Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 263, Jahrgang 1887, S. 525 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 343
d. Bd.)
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
III) Hefe und Gährung.
Ueber die Wirkung der Bakterien auf die Entwickelung und die
Gährkraft der Hefe; von M. Hayduck (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 207).
Die nachtheilige Wirkung der Spaltpilze auf die Hefe ist eine doppelte: Einmal
werden bei der durch die Spaltpilze veranlaſsten Gährung Stoffe gebildet, welche
giftig auf die Hefe wirken; andererseits aber wird die Entwickelung der Hefe auch
unmittelbar durch die Lebensthätigkeit der Spaltpilze selbst gehindert. Was den
ersten Prozeſs anbetrifft, also die Bildung giftiger Stoffe, unter denen besonders
die Säuren zu nennen sind, so macht der Verfasser darauf aufmerksam, daſs durch
diese Stoffe auch die sie ausscheidenden Organismen selbst geschädigt werden,
worüber er eingehende Untersuchungen in Aussicht stellt.
Ueber die Einwirkung der Säuren auf die Entwickelung der Hefe liegen schon ältere
Untersuchungen von Maercker, Neale und Werenskiold (daselbst 1881 Bd. 4 S. 114) vor. Es
handelt sich hierbei hauptsächlich um die Milchsäure und um die flüchtigen
Fettsäuren, besonders Essigsäure und Buttersäure. Bei seinen Untersuchungen über die
schädliche Einwirkung der Säuren ist Hayduck zum Theile
zu anderen Schlüssen gelangt als die genannten Forscher, so besonders in Bezug auf
die Wirkung der Buttersäure, wo Maercker schon bei 0,05
Proc. eine bedeutende Schädigung, bei 0,1 Proc. bereits eine vollständige
Unterdrückung der Gährung beobachtet hatte, während die Sprossung der Hefe sogar
schon bei 0,01 Proc. verzögert und durch 0,05 Proc. vollständig unterdrückt wurde.
Die auf Veranlassung Hayduck's von Müller ausgeführten Versuche ergaben bei 0,5 Proc.
Buttersäure erst eine geringe Schädigung der Gährung, für die Hefeentwickelung wurde
ohne Buttersäure eine Vermehrung der Hefe von 1 zu 7,4 Zellen, bei 0,05 Proc.
Buttersäure eine solche von 1 zu 5 und bei 0,1 Proc. noch eine Vermehrung von 1 zu 3
beobachtet. Nach diesen Versuchen würde also die Buttersäure nicht einmal in dem
Maſse gährungshemmend wirken wie Mineralsäuren, bei welchen Hayduck schon bei 0,2 Proc. Schwefelsäure und bei 0,1 Proc. Salzsäure eine
Schädigung beobachtete. Diese verschiedenen Ergebnisse in Betreff der schädlichen
Wirkung der Buttersäure sucht Hayduck dadurch zu
erklären, daſs verschiedene Umstände die schädliche Wirkung beeinflussen, so
besonders die Beschaffenheit der Hefe selbst, ferner die Zusammensetzung und der Zuckergehalt der
Maische, die Gröſse der Hefeaussaat, die Gährungstemperatur u.s.w. Wie schon oben
erwähnt, führt Hayduck die schädigende Wirkung der
Spaltpilze nicht allein auf die durch die Thätigkeit derselben erzeugten Stoffe und
zwar aus folgenden Gründen zurück: einmal werden durch die Säuren auch die
Spaltpilze selbst in ihrer Entwickelung geschädigt; andererseits tritt oft eine
auffallende Minderproduction von Hefe selbst dann ein, wenn der Säuregehalt gar kein
ungewöhnlich hoher ist. Die mikroskopische Untersuchung solcher Maischen zeigt
hierbei aber eine sehr bedeutende Entwickelung von Spaltpilzen. Hieraus schlieſst
Hayduck, daſs nicht die Ausscheidungsproducte der
Spaltpilze, sondern die Lebensthätigkeit der Spaltpilze
selbst die Hefe in ihrer Entwickelung hindern. Dies geht z.B. aus folgendem Versuche
hervor.
Eine mit Buttersäurebakterien sehr stark inficirte Maische wurde mit 0g,01 Hefe versetzt und in 2 Posten getheilt, von
denen der eine Zusatz von Hopfen erhielt, der andere nicht. In der gehopften Maische
entwickelten sich 12g Kohlensäure, in der nicht
gehopften 0g,3. Die mikroskopische Untersuchung
zeigte bei der gehopften Maische neben unzähligen Stäbchenbakterien eine reiche
Hefevegetation, während in der anderen Maische die Hefebildung ganz ausgeblieben
war. Trotzdem hatte diese nicht gehopfte Maische nur einen Säuregehalt entsprechend
1cc,8 Normalnatronlauge, also eine Säuremenge,
welche, selbst wenn sie ausschlieſslich aus Buttersäure bestanden hätte, nach den
oben mitgetheilten Versuchen Hayduck's über die Menge
von Buttersäure, welche schädigend wirkt, noch nicht ausreichend gewesen wäre, die
Hefebildung zu unterdrücken. Es muſs also die Lebensthätigkeit der Spaltpilze dies
bewirkt haben. Aehnliche Beobachtungen sind auch mit Fäulniſs- und
Essigsäurebakterien gemacht.
Der Verfasser hat nun weitere beachtenswerthe Versuche in folgender Weise
ausgeführt:
1) Von frisch bereiteter Kartoffelmaische, welche auſser Hefeaussaat auch geringe
Mengen Milchsäureferment enthielt, wurde ein Theil bei 16 bis 18°, ein anderer bei
29 bis 30° angestellt. Bei 16 bis 18° fand eine Vermehrung der Hefezellen in 44
Stunden bis auf 30 in der Volumeneinheit statt; bei 29 bis 30° betrug dieselbe nur
15. Die Vergährung war beim ersten Versuche von 20,3 auf 10,0° Saccharometer, beim
zweiten dagegen von 20,3 bis auf 6,3° heruntergegangen.
2) Derselbe Versuch wurde unter Zusatz von etwas Schwefelsäure ausgeführt, um die
Spaltpilzgährungen zu unterdrücken. Als Schluſs ergaben sich bei 16 bis 18° am Ende
des Versuches 36 Hefezellen in der Volumeneinheit und eine Vergährung von 21,3 auf
3,8; bei 29 bis 30° wurden 37 Hefezellen und eine Vergährung von 21,3 auf 1,9
gefunden.
3) und 4) Die ersten zwei Versuche wurden mit der Abänderung wiederholt, daſs etwas saures
Hefegut den Maischen zugesetzt wurde, so daſs neben geringer Hefeaussaat eine
bedeutende Menge Milchsäurebakterien vorhanden waren. Das Ergebniſs findet sich in
folgender Zusammenstellung:
Gährung bei
Gährung bei
1) Ohne Schwefelsäure:
16
bis
18°
29
bis
30°
Hefezellen in der Volumeneinheit
11
7
Säuregehalt
0,6
1,8
Vergährung
21,8
bis
16,7°
21,8
bis
10,0°
2) Mit Schwefelsäurezusatz:
Hefezellen in der Volumeneinheit
16
26
Vergährung
19,0
bis
8,70
19,0
bis
3,80
Aus diesen Versuchen ergibt sich, daſs ohne Schwefelsäurezusatz die Hefebildung bei
niederer Temperatur stärker erfolgte, weil die höhere Temperatur der Entwickelung
der Spaltpilze günstiger war; bei Zusatz von Schwefelsäure dagegen gerade das
Umgekehrte: bei höherer Temperatur auch stärkere Hefeentwickelung, weil diese durch
die höhere Temperatur begünstigt wird, die Spaltpilzgährung aber durch die
Schwefelsäure gehemmt war. Ein anderer Schluſs ergibt sich aber in Bezug auf die
Gährthätigkeit der Hefe. Diese war bei der höheren Temperatur eine weit stärkere als
bei der niedrigen, obgleich im ersten Falle durch die starke Spaltpilzgährung die
Entwickelung der Hefe bedeutend vermindert war. Es zeigen also auch diese Versuche,
daſs die Spaltpilze nicht, oder doch nur in untergeordneter Weise, durch ihre
Ausscheidungen giftig wirken, sondern vielmehr dadurch, daſs sie in Gegenwart der
Hefe eine kräftige Gährthätigkeit entwickeln. Dadurch wird die Hefe in ihrer
Entwickelung gehemmt, aber die einmal vorhandenen Hefezellen behalten ihre normale
Gährkraft. Dagegen findet ein sehr schädlicher Einfluſs der Spaltpilze auf die
Sprossung der Hefe statt. Der Nutzen der Antiseptika
für die Gährungsgewerbe ist daher jedenfalls nicht zu unterschätzen; da die Wirkung
derselben jedoch nicht eine vollständige Unterdrückung der Spaltpilze ist, besonders
da sie nicht in zu groſser Menge angewendet werden können und da andererseits schon
geringe Mengen von Bakterien einen nachtheiligen Einfluſs auf die Hefebildung haben,
so darf man sich nicht zu sehr auf die Wirkung der Antiseptika verlassen. Es wird
daher immer das beste und sicherste Mittel gegen die Entwickelung der Spaltpilze
sein, wenn man durch Einleitung einer möglichst lebhaften Gährthätigkeit der Hefe
die Entwickelung der Spaltpilze verhindert.
Ueber den Stickstoffumsatz der Hefe. Die von Justin im Laboratorium der Versuchsstation Halle
ausgeführten Untersuchungen, über welche Prof. Maercker
in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S.
219 berichtet, hatten den Zweck, den Einfluſs verschiedener Säuren, besonders
Buttersäure und Milchsäure, auf den Stickstoffumsatz der Hefe zu studiren. Diese
Versuche haben zunächst eine Bestätigung der von Hayduck gemachten vorstehend erwähnten Beobachtung gegeben, wonach die Buttersäure unter
verschiedenen Umständen sehr verschieden gährungshemmend und hemmend auf die
Sprossung der Hefe wirken kann. Bei den Versuchen von Justin haben auch erst gröſsere Mengen Buttersäure gährungshemmend
gewirkt; auch wurde bestätigt gefunden, daſs diese Wirkung von der Beschaffenheit
der Hefe, von der Temperatur und noch anderen äuſseren Verhältnissen abhängig ist.
Danach ist aber die Möglichkeit, daſs unter Umständen auch schon sehr kleine Mengen
Buttersäure auf Entwickelung und Gährthätigkeit der Hefe nachtheilig einwirken
können, durchaus nicht ausgeschlossen. Daſs dies in der That oft der Fall ist,
zeigte ein Versuch mit Milchsäure, welcher weiter unten angeführt ist. Durch die
Untersuchungen sollte festgestellt werden, wieviel die Hefe von den Stickstoff
haltigen Nahrungsmitteln, welche sie aufnimmt, in ihrer eigenen Substanz umwandelt
und wie viel andererseits von diesen Substanzen in solche Stoffe umgewandelt wird,
welche die Hefe als Stoffwechselproducte ausscheidet. Die Versuche wurden in
Nährlösungen ausgeführt, welche neben Mineralsalzen als Stickstoff haltiges
Nahrungsmittel Asparagin enthielten,
Concentrationsverhältnisse nach Angabe von Hayduck. In
dieser Nährlösung fand die Aussaat einer bestimmten Zahl von Hefekügelchen statt und
es wurde nach beendigter Gährung sowohl die Vermehrung der Hefekügelchen, wie die
Gährthätigkeit der Hefe, welche ihren Ausdruck in der gebildeten Menge Alkohol fand,
festgestellt. Ferner wurde die Stickstoffmenge, welche in der Hefe niedergelegt war,
dann diejenige Asparaginmenge, die aus der Nährlösung verschwunden war, ermittelt
und so aus dem Unterschiede die Stickstoffmenge gefunden, welche in andere
Substanzen umgewandelt war.
Ein derartiger Versuch lieferte folgende Ergebnisse: Unter normalen Verhältnissen
können mit Leichtigkeit 74,4 Proc. Asparagin aus der Lösung verschwinden, von denen
jedoch nur 34,5 Proc. von der Hefe aufgenommen wurden, während 39,9 Proc. zwar
zersetzt, jedoch nicht von der Hefe aufgenommen waren. Derselbe Versuch unter Zusatz
von 0,005 Proc. Buttersäure ergab ein Verschwinden von nur 68,7 Proc. Asparagin,
wovon 33,4 Proc. in die Hefe übergegangen, 35,3 Proc. aber in andere Form
übergeführt waren. Bei gröſserem Zusätze von Buttersäure sank die Menge des von der
Hefe aufgenommenen Asparagins auf 14 Proc. und in diesem Falle waren auch genau 14
Proc. in andere Verbindungen übergeführt. Es hatte also hierbei die Hefe von dem
aufgenommenen Asparagin nur die Hälfte zurückzuhalten vermocht, während die andere
Hälfte wieder ausgeschieden war. In Bezug auf die Alkoholerzeugung hatte bei den
Versuchen von Juslin ein geringer Zusatz von Buttersäure eine geringe Vermehrung der
Alkoholausbeute bewirkt; denn es wurden z.B. ohne Buttersäure 6,07 Vol.-Proc., mit
etwas Buttersäure 6,27, mit noch mehr, nämlich 0,05 Proc. Buttersäure, 6,46 Proc.
Alkohol erzeugt. Es war also etwa 0,4 Vol.-Proc. mehr Alkohol entstanden. Diese
Erscheinung ist leicht zu erklären: Durch die Säure wurde die Sprossung der Hefe
eingeschränkt; da aber die Hefe noch gährkräftig genug war, um den Zucker zu
zersetzen, so ist es erklärlich, daſs mehr Alkohol entstehen wird, wenn das in der
Hefe erzeugte Material durch die eingeschränkte Sprossung weniger zur Erzeugung von
Hefesubstanz verwendet wird. Versuche mit Milchsäure
führten in Bezug auf Alkoholausbeute zu demselben Ergebnisse: ohne Milchsäure 6,12
Proc., mit 0,5 Proc. Milchsäure 6,35, mit 1 Proc. Milchsäure 7,0, mit 2 Proc. aber
nur 3,64 Vol.-Proc. Alkohol. Es trat also hier bei 1 bis 2 Proc. Milchsäure schon
eine bedeutende Schädigung der Alkoholausbeute ein. (Hayduck a. a. O. 1881 S. 341 hat erst bei gröſserem Milchsäuregehalte eine
solche Schädigung beobachtet.)
In Bezug auf Hefevermehrung ergab sich durch geringe Milchsäuremengen eine Steigerung
von 6,36 auf 8,20, bei 1 Proc. ein Herabgehen auf 7,04. Hier war die Vermehrung aber
auch noch immer stärker als ganz ohne Milchsäure, wo sie nur das 6,36 fache der
Aussaat betrug. Von groſsem Interesse sind bei diesem Versuche mit Milchsäure die
Zahlen über den Stickstoffumsatz. Durch einen Zusatz von 0,5 Proc. Milchsäure war,
wie bereits mitgetheilt, die Hefeaussaat von 6,4 auf 8,2 vermehrt, die
Asparaginaufnahme dagegen hatte eine Verminderung erfahren, nämlich von 62,4 auf
53,0 Proc. Durch Steigerung der Milchsäuremenge sank die aufgenommene Asparaginmenge
auf 24,4, schlieſslich sogar auf 11,1 Proc. Unter dem Einflüsse der Milchsäure wurde
also weniger Stickstoff aufgenommen und dies zeigte sich selbst bei den geringen
Mengen Milchsäure, obgleich bei diesen mehr Hefe
gebildet war. Eine Berechnung des Stickstoffgehaltes einer gewissen Anzahl
Hefekügelchen ergab bei Abwesenheit von Milchsäure 0g,051 Stickstoff, bei 2 Proc. Milchsäure dagegen nur 0g,023 Stickstoff für die gleiche Anzahl
Hefekügelchen. Aus diesen Zahlen ergibt sich, daſs auch schon kleinere Mengen Milchsäure den Stickstoffgehalt der
Hefe verringern, also wesentlich auf den Stoffwechsel der Hefe einwirken. Da aber
der Stickstoffgehalt der Hefe mit deren Gährkraft im engsten Zusammenhange steht, so
würde sich daraus ein schädlicher Einfluſs selbst geringer Mengen Milchsäure
ergeben.Ueber die Wirkung von Salicylsäure auf Fermente vgl. A. B. Griffiths in der Chemical News,
1886 Bd. 53 S. 28.
A. Kiesewalter empfiehlt in der Norddeutschen Brauerzeitung, 1886 Bd. 11 S. 334 zur Conservirung der Stellhefe für Brauereien 3 Verfahren,
nämlich erstens die Conservirung mit Glycerin, zweitens mit 25 Proc. Alkohol,
drittens durch Trocknen der Hefe. Alle 3 Verfahren sollen sich gut bewähren. In
Bezug auf die Conservirung durch Trocknen sei hier bemerkt, daſs Maercker schon vor mehreren Jahren die Conservirung von
Preſshefe durch Trocknen der zerschnittenen Hefe bei 44° gelungen war. Eine so
getrocknete Hefe zeigte sich nach 10 Monaten, nachdem dieselbe in luftdicht verschlossenen Blechbüchsen
nach dem Transvaallande befördert war, vorzüglich geeignet zur Bereitung von
Hefegut.
Ein anderes Verfahren zur Conservirung von Hefe hat H. Böhm in Tornow (D. R. P. Nr. 35752 vom 18. November
1885) angegeben. Der Patentanspruch lautet: „Das Verfahren, Hefe zu conserviren
durch folgende Behandlungsweisen: Sieben zur Zertheilung der Hefe in kleinere
Partikeln, Trocknen bei 35° bis auf einen Feuchtigkeitsgehalt von etwa 10 bis 12
Proc. und Vermaischen mit etwa 7,5 Proc. Traubenzucker und 3 Proc.
Natriumbicarbonat.“
Ueber den Einfluſs von Licht auf die Entwickelung der
Hefe hat M. Key Versuche angestellt, welche zu
dem Ergebnisse führten, daſs ein solcher Einfluſs nicht vorhanden ist; denn bei 8
Versuchen, in welchen Zellen von Saccharomyces
cerevisiae theils im Lichte, theils unter dunklen Glasglocken cultivirt
wurden, war in 3 Fällen unter den dunklen Glocken, in 5 Fällen dagegen unter den
durchsichtigen die Vermehrung etwas gröſser. (Nach Biedermann's Centralblatt, 1886 Bd. 15 S. 71.)
Ein Verfahren zur Herstellung von Hefe hat C. F. H. Schäfler in Ottensen (D. R. P. Nr. 35409 vom
11. Oktober 1885) in Vorschlag gebracht. Die Patentansprüche lauten: „1) Das
Verfahren, unter Verwendung von Hopfenauskochung anstatt erhitztem Wasser, eine
Getreidemaische zum Zwecke der ausschlieſslichen Produzirung von Hefe
anzusetzen. 2) Das Verfahren, das durch Gährung aus solcher Maische gewonnene
Product durch Zusatz von Maismehl, sowie durch vollständige Austrocknung in
erhitzter Luft zu einer haltbaren Hefe zu gestalten.“
Ueber den Einfluſs mechanischer Bewegung und indifferenter
Stoffe auf Gährwirkung, Wachsthum und Charakter der Hefe; von Prof. Delbrück. Untersuchungen über die Frage, wie
eoncentrirte Zuckerlösungen die Hefe überhaupt noch zu vergähren vermögen, hatten zu
dem Schlusse geführt, daſs hoehprocentige Lösungen von Rohrzucker mit Leichtigkeit
sich vergähren lassen; dagegen waren die gleichen Versuche mit Maltose erfolglos
geblieben, obgleich die verwendete Maltose, wie andere Versuche gezeigt hatten, an
sich durchaus gährungsfähig war. Wechsel in der Hefe, Anwendung von antiseptischen
Mitteln und ähnliche Aenderungen der Versuchsbedingungen waren ohne Erfolge es
gelang nicht, die etwa 30procentige Maltoselösung zu vergähren. Dagegen führte ein
Zusatz von Roggenschrot zu der Maltoselösung zu einer
sehr vollkommenen Vergährung derselben. Es entstand nun die Frage, in welcher Weise
dieser Zusatz von Roggenschrot gewirkt hatte. Die Wirkung konnte eine chemische sein, indem das Roggenschrot Nährstoffe für
die Hefe lieferte, andererseits aber auch eine rein mechanische, indem eine Bewegung der Hefe hervorgerufen wurde. Letzteres
schien nach dem Charakter der Gährflüssigkeit das Wahrscheinlichere zu sein und in
dieser Richtung angestellte. Versuche, welche mit Bierwürze ausgeführt wurden, bestätigten diese
Vermuthung in der That. So vergohr z.B. eine Würze unter gewöhnlichen Verhältnissen
nach 12 Tagen bis auf 4,3° Saccharometer; als dieselbe Würze in einem anderen
Versuche bewegt wurde, trat schon in 7 Tagen eine
Vergährung bis auf 4° ein. In der nicht bewegten Würze hatte die Hefe in der
Raumeinheit eine Vermehrung auf 17, in der bewegten Würze eine solche auf 43
erfahren. Dieser Versuch lieſs schlieſsen, daſs auch der Zusatz von Roggenschrot nur
mechanisch gewirkt hatte, indem durch die Bewegung der Traber auch eine Bewegung der
Hefe veranlaſst war. Da aber eine etwaige chemische Wirkung dabei nicht
ausgeschlossen war, so wurde der Versuch mit einem indifferenten Stoffe und zwar mit
ausgewaschenen Bierträbern wiederholt. Der Erfolg
war der gleiche, nämlich Vergährung auf 3,6° Saccharometer in 5 Tagen, während ohne
Träberzusatz erst in 10 Tagen eine Vergährung von 4,6° erreicht wurde. Die
Hefebildung betrug bei Träberzusatz etwa 33 Proc. mehr. Ein ganz ähnliches Ergebniſs
wurde durch Zusatz von Trüb erhalten. Es wurde nun
weiter versucht, ob derselbe Erfolg zu erreichen wäre, wenn man der Hefe im
Gährbottiche einen Widerstand entgegensetzt, an welchem
sie sich stoſsen und von welchem sie festgehalten werden kann. Es wurde ein aus
gespaltenem Rohre gefertigtes Netz in den Bottich gebracht und dieser Versuch ergab
eine noch gröſsere Wirkung; denn es fand in 5 Tagen eine Vergährung auf 4°
Saccharometer, in dem Parallelversuche ohne Rohr eine solche auf 7,5° statt. Nun die
Erklärung dieses merkwürdigen Ergebnisses: Man kann sich vorstellen, daſs die
Hefezelle zunächst diejenigen Nährstoffe aufnimmt, welche sich in ihrer
unmittelbaren Umgebung befinden. Hat sie diese verzehrt, so wird sie nach anderen
Stellen wandern müssen, um genügend Nahrung zu finden, oder umgekehrt, wenn sie
nicht wandert, sondern an der alten Stelle bleibt, so wird sie Mangel an Nahrung
leiden und daher ein Stillstand in ihrer Entwickelung eintreten. Schon danach wäre
es erklärlich, wie durch eine einfache Bewegung in der Maische eine bessere
Ernährung der Hefe bewirkt werden kann. Es kommt aber noch etwas Anderes dazu. Die
Hefe scheidet bei ihrer Lebensthätigkeit gewisse Stoffe, so zu sagen Exkremente aus, zu denen Alkohol, Kohlensäure,
Bernsteinsäure und andere gehören. Diese Ausscheidung wird naturgemäſs zunächst auf
der Oberfläche der Hefezelle stattfinden. Nun ist es aber vom Alkohol bereits
bekannt, von den anderen Stoffen durch den Verfasser nachgewiesen, daſs diese
Ausscheidungsstoffe für die Hefe nachtheilig wirken. Es ist daher einleuchtend, daſs
die Hefe sich kräftiger und gesunder entwickeln wird, wenn ihr durch Bewegung in der
Maische Gelegenheit gegeben ist, sich dieser Exkremente gewissermaſsen durch
Abspülen schneller zu entledigen. Diese Erklärung schien jedoch nicht vollständig
ausreichend für einen Versuch, bei welchem in einer klaren, von Traber freien Würze
durch einfaches Schütteln, welches nur einmal täglich erfolgte, eine ebenfalls wesentlich bessere
Vergährung eintrat als ohne Schütteln. Beim Umschütteln der Würze findet aber
starkes Schäumen statt, verursacht durch eine lebhafte Entwickelung von Kohlensäure und es lag nach dem obigen Versuche der
Gedanke nahe, daſs die in der Flüssigkeit angesammelte Kohlensäure hemmend auf
Gährung und Hefewachsthum einwirken könnte.
Zur Entscheidung wurden 3 Versuche ausgeführt: ein Versuch in gewöhnlicher Weise mit
ungehinderter Kohlensäureentwickelung; in einem zweiten Versuche fand durch
Erzeugung eines Unterdruckes von 0at,5 ein Wegsaugen der Kohlensäure statt, in dem
dritten Versuche dagegen durch Erzeugung eines Ueberdruckes von 0at,5 eine
Zurückhaltung der Kohlensäure. Das Ergebniſs war folgendes: Bei Minderdruck eine Vergährung auf 6,8°, bei normalem Drucke auf 8,2°, bei Ueberdruck auf 9,3° Saccharometer. Das Entfernen der Kohlensäure hatte
also die Vergährung um mehr als 1 Proc. verbessert, das Zurückhalten um etwa ebenso
viel verschlechtert. In gleichem Sinne fiel der Erfolg der Hefevermehrung aus,
nämlich 18 bezieh. 12 und 10g Hefe bei den 3
Versuchen in der angegebenen Reihenfolge. Diese Versuche zeigen also, daſs die
Kohlensäure ein wichtiger Regulator für die Gährung ist; ihre Gegenwart hemmt, ihre
Abwesenheit fördert dieselbe.
Uebrigens hat Lintner schon früher ausgesprochen, daſs
die Kohlensäure eine conservirende Wirkung besitzt, d.h. gährungshemmend wirkt. Die
bei den oben besprochenen Versuchen dargethane günstige Wirkung verschiedener
Zusätze zur Maische beruht wahrscheinlich im Wesentlichen darauf, daſs durch diese
Zusätze eine schnelle Entwickelung der Kohlensäure veranlaſst wird. Sehr interessant
sind weiter die Beobachtungen über den Stickstoffumsatz, welche sich sowohl auf die
Aufnahme des Stickstoffes aus der Würze durch die Hefe, wie andererseits auf den
Stickstoffgehalt der Hefe erstreckten. Es geht dies aus nachstehender
Zusammenstellung hervor:
Vom Stickstoff der Würzedurch die Hefe
aufgenommen
Stickstoffgehaltder Hefe
Unbewegte Würze
40 Proc.
8,9
Proc.
Bewegte Würze
50
8,0
Würze ohne Träber
26
8,8
Würze mit Träber
45
7,6
Würze ohne Trub
26
–
Würze mit Trub
30
8,9
Würze ohne Späne
21
7,8
Würze mit Späne
37
7,3
Diese Zahlen zeigen, daſs die Zusätze überall eine gröſsere Aufnahme von Stickstoff
veranlaſsten, daſs aber andererseits der Stickstoffgehalt der Hefe selbst durch die
Zusätze bezieh. die Bewegung vermindert wird. Es wurde nun weiter geprüft, wie sich
die Nachzucht der mit und ohne Zusatz erzeugten Hefe gestaltet. Diese Versuche
ergaben, daſs die Nachzucht der mit Spänen gewachsenen Hefe eine viel vollkommenere
Gährung lieferte, indem diese Hefe in 3 Tagen 42g,3 Kohlensäure
und eine Vergährung von 4,1° Saccharometer, die ohne Späne kultivirte dagegen unter
sonst gleichen Umständen nur 32g,3 Kohlensäure und
5,3° Saccharometer Vergährung lieferte. Ferner ergab die mit Spänen kultivirte Hefe
eine um beinahe 50 Proc. höhere Hefenernte.
Delbrück dehnte seine mit concentrirten Maltoselösungen
und Bierwürzen ausgeführten Versuche auch auf Preſshefemaischen aus, wo ja die
Verhältnisse wegen des verhältniſsmäſsig viel niedrigeren Alkoholgehaltes wesentlich
anders liegen und wo es sich hauptsächlich um reines Hefewachsthum handelt. Eine
Maische von 11° Saccharometer ergab ohne Bewegung eine Hefevermehrung auf 35 Zellen,
mit Bewegung eine solche auf 50 Zellen im gleichen Raume. Bei einem zweiten Versuche
wurden ohne Bewegung 42, mit Bewegung 60 Zellen erzeugt, also durch die Bewegung
eine Mehrbildung an Hefe von 27 bis 30 Proc. Verfasser bespricht nun die Anwendung
seiner Beobachtungen für die Praxis und will bei der
augenblicklichen schlechten Lage der Spiritusindustrie nicht ohne weiteres zur
Anschaffung eines Rührwerkes rathen, empfiehlt aber, nachdem die groſse Rolle,
welche die Bewegung für die Vergährung spielt, erkannt ist, die Behandlung der
Maische so einzurichten, daſs dieselbe sich von vornherein in Bewegung befindet. Das
Mittel hierzu ist das warme Anstellen der Maische und
die Anwendung einer starken Hefeaussaat, beides
Arbeiten, die sich bei Anwendung von Kühlschlangen, welcher Apparat heutzutage in
keiner gut eingerichteten Brennerei fehlen sollte, sehr wohl ermöglichen lassen.
Eine Mittheilung von Holderer, welcher u.a. auch über
Versuche von Prandtl (vgl. Der
bayerische Bierbrauer 1866) berichtet, sowie eine frühere Beobachtung von
Brown, welcher nicht eine Gährung verzögernde
Wirkung durch den Druck, sondern im Gegentheile bei Minderdruck behauptet,
veranlaſste Delbrück, nochmals auf den Gegenstand
zurückzukommen und hauptsächlich die Frage zu erörtern, ob die Kohlensäure an sich
gährungshemmend wirkt, oder ob ihre Entfernung aus der Maische nur dadurch
gährungsfördernd ist, daſs bei dieser Entfernung eine Bewegung hervorgebracht wird.
Die verschiedenen bereits erwähnten Beobachtungen lassen eine bestimmte Beantwortung
dieser Frage einstweilen noch unmöglich erscheinen; dagegen zweifelt Verfasser nicht
daran, daſs die Kohlensäure als ein Regulator der Gährungserscheinungen angesehen
werden muſs. (Nach der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 231 bezieh. Wochenschrift für Brauerei, 1886 Bd. 3 S. 306.)
Untersuchungen Hayduck's über die Praxis der Heferegenerirung erstrecken sich auf die
Regenerirung der Brauereihefe nach einem vom Verfasser ausgebildeten Verfahren,
welches im Wesentlichen darauf beruht, die Hefe in einer möglichst von Stickstoff
armen Lösung wachsen zu lassen und zwar unter solchen Bedingungen, unter denen sie
möglichst lebhaft sproſst. (Wochenschrift für Brauerei,
1886 Bd. 3 S. 311.)
(Schluſs folgt.)