Titel: | Fabrikation des Dimethylanilins; von Dr. Otto Mühlhäuser. |
Autor: | Otto Mühlhäuser |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 349 |
Download: | XML |
Fabrikation des Dimethylanilins; von Dr. Otto
Mühlhäuser.
Mühlhäuser, Fabrikation des Dimethylanilins.
Zur Fabrikation des Dimethylanilins bediente man sich seiner Zeit dicker guſseiserner
Druckkessel, deren innere Fläche mit einem Emailleüberzug versehen war. Da die
Anwendung von hohem Drucke und von Säuren bei der Herstellung des Dimethylanilins
eine Schädigung des Emails zur Folge hat und der Kessel, sobald das Email
angegriffen ist, zum Gebrauche untauglich wird, so war die Neubeschaffung bezieh.
Ausbesserung dieser
schweren Guſskessel mit groſsen Opfern an Zeit und Geld verknüpft.
In neuerer Zeit emaillirt man daher diese Guſskessel nicht mehr, sondern ersetzt die
Emaillirung durch einen dünnen emaillirten Kessel, welcher in den Guſskessel so
eingesetzt wird, daſs der Rand desselben mit dem Rande des Guſskessels in eine Ebene
fällt. Den Zwischenraum von Guſskessel und Einsatz gieſst man mit heiſsem Blei aus.
Ein derartiger Einsatz verträgt 50 bis 60 Beschickungen. Hat derselbe stark
gelitten, so lüftet man den Deckel und schlägt den Einsatz mit dem Hammer heraus.
Das abgelöste Blei dient wieder zum Eingüsse eines neuen Einsatzes.
Zur Darstellung des Methylanilins bedient man sich in der Technik namentlich zweier
Methoden. Das Anilin wird entweder mit gewöhnlicher Salzsäure von 21° B. und reinem
von Aceton freiem Holzgeiste unter Druck erhitzt, oder aber man läſst Methylalkohol
auf Anilinsulfat unter Druck einwirken. Nach Beendigung der Reaction wird der
Kesselinhalt mit Kalkmilch alkalisch gemacht, d.h. die Basen abgeschieden und mit
Wasserdampf übergetrieben. Eine Trennung des mit scharf getrocknetem Kochsalze vom
Wasser befreiten Oeles durch fractionirte Destillation und Auffangen des zwischen
200 bis 205° übergehenden Antheiles ist nicht in allen Fällen nöthig, muſs aber bei
Herstellung von Dimethylanilin für Methylenblau und Malachitgrün ausgeführt werden.
Man unterläſst diese fractionirte Destillation bei Herstellung von Methylanilin für
Violett.
Apparate: Die Fabrikation des Methylanilins für Violett
erfordert bei 150k Tageserzeugung: 2 guſseiserne,
über freiem Feuer erhitzbare Druckkessel mit Manometer
und emaillirtem Einsatz, einen Bleikasten zur
Zersetzung des salzsauren Dimethylanilins mit Kalkmilch, einen über freiem Feuer
erhitzbaren Destillator zum Abtreiben des Oeles, eine
zur Aufnahme und Trennung des Destillates dienende Vorlage und einen Trockencylinder.
Fabrikation: In jeden der mit emaillirtem Einsatze
versehenen Druckkessel kommen durch eine am Deckel angebrachte Oeffnung 60k Anilinblauöl, dann 45k Holzgeist und zuletzt 18k Salzsäure von 21° B. Nach der Beschickung der
Apparate schlieſst man die Einfüllöffnung mit einer Schraube dicht zu und erhitzt
über freiem Kokesfeuer. Bei Einleitung der Reaction durch mäſsiges Feuern steigt der
Druck im Inneren der Druckkessel rasch auf 25 bis 28at, welchen Druck man während 4 bis 5 Stunden unterhält. Die Methylirung
des Anilins hat sich nach Verlauf dieser Zeit vollzogen und man kann alsdann den
Kessel erkalten lassen.
Die folgende Tabelle (S. 350) gibt einige Druckangaben während der Methylirung:
I
II
III
Zeit
Druck at
Zeit
Druck at
Zeit
Druck at
7
Uhr
40
Min.
–
8
Uhr
–
Min.
–
8
Uhr
20
Min.
–
9
–
5
9
40
5
9
25
5
9
40
10
10
30
10
10
–
10
10
–
15
11
–
15
10
50
15
10
30
20
11
35
20
11
15
20
11
05
25
11
50
25
11
45
25
11
30
27
12
20
27
12
15
27
12
–
27
1
–
27
1
–
25
1
–
28
2
–
25
2
–
25
2
–
26
3
–
27
3
–
26
3
–
25
4
–
26
4
–
22
4
–
25
5
–
26
5
–
20
5
–
24
Nach etwa 12 stündiger Ruhe ist der Kesselinhalt nur noch mäſsig warm, der Druck
gering. Durch vorsichtiges und allmähliches Lüften des Fülldeckels wird der
Kesselinhalt unter gewöhnlichen Atmosphärendruck gebracht, ein Strom von Chlormethyl entweicht hierbei. Nach dem Ausströmen des
Gases wird der Fülldeckel abgeschraubt und an seine Stelle ein Einsatzrohr zum
Abdrücken des Oeles eingesetzt. Dieses Rohr, welches dicht eingeschraubt werden kann
und bis auf den Boden des Kessels geht, ist zweitheilig und gewährt einerseits der
verdichteten Luft den Eintritt, andererseits dem Kesselinhalte den Austritt. Die
flüssige, wenig warme Masse wird in einen mit Blei ausgeschlagenen Holzkasten
gedrückt. Zur Zersetzung der salzsauren Base und Abscheidung des Oeles gibt man eine
den Tag vorher bereitete Kalkmilch, aus 20k
Marmorkalk, unter Umrühren zu. Der Inhalt zweier Druckkessel wird auf diese Weise
alkalisch gemacht, dann in den Destillator ablaufen gelassen und die Bütte mit
Wasser nachgewaschen. Man schlieſst den Apparat und treibt das Oel durch Erhitzen
über freiem Feuer und Einleiten von heiſsem Dampfe ab. Nach etwa einstündigem
Erhitzen durch freies Feuer kommt das Wasser im Kessel zum Sieden; es entweicht und
verdichtet sich mit dem übergerissenen Oele im Kühler. Sobald die Destillation des
Wassers beginnt, läſst man einen Dampfstrahl eintreten und bringt so die
Destillation mit Wasserdampf in lebhaften Gang. Nach ungefähr 5 stündiger Dauer ist
die Destillation beendet, alles Oel überdestillirt, es verdichtet sich nur noch
klares Wasser im Kühler, worauf die Destillation durch Abstellen des Dampfes
unterbrochen wird.
Den im Kessel verbleibenden Rückstand gibt man verloren; ein am Boden des Kessels
angebrachter Hahn gestattet der Flüssigkeit den Ausfluſs in den Kanal.
Zur vorläufigen und endlichen Trennung von Oel und Wasser verwendet man eine
eigenartig construirte Vorlage, eine Combination von Scheidetrichter und Florentiner
Flasche darstellend. Das in fingerdickem Strahle dem Kühler entlaufende Destillat geht in die
Vorlage und scheidet sich dort in eine obere Oelschicht und eine untere
Wasserschicht. Sobald der Flüssigkeitsspiegel in der Vorlage die Höhe der
Ausfluſsöffnung erreicht hat, wird das Wasser durch die bis nahezu auf den Boden der
Vorlage gehende Röhre in der Höhe der Flüssigkeitsoberfläche ablaufen. Man bewirkt
so eine vorläufige Trennung des gröſsten Theiles des Wassers vom Oele. Nach
Beendigung der Destillation überläſst man die Vorlage einige Zeit der Ruhe und
bewirkt nun durch Oeffnen eines am tiefsten Punkte des Bodens sitzenden Hahnes eine
vollkommene Trennung von Oel und Wasser.
Das Oel bringt man in einem eisernen Cylinder mit trockenem Salze zusammen, das
demselben die letzten Antheile von Wasser entzieht.
Zur Herstellung von Violett kann das so erhaltene
Methylanilin ohne weiteres verwendet werden. Eine Rectification in oben angedeutetem
Sinne ermöglicht seine Verwendung zu Methylenblau und
Malachitgrün (vgl. 1886 262 371. 1887 263 249):
Anilin
Holzgeist
Salzsäure
Kalk
Ausbeute
6060
4545
1818
20
150
6060
4545
1818
2020
147