Titel: | Ueber Fortschritte in der Bierbrauerei. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 518 |
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Ueber Fortschritte in der
Bierbrauerei.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 35
d. Bd.)
Mit Abbildung.
Lintner, über Fortschritte in der Bierbrauerei.
Ueber die Viscosität (sogen. Vollmundigkeit) des Bieres.Vgl. Fr. Schwackhöfer 1876 219 * 163. Prof. Ullik
wendet sich in der Zeitschrift für das gesammte
Brauwesen, 1886 S. 593 zunächst gegen die Annahme Michel's (a. a. O. 1883 S. 165), daſs die sogen. höheren Achroodextrine die Vollmundigkeit bedingen, und führt
den Nachweis über die Unzulänglichkeit der Versuche Michel's welche zu jener Annahme führten, um hierauf für den Gang seiner
eigenen Untersuchung folgende drei Hauptpunkte festzustellen: 1) Es ist eine Methode
nothwendig, welche gestattet, wenigstens annähernd genaue Messungen vorzunehmen, um
die relative Gröſse der Viscosität verschiedener Flüssigkeiten zu ermitteln. 2) Es
sind mit Hilfe dieser Methode Bestimmungen der Viscosität der wässerigen Lösungen
verschiedener Substanzen bei verschiedenen Concentrationsgraden derselben
auszuführen, wobei hauptsächlich jene Körper zu berücksichtigen sind, welche als
wesentlichste Bestandtheile des Bieres und der Würzen auftreten. 3) Es sind
vergleichende Bestimmungen der Viscositätsgröſse verschiedener Biere und mehrerer
auf verschiedene Art dargestellter Würzen vorzunehmen.
Bezüglich der Vollmundigkeit des Bieres macht Ullik
folgende nicht überflüssige Bemerkung: Die Viscosität beruht auf dem Grade der
Beweglichkeit einer
Flüssigkeit und es handelt sich dabei nicht um den Geschmacksinn, sondern um den
Tastsinn. Die betreffenden sogen. klebrigen Substanzen, welche eben die
Vollmundigkeit bedingen, haben überhaupt keinen Geschmack.
Zur Bestimmung der Vollmundigkeit verschiedener Flüssigkeiten bediente sich Ullik eines Viscosimeters, wie dasselbe gegenwärtig
käuflich zu haben ist, aber derart abgeändert, daſs es gegen jenes Ende des weiten
Rohres hin, wo das Luftrohr eingelöthet ist, abgeschnitten wurde. Da bei solchen
Messungen der Temperatureinfluſs um so gröſser ist, je enger das Capillarrohr, so
hat Ullik zur möglichsten Abminderung dieses Einflusses
einen Apparat von solcher Weite des Capillarrohres gewählt, daſs bei Durchgang von
50cc Wasser und den Temperaturgrenzen von 15
bis 28° im Durchschnitt der Zeitunterschied für 1° Temperaturschwankung etwa 1
Secunde betrug.
Die Viscositätsbestimmungen ergaben nun nach Tabelle I, daſs alle jene Bestandtheile
des Bieres und der Würzen, deren Menge unter 1 Proc. Hegt, also die Salze, Säuren,
Eiweiſsstoffe, Peptone, Glycerin keinen wesentlichen Einfluſs auf die Vollmundigkeit
besitzen und daſs ein solcher nur 3 Substanzen zukommt, nämlich dem Dextrin, der
Maltose und dem Alkohol und zwar bei Würzen nur den beiden ersteren, beim Bier (da
der Maltosegehalt gering ist) nur dem Dextrin und Alkohol.
Tabelle I. Viscositätsbestimmungen der Lösung verschiedener
Substanzen. Hierzu wurden stets 50cc verwendet und
bei 23° gearbeitet. In der obersten Zeile ist die Concentration, d.h. die Anzahl
Gramm in 100cc wässerige Lösung, und in den
senkrechten Spalten die Anzahl Secunden (Viscosität), welche das Ausflieſsen in
Anspruch nahm, aufgezeichnet. Beim Alkohol bedeuten die Concentrationszahlen
Volumprocent. Viscosität des Wassers = 85.
Concentration =
0,6
1,25
2,5
4,5
5
6
10
11
11,5
20
25
30
40
44
50
52
60
70
78
80
90
100
Chlorkalium
–
–
–
–
–
–
85
–
–
–
–
85
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Chlorammonium
–
–
–
–
85
–
85
–
–
–
–
85
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Chlornatrium
–
–
–
–
86
–
89
–
–
100
–
148
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Chlorcalcium
–
–
–
–
90
–
96
–
–
112
–
135
178
–
267
–
450
–
–
–
–
–
Maltose
–
–
86
–
90
–
100
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Traubenzucker
–
–
–
–
–
91
–
–
100
–
–
–
222
–
362
–
–
–
–
–
–
–
Weinsäure
–
–
–
–
91
–
97
–
–
116
–
143
183
–
246
–
–
–
–
–
–
–
Essigsäure
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
110
–
131
–
145
–
165
–
184
–
170
132
Alkohol
–
–
–
–
93
–
107
–
–
140
–
175
196
–
206
–
205
195
–
175
147
108
Glycerin
–
–
–
100
–
–
–
–
–
–
138
–
–
225
–
296
–
–
–
–
–
–
Eiereiweiſs
–
–
–
100
–
–
–
145
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Lösl. Stärkemehl
86
90
101
–
122
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Dextrin
–
–
99
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
–
Die Bestimmung der Viscosität einer Anzahl Biere und Würzen im Zusammenhalt mit der
quantitativen Ermittelung von Extract, Maltose, Dextrin und Alkohol führte zu dem in
Tabelle II zusammengestellten Ergebnisse: 1) Die Vollmundigkeit ist um so gröſser,
je bedeutender der Dextringehalt, welcher seinerseits abhängig ist von der
Bereitungsart und Concentration der Würze. Freilich ist die Viscosität nicht direkt
proportional dem Dextringehalte, was schon der Umstand mit sich bringt, daſs
dieselbe von zwei ungleichen Factoren abhängig ist. 2) Es können nach gewissen
Methoden hergestellte Infusionswürzen mit aus demselben
Tabelle II. Viscositätsbestimmungen von Bieren und Würzen mit
Analysen.
Extract
Maltose
Alkohol
Dextrin
Viscosität
Bier
1
3,92
0,55
2,71
2,36
119
2
4,87
0,78
3,65
2,95
127
3
4,42
0,72
3,45
2,65
122
4
8,07
1,83
5,16
4,97
161
Würze
I
10,42
6,15
2,10
117
II
10,58
5,4
2,61
122
III
11,18
8,06
1,57
116
IV
10,78
6,18
2,60
121
V
11,04
5,92
2,79
123
VI
10,83
5,24
2,70
123
VII
11,55
4,02
4,15
131
Kalt bereiteteMalzauszüge
3,51 3,52 3,19
1,02 0,78 0,71
0,690,630,85
97 96 96
Kalt bereiteterGerstenauszug
20,6
–
–
107
Malze bei gleicher Schüttung bereiteten Decoctionswürzen
gleiche Vollmundigkeit besitzen. 3) Das langsame Aufwärtsmaischen und längere
Verweilen bei Temperaturen um 50° herum gibt Würzen von geringerer Viscosität, als
wenn rasch auf 75° gemaischt wird, also das gerade Gegentheil von dem, was Michel vermuthet hat. 4) Das Dickmaischkochen erhöht
die Vollmundigkeit. Der höchste Grad derselben (neben höchstem Dextringehalte)
ergibt sich, wenn sofort eine Lautermaische gekocht wird. 5) Bei hoher Temperatur
gedarrtes Malz gibt unter denselben Umständen eine Würze von gröſserer
Vollmundigkeit als schwach gedarrtes, jedenfalls nur in Folge der Bildung gröſserer
Dextrin- und geringerer Maltosemengen.
Ullik konnte nun auch, da er einerseits Maltose, Dextrin
und Alkohol möglichst sorgfältig bestimmte, andererseits nachwies, daſs jene
Substanzen, wenn sie gleichzeitig vorhanden, ihre Viscositätsgröſsen nicht abändern,
die Vollmundigkeit für die Biere und Würzen berechnen. Da stellte sich nun das
überraschende Ergebniſs heraus, daſs die berechnete Viscosität mit der gefundenen
auch nicht annähernd stimmte. Bei der Gröſse der Abweichung waren Fehler, die etwa
von der Unsicherheit der Dextrinbestimmung herrühren konnten, völlig ausgeschlossen.
Die nächstliegende Erklärung für diese Erscheinung liegt in der Annahme, daſs im
Biere und den Würzen bisher unbeachtet gebliebene oder unbekannte Stoffe vorhanden
sind, welche auf die Gröſse der Vollmundigkeit einen sehr bedeutenden Einfluſs
haben.
Zunächst wurden zweierlei Substanzen in Betracht gezogen und zwar einerseits die
Gummiarten, andererseits jene Kohlehydrate, welche O'SullivanVgl. 1874 214 339. 1876 220 79. 1877 225 175. in
Gerste sowie Malz nachgewiesen und α- und β-Amylan genannt hat. Derselbe hebt gerade hervor, daſs
eine Lösung von β-Amylan, welche in 100cc 1g enthielt,
so dick wie Gummilösung war. Der Versuch ergab denn auch, daſs die Gummiarten eine
ausnehmend
Tabelle III. Viscositätsbestimmungen von Gummi- und
Pectinstofflösungen.
Die Gummiarten waren gekochte Sorten arabischen Gummis und zwar
Probe 1 rechtsdrehende, Probe 2 und 3 linksdrehende.
Concentration =
0,011
0,06
0,25
0,5
1
2
2,5
5
Gummi
1
–
–
–
–
117
148
–
255
„
2
–
–
–
–
137
–
–
344
„
3
–
–
110
130
170
–
302
626
Pectinstoffe
96
140
–
–
–
–
–
–
groſse Viscosität besitzen (vgl. Tabelle III), da eine 0,01
procentige Lösung schon dieselbe Viscosität besitzt wie eine etwa 2procentige
Stärkelösung.
Ullik führt nun weiter den Nachweis, daſs derartige
Substanzen im Biere vorhanden sind. Hierzu wurde folgendermaſsen verfahren: Eine
bedeutende Menge Bier wurde von Kohlensäure befreit, dann mit Natronlauge bis zur
stark alkalischen Reaction versetzt, der entstandene Niederschlag abfiltrirt und gut
mit destillirtem Wasser ausgewaschen. Der Niederschlag enthält 60 Proc. anorganische
Substanz, welche vorwiegend aus Magnesiumphosphat besteht. Der Niederschlag wurde
nach dem Auswaschen mit verdünnter Salzsäure behandelt, wodurch sich ein groſser
Theil löste und ein Rückstand A blieb. Die Lösung wurde mit ziemlich viel absolutem
Alkohol versetzt, wodurch ein voluminöser Niederschlag entstand; dieser wurde mit
Alkohol gewaschen, in Wasser gelöst und abermals mit Alkohol gefällt und gewaschen;
er war dann fast ganz weiſs. Die wässerige Lösung dieser Substanz zeigte neutrale
Reaction, wurde durch Bleiessig, aber nicht durch Bleizucker gefällt. Der Körper war
rechtsdrehend [α]D = +
113°. Eine Lösung, welche 0g,214 in 100cc enthielt, gab die Viscosität 160.
Der Rückstand A wurde mit Wasser bis zur vollständigen Entfernung der Säure
gewaschen, dann mit Wasser erhitzt, wobei er sich zum gröſsten Theile auflöste. Die
Lösung war stark gefärbt und zeigte bei der Concentration von 0g,135 in 100cc
die Viscosität 130; sie wurde durch Zusatz einer kleinen Menge frisch bereiteter
Schwefligsäure entfärbt, wobei ein Niederschlag B sich bildete, welcher abfiltrirt
wurde. Die in Lösung gebliebene Substanz war rechtsdrehend und zwar [α]D = + 36°. Der
Niederschlag wurde bis zur Entfernung der Säure ausgewaschen, dann mit Wasser
erwärmt, worin er sich bis auf einen geringen Rest löste. Diese Substanz war
ebenfalls rechtsdrehend, nämlich [α]D = + 288°; die Lösung hatte bei 0g,036 Gehalt in 100cc, die hohe Viscosität 112 und reagirte schwach sauer, wurde sowohl durch
Bleiessig als auch Bleizucker, sowie durch Säuren gefällt. Die Substanzen erwiesen
sich alle frei von Stickstoff.
Ullik versuchte nun eine quantitative Bestimmung in der
Weise, daſs er 1l Bier mit Natronlauge versetzte,
den Niederschlag auf getrocknetem gewogenem Filter sammelte, mit Wasser auswusch,
bei 110° trocknete, das Gewicht und dann die Asche bestimmte. Es ergab sich 0g,204 organische und 0g,378 unorganische Substanz, so daſs also letztere 64,95 Procent der
Gesammtmenge ausmachte. Diese Bestimmung, welche natürlich keinen Anspruch auf
Genauigkeit machen kann, ergibt wenigstens, daſs Pectinstoffe in sehr geringer Menge
im Biere auftreten; trotzdem unterliegt es aber keinem Zweifel, daſs bei der hohen
Viscosität derselben diese Mengen hinreichen, um einen erheblichen Theil jenes
früher erwähnten Ausfalles zu decken.
Die weitere Untersuchung des Filtrates vom Alkaliniederschlag führte zur Auffindung
von Körpern, welche möglicherweise mit O'Sullivan's
Amylanen übereinstimmen. Wegen Mangel an Material konnte eine eingehendere
Untersuchung nicht vorgenommen werden. Ferner fand Ullik durch fractionirte Fällung mit Bleiessig Körper im Biere, die sich
vom Dextrin eben durch ihre Fällbarkeit mittels Bleiessig und von Gummisäuren durch
neutrale Reaction unterschieden, demnach wohl einer noch unbekannten Körperklasse
angehören. So liegt hier eine ganze Reihe von Körpern vor, welche in verschiedene
Gruppen gehören, deren Charakterisirung indessen eine selbstständige, äuſserst
mühevolle und umständliche Untersuchung erfordern würde. In der besprochenen Arbeit
wollte Ullik lediglich sichere Anhaltspunkte für die
richtige Beurtheilung der Viscosität des Bieres und der Factoren, welche dieselben
bedingen, beibringen, und dies ist ihm auch im vollsten Maſse gelungen.
H. Stockheim's Filter und
Bierklärapparat, welcher sich nach Mittheilungen aus der Praxis bewährt,
besteht aus einer Klär- und Abfüllvorrichtung.
Textabbildung Bd. 263, S. 522 Hierzu gehört eine Luftpumpe, welche wie gewöhnlich am Windkessel
befestigt ist und das Bier aus den Lagerfässern heraus zu drücken hat. Von hier
gelangt dasselbe zu dem sogen. Luftabschluſs, welcher in die Schlauchleitung
zwischen Anstichhahn und eigentliches Filter eingeschaltet wird. Derselbe sorgt für
die Entlüftung der oft sehr langen Schlauchleitung und verhindert, daſs Luft in den
Klärapparat eintritt, wenn das Lagerfaſs leer wird. Der Klärapparat besteht aus zwei
getrennten Hälften. Das Bier tritt in den Zulauf unten ein und nimmt seinen Weg zum
Theile in die untere Hälfte, zum Theile durch den rechts um den Apparat herum
gelegten Schlauch c
in die obere Hälfte des
Klärapparates. Nachdem das Bier in der oberen und unteren Hälfte die Filtermasse
durchdrungen, vereinigt es sich oben am Austritte B
wieder. Eine Reihe kleiner Hähne x dient beim Einlegen
der Filtermassen zum Ablassen der Luft; mit d, f
bezieh. i, h sind Absperrhähne und Ueberwurfmuttern
bezeichnet. Die Filtermasse besteht aus Holz- und Pflanzenfasern und kann ebenso wie der ganze Apparat,
dessen Innenflächen emaillirt sind, leicht gereinigt werden.
Das filtrirte Bier verläſst den Apparat krystallblank und ohne jeglichen
Nebengeschmack. Vom Filter geht das Bier nach dem sogen. Schaumverhüter, welcher so
construirt ist, daſs ein Gegendruck hergestellt und dadurch der Ueberdruck
aufgehoben wird, jedoch Kohlensäure aus dem Biere nicht frei werden kann, so daſs
das Bier ohne Schaum und ohne Kohlensäureverlust in die Versandtgefäſse gelangt.
Ueber die Leistungsfähigkeit des Apparates werden in der Allgemeinen Zeitschrift für Bierbrauerei und Malzfabrikation, 1886 Bd. 14
* S. 1000 folgende Angaben gemacht: Stockheim's Apparat
liefert in der Stunde 20 bis 30hl tadelloses
Filtrat, je nach Trübung, Alter, Verschleimung oder Spundung. Junge und stark
gespundete Biere können nicht so rasch geklärt werden wie ältere und weniger
gespundete. Auch erfordern solche Biere selbstredend einen stärkeren Ueberdruck, um
das Entweichen von Kohlensäure zu verhindern. Obwohl beim Abziehen höchstens ¼ bis
1at Ueberdruck erforderlich ist, sind die
Apparate alle auf 3at geprüft. Schaltet man den
Klärapparat aus, so können mit dem Schaumverhüter allein in der Stunde 50 bis 60hl abgezogen werden, eine Leistung, welche die des
direkten Ablassens vom Fasse mit dem veralteten Lederschlauche um 60 bis 70 Proc.
überbietet. Mit ein und derselben Klärmasse können unter günstigen Umständen bis
600hl abgezogen werden. (Vgl. auch Knebel 1882 243 * 246. Kunheim und Raydt 1884 252
530. Klein-Schanzlin 1887 263 * 35.)
M. Delbrück macht in der Wochenschrift für Brauerei, 1886 Bd. 3 S. 770 Mittheilung über den Einfluſs der Kohlensäure auf die Haltbarkeit des
Flaschenbieres. Die Kohlensäure war als wesentlicher Bestandtheil des
Bieres, insofern sie demselben einen erfrischenden Geschmack verleiht, von jeher
geschätzt; der Brauer war daher stets bestrebt, dem Biere die Kohlensäure möglichst
zu erhalten. Daſs die Kohlensäure auch conservirend auf das Bier wirke, ist
gleichfalls eine weit verbreitete und wiederholt ausgesprochene Ansicht; doch
entbehrte dieselbe bisher des stützenden Nachweises durch Versuche, welche indessen
Delbrück jetzt mit Erfolg durchgeführt hat.
Delbrück benutzte als Kohlensäurequelle flüssige
Kohlensäure, welche von der Kohlensäure-Industrie-Actiengesellschaft in Berlin zur Verfügung gestellt
wurde. Einen Druckreductionskessel mit Ausrüstung, auf 8at geprüft, lieferte Hugo Ahlisch in Berlin.
Mit dem Kessel wurde eine Rohrleitung verbunden, von welcher mit Hähnen geschlossene
Abzweigungen ausgingen.
Durch diese Abzweigungen wurden die Versuchsflaschen mit Kohlensäure gespeist. Auf
die Versuchsflaschen war ein Schraubengewinde aufgekittet und darauf ein Rohrstück
luftdicht aufgeschraubt, welches einerseits einen Ansatz zur Verbindung mit der
Kohlensäureleitung, andererseits einen Ansatz mit Manometer zur Messung des Druckes
trug. Mit dem Apparate, dessen genauere Darlegung für später in Aussicht gestellt
ist, war es möglich, jeden beliebigen Druck in der Flasche herzustellen und die
Haltung des Druckes jederzeit zu beobachten. Die Versuche ergaben folgendes:
Flaschenbier nach 9 Tagen unter
normalem Druck.
höherem Druck.
1) Nicht inficirt:
1) Nicht inficirt:
Bedeutender Bodensatz, zahlreicheHefezellen,
normaler, auch schlauch-artiger Form. Geschmack leidlich,
beimAusschenken trüb. Druck in der Flasche= 615mm.
Unter Druck von 3at.
Geringer Boden-satz von sarcina und einigen unnor-malen
Hefezellen. Geschmack gut, Bierstark Kohlensäure haltig beim
Aus-schenken völlig blank.
2) Inficirt:
2) Inficirt:
Mikroskopisch und makroskopisch wieoben. Druck
570mm.
Unter Druck von 4at.
Bier völlig blank,Bodensatz kaum merklich, darin ganzvereinzelt
Hefezellen und Sarcina.
Die Versuche zeigen deutlich den Einfluſs der Kohlensäure. Das gleiche Bier, unter
gleichen Verhältnissen auf Flaschen gezogen, zeigte in gewöhnlicher Weise behandelt
eine starke Hefeentwickelung, während es unter Druck gesetzt völlig klar und ohne
Bodensatz blieb. Die mit der Bemerkung inficirt
aufgeführten Versuche waren so angestellt, daſs dem Biere beim Füllen der Flaschen
etwas obergährige Hefe zugesetzt wurde. Delbrück
schlieſst mit folgenden Sätzen, welche dazu bestimmt sind, in den betheiligten
Kreisen einen Meinungsaustausch hervorzurufen:
1) Die Kohlensäure ist ein Conservirungsmittel für Bier, insbesondere auch für
Flaschenbier. 2) Beim Flaschenfüllen ist darauf zu sehen, daſs die Kohlensäure dem
Biere möglichst vollständig erhalten bleibe; die üblichen Verschlüsse sind mit
Sorgfalt auf Durchlässigkeit zu prüfen. 3) Die übliche Methode, das Bier durch
Flaschenfüllapparate laufen zu lassen, ist verwerflich, sofern bei diesen Apparaten
das Bier der Luft ausgesetzt wird und seinen Kohlensäuregehalt zum Theile verliert.
4) Das Bier muſs von vornherein soviel Kohlensäure in sich enthalten, daſs eine
Entwickelung in der Flasche völlig überflüssig und unmöglich wird.
5) Bierabfüllapparate mit Gegendruck, insbesondere mit Kohlensäuregegendruck, sind
den offenen Apparaten in jeder Hinsicht vorzuziehen.
6) Wahrscheinlich genügt jedoch die unter gewöhnlichem Druck vorhandene oder durch
Spunden erhöhte Menge Kohlensäure nicht, um das Bier auf längere Zeit zu
conserviren. 7) Das Bier bedarf vielmehr der Hinzufügung künstlicher Kohlensäure, so
daſs von Anfang an ein Druck von 2 bis 3at im auf
Flaschen befindlichen Biere herrscht. 8) Um dies für die Praxis zu ermöglichen,
bedarf es der Herstellung von Flaschenverschlüssen, welche bei diesem Drucke mit
Sicherheit schlieſsen, und von Abziehapparaten, welche es gestatten, in einfacher,
bequemer und billiger Weise dem Biere die verlangte Kohlensäure mit genügendem Druck
zu geben.
C. J. Lintner.