Titel: | Ueber die Fortschritte der Photographie und der photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien. |
Autor: | J. M. Eder |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 423 |
Download: | XML |
Ueber die Fortschritte der Photographie und der
photo-mechanischen Druckverfahren; von Prof. J. M. Eder in Wien.
(Patentklasse 57. Fortsetzung des Berichtes S. 336
d. Bd.)
Eder, über Fortschritte der Photographie.
Augenblicksbilder und Ballonphotographien.
Von den zahlreichen Augenblicksbildern, welche in der jüngsten Zeit hergestellt
wurden, sei nur das hauptsächlichste hervorgehoben.
Im Sommer 1886 stellte O. Anschütz in Lissa, Posen, am
Militär-Reitinstitut zu Hannover, ebenfalls im Auftrage des Kriegsministeriums, an
100 Aufnahmen von Pferden in allen regel- und unregelmäſsigen Gangarten her, welche
alle vorausgegangenen weit übertreffen. Die Schnelligkeit seiner Apparate (mit
elektrischer Auslösung der Momentverschlüsse) ist so groſs, daſs er 24 Aufnahmen in
0,72 Secunde (d. i. also weniger als ¾ Secunde) macht. Je nach der Bewegungsart ist
er im Stande, die
Gesammtaufnahmezeit bis 3 Secunden auszudehnen. Trotz der groſsen Geschwindigkeit
mancher Gangarten zeigen sich die Einzelheiten der Bewegung vollständig scharf
zergliedert.
Diese Augenblicksbilder sind sämmtlich zunächst in kleinem Format mit sehr
lichtstarken Objectiven aufgenommen und wurden nachher vergröſsert; dank der
Vollkommenheit der Originalaufnahmen lassen sich Vergröſserungen in bedeutenden
Abmessungen und vollkommener Schärfe herstellen, welche reich an Einzelheiten sind.
Besonderes Aufsehen erregten bei Künstlern die Bilder des nackten menschlichen
Körpers bei einem Discus-Werfer. Es sind alle Phasen der Bewegung wiedergegeben, von
dem Zeitpunkte angefangen, wo er der Scheibe den ersten Schwung gibt, bis zu dem
Augenblicke, wo er, dem entflohenen Geschosse nachblickend, es zu Boden schlagen
sieht. Hier sowohl, wie bei den vergröſserten Bildern des Mannes, welcher einen
Speer schleudert, ist der Uebergang aus einer Stellung zur anderen, sowie das Spiel
der Muskeln vollkommen deutlich zu erkennen.
Neuerdings beschäftigt sich Anschütz mit Versuchen über
die Aufnahmen fliegender Kanonenkugeln und stellte diesbezügliche Versuche an,
welche ergaben, daſs diese Aufgabe zu lösen sei. Auſserdem hat Anschütz in neuerer Zeit photographische Thierstudien
hergestellt, welche wahre Musterleistungen von Porträten lebender Thiere sind.
Dieselben haben eine sehr ansehnliche Gröſse (15cm
× 20cm) und stellen Affen, Wildschweine, Füchse u.
dgl. in bewundernswürdiger Lebenswahrheit dar. Bemerkenswert! sind noch die
Aufnahmen des Weitsprunges eines Menschen in der
Wandlung während des Sprunges; eine Wiedergabe der betreffenden 12 Augenblicksbilder
findet sich in der Leipziger Illustrirten Zeitung vom
1. Januar 1887.
Die Professoren Saldier und Riegler haben nach der Methode von Prof. Mach
abgeschossene Flintenkugeln im Fluge photographirt und vollkommen scharfe Bilder
erzielt. Die von dem Geschosse verdichtete Luftmasse erscheint deutlich als ein
einhüllendes Rotationshyperboloid. (Vgl. Eder,
Photographische Correspondenz, 1886 S. 363.)
Major Wallace in Ft. Hamilton zu New-York photographirte
einen Schuſs aus einer Dynamitkanone aus 30m
Abstand. Man sieht am Bilde das Geschütz, den Dampf der Explosion und das
davonfliegende Geschoſs, welches 1m lang war und
sich mit 200m Geschwindigkeit bewegte. (Photographisches Wochenblatt, 1886 S. 353.)
Lieutenant Harris stellte Momentbilder von Kanonen
während des Abschieſsens her, wovon in Scientific
American, 1886 Bd. 55 * S. 361 eine sehr interessante Abbildung gegeben
ist, welche einige Erscheinungen bei der Explosion des Pulvers zeigen, die bei
anderen ähnlichen Photographien von Lieutenant David
sowie O. Suck nicht sichtbar sind.
O. Suck in Karlsruhe, H.
Brandseph in Stuttgart u.a. fertigten sehr gelungene Momentbilder von
Militär-Paraden und Manövern, welche sich durch groſse Schärfe bis an den Rand und das
auſsergewöhnlich groſse Format (18cm × 24cm) auszeichnen. Suck
benutzte Aplanate von Suter oder Francais und als Entwickler den Soda-Entwickler.
Heliographische Wiedergaben von Augenblicksaufnahmen von Pferden sind in La Nature bezieh. im Bulletin
de l'Association beige de Photographie, 1886 S. 495 abgebildet.
Prof. Marey in Paris setzte seine Studien über die
einzelnen Bewegungen und Stellungen, welche der Mensch in den verschiedenen Stufen
des Laufens, Gehens und Springens annimmt, mit Hilfe der Photographie fort. (Photographisches Archiv, 1886 * S. 169.)
In Paris unternahmen Tissandier und Nadar am 2. Juli 1886 eine Auffahrt im Luftballon und
stellten Photographien vom Ballon aus in einer Höhe von 800 bis 1150m her. (Comptes
rendus, 1886 Bd. 102 S. 224. Photographische
Mittheilungen, 1886 Bd. 23 S. 128.)
Freiherr v. Hagen in Berlin fertigte eine Anzahl von
sehr gelungenen Photographien vom Luftballon aus, welche durch ihre besondere
Deutlichkeit und ansehnliche Gröſse als sehr hervorragende Leistungen auf diesem
Gebiete bezeichnet- werden müssen. Für militärische Zwecke kam es besonders darauf
an, sich zu Höhen zu erheben, bis zu welchen feindliche Geschosse entweder nicht
reichen oder eine geringe Sicherheit des Treffens haben, z.B. 1000m und darüber. Die Aufnahmen wurden in Berlin und
Umgebung gemacht. Ein Bild zeigt die Jubiläumsausstellung, welches in der Gartenlaube, 1886 S. 721 durch Holzschnitt
veröffentlicht wurde.
Anwendung der Photographie zu wissenschaftlichen
Zwecken.
In der Ausstellung aus Anlaſs der deutschen Naturforscher-Versammlung in Berlin
stellte Prof. Fritsch in Berlin die Photographien des
Querschnittes und des elektrischen Apparates von elektrischen Fischen aus, welche sowohl durch die auſserordentliche
Sorgfalt der Herstellung der anatomischen Präparate, als die vollkommene technische
Ausführung der Bilder bemerkenswerth sind; ein Theil der mikrophotographischen
Aufnahmen wurde mit Hilfe des Magnesiumlichtes hergestellt. Ferner rühren von Fritsch sehr gelungene Aufnahmen des Vesuvkraters sowie Küstenbilder her, welche nach den
Originalaufnahmen (13cm × 18cm) auf das Doppelte vergröſsert waren.
Die Photographie der Netzhaut des Auges von Thieren war
bisher (nach Dr. Stein) nur mit Anwendung von
Chloroform und sehr starken Lichtquellen gelungen. Die Anwendung so starken Lichtes
ist beim lebenden menschlichen Auge ausgeschlossen. Jackmann und Webster machten in dieser
Richtung Versuche; sie fanden Kalklicht zu stark, elektrisches Glühlicht zu schwach,
am besten sogen. Albo-Carbon-Gas; sie veröffentlichten in den Photographic News, 1886 S. 292 sowie im Photographischen Archiv, 1886 S. 180 vier bemerkenswerte Aufnahmen.
Beregzászy in Wien machte Mittheilungen über die
Photographie des menschlichen Kehlkopfes, worin er die
Geschichte der betreffenden Methoden und seiner eigenen Methode der
Kehlkopfphotographie ohne Kehlkopfspiegel angibt. Als Lichtquelle dient ein
elektrisches Glühlämpchen (Photographische
Correspondenz, 1886 S. 364). Dr. SteinVgl. auch S. Th. Stein: Das Licht im Dienste
wissenschaftlicher Forschung (Halle a. S. 1886). in
Frankfurt a. M. machte aus dieser Veranlassung daselbst S. 461 auf seine früheren
Arbeiten, mit welchen er erfolgreiche Aufnahmen des Kehlkopfes erzielte, aufmerksam
und beschrieb seine neuesten Erfahrungen in Eder's Jahrbuch für Photographie, 1887 S. 257.
Im Arsenal zu Woolwich hat man mit Hilfe des elektrischen Lichtes das Innere von Kanonenläufen photographirt, um etwaige
schadhafte Stellen in dem Metalle zu entdecken.
Nach Mittheilungen von H. Wedding wird an der Berliner
Bergakademie bei mikroskopischen Eisenuntersuchungen
die Photographie in Anwendung gebracht. Das Eisen erscheint nämlich unter dem
Mikroskope als ein lockeres Gefüge von Krystallen, wobei die Art des Gefüges für die
Bestimmung der Güte des Eisens maſsgebend ist. Die Untersuchung geschieht in der
Weise, daſs das Eisen angeschliffen und geglüht wird; es läuft in verschiedenen
Farben an und die Krystallkörner heben sich auffallend von einander ab. Eine
Feststellung der Beschaffenheit dieses Gefüges ist nur mittels der Photographie
möglich. (Vgl. Stahl und Eisen, 1886 * S. 633. 1887 S.
82, mit Besprechung eines Vortrages. Verhandlungen des
Vereins zur Beförderung des Gewerbefleiſses, 1886 * S. 293.)
Viel Aufsehen erregte die angebliche Auffindung verschütteter
Bergleute mit Hilfe der Photographie. Gelegentlich einer Verschüttung zu
Chancelade bei Périgueux hatte man sich an den Pariser Photographen Langlois gewendet, um durch Photographie festzustellen,
ob in den unzugänglichen Räumen noch etwas sichtbar ist. Durch ein Bohrloch wurde
ein Rohr eingeführt, welches einen photographischen Apparat und zahlreiche
Glühlampen zur Aufhellung der Umgebung enthielt. Einige so gewonnene Photographien
schienen das Profil eines verschütteten Bergmannes sowie zerbrochene Werkzeuge
abzubilden. Jedoch wurde die Richtigkeit dieser Angaben bezweifeltBulletin de l'Association belge de Photographie,
1886 * S. 384. Photographisches Wochenblatt,
1887 S. 6. Photographisches Archiv, 1886 S.
282. und es stellte sich heraus, daſs das vermeintliche
menschliche Profil ein grell beleuchteter Stein gewesen sei.
Selinger in Olmütz stellte eine Reihe sehr gelungener
Blitzphotographien her, welche er freundlichst dem Referenten einsendete; sie zählen zu den besten
Aufnahmen dieser Naturerscheinung, welche überhaupt geliefert wurden. Die Aufnahmen
erfolgten bei Gewittern im Mai 1886.
H. v. Reisinger in Wien stellte gelungene
Mikrophotographien von der Textur guſseiserner
Hinterladermörser, von einer eisernen Marinekanone, von einer Stahlpanzerplatte, von
Komma-Bacillen der asiatischen Cholera u. dgl. her.
In Paris wendet man jetzt im Municipal-Laboratorium die Mikrophotographie zur
Ermittelung von Verfälschungen des Pfeffers, Mehles und
anderer Handelswaaren an. Die Analyse geschieht mit kleinen Proben der Waare unter
so starkem Lichte, daſs das photographische Mikroskop zur Anwendung kommen kann. Das
so erhaltene Bild ist deutlich und groſs genug, um dem Gerichtshofe die Bestätigung
des Befundes zu ermöglichen. Zugleich ist dem Angeklagten die Möglichkeit geboten,
etwaige Irrthümer des Sachverständigen zur Sprache zu bringen.
Nach der Photographischen Correspondenz, 1886 S. 258
macht Villanes den Vorschlag, zur Mikrophotographie,
wenn es sich darum handelt, gefärbte mikroskopische Präparate wieder zu geben, isochromatische Platten anzuwenden. Die Wiedergabe der
Einzelheiten erfolgt viel besser als auf gewöhnlichen Platten. Verfasser empfiehlt
zur Plattenherrichtung eine Lösung von 100cc
Wasser, 1cc Erythrosinlösung (1 : 400) und 0,5 bis
2cc Wasser, worin die Gelatineplatten durch 2
bis 4 Minuten bleiben und dann getrocknet werden. Mit solchen Platten kann man auch
die Beleuchtung des Gegenstandes durch Lampenlicht vornehmen.
In der Photographic News, 1886 S. 737 findet sich ein
Bericht über die Linsen für Photomikrographie.
Marktonner-Turneretscher in Wien beschreibt seine
Anordnung zur Herstellung von Mikrophotographien bei mäſsiger Vergröſserung als
Hilfsmittel zu naturwissenschaftlichen Forschungen,
z.B. von Seesternen u. dgl. Er weist auf den Nutzen der Zeis'schen „apochromatischen Objective“ hin. (Vgl. Eder's Jahrbuch für
Photographie und Reproductionstechnik, 1887 S. 182.)
Die Anwendung der Photographie zur Spectralanalyse wird
besonders vom Referenten in einer ausführlichen Abhandlung (vgl. Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften, Wien,
Juliheft 1886) beschrieben und eine Anzahl von Spectrumphotographien in Lichtdruck
veröffentlicht. Insbesondere hervorragende Ergebnisse lieferte V. Schumann in Leipzig mit seinen Quarz- und Gitterapparaten, sowie H. W. Vogel,
Hasselberg in Pulkowa, E. v. Gothard in
Hereny, Lohse in Potsdam u.a.
Die Entwickelungsgeschichte der Photogrammetrie
erörterte Pietsch in einem eingehenden Vortrage,
welchen er im Verein für Gewerbefleiſs in Berlin (vgl.
Sitzungsberichte desselben 1886 * S. 76, auch
auszugsweise in den Photographischen Mittheilungen,
1886 Bd. 23 S. 94) hielt.
Ueber Bromsilbergelatine.
Ueber die Herstellung von Bromsilbergelatine liegen
wenig neue Angaben sondern zumeist nur Mittheilungen über die bereits
veröffentlichten Methoden des Referenten u.a. vor.Im Scientific American, 1886 Bd. 55 S. 49 findet
sich der Bericht des Referenten über die Fortschritte der Photographie im
vergangenen Jahre ohne Nennung des
ursprünglichen Verfassers und der Quelle abgedruckt.
Henry London beschreibt im Scientific American Supplement, 1886 S. 8642 die Vorrichtungen und
Methoden zur Herstellung einer Jodbromsilberemulsion
durch Kochen mit Zusatz von Essigsäure, wobei zahlreiche Figuren die Hantirungen
veranschaulichen, ohne daſs neue Gesichtspunkte im Vergleiche mit Eder's Photographie mit
Bromsilbergelatine (Halle a. S. 1886) geboten würden.
Newbury in New-York lenkte die Aufmerksamkeit neuerdings
auf die bekannte Thatsache, daſs ungekochte unempfindliche
Emulsion wohl sehr unempfindlich ist, aber feine, zarte Landschaftsbilder
mit klaren Schatten gibt. Die Empfindlichkeit der Platten ist aber nur 2 bis 3°
Warnerke und die erforderliche Belichtungszeit 20 mal länger als von sehr
empfindlicher gekochter Emulsion. (Photographic News,
1887 S. 10.)
Die Zeitschrift Industries, 1886 S. 622 veröffentlicht
einen Bericht: „The Manufacture of Photographic
Plates“ und gibt einige allgemein be-merkenswerthe Angaben über die
Methoden der Fabrik Cobb and Sons in Woolwich. Die
Platten werden mit Soda gereinigt, mit einer schwachen Wasserglaslösung dünn
bedeckt, getrocknet und mit Gelatineemulsion überzogen. Benutzt wird hauptsächlich
schweizerische (Winterthurer) oder deutsche Gelatine. Um empfindliche Emulsion
herzustellen, soll bei Cobb die Emulsion 2 bis 12
Stunden bei 50° behandelt werden. Hiermit werden die Platten bedeckt, von welchen
ein geübter Mann 250 bis 300 in der Stunde herstellt. Zur Beleuchtung der
Arbeitsräume bedient man sich in neuerer Zeit des schwachen gelben Lichtes.
Allerdings wirkt rothes Licht in noch geringerem Maſse auf Bromsilber als das gelbe
Licht; aber andererseits ist das letztere für die menschlichen Augen nicht nur
angenehmer, sondern braucht auch nicht sehr zu hell sein, ohne daſs die Arbeiter
durch zu groſse Dunkelheit im Arbeiten behindert werden.
Burton gibt in der Photographic
News, 1886 S. 177 folgende Vorschrift zur Darstellung hochempfindlicher Gelatineemulsion: I) 20 Th.
Silbernitrat, 100 Th. Wasser und soviel Ammoniak, als zur Lösung des anfangs
entstehenden Niederschlages nöthig ist. II) 16 Th. Bromkalium, 1 Th. Jodkalium, 4
Th. Nelsongelatine Nr. 1 und 200 Th. Wasser. III) 30 Th. trockene Gelatine. – Man
erhitzt die Lösung II auf 70° und trägt die kalte Lösung I unter Schütteln ein. Man
stellt 20 Minuten in ein Wasserbad von 50°, läſst langsam abkühlen, trägt III ein,
läſst diese durch 20 Minuten quellen, stellt in Wasser, bis das Schmelzen erfolgt,
worauf man erstarren läſst.
Noch höhere Empfindlichkeit erhält man, wenn man im Wasserbade bei 70° digerirt,
häufig schüttelt und nach der Auflösung der Gelatine die Emulsion mit Alkohol
fällt,
Henderson berichtet über einen Centrifugalapparat zum
Ausschleudern des Bromsilbers aus Gelatineemulsionen, dessen wesentliche
Construction mit dem vor mehreren Jahren angegebenen Apparat von J. Plener übereinstimmt.Vgl. Eder: Ausführliches Handbuch der
Photographie, 3. Band: Photographie mit Bromsilbergelatine. (Halle
a. S. 1886.)
Gädike stellte Versuche über das Verhalten des latenten (unsichtbaren)
Lichtbildes in Bromsilbergelatine beim Erhitzen an und fand, daſs Temperaturen von 60 bis
70° dem Bilde nicht schaden, daſs höhere Temperaturen von 85 bis 90° das Bild wohl
nicht zerstören, aber Verschleierung desselben bewirken, während beim längeren
Erhitzen auf 100° allgemeine Reduction im Hervorrufer eintritt. (Photographische Mittheilungen, 1886 Bd. 23 S. 191.)
Hydrochinon wurde als Zusatz zu
Bromsilbergelatineplatten empfohlen (vgl. Zusatz von Pyrogallol 1886 260 224) und Biering in
Odense brachte nach dem Photographischen Archiv, 1886
S. 230 so zugerichtete Platten in den Handel.
Bei Verpacken der Gelatineplatten wird gewarnt vor
Benutzung verschiedener Papiersorten zum Einschlagen der Platten; selbst
Seidenpapier ist zu verwerfen, da diese Stoffe noch zu viel Wasser gebunden
enthalten. Braunes, mit Schellacklösung getränktes Packpapier sowie Bleifolie
erwiesen sich als die geeignetste Umhüllung. (Nach dem British Journal durch die Papier-Zeitung,
1886 S. 960.)
Für die Beurtheilung der Eignung der Gelatine zu
photographischen Prozessen ist die Kenntniſs der Ausdehnung in verschiedenen
Flüssigkeiten von Werth. Abney stellte darüber folgende
Versuche an: Trockene Gelatinefolien dehnen sich in verschiedenem Grade beim
Einweichen in Flüssigkeiten aus. Wird die Länge im trockenen Zustande = 1 gesetzt,
so ergibt sich nach einstündigem Weichen folgende Länge:
Bezeichnung
Wasser
Ammoniak
KohlensauresKali oderNatron
Nelson Nr. 1
1,2
1,39
1,29
Autotyp
1,094
1,28
1,21
Heinrichs (Höchst a. M.)
1,08
1,22
1,15
Winterthur (Simeons)
1,05
1,14
1,09
Batty (England)
1,32
1,50
1,42
X Opaque, Nelson
1,19
1,40
1,17
Cross und Backwell
1,09
1,24
1,51
Ueber die verschiedenen Anwendungen der Gelatine bringt
die Badische Gewerbezeitung, 1886 Bd. 19 S. 229 nach
einer russischen Quelle folgende Mittheilung: Gelatinefolien werden verwendet zum
Drucke von Bildern,
Visitkarten, künstlichen Blumen o. dgl. Man macht zu diesen Zwecken die Gelatine
durch Zusatz von ¼ Glycerin geschmeidig. Ein Gemisch von 100 Th. Gelatine, 400 bis
500 Th. Glycerin und nach Bedarf 200 Th. Wasser dienen als Hektographenmasse. 1844
stellte zuerst Franchi aus Gelatine und erdigen
Substanzen künstliches Elfenbein her, jedoch erst auf der Wiener Weltausstellung
1873 und der Pariser 1878 erschienen gröſsere Mengen solcher Arbeiten.
Negativpapier und Folien.
Die Verwendung des mit Bromsilbergelatine überzogenen Papieres (an Stelle der
empfindlichen Glasplatten) gewinnt allmählich an Verbreitung. Vorläufig bedienen
sich in Deutschland allerdings hauptsächlich Liebhaber und etwa noch
Landschaftsphotographen des Negativpapieres.
Barclay beschreibt in den Photographischen Mittheilungen, 1886 Bd. 23 * S. 55 eine Vorrichtung, um
Negativpapier in der Cassette gespannt zu halten: Eine
Ebonittafel wird schwach gebogen, das Papier um die Ränder gelegt und mit
Winkelblechen von Messing festgeklemmt. Die federnde Ebonittafel hält dann das
Papier ganz straff und eben.
Für Lichtdruck und auch für andere Zwecke des photographischen Druckes dürften die
Bromsilbergelatinepapiere mit abziehbarer Schicht alle Beachtung verdienen. Die
Fabrik von Lumiere in Lyon (Monplaisir-lès-Lyon, 21 Rue
St. Niclas) überzieht homogenes Papier mit Bromsilbergelatine in der Weise, daſs
sich die Bildschicht nach der Fertigstellung der Photographie vom Papiere abziehen
und umgekehrt auf Glas übertragen läſst. (Vgl. Eder in
der Photographischen Correspondenz, 1886 S. 361.)