Titel: Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
Autor: Morgen
Fundstelle: Band 263, Jahrgang 1887, S. 343
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. (Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 145 d. Bd.) Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation. II) Dämpfen und Maischen. Ueber die Einwirkung des Hochdruckes auf das Stärkemehl im Henze'schen Apparate, nach Békésy's Untersuchungen mitgetheilt von M. Maercker in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 230: Schon früher haben Maercker und der Referent daselbst 1885 S. 224 in Betreff der Bestimmung des Stärkemehles gezeigt, daſs das Stärkemehl unter Einfluſs von hohem Druck eine Zersetzung erleidet, welche mit Verlusten an Stärkemehl und gährungsfähigen Stoffen verbunden ist. Bei längerer Dauer des Hochdruckes und bei Anwendung sehr hohen Druckes können diese Verluste 3 bis 4 Procent des Stärkemehles betragen. Es zeigte sich ferner, daſs diese Verluste nur in neutralen und noch mehr in alkalisch reagirenden Lösungen stattlinden, daſs man dieselben dagegen durch Zusatz geringer Mengen gewisser Säuren vermeiden kann. Es lag nun der Gedanke nahe, daſs derartigen Verlusten an gährungsfähigen Stoffen auch die zur Spiritusfabrikation dienenden Materialien unterliegen werden, wenn dieselben im Henze'schen Dämpfer der Einwirkung des Wasserdampfes unter Hochdruck ausgesetzt würden. Diese Frage zu entscheiden bezieh. Mittel zur Beseitigung der Verluste aufzufinden, war der Zweck der Untersuchungen von Békésy, welche auf Veranlassung Maercker's im Laboratorium der Versuchsstation Halle a. S. mit Zuhilfenahme eines kleinen Henze'schen Dämpfers nebst Vormaischbottich mit Rührwerk ausgeführt wurden. Der Apparat war derartig eingerichtet, daſs mit demselben genau in gleicher Weise gearbeitet werden konnte, wie dies im Groſsbetriebe geschieht. Als Material zu den Versuchen diente Mais, dessen Stärkegehalt nach der verbesserten Methode von Maercker und dem Referenten, also unter Vermeidung aller Verluste, vorher ermittelt war. Es lag nun die Vermuthung nahe, daſs nach dem Dämpfen des Mais unter Hochdruck in dem Henze'schen Apparate ein Verlust an Stärkemehl stattfinden werde. Die ersten von Békésy ausgeführten Versuche lieferten aber das überraschende Ergebniſs, daſs nach dem Dämpfen nicht weniger, sondern im Gegentheile, sogar mehr Stärkemehl in der gedämpften Masse enthalten war. So wurde z.B. in einem Mais, welcher 71,02 Proc. Stärkemehl enthielt, nach 2 stündigem Dämpfen bei 3at ein Stärkegehalt von 74,61 Proc. gefunden, also 3,59 Proc. mehr, als in dem Mais überhaupt enthalten war. Zu erklären war dieser Erfolg nur durch die Annahme, daſs sich aus anderen Bestandtheilen des Mais durch Einwirkung des Hochdruckes Zuckerarten (oder wenigstens Fehling'sche Lösung reducirende Stoffe) gebildet hatten. Die mit dem gedämpften Materiale ausgeführten Gährungsversuche zeigten, daſs die gebildete Zuckerart auch gährungsfähig war, daher der Schluſs gezogen werden konnte, daſs bei Körnerfrüchten (und wahrscheinlich auch bei Kartoffeln), wenn man dieselben unter höherem Drucke dämpft, ein Theil der in denselben enthaltenen nicht stärkemehlartigen Stoffe in solche Stoffe übergeführt wird, welche nachher der Gährung unterliegen. Es wurde dies noch durch mehrere andere Versuche durchweg bestätigt, wie folgende Zahlen zeigen: Stärkegehalt des Mais Stärkegehalt nach dem Dämpfenunter Hochdruck 71,2 73,6 70,0 71,3 72,9   74,55 Das Ergebniſs dieser Versuche steht anscheinend im Widerspruche mit den oben angeführten Beobachtungen über die Zersetzung, welche das Stärkemehl unter Hochdruck erleidet. Der Widerspruch ist aber in der That nur ein scheinbarer und findet seine Erklärung darin, daſs bei dem Dämpfen zwar einerseits ein Verlust an Stärkemehl stattfindet, andererseits aber eine Umwandlung nicht stärkemehlartiger Körper in gährungsfähige Stoffe eintritt und daſs dieser letztere Prozeſs den obigen Verlust an Stärkemehl nicht nur deckt, sondern sogar bedeutend übertrifft Der Beweis für diese Annahme wird dadurch geliefert, daſs dieses Mehr an gährungsfähigen Stoffen durch einen Zusatz von Säure während des Dämpfens, wodurch also die Zersetzung des Stärkemehles verhindert wird, noch vergröſsert wird. So wurden z.B. folgende Zahlen gefunden, welche ausdrücken, um wieviel das Dämpfen unter Zusatz von Säure mehr Stärkemehl ergab als das Dämpfen ohne Säure: bei 4at und 4 Stunden 1,51 Proc. Stärkemehl 3 3,21 2 2,33 1 0,56 Diese Versuchsreihe zeigt aber ferner, daſs auch die Dauer des Dämpfens von groſsem Einflüsse ist. Bei der kurzen Dämpfzeit von einer Stunde wurde nur ein geringes Mehr erhalten; es hatte also nur eine geringe Menge nicht stärkemehlartiger Stoffe in gährungsfähigen Zucker übergeführt werden können; bei 3 Stunden Dämpfzeit dagegen war der Höchstwerth dieser Umwandlung erreicht, während bei 4 Stunden Dämpfzeit die Zunahme eine viel geringere war, was wohl dadurch zu erklären ist, daſs bei der langen Einwirkung des Hochdruckes ein gröſserer Theil des Stärkemehles zersetzt und durch diese Verminderung das andererseits durch die Umwandlung erzeugte Mehr verkleinert wurde. Es folgt hiernach für die Praxis der Schluſs, daſs die Körnerfrüchte (und wahrscheinlich auch Kartoffeln) beim Dämpfen im Henze'schen Apparate einen Verlust an gährungsfähigen Stoffen erleiden, daſs dieser Verlust aber durch Zusatz geringer Mengen Säure vermieden werden kann, d.h. einige Procent gährungsfähigen Zuckers mehr gewonnen werden können. Der Säurezusatz braucht nur ein geringer zu sein und noch nicht 0,1 Proc. zu erreichen. Die Mittheilungen Maercker's werden von Dr. Reincke bestätigt, welcher bei Untersuchung von sehr dickhülsigen Gersten etwa 4 Proc. Stärkemehl mehr gefunden hat, welches voraussichtlich durch Einwirkung des Hochdruckes auf nicht stärkemehlartige Substanzen gebildet war. Warnung betreffend die Dickmaischung. Der ungenannte Verfasser dieses in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1885 S. 73 veröffentlichten, mit D. unterzeichneten Aufsatzes ist durchaus nicht etwa Feind der Dickmaischung, im Gegentheile, er hebt die Vortheile derselben gebührend hervor und spricht die Ansicht aus, daſs es bei geeignetem Materiale und geeigneten Fabrikeinrichtungen möglich sein muſs, aus Kartoffeln eine Maische herzustellen, welche in ihrer Concentration, nach Saccharometerprocent ausgedrückt, den Stärkegehalt der Kartoffeln bis zu 5 Proc. übersteigt. Er bespricht nun eingehend die verschiedenen Behandlungsweisen, welche in Anwendung zu bringen sind, um eine möglichst concentrirte Maische zu erhalten. Beim Dämpfprozesse genüge nicht allein das Abflieſsenlassen des Fruchtwassers, sondern es müsse auch ein möglichst trockener Dampf zur Anwendung kommen. Ferner sei das Ausblasen, besonders die Dauer desselben, sowie die Thätigkeit des sogen. Exhaustors von groſsem Einflüsse. Die Anwendung der Bohm'schen Zerkleinerungsmühle erhöhe die concentrirende Wirkung des Exhaustors ganz bedeutend und ermögliche auch eine sehr bedeutende Verkürzung der Ausblasezeit. Auch auf die Beschaffung einer möglichst concentrirten Hefe müsse geachtet werden. Trotzdem sei es schwer, in der Praxis alle diese Bedingungen zu erfüllen, und es gäbe Brennereien, in welchen es nicht gelingen will, die Concentration der Maische mehr als um 2 Proc. über den Stärkegehalt der Kartoffeln zu erhöhen. Als Gründe, weshalb in einzelnen Brennereien in Bezug auf die Möglichkeit, die Maische zu concentriren, so verschiedene Beobachtungen gemacht werden, führt der Verfasser folgende an: 1) Beschaffenheit des Rohmaterials, 2) Construction des Henze'schen Apparates in Bezug auf Dampfzuführung und Condenswasserableitung, 3) Beschaffenheit des Dampfes, ob trocken oder feucht, je nach Construction und Handhabung des Dampfkessels, 4) Art und Weise des Ausblasens, Construction des Exhaustors sowie des Maischapparates, 5) die Hefebereitung, 6) die verwendeten Mengen Maisch- und Spülwasser. Um Dickmaischen zu machen, sagt der Verfasser, müssen viel Kartoffeln verwendet und aus diesen Kartoffeln muſs dann die Maische derart concentrirt werden, daſs sie kein gröſseres Volumen einnimmt, als die Gährbottichgröſse erlaubt. Erhält man doch ein gröſseres Volumen, so ergeben sich daraus Verlockungen, welchen auf das Schärfste entgegengetreten werden muſs. Hierauf bezieht sich die „Warnung“ und der Verfasser legt es den Brennereibesitzern aus Herz, wenn sie die Verwendung gröſserer Mengen von Kartoffeln zum Zwecke der Erzeugung von Dickmaischen anordnen, darauf zu achten, daſs aus dieser gröſseren Menge von Kartoffeln auch wirklich nicht mehr Maische bereitet wird, als der Gährbottich zu fassen vermag, daſs also der vorgeschriebene Steigraum innegehalten wird. Welche Kartoffelmengen kann man einmaischen, ohne den zulässigen Steigraum zu überschreiten? Bezugnehmend auf die vorige Arbeit theilt O. Saare (a. a. O. S. 82) seine Erfahrungen mit, welche er bei Gelegenheit von Versuchen in zwei Brennereien gemacht hat. Die eine Versuchsreihe, welche mit Kartoffeln von 20,5 Proc. Stärkegehalt angestellt wurde, führte zu dem Ergebnisse, daſs zur Erzielung von Maischen von rund 25° am Saccharometer bei sorgfältigem Dämpfen, Maischen und Sparen an Spülwasser für Bottiche von rund 3740l, 3150 bis 3200k Kartoffeln von 20,5 Proc. Stärkegehalt oder für 100l Maischraum 85k Kartoffeln bei einem Steigraume von 13,3 Proc. (15 bis 16cm) genügen. In der zweiten Versuchsreihe wurden Kartoffeln mit 21,5 Proc. verwendet und es zeigte sich, daſs davon 82k für 100l Maischraum eingemaischt werden konnten, ohne nennenswerthe Verluste durch Uebergähren befürchten zu müssen. Wie sich die Verhältnisse für an Stärkemehl ärmere Kartoffeln stellen, ist aus diesen Versuchen jedoch nicht zu schlieſsen, da bei diesen der Trebergehalt erheblich steigt und auch die Schwierigkeiten beim Dämpfen sich vermehren.Ueber Verbesserungen im Dickmaischverfahren zur Erzielung stark concentrirter Maischen, vgl. Höper, Stenglein, M. Delbrück und Wilke 1886 259 464. Zur Frage der Dickmaischung theilt Böhme in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 S. 249 Erfahrungen aus seiner Praxis mit. Er behauptet, daſs es möglich sei, auch aus an Stärkemehl armen Kartoffeln hochprocentige Maischen herzustellen und daſs sich die an Stärke armen Kartoffeln verhältniſsmäſsig leichter maischen als an Stärke reiche. Verfasser berichtet ferner über Zumaischung von Stärke (feuchter Sekundastärke) zu Kartoffeln, welche wechselnde, im Allgemeinen wirthschaftlich nicht besonders günstige Erfolge geliefert habe. Stenglein berichtet a. a. O. S. 248 über die Versuche von Dr. Mittenzwey über Zumaischung von Kartoffelstärke, um nämlich mit Hilfe des Bohm'schen Malzmilch- und Hefemaischapparates Stärkemehl solchen Maischen zuzusetzen, welche aus an Stärke armen Kartoffeln hergestellt sind, und dadurch eine bessere Ausnutzung des Steuerraumes zu erreichen. Es wurde hierbei das Stärkemehl, 150k auf etwa 2500l Maischraum, der zur Hauptmaischung kommenden Malzmilch zugesetzt und diese Mischung der Hauptmaischung zugeführt. Stenglein lieſs diese Versuche in anderen Brennereien wiederholen und gelangte bei dieser Art der Zusetzung des Stärkemehles zu sehr günstigen Ergebnissen. Es kommt darauf an, nicht das Malz oder das Stärkemehl je einzeln dem Apparate zuzugeben, sondern gerade die Mischung beider ist wesentlich, da dadurch eine bessere Verbindung oder Berührung des Stärkemehles mit der Diastase und damit also auch eine bessere Aufschlieſsung desselben erzielt wird. Bei der von Mittenzwey empfohlenen Maischart kommt das Stärkemehl bereits vor Eintreten der Verkleisterung mit dem Malze in so innige Berührung, daſs bei beginnender Verkleisterung dann eine sofortige Umwandlung des Stärkemehles erfolgt. Für eine zweckmäſsige Zumaischung von Stärkemehl ist jedoch immer auch eine Erhöhung der Malzmenge erforderlich. In Betreff der Temperatur ist es nicht zweckmäſsig, dieselbe während der Maischung wesentlich über die gewöhnliche Maischtemperatur (66°) zu steigern. Weitere Versuche zeigten, daſs trockene Stärke günstiger wirkt als nasse, was vielleicht dadurch zu erklären ist, daſs die trockene Stärke während des Quellens mehr von der Malzmilch bezieh. der gelösten Diastase aufzunehmen vermag. Einmaischung mittels indirekter Erhitzung der Maische. Ernst Stöcker bespricht in der Allgemeinen Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886 S. 270 die verschiedenen Methoden zur Erwärmung der Maische. Der Zusatz von heiſsem Wasser hat bekanntlich die Nachtheile, daſs sich leicht Klumpen bilden, ferner wird die Maische dadurch verdünnt. Der letztere Nachtheil wird vermieden durch Anwendung von Dampf in durchlöcherter Rohrschlange. Bei diesem Verfahren tritt aber leicht Verbrühung ein. Ein Fortschritt ist schon das Erwärmen durch Dampf, welcher nicht in die Maische, sondern durch dieselbe strömt. Hierbei ist eine Verdünnung der Maische durch condensirten Dampf nicht möglich; auch ist das Ueberführen fremder Bestandtheile durch den Dampf ausgeschlossen. Ein Uebelstand bei diesem Verfahren ist aber der, daſs an einzelnen Stellen der Rohrleitung, welche während des Maischens zeitweilig vom Maischmaterial entblöſst waren, ein Anbrennen von Theilen des Maischgutes stattfindet, deren Beseitigung längere Arbeit erfordert. Dieser Uebelstand wird gehoben, wenn man statt des Dampfes, bis nahe an die Siedetemperatur erhitztes Wasser zum Erwärmen der Maische anwendet, welches in geschlossenen Röhren durch die Maische hindurch geleitet wird. Bei diesem Verfahren ist, da die Temperatur des Wassers nicht 100° übersteigt, ein Festbrennen von Maischetheilchen auf den Heizröhren ausgeschlossen. Der Dampfverbrauch bei diesem Verfahren soll ein sehr geringer sein.Verfahren zur Herstellung Bakterien freier Maische, vgl. C. Meyer 1886 259 * 321. Essigsäure in der Maische, erzeugt durch schlecht aufbewahrte Gerste. A. Schütz (daselbst 1886 S. 448) hat bei der Verwendung von Gerste, welche im vorhergehenden Jahresbetriebe vorzügliches Malz geliefert hatte, eine Bildung von Essigsäure in der Maische beobachtet. Verschiedene Versuche mit der Verwendung von anderer frischer Gerste und dann wieder mit der alten Gerste ergaben die Gewiſsheit, daſs die alte Gerste die Ursache der Säurebildung war. Dieselbe wuchs allerdings gut, das Malz zeigte aber einen eigenthümlichen widerlichen Geruch. Wie der Verfasser bemerkt, hatte die Gerste während der Sommermonate auf einem Speicher gelagert, welcher sich über einem Pferdestalle befand, war also den Dünsten des Stalles ausgesetzt, da der Speicher nicht genügend gelüftet werden konnte. Auch war ein genügendes Umschaufeln der Gerste verabsäumt. Es ist hiernach wohl nicht unwahrscheinlich, daſs die schlechte Beschaffenheit der Gerste in der That die Betriebsstörung verursacht hat. Morgen.