodurch das weiter oben mitgetheilte Versuchsergebniſs
seine Bestätigung findet.
In ähnlicher Weise lieſsen wir auch Terpentinöl und Harzöl (je 50g),
beide in frischem und der Luft ausgesetztem Zustande, auf Blei (20g) einwirken und bestimmten nach 8 und 14tägiger
Einwirkung das gelöste Metall; 100 Th. Oel enthielten Th. Blei:
Nach 8 Tag
Nach 14 Tag
Terpentinol,
frisch
0,938
2,045
„
alt
1,738
4,083
Harzol, frisch
1,050
2,065
„ alt
2,208
4,740
Bei sämmtlichen Versuchen waren auch immer erhebliche Mengen von freiem Bleioxyd
entstanden; doch haben wir letzteres hierbei nicht bestimmt.
Inwieweit die Temperatur und die relativen Mengenverhältnisse von Kohlenwasserstofföl
und Metall die Löslichkeit des letzteren beeinflussen, zeigen die folgenden
Versuchsergebnisse, welche wir bei 14tägigem Erhitzen von 300g des über 300° siedenden Theiles des Erdöles mit
verschiedenen Mengen Blei bei gleichmäſsigem Durchleiten von Luft und unter
entsprechender Abänderung der übrigen Versuchsbedingungen erhalten haben. Es
enthielten Procent gelöstes Blei:
Mit 50g Blei
Mit 150g Blei
Mit 300g Blei
Bei
100°
0,046
0,277
0,349
„
150
0,147
0,356
0,400
„
200
0,214
0,432
0,732
„
300
0,073
0,133
0,185
Hiernach löst sich um so mehr Metall in dem Oele auf, je mehr von demselben im
Verhältnisse zum Oele angewendet wird. Dagegen steigt diese Löslichkeit nicht
fortwährend mit steigender Temperatur; sie erreicht vielmehr bei etwa 200° einen
Höchstwerth und geht jedenfalls zwischen 200 und 300° schnell zurück. Wir können für
diese auffallende Erscheinung vorerst keine andere Erklärung finden, als daſs die
Oxydation und Lösung des Metalles mit der Bildung von Ozon durch die Oeldämpfe
derart in Zusammenhang steht, daſs die Oxydation der Metalle im vorliegenden Falle
durch das aus Luftsauerstoff zwischengebildete Ozon bewirkt wird und, da nach AndrewsPoggendorf's Annalen, 1856 Bd. 98 S.
452. das Ozon bei 237°, nach Andrews und
TaitDaselbst 1861 Bd. 112 S. 249. bei 270°, also jedenfalls zwischen
200 und 300° unter Rückbildung gewöhnlichen Sauerstoffes sich zersetzt, so sind die
obigen auffallenden Versuchsergebnisse durch diese Annahme genügend erklärt. Eine
weitere Stütze findet die letztere in den unten beschriebenen Versuchen mit
flüssigen Kohlenwasserstoffen bei beschränktem Luftzutritte.
Um den Grad der Sauerstoffübertragung unter verschiedenen Versuchsbedingungen noch
genauer festzustellen, wurden die Kohlenwasserstofföle über eine Lösung von
arsenigsaurem Natron geschichtet, welche im Liter 82g,5 Arsenigsäure enthielt, und nach Verlauf von bestimmten Zeiten durch
Titration mit Jodlösung ermittelt, wieviel von der arsenigen Säure zu Arsensäure
oxydirt war. Wir entnahmen für diese Proben je 1cc
der Arsenitlösung, verdünnten auf 250cc und
verwendeten von dieser verdünnten Lösung wieder 10cc für die Jodtitration. Die Jodlösung war so gestellt, daſs für die 10cc verdünnter Arsenitlösung in frisch bereitetem
Zustande 20cc verbraucht wurden, bis Bläuung des
zugesetzten Stärkekleisters eintrat. Jedem Cubikcentimeter Jodlösung, welches bei
Titration der mit Oelen behandelten Arsenitlösung (10cc auf 250cc verdünnt und davon 10cc) weniger als 20 verbraucht wurde, entsprachen
dann 0g,06675 Sauerstoff, welche durch das
Kohlenwasserstofföl an 100cc der
Arsenigsäurelösung übertragen worden waren.
Durch die folgenden Versuche sollte zunächst festgestellt werden, inwieweit die absolute Menge und die Dicke der über der
Arsenitlösung befindlichen Oelschicht auf die Schnelligkeit der
Sauerstoffübertragung von Einfluſs sind? Je 100cc Lösung von arsenigsaurem Natron wurden mit 150, 100 und mit 50cc
altem Terpentinöl überschichtet und 5 Tage lang bei
durchschnittlich 18° stehen gelassen. Drei Versuche (I) dieser Art wurden in ganz
flachen (Krystallisirschalen), drei andere (II) in engeren (Bechergläser) unter sich
immer gleich groſsen Glasgefäſsen durchgeführt und ergaben:
Angewen-detesTerpentinöl
Jod-lösung
IUebertragener Sauerstoff
Jod-lösung
IIUebertragener Sauerstoff
für 100cc
Arsenit-lösung
für 1ccOel
für 100cc
Arsenit-lösung
für 1ccOel
cc
cc
g
cc
cc
cc
g
cc
cc
150
6,5
0,44055
307
2
6,05
0,4005
279,5
1,9
100
6,3
0,42052
295
2,95
5,6
0,3738
260,8
2,6
50
6,1
0,39925
279
5,58
4,6
0,30705
214,2
4,3
Aus diesen Versuchen folgt, daſs die Sauerstoffübertragung um so stärker ist, je mehr
Oel man auf die gleiche Menge der Arsenitlösung zur Anwendung bringt, daſs aber
gleiche Mengen Oel um so stärker oxydiren, in je dünnerer Schicht sie ausgebreitet
werden. Bezogen auf die gleiche Oelmenge ist deshalb auch die oxydirende Wirkung in
dünnerer Schicht stärker als in dicker, was sich z.B. ganz deutlich in der ersten
Versuchsreihe zeigt, wo bei Ueberschichtung mit 50cc Terpentinöl durch 1cc des Oeles fast
das Dreifache (5cc,58) an Sauerstoff übertragen
wurde als unter Anwendung von 150cc (2cc), also bei etwa 3facher Schichtdicke des
Terpentinöles.
Daſs bei niederer Temperatur die Säuerstoffübertragung eine
erheblich geringere ist, zeigen die folgenden Versuche, welche bei strenger
Winterkälte in einem meist unter 0° gehaltenen Raume und 8tägiger Versuchsdauer
ausgeführt worden sind:
AngewendetesTerpentinöl
Jodlösung
Uebertragener Sauerstoff
für 100cc
Arsenitlösung
für 1cc Oel
cc
cc
g
cc
cc
250
1,7
0,11347
79,2
0,32
200
1,15
0,07676
53,6
0,27
150
0,9
0,06007
41,9
0,27
100
0,65
0,04339
30,3
0,30
50
0,6
0,04005
27,9
0,56
Endlich wurde auch noch festgestellt, welchen Einfluſs die
Concentration der Arsenitlösung auf die Menge des übertragenen Sauerstoffes
ausübt. Zu diesem Behufe wurden je 100cc
Arsenitlösung mit verschiedenem Gehalte an Arsenigsäure mit je 100cc Terpentinöl überschichtet und nach 14tägigem
Stehen der aufgenommene Sauerstoff ermittelt. Hierbei ergab sich:
Gehalt der Lösungan As2O3
Uebertragener Sauerstoff
für 100cc
Arsenitlösung
für 1cc Oel
g
g
cc
cc
8,25
0,09345
65,2
0,65
4,125
0,08010
55,9
0,56
2,75
0,06007
41,9
0,42
2,0625
0,04005
27,9
0,28
Je concentrirter also die zu oxydirende Lösung, desto stärker ist die Sauerstoff
übertragende Wirkung des Terpentinöles. Dieses Ergebniſs ist insofern wichtig, als
es zeigt, daſs die Sauerstoffaufnahme der Kohlenwasserstofföle nicht bloſs eine
specifische Verwandtschaftserscheinung derselben ist, daſs vielmehr jene Aufnahme in
hohem Grade abhängt von Beschaffenheit und Menge der Substanz, mit welcher das Oel
in Berührung ist, bezieh. von der Schnelligkeit, mit welcher der einmal aufgenommene
Sauerstoff von dem Oele wieder abgegeben wird. Demgemäſs können wir die
Kohlenwasserstofföle als Apparate betrachten, welche zwar je nach Natur des
Kohlenwasserstoffes an sich verschieden schnell arbeiten, d.h. den Sauerstoff
verschieden rasch aufnehmen und in „thätigen“ Zustand versetzen, welche aber
alle um so rascher die Uebertragungsarbeit leisten, je schneller der gelöste und
„thätige“ Sauerstoff aus dem Oele wieder verschwindet.
Durch den folgenden einfachen Versuch läſst sich dies zur Gewiſsheit klar machen. Wir
setzten gleiche Mengen (100cc) über Natrium
destillirten Terpentinöles in gleichen Gefäſsen während 14 Tagen der Luft aus. In
dem einen Gefäſse befanden sich unter dem Terpentinöle 50cc Arsenitlösung, im anderen nichts als das Oel.
Nach der abgelaufenen Zeit wurde festgestellt, daſs das Terpentinöl im ersten
Gefäſse 23cc,1 Sauerstoff übertragen hatte.
Gleichzeitig wurden jetzt mit dem Terpentinöle des zweiten Gefäſses 50cc Arsenitlösung kräftig durchgeschüttelt. Hatte
dieses letztere Terpentinöl während 14 Tagen ebenso viel Sauerstoff aufgenommen als
das erste, so hätte in der damit durchgeschüttelten Arsenitlösung ebenfalls ungefähr
23cc Sauerstoff gefunden werden müssen; es
fanden sich aber nur 9cc,8.
Frisch destillirtes Terpentinöl überträgt auch auf die
Arsenitlösung den Sauerstoff viel langsamer als an der
Luft gestandenes. Unter Anwendung verschieden weiter Glasgefäſse erhielten wir mit
100cc Arsenitlösung, welche mit je 100cc frischem Terpentinöle überschichtet waren:
Dicke der Oel-schicht
cc übertragener Sauerstoff für 1cc Oel
nach 7 Tag
nach 21 Tag
16mm
Spur
0,01
7
0,10
0,51
3
0,18
0,60
Versuche mit frischem und mit altem Harzöle ergaben unter Anwendung von 100cc Arsenitlösung und bei 8tägiger Versuchsdauer:
AngewendetesHarzöl
Uebertragener Sauerstoff
für 1cc Oel
cc
g
cc
cc
Frisches
200 50
0,3160,174
220 121
1,10 2,42
Altes
200 50
1,892 0,4215
1320 294
6,65,9
Altes Harzöl besitzt hiernach die Eigenschaft der Sauerstoffübertragung von den
untersuchten Oelen in höchstem Maſse, eine Wahrnehmung, welche mit der schon oben
mitgetheilten der Löslichkeit des Bleies vollkommen übereinstimmt. Der scheinbare
Widerspruch gegenüber früheren Versuchen, daſs altes Harzöl in dickerer Schicht
verhältniſsmäſsig stärker überträgt als in dünnerer, beruht jedenfalls darauf, daſs
dieses Oel schon in hohem Grade mit Sauerstoff gesättigt ist und diesen letzteren
zunächst ohne eigentliche Uebertragungsarbeit an die zu oxydirende Substanz
abgibt.
Dagegen war die Uebertragung durch Erdöl so unbedeutend,
daſs nach bisher befolgter Methode der Ausschlag in den Endzahlen zu gering war und
mit 200cc Arsenitlösung gearbeitet werden muſste.
Schichteten wir auf letztere in flacher Schale 200cc Handelserdöl, so betrug die Gesammtsauerstoffübertragung während eines
ganzen Monates nur 0g,18 = 125cc (im Tag also wenig über 4cc) oder für 1cc
Erdöl 0cc,625 Sauerstoff.
(Schluſs folgt.)