Titel: | Verfahren und Apparat zum Niederschlagen von Flugstaub im Hüttenrauch; von C. A. Hering in Freiberg. |
Autor: | C. A. Hering |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 514 |
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Verfahren und Apparat zum Niederschlagen von
Flugstaub im Hüttenrauch; von C. A. Hering in Freiberg.
Mit Abbildungen auf Tafel
32.
Hering's Apparat zum Niederschlagen von Flugstaub.
Erfahrungsgemäſs wird eine gute Verdichtung von Flugstaub und metallischem Rauch
erzielt: 1) durch entsprechende Abkühlung der damit beladenen Gase, 2) durch
möglichst groſse Flächenberührung, 3) durch öfteren und plötzlichen Wechsel in der
Geschwindigkeit der Gase und 4) durch scharfe Brechungen in der Zugrichtung.
Von diesen Erfahrungen geleitet, war ich seither bemüht, einen Verdichtungsapparat
ausfindig zu machen, der in dieser Hinsicht allen Anforderungen entspräche und dabei
frei von den vielen Fehlern sei. welche den meisten bestehenden Anlagen zum
Auffangen des Flugstaubes anhaften. Ich will nicht behaupten, daſs ich das Ziel
durch meine neue Construction (vgl. * D. R. P. Kl. 40 Nr. 38775 vom 14. Mai 1886)
voll erreicht habe: indessen glaube ich, daſs durch richtiges Anpassen meiner
Neuerung für jeden gegebenen Fall eine Verdichtung von Flugstaub und Hüttenrauch
erreicht wird, wie sie bisher durch keinen anderen Apparat möglich war.
Meine Verdichtungseinrichtung (Fig. 1 bis 8 Taf. 32) besteht aus
einer Kammer mit zwei oder mehreren Parallelkanälen von verhältniſsmäſsig geringer
lichter Weite gegenüber einer bedeutenderen Höhe, mit auf- und niedersteigenden
Querwänden, sowie auf Bogen oder Trägern ruhenden, also nur oben im Wege des
Gasstromes befindlichen Längszungen. Diese Parallelkanäle sind am Anfange oder Ende
durch Drosselklappen (oder Ventile u. dgl.) verschlieſsbar, welche derart unter sich
verbunden sind, daſs ein einfacher Mechanismus in regelmäſsigen Zeiträumen durch ein
und dieselbe Bewegung die Klappe des einen Kanales schlieſst und die des anderen
Kanales öffnet und so immer wechselweise. Die mit Flugstaub, Metalloxyden,
Schwefelmetallen, Ruſs o. dgl. beladenen Gase, welche von diesen festen Stoffen
gereinigt werden sollen, werden durch den Kanal a (Fig. 4 und 5) in den
Vorraum oder die
Kühlkammer l, in welche die mit Wasser gefüllten
Rohrschenkel p ragen, und von hier aus wechselweise
einmal links, einmal rechts in die Parallelkanäle m
geführt, von wo sie schlieſslich zur Esse c abgesaugt
werden, wenn sie nicht sonst noch zu anderen Zwecken dienen, wie zur Verwerthung der
Schwefligsäure oder wie bei Gichtgasen zu Heizungen u.s.f.
In Folge der wechselweise auf- und niedersteigenden Querwände i und h ist der Gasstrom gezwungen, in einer
Schlangenlinie durch den Apparat zu gehen. Bei jedem Niedergange kommt der Gasstrom
mit der in den einzelnen Abtheilungen unten befindlichen ruhenden Gasschicht in
Reibung, so daſs die tiefer schwebenden festen Theilchen leicht zum Niederfallen
veranlaſst werden. Es ist auch ersichtlich, daſs der hier einmal abgelagerte
Flugstaub unmöglich wieder aufgewirbelt werden kann, weil er hier auſserhalb jeder
Gasbewegung sich befindet. Da der obere Theil des Kanales durch lothrechte
Längszungen getheilt und verengt ist, so werden die Gase oben gröſsere Reibung
erleiden und dabei eine gröſsere Geschwindigkeit haben als unten, so daſs die oben
verdichteten festen Theilchen vom abwärts gehenden Gasstrome nach unten in die
ruhende Gasschicht gestoſsen werden. Hierdurch und besonders durch den öfteren
Geschwindigkeitswechsel des Gasstromes wird das Niederfallen der mitgerissenen
festen Theilchen sehr begünstigt. Trotzdem werden immer noch leichtflockige Stoffe
und fein vertheilte Metalloxyde u. dgl. aus der stärkeren Zugrichtung nicht zum
Niederfallen gebracht werden. Um dies nun zu veranlassen, soll der in den einen
Kanal eingesaugte Gasstrom durch Schlieſsen der Klappe f eine Zeit lang seine Bewegung einstellen, während dabei der ohne
Unterbrechung von den Oefen kommende Gasstrom in den zweiten Parallelkanal geführt
wird, so daſs nunmehr der letzte Rest der in den Gasen vorhandenen verdichtbaren
Stoffe sich im ersten Kanäle absetzen muſs.
Bei zwei Parallelkanälen würde die Klappe f des einen
Kanales so lange geschlossen bleiben, als der Gasstrom Zeit erfordert, um in dem
anderen Kanale vom Eintritte bis zur Klappe (Austritt) zu gelangen. Alle von den
Oefen kommenden, mit Flugstaub beladenen Gase werden also innerhalb der Kammer
einmal eine Zeit lang in ihrer Bewegung aufgehalten und zu vollständiger Ruhe
gebracht, ohne daſs hierdurch der Zug der Oefen u.s.w. eine Benachtheiligung
erleidet, da ja stets einer der Kanäle offen, also der Zug nie gesperrt ist. Wenn
die Klappe f eines Kanales geöffnet wird, zieht der
gereinigte Gasstrom durch die Klappenöffnung ab und saugt dabei gleichzeitig einen
neuen zu reinigenden Gasstromtheil nach sich, bis dieser den Kanal bis zur Klappe
füllt, worauf sich diese Klappe wieder schlieſst. Es erfolgt also diese Gasreinigung
so zu sagen stückweise. Selbstverständlich müssen für jeden gegebenen Fall je nach
der durchzuführenden Gasmenge die Abmessungen der Kanäle m genau festgestellt werden. Je mehr diese bestimmten Kanalabmessungen
überschritten werden, um so sicherer wird man eine vollständige Ausfällung des
Flugstaubes bewirken.
Ein gemauerter Apparat wird oben am besten mit eisernen Platten abgedeckt, welche
gleichzeitig zur Verankerung benutzt werden können. In denselben sind Räumlöcher
angebracht, um den Flugstaub von den Wänden abkehren zu können. Unten ist jede
Abtheilung des Apparates durch eine eiserne Thür d
zugängig, so daſs man erforderlichen Falles auch während des Betriebes den Flugstaub
zum gröſsten Theil ausräumen kann.
Da, wo eine Wasserleitung zur Verfügung steht, kann man zum Stellen der Klappen die in Fig. 1 Taf. 32
veranschaulichte Einrichtung (vgl. y in Fig. 5 und 8) benutzen, welche auf
dem Prinzipe des Schaukeltroges beruht. Das Wasser gelangt zuerst in den hohen
Winkel A und es erfolgt beim Ueberlaufen des Wassers
plötzlich das Umkippen um 90°, so daſs dann der Winkel B unter den eintretenden Wasserstrahl gelangt, worauf das Umkippen nach
der anderen Seite hin stattfindet u.s.f. Durch mehr oder weniger starkes Zuströmen
des Wassers kann man die Umstellung der Klappen für ganz beliebige Zeiträume regeln.
Selbstverständlich kann man da, wo Wasser nicht zur Verfügung steht, Feder- oder
Gewichtsapparate u. dgl. zum selbstthätigen Stellen der Klappen verwenden.
Die beschriebene Flugstaubkammer mit wechselweise absperrbaren Parallelkanälen läſst
sich nicht allein für metallurgische Zwecke benutzen,
sondern auch für Feuergase und andere technische
Anlagen, wobei es sich darum handelt, feste Theile aus einem Gas- oder Luftstrome
auszuscheiden; die Einrichtung wird beispielsweise auch bei der trockenen Aufbereitung von Erzen, Kohlen u.a.
Verwendung finden können. Die Construction wird sonach für die einzelnen gegebenen
Fälle verschiedenartig auszuführen sein.
Eine solche besondere Einrichtung ist die eines Gichtgasreinigers, wie sie in Fig. 2 und 3 Taf. 32 dargestellt ist
und vielleicht ganz zweckentsprechend sein dürfte. Es werden hier die Gichtgase
zunächst in einen gröſseren Kasten c geleitet, welcher
in Höhe der Gicht aufgestellt ist. Dieser Kasten c
sitzt als Kopf auf den beiden abwärts führenden Rauchschächten oder den Röhren d, d1, welche unten am
Fuſse mit einem Wasserkasten m umgeben sind, wenn zur
Kühlung der Gase und Condensation des Wasserdampfes in d,
d1 ein Wasserregen herabfällt. In
entsprechender Höhe gehen von den senkrechten Schächten d,
d1 aus wagerechte Ableitungen e, e1 ab, welche die
Gase in die eigentlichen durch die Klappen k, k1 verschlieſsbaren Verdichtungskanäle C, C1 abführen. Hinter
diesen Klappen sind die Ableitungsrohre angebracht, welche die gereinigten Gase zu
den Verwendungsorten führen. Die Kanäle C, C1 besitzen unten Trichter h mit Ablaſsrohren i, aus denen man den
abgelagerten Staub jederzeit ohne Gefahr abziehen kann.
Um ein Beispiel anzuführen, nehme ich an, ein Eisenhochofen liefere in der Secunde 6cbm Gase. Wenn nun der Gasweg von e bis k einschlieſslich der Schlangenlinie im Kanäle C bezieh. C1 60m und der
kleinste Durchgangsquerschnitt 3qm beträgt, oder
aber wenn jeder Parallelkanal 180cbm freien Raum
besitzt, so wird die Ruhepause der Gase in dem einen Kanäle C (gleich der Durchgangszeit der Gase in dem anderen Kanäle) 30 Secunden
dauern, während welcher wohl alle festen Stoffe ausfallen dürften. Je
leichtflockiger und feiner vertheilt die festen Stoffe im Gase sind, desto gröſser
muſs der Gasweg und die Ruhepause sein.
Bei Metallhütten entspricht eine secundliche Rauchmenge von 6cbm schon einer ziemlich bedeutenden Anlage, da
hier durchschnittlich ein Ofen selten mehr als 25cbm Rauch in der Minute liefert, also 360cbm Rauch in der Minute von etwa 14 Oefen herrühren würden. Es würde
hiernach die Rauchverdichtung unter der Voraussetzung, daſs man den Rauch
entsprechend gekühlt hat (in einer Weise, wie z.B. aus Fig. 4 bei p ersichtlich) eine verhältniſsmäſsig sehr gedrungene
Anlage erfordern, die jedenfalls gegenüber den jetzt üblichen weitläufigen
Flugstaubkammern, wo nur nach Tausenden von Cubikmeter gerechnet wird, nicht den
zehnten Theil von deren Anlagekosten beansprucht.
Ich glaube annehmen zu dürfen, daſs mein Verdichtungsverfahren nicht nur das bis
jetzt vollkommenste, sondern auch das billigste in Anlage und Unterhaltung zu werden
verspricht.
Da bei sehr heiſsen Gasen eine starke Abkühlung
unbedingt nothwendig ist, wenn eine gute Verdichtung des Flugstaubes und
Metallrauches erfolgen soll, so muſs eine solche vorgenommen werden, bevor die Gase
in die Parallelkanäle treten. Man kann diese Abkühlung erreichen durch eine
vorgesetzte Kühlkammer, wie die Hagen'sche oder wie ich
in Fig. 4
angegeben habe, oder auch wie bei dem Gichtgasreiniger, indem man in den
Rauchschächten d, d1
(Fig. 2
und 3) einen
Wasserregen herabfallen läſst. Da, wo Wasser zur Kühlung fehlt, muſs wenigstens eine
Luftkühlung stattfinden, z.B. in einer Weise, wie bei der Zinkweiſs-Fabrik zu
Bergen, indem man den Rauch durch hohe ∩-Rohre führt.
Das Material, aus welchem man die Apparate errichtet,
ist sehr vorsichtig zu wählen. Hat man es mit heiſsen und
sauren Gasen zu thun, so empfiehlt sich nur Blei mit Wasserkühlung als sicher haltbar. Eisen läſst sich nur anwenden, wenn die Gase weder feucht, noch sauer
sind. Bei wenig sauren Gasen, wie denen der Bleihütten, bietet wohl auch
gewöhnliches Ziegelmauerwerk genügenden Halt; jedoch
ist es anzuempfehlen, auch hier kalkiges Material möglichst zu vermeiden und scharf
gebrannte Ziegel (mit Theer getränkt und mit Theermörtel gemauert) zu verwenden.
Zur Prüfung, in wie weit ich durch meine neue Construction den Eingangs gestellten
Haupterfordernissen für eine gute Verdichtung von Flugstaub und metallischem
Hauche entsprochen habe, sei Folgendes hervorgehoben: 1) Die Abkühlung der Gase hat
man wenigstens da, wo Wasser zur Verfügung steht, vollständig in der Gewalt;
anderenfalls kann die oben erwähnte Luftkühlung angebracht werden, so daſs auch hier
eine gedrängte Anlage wirksamer ist als lange, in Errichtung und Unterhalt theuere
Kühlkanäle. 2) Eine vermehrte Flächenberührung ist durch die vielen Querwände i und h und die
Längszungen k geboten. 3) Ein Geschwindigkeitswechsel
wird bei dem Auf- und Niedergange des Gasstromes in jeder einzelnen Abtheilung
bewirkt, wobei auch 4) gleichzeitig eine scharfe Brechung der Zugrichtung
erfolgt.
Die Hauptsache meiner Neuerung ist aber, daſs die gesammte zu reinigende Gasmenge
stückweise hinter einander durch die wechselweise Führung in parallelen Kanälen eine
Zeit lang in vollständige Ruhe versetzt wird, so daſs die Ablagerung aller festen,
überhaupt aus den Gasen ausscheidbaren Stoffe erfolgen muſs. Es dürfte also wohl
durch richtige Anpassung meines Apparates das Möglichste für Ausscheidung fester
Stoffe aus den damit beladenen Gasen zu erreichen sein.
Freiberg in Sachsen, Februar 1887.