Titel: | Versuche mit dem sogen. Carbon-Natron-Ofen. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 422 |
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Versuche mit dem sogen.
Carbon-Natron-Ofen.
Mit Abbildung.
Meidinger's Versuche mit dem sogen. Carbon-Natron-Ofen.
Prof. H. Meidinger hat mit den von Alw. Nieske in Dresden patentirten sogen.
Carbon-Natron-Oefen (vgl. 1885 256 * 32) Versuche
angestellt, welche in der Badischen Gewerbezeitung,
1887 * S. 22Vom Verfasser gef. eingeschickter Sonderabzug. ausführlicher
mitgetheilt sind.
Diese Oefen werden jetzt in 4 Gröſsen zum Preise von 20, 30, 50
und 80 M. hergestellt; die besonderen Natronkessel zu den 2 kleineren Nummern kosten
10, zu den gröſseren Oefen 15 M.
Der Ofen kleinster Gröſse, welcher von Meidinger geprüft worden ist, hat eine Höhe von Im, eine Weite von 20cm und wiegt 10k. Der Ofen besteht – etwas gegen die frühere Darstellung abgeändert – aus
einem einfachen Blechcylinder mit Rost, auf welchem der Brennstoff liegt; unterhalb
desselben befindet sich ein gewöhnlicher Aschenkasten d, darüber ein Drehschieber a zum Regeln des
Luftzuges. Die Verbrennungsproducte strömen bei bedeckter Oeffnung durch b in ein auſsen niedergehendes Rohr, um bei c zu entweichen. Zum Verschlüsse der Oeffnung dient ein
mit Wasser zu füllendes Blechgefäſs f mit mitten
durchgehendem Rohre, durch das ebenfalls die Verbrennungsproducte entweichen können;
gewöhnlich ist dasselbe durch einen Hut und das ganze Gefäſs durch einen Deckel
geschlossen. Der Natronkessel wird in das Blechgefäſs f
eingesetzt.
Textabbildung Bd. 263, S. 422 Als Brennstoff dient eine besonders zubereitete, als Carbon bezeichnete Kohle, welche anscheinend aus
Torfkohlenpulver bereitet ist (vgl. Weber 1874 211 486. Meidinger 1875 216 38. Mathey 1878 228 90). Die Stücke bilden kleine Cylinder von 9cm Länge und 3cm
Dicke von etwa 40g Gewicht, haben 0,62 sp. Gew.,
sind ziemlich fest, nicht abfärbend und wenig pulvernd. Diese Kohle enthält etwa 7
Proc. Wasser und 10 Proc. Asche; sie wird entweder aus, Holzkohlen- oder
Torfkohlenpulver, einem Bindemittel und unter Zusatz von Salpeter dargestellt und
führt auch den Namen Glimmkohle. Vor der gewöhnlichen
Holz- oder Torfkohle besitzt dieselbe gewisse Vorzüge: sie ist sehr leicht
entzündlich und glimmt im Freien bis zur völligen Verbrennung fort, ohne Luftzug zu
bedürfen; die Verbrennung ist völlig rauchfrei und nur geringer, weniger
unangenehmer Geruch wie bei Holzkohle wahrzunehmen; die Form des Feuerungsmaterials
ist eine handliche, da die Stücke die für die Feuerung gerade passende Gröſse
besitzen. Die Holzkohle hinterläſst bei ungefähr gleichem Wassergehalte zwar weniger
Asche (kaum 2 Proc.) und kann bei gleichem Gewichte etwas mehr Wärme entwickeln;
doch ist der Unterschied nicht bedeutend, insofern Holzkohle etwa 7200, Glimmkohle
6700c entwickeln.
Der Ofen soll mit 20 bis 40 Kohlestücken im Gewichte von 0,6 bis
1k,6 gefüllt werden. Das Anzünden erfolgt,
indem einige glühend gemachte Kohlen auf die übrige Füllung gelegt und mit etwas
Kohle bedeckt werden. Bei anfangs offenem Ofen schreitet die Entzündung rasch
vorwärts und die Ofenwand gelangt bald ins Glühen. Wird das mit Wasser gefüllte
Blechgefäſs f aufgesetzt, so mildert sich die Glut und
es verbrennen in 1 Stunde etwa 200g Kohle; läſst
man die Asche im Ofen, so wird die Verbrennung immer geringer und sinkt allmählich
auf 100g Kohle und darunter. Die Stärke der
Verbrennung hängt übrigens auch vom Zuge ab; derselbe ist kräftiger, wenn die
Verbrennungsproducte durch das Rohr im Blechgefäſse f
(also bei abgenommenem Deckel) entweichen können, als wenn die Gase gezwungen
werden, bei c auszutreten. Bei c befindet sich auch eine Klappe, durch welche übermäſsiger Zug sich mindern läſst; der
Stellschieber a ist von nur geringem Einflusse, da der
Aschekasten keinen dichten Verschluſs hat.
Beim Heizen von nicht bewohnten Räumen, wie Treppenhäusern,
Gängen, Kellern u.s.w., wo man sich nur vorübergehend aufhält und gelegentlich durch
Thüroffnen frische Luft eindringt, braucht der Ofen nicht mit einem Kamine behufs
Abführung der Verbrennungsproducte verbunden zu werden; letztere können frei in die
Räume entweichen. Bei Zimmerheizung ist deren Abführung nach auſsen jedoch geboten.
(Vgl. Wagenheizung von Kienast 1881 289 163. E. Meyer 1883 249 275 bez. Bellencontre
1886 261 547.)
Die Natronkessel, welche dem Ofen mit den Namen gegeben haben,
werden durch dicht verschlossene Blechgefäſse gebildet, welche mit einem Gemenge von
essigsaurem und unterschwefligsaurem Natron gefüllt sind. Dieses Gemisch schmilzt
bei 60° und bleibt beim Erstarren lange Zeit auf dieser Temperatur, da es eine
ziemlich groſse Menge Wärme abgibt. Eine Bedeutung für etwaige Erwärmung der
Räumlichkeiten nach dem Erlöschen des Feuers im Ofen ist indessen diesem
Natronkessel nicht beizumessen.
Der Carbon-Natron-Ofen stellt nach Meidinger die einfachste Form eines zum Brennen von Holz- oder Torfkohlen
oder daraus bereiteten Glimmkohlen dienlichen Heizapparates dar für Fälle., wo man
keine starken Wärme Wirkungen erzielen und eine leicht versetzbare Vorrichtung haben
will, um nach Bedarf in verschiedenen Räumen die Luft etwas zu erwärmen. Im Glühen
darf sich das Material des Ofens, das Blech, auf die Dauer nicht befinden, da es
sonst bald zu Grunde gehen würde; darum kann die Heizkraft des Ofens nur eine
beschränkte sein gegenüber den aus starkem Eisengusse hergestellten Oefen. Auch
würde es bei der kleinen Heizfläche des Ofens nicht wirthschaftlich sein, denselben
im Glühen zu erhalten, sofern man die Verbrennungsproducte in das Kamin abführt.
Regeln läſst sich die Hitze recht gut und schnell, der Betrieb ist sehr wohl mit
einem Aufwände von bloſs 100g Glimmkohle in der
Stunde zu unterhalten, so daſs in 10 Stunden nicht mehr als 1k verbraucht wird. Verfasser berechnet
schlieſslich, daſs die aus „Carbon“ erzeugte Wärme 7 bis 10 mal so hoch zu
stehen kommt als die aus Kokes oder Kohle erzielte und etwa derjenigen des
Leuchtgases gleich steht. Man ist übrigens nicht ausschlieslich auf die Verwendung
von Glimmkohle zur Füllung des Carbon-Natron-Ofens angewiesen, sondern kann auch
Torf- oder Holzkohle benutzen. Von letzterer werden wegen ihres geringeren
specifischen Gewichtes nur ⅓ bis ⅔ vom Gewichte der Glimmkohle eingefüllt und
empfiehlt es sich die Holzkohle bis zu Wallnuſs- oder Haselnuſsgröſse zu
zerkleinern.