Titel: | Die Fabrikation des Methylviolett; von Dr. Otto Mühlhäuser. |
Autor: | Otto Mühlhäuser |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 37 |
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Die Fabrikation des Methylviolett; von Dr. Otto
Mühlhäuser.
Mühlhäuser, über die Fabrikation des Methylviolett.
Der Entdecker des Methylviolett ist Ch. Lauth, der im J.
1860 das Methylanilin der Einwirkung solcher Oxydationsmittel unterwarf (vgl. 1861
159 451), welche technisches Anilinöl in Rosanilin
überführten. Lauth gelangte bei seinen Untersuchungen
zu einem violetten Farbstoffe, hielt jedoch die Fortsetzung seiner Versuche nicht
lohnend, da ihm die Lichtbeständigkeit seiner Farbstoffe – im Vergleiche zu
derjenigen der damals fast allein in Verwendung kommenden natürlichen Farbstoffe –
zu gering erschien.
Bald nach Lauth's Entdeckung gelang es A. W. Hofmann, technisches Kosanilin durch Methylirung
in Violett überzuführen (vgl. 1864 172 306). Das nach Hofmanns Methode hergestellte Violett kam bald darauf
in den Handel. Diese Thatsache mag wohl Lauth bewogen
haben, seine früheren Versuche wieder aufzunehmen, deren Ausführung durch die
erfolgte technische Herstellung des Methylanilins durch Bardy wesentlich gefördert wurde. Lautes
Versuche endigten mit der Einführung der Violettfabrikation in der Farbenfabrik von
Poirrier und Chappat in St. Denis, welches Haus
lange Zeit allein das Violett erzeugte und als „Violet de
Paris“ in den Handel brachte.
Nach der von Lauth in Vorschlag gebrachten Methode
erhält man das Violett durch Oxydation des mit Sand
verdünnten und so in möglichst groſser Oberfläche dargebotenen Methylanilins
durch ein KupfersalzDas Kupferchlorid wurde von Caro und Dale in die Farbentechnik als Oxydationsmittel
eingeführt.
bei Gegenwart von Salpetersäure, Die mit Schaufeln
gemischten Stoffe wurden in Formen gepreſst und die so erhaltenen Brode bei einer
mäſsigen Temperatur in der Trockenkammer oxydirt. Die fertig gebackenen,
bronzegelben Brode wurden entsalzt und die zurückbleibende Kupferviolettverbindung
mit Schwefelnatrium zersetzt. Durch Filtration, Aufnahme des Rückstandes in
verdünnter Salzsäure und Filtration wurde eine Farbstofflösung erhalten, aus welcher
man den Farbstoff mit Kochsalz abscheiden und gewinnen konnte.
In der Folge ersetzte man die Salpetersäure durch chlorsaures Kali (Durand und Girard), dann
durch Essigsäure (Bindschedler und Busch), den lästigen Sand aber durch Kochsalz. Im
Uebrigen blieb die Fabrikation dieselbe; man mengte die Materialien mit der Hand,
d.h. eben unvollkommen.
Nach dieser viel zu wünschen übrig lassenden Mischmethode konnte selbst bei
Anwendung von Oxydationsmischungen, die bei Versuchen im Kleinen höchste Ausbeute
ergaben, im Groſsen eine höhere Ausbeute nicht erhalten werden. Bei der Mischung mit
Hand zog sich – selbst wenn gut gemischt wurde – nach kurzer Zeit ein Theil des
Methylanilins in die untersten Schichten der Brode, die Masse entmischte sich also
wieder; auch war der Verlust durch Verdunstung des Methylanilins in der
Trockenkammer unter den gegebenen Umständen ein nicht unbedeutender. Man begegnete
diesen Uebelständen durch Vornahme der Oxydation in einer eisernen Trommel, deren
eiserner Mantel durch Anwärmen mit Dampf oder Abkühlen mit Wasser eine Regelung der
Temperatur der Oxydationsmasse gestattete, durch deren der Zähigkeit der Masse
angepaſstes, eisernes Rührwerk eine vollkommene Mischung der Materialien im
abgeschlossenen Raume bewerkstelligt wurde.
Die Fabrikation von Violett nach neuer Methode umfaſst folgende Arbeiten: 1)
Oxydation, 2) Entsalzung, 3) Schwefelung, 4) Trennung des Farbstoffes vom
Schwefelkupfer als salzsaures Salz, 5) Gewinnung des Rohviolett und 6)
Reindarstellung des Violett.
Bei einer Tageserzeugung von 85k
benöthigt man folgende Apparate:
5 gußeiserne, wagerecht liegende, mit
starkem Rührwerk versehene eiserne Cylinder, sogen. Trommeln-, letztere sind bis zur halben Höhe mit einem
Kühlmantel umgeben, welcher mit der Dampf- und Wasserleitung in Verbindung steht.
Die Trommel liegt mit ihren eigenen Zapfen in 2 Lagerböcken und kann darin mittels
einer Schraube ohne Ende so gedreht werden, daſs das während der Oxydation dem Boden
abgekehrte Mannloch behufs Entleerung der Trommel dem Boden zugekehrt ist.
Einen groſsen eisernen Cylinderkessel
2m hoch und von 2m Durchmesser; derselbe besitzt ein Rührwerk und ist oben durch ein weites
Arbeitsloch zugänglich. Das Ablassen von Flüssigkeit gestatten 2 Hähne, von denen
der eine am Kessel, der andere am Deckel des am Boden angebrachten Mannloches
aufsitzt. Dieser Kessel dient zum Entsalzen der Violettmasse.
Ein groſser Filterkasten von ungefähr
800l Inhalt.
Ein Schwefelungskessel, genau so
beschaffen wie der Entsalzungskessel, dazu einen Schwefelwasserstoff-Entwickler, bestehend aus dem
Entwickelungsgefäſse, einem mit Rührwerk versehenen Eisenkessel, und dem
Gaswäscher.
Ein groſses Kastenfilter, wie eben
beschrieben.
Eine groſse Holzbütte mit Rührwerk
und 3000l Inhalt.
4 eiserne Wannen, zur Aufnahme der
Rohviolettlösungen. Diese Wannen haben einen muldenförmigen Boden mit versenkten
Nietköpfen. Der Boden gestattet das Ansammeln von Violett auf kleinem Raume. Inhalt
eines Kastens 5000l.
Eine Umkochbütte, Inhalt 3000l, nebst Filterkasten
zur Filtration der Lösung.
2 Reinfarbwannen derselben
Einrichtung wie die Rohfarbwannen. Inhalt 5000l.
Eine Trockenpfanne aus Kupfer, etwa
120cm im Durchmesser und 40cm Tiefe.
Ein Mahlgang.
Eine Trockenstube.
Bei Vornahme der Oxydation des Methylanilins in Trommeln hat man sich zu allererst
einer Oxydationsmischung von Kochsalz, KupfervitriolDer Kupfervitriol kann auch durch die äquivalente Menge Kupferchlorid ersetzt
werden; man wendet indessen besser den billigeren Kupfervitriol an, da
letzterer sich mit dem Kochsalze umsetzt: CuSO4 + 2 NaCl = CuCl2 + Na2SO4.und 50 procentiger Essigsäure bedient; später oxydirte man
mit einer Mischung von
Kochsalz, Kupfervitriol und chlorsaurem Kali. In neuester Zeit verwendet man mit
bestem Erfolge eine Mischung von Kupfervitriol, Kochsalz und Phenol.
Oxydation.
(1. Tag): In jede der 5 eisernen Trommeln kommen des Morgens 175k getrocknetes und fein gemahlenes Kochsalz,
welches man durch das Arbeitsloch mittels einer Schaufel einschöpft. Nach der
Salzeingabe setzt man das Rührwerk in Gang. Zu dem durch Umrühren in Bewegung
gehaltenen Kochsalze gibt man 10k fein gemahlenen
und gesiebten Kupfervitriol zu. Der äuſsere Mantel wird nun mit kaltem Wasser
angefüllt und letzteres mit Dampf zum Kochen gebracht. Sobald das Wasser kocht,
stellt man den Dampf ab. Durch 5 bis 10 Minuten langes Rühren erhält man eine innige
Mischung von Salz und Vitriol. Zu dieser Salzmischung setzt man ein Gemisch von 8k Phenol und 2l
Wasser. Die Flüssigkeit wird alsbald von der Salzmasse angesaugt und durch 10
Minuten langes Umrühren gleichmäſsig in der ganzen Masse vertheilt.
Zur Oxydationsmischung gieſst man nun 20k
Methylanilin unter Inganghaltung des Rührwerkes ein. In dieser Weise werden die 5
Trommeln innerhalb ½ Stunde beschickt:
Trommel
Steinsalz
Kupfervitriol
Phenol
Methylanilin
I
175
10
8
20
II
175
10
8
20
III
175
10
8
20
IV
175
10
8
20
V
175
10
8
20
–––––
–––––
–––––
–––––
875
50
40
100
Das Laden der Trommel erfordert etwa ½ Stunde Zeit. Nachdem man den Inhalt der
Trommeln durch etwa 2 bis 3 Minuten langes Erhitzen mit Dampf auf 55° gebracht hat,
schlieſst man die Trommeln durch Aufsatz eines Deckels und läſst 2½ Stunden bei
geschlossenem Apparate die Oxydation unter Umrühren und Einhaltung einer Temperatur
von 55 bis 60° vor sich gehen. Nach Verlauf von ungefähr 2½ Stunden, d.h. wenn die
Masse nicht mehr dampft, hebt man die Deckel ab und arbeitet nun unter denselben
Bedingungen und bei Luftzutritt noch weitere 5½ Stunden. Nach Verlauf dieser Zeit,
also nach etwa 8 Stunden, ist alles Methylanilin in Violett übergeführt; die erst
flüssige, dann klebrige Masse ist endlich zähe geworden und bleibt am Finger nicht
mehr hängen, d.h. schmilzt nicht mehr bei Hand wärme, was den Endpunkt der Oxydation
anzeigt.
Die Temperatur wird am besten während der ganzen Dauer der Oxydation auf 55 bis 60°
gehalten; man muſs daher von Zeit zu Zeit eine zu hohe oder zu niedere Temperatur
durch Eintretenlassen von Dampf oder Wasser aufs richtige Maſs zurückführen. Die
Temperaturverhältnisse bei 8 stündigem Gange und bei der angegebenen Beschickung
stellten sich bei der Beobachtung einer Trommel folgendermaſsen:
Temperatur
der. 10 Minuten lang durchgerührten Masse
36°
„
am Anfange der
2. Stunde
58
3. „
59
4. „
56
5. „
55
6. „
52
7. „
57
8. „
55
Die nach Vermischung der Materialien dunkel und miſsfarbig gewordene Masse wird
später goldglänzend. Ist die Oxydation beendet, so kühlt man – um die Masse leichter
der Trommel entnehmen zu können – von auſsen ab, indem man Wasser in den Kühlmantel
eintreten läſst. Die goldglänzende Masse wird hierbei zähe. Man stellt das Rührwerk
ab und neigt nun die cylindrische Trommel derart, daſs das anfangs dem Boden
abgewendete Mannloch dem Boden zugekehrt wird. Man setzt das Rührwerk in Gang, die
Masse fällt dann von selbst, durch das Rührwerk ausgetrieben, in einen unterstellten
Karren. In dieser Weise werden alle 5 Trommeln entleert. Die weiche Masse überführt
man auf einen mit Steinplatten belegten Boden und bringt sie dort durch Auflegen von
Brettern und Aufstampfen in Kuchenform. Den groſsen 10 bis 12cm dicken Kuchen läſst man über Nacht
erkalten.
(2. Tag): Der vollständig hart gewordene Kuchen wird in faustgroſse Stücke
zerschlagen. Dieses Zerkleinern der Masse wird von einem Arbeiter mittels Holzhammer
vorgenommen und geht namentlich bei kühlem Wetter rasch vor sich. Gleichzeitig
bereitet man noch eine Kalkmilch aus 40k gut
gebranntem Kalke und 200l Wasser. Nach dem Löschen
des Kalkes wird die erhaltene Milch durch ein Sieb laufen gelassen, welches gröſsere
Stücke von Steinen und todtgebranntem Kalke, wenn solche vorhanden sein sollten,
zurückhält.
Entsalzung.
(3. Tag): In den 6000l haltenden Mischapparat
kommen 3000l Wasser; dazu gibt man unter Umrühren
die aus 40k Kalk bereitete Kalkmilch durch das
Mannloch ein. Zu der durch ein starkes, eisernes Rührwerk in Bewegung und
Gleichförmigkeit gehaltenen Milch bringt man die den 5 Trommeln entnommenen und in
Stückform gebrachte Oxydationsmasse eimerweise, d.h. allmählich ein. Phenol und Salz
gehen in Lösung, Violett, Kupferoxydhydrat und Gyps fallen aus. Nach mehrstündigem
Umrühren ist die Lösung des Salzes und die Zersetzung des Kupferviolett vollständig.
Man erfährt das Ende des Prozesses am schnellsten und zweckmäſsigsten durch
Befühlung des Kesselbodens mittels einer langen Stange. Begegnet der Stange am Boden
ein Hinderniſs in Form von groſsen Stücken, so ist eben noch unangegriffene Masse
vorhanden, wenn nicht, so ist die Lösung und Zersetzung vollkommen und das Rührwerk
kann abgestellt werden. Die Masse wird über Nacht der Ruhe überlassen; es findet
dann eine Scheidung in salzige Flüssigkeit und schlammigen Rückstand statt. Man kann daher beide den
nächstfolgenden Tag leicht durch Decantiren trennen.
(4. Tag): Am Umsetzkessel befinden sich zwei weite Hähne, von denen der eine
unmittelbar am Kessel – in einer vom Boden richtig gewählten, dem Verhältnisse von
Bodensatz und darüber stehender Salzlauge entsprechenden Entfernung – sitzt, so
zwar, daſs durch denselben nur Salzwasser, kein Schlamm ablaufen kann. Der zweite
Hahn ist auf einem Deckel angebracht, welcher ein dicht am Boden befindliches
Mannloch abschlieſst. Will man den Kessel entleeren und den Inhalt filtriren, so
läſst man erst das Salzwasser durch Oeffnen des oberen Hahnes durch ein groſses
Wollfilter ablaufen. Ist dies geschehen, so setzt man das Rührwerk in Gang und
öffnet den unteren Hahn, schlieſslich, wenn dem unteren Hahne nur noch wenig Schlamm
entläuft, das Mannloch. Durch Einspritzen von kaltem Wasser in den Kessel wird
derselbe ausgewaschen und so die letzte Menge Rückstand ausgewaschen. Nach dem
Abtropfen des Niederschlages, das man durch Umrühren begünstigt, wird der Schlamm in
den mit 3000l Wasser angefüllten Kessel
zurückgebracht, einige Zeit durchgerührt, absitzen gelassen und decantirt. Man
bringt den Schlamm wieder mit Wasser auf ein Volumen von 3000l, mischt und decantirt nochmals. Den vollständig
aufs Filter gebrachten Rückstand läſst man über Nacht vollkommen abtropfen.
Schwefelung.
(5. Tag): Den schwarzen feinkörnigen Filterrückstand bringt man – nachdem der
Schwefelungskessel, welcher genau wie der Entsalzungskessel beschaffen und
aufgestellt ist, mit 3000l Wasser angefüllt wurde
– unter Umrühren zum Wasser. Man schlieſst den Kessel, hält das Rührwerk in Gang und
leitet mit Wasser gewaschenen, aus Sodaschlamm und Salzsäure bereiteten
Schwefelwasserstoff in den Kessel ein. Nach etwa 3 stündigem Einleiten ist die Masse
geschwefelt, alles Kupfer in CuS verwandelt, eine nachherige Trennung der in
Salzsäure löslichen Violettbase von dem in Salzsäure unlöslichen Schwefelkupfer
möglich. Eine der Masse entnommene und nach heftigem Durchschütteln in der
Reagirröhre noch nach Schwefelwasserstoff riechende Probe zeigt den Endpunkt der
Schwefelung an. Man öffnet das Mannloch des Kessels, stellt das Rührwerk ab und
überläſst den Kesselinhalt einige Zeit der Ruhe. Dann wird decantirt und durch ein
dem Kessel vorgelegtes Wollfilter filtrirt. Ein goldglänzender feiner Schlamm, aus
Schwefelkupfer und Violettbase bestehend, bleibt auf dem Filter zurück. Der
Rückstand tropft über Nacht vollkommen ab.
Trennung des Farbstoffes vom Schwefelkupfer.
(6. Tag): Ein 3000l haltender, mit eisernem
Rührwerke versehener Holzbottich wird mit 1500l
Wasser angefüllt. Dazu rührt man den geschwefelten Rückstand ein und versetzt mit
40k Salzsäure von 21° B.
Man erhitzt alsbald zum Sieden mittels einströmenden Dampfes und kocht etwa 10
Minuten lang. Der gröſste Theil des Violett geht in Lösung. Man läſst absitzen und
filtrirt mittels eines in den Bottich geworfenen weiten Hebers durch ein Wollfilter
in einen eisernen Kasten ab. 3 weitere Bäder, welche man dem im Bottich
zurückbleibenden Rückstande gibt, entziehen demselben vollends sämmtlichen
brauchbaren Farbstoff. Das erste Bad wird mit 800l
Wasser und 10k Salzsäure, das zweite und dritte
Bad mit je 500l Wasser und 5k Salzsäure vorgenommen. Manchmal genügen auch
schon zwei weitere Auszüge. Ob sich ein weiterer Auszug lohnt, zeigt die mehr oder
weniger stark gefärbte Farbbrühe des zuletzt gemachten Bades. Ist letztere stark, so
macht man noch einen Auszug, wenn nicht, so unterläſst man eine weitere Extraction.
Nach jedem Bade filtrirt man in der eben beschriebenen Weise durch ein Doppelfilter
in den unten stehenden eisernen Kasten ab.
Gewinnung des Rohviolett.
Den Rückstand gibt man verloren. Zum vereinten Filtrate wird unter Umrühren eine
gesättigte und vorher filtrirte Kochsalzlösung zugesetzt, wobei das Violett
ausfällt. Man fügt soviel Kochsalzlösung zu, bis ein in die Lösung getauchter
Streifen Filtrirpapier nicht mehr gefärbt erscheint, also kein Farbstoff mehr in
Lösung ist. Das Violett fällt zu Boden und flieſst in der noch warmen Salzlösung
zusammen, am Boden des Kastens ein zähes canthariden glänzendes Harz bildend.
(7. Tag): Die in der Wanne über dem Violett stehende, noch warme Salzlösung wird
durch Oeffnen eines wenig über der Oberfläche des Violettharzes an der Auſsenwand
angebrachten Hahnes durch ein Filter abflieſsen gelassen. Den letzten Rest des
Wassers entfernt man vom Violett, indem man von innen aus einen Trichter in die
Ausfluſsöffnung steckt und die letzten Mengen Salzwasser mit einem Schöpfer in den
in die Hahnröhre gesteckten Trichter einschöpft. Da die Wanne geneigt aufgestellt
ist, das Wasser also von oben nach dem unten befindlichen Hahne zuläuft, so kann
diese Trennung sehr rasch von einem in die Wanne gestiegenen Arbeiter beendet
werden. Nach Trennung von. der Flüssigkeit schöpft man das Rohviolett in Blecheimer
und schafft es in die mit Wasser angefüllte Reinbütte, in welcher es umgelöst
wird.
Reinigung des Rohviolett.
Die letzten Mengen des der Wanne anhaftenden Violett kratzt man mit einem metallenen
Schäufelchen vom Boden ab. Da die Nieten im gewölbten Wannenboden versenkt sind, so
gelingt die Loslösung des Farbstoffes leicht. Sämmtliches Violett wird umgelöst. Zu
dem Zwecke hat man in der etwa 3000l Wasser
haltenden Bütte 2000l Wasser zum Kochen gebracht.
Zum kochenden Wasser gibt man das Violett unter Umrühren ein. Der Farbstoff löst
sich in kurzer Zeit auf, harzige Massen bleiben ungelöst im Wasser zurück. Man läſst
absitzen und filtrirt
mittels eines Hebers die blaue Flüssigkeit durch zwei Doppelfilter in eine unten
stehende eiserne Wanne ab. Den in der Bütte zurückbleibenden Rückstand behandelt man
nochmals in der eben beschriebenen Weise mit kochendem Wasser, dessen Menge der
Menge Rückstand entspricht. Der zweite Auszug enthält nur reinen Farbstoff, dem
ersten ist immer etwas Salz beigemengt und ist derselbe daher weniger stark als der
zweite.
Den schlieſslich in der Bütte verbleibenden Rückstand stellt man bei Seite und kocht
solchen bei Gelegenheit zusammen mit mehreren anderen Posten nochmals aus. Man
verarbeitet gewöhnlich 12 bis 15 solcher Rückstände; was dann noch übrig bleibt gibt
man weg. Die vereinten Reinfiltrate salzt man mit Salzwasser unter Umrühren aus.
(8. Tag): Das noch warme und am Boden als harzige Masse befindliche Reinviolett wird
genau in derselben Weise wie das Rohviolett vom Salzwasser getrennt, nach
vollkommener Trennung von letzten Salzwasserresten aus der Wanne herausgenommen und
in eine Kupferpfanne gebracht. Durch Einleiten von Dampf in den äuſseren Kessel
bringt man die goldglänzende Masse unter schwacher Dampfzufuhr zum Schmelzen. Um
keine zu starke Hitze in der Violettmasse zu erzeugen, stellt man das Dampfventil
des Heizapparates auf 1at,5 ein. Das Vortrocknen
geschieht unter fortwährendem Umrühren der Masse mittels eines Holzrührers. Nach
etwa 6 stündigem Erhitzen beginnt das Harz an dem aus der Masse gezogenen Rührer
leicht kleben zu bleiben und auf der Oberfläche eine runzelige Haut zu ziehen, was
das Ende des Vortrocknens bedeutet. Man hört daher mit dem Erhitzen auf, bringt das
Violett mittels eines kupfernen Schöpfers auf Zinkbleche, wo es erkaltet.
(9. bis 11. Tag): Das über Nacht auf den Zinkblechen erkaltete Violett wird am
einfachsten über der vorher benutzten und kalten Trockenpfanne mittels Holzhammer
aus den Blechen geschlagen und das an den Blechen hängen bleibende Violett mit einem
zu Hakenform gekrümmten Stücke Bandeisen abgekratzt. Die zerschlagenen Violettstücke
werden alsdann im Kollergange gemahlen. Das aus der Mühle kommende moosgrüne Pulver
wird auf ungefähr 40 Trockenblechen zu je 0qm,35,
also auf einer Fläche von etwa 15qm vertheilt und
die Bleche in den durch eine Dampfheizung auf 60° erwärmten Trockenraum gebracht.
Das Trocknen des Violett bei der angegebenen Temperatur dauert den ganzen 10. und
11. Tag.
(12. Tag): Das der Trockenstube entnommene Violett wird auf den Trockenblechen in
einem kühlen und trockenen Raume erkalten gelassen und zum zweiten Male gemahlen.
Die Ausbeute an gemahlenem ViolettDas nach dieser Methode erzeugte Methylviolett stellt ein Gemenge von Tetra- und Pentamethylpararosanilin dar.beträgt 86k im Mittel. Nach dem Einstellen auf eine
Musterprobe, d.h. durch Vermischung des Methylviolett mit einer entsprechenden Menge Benzylviolett wird dasselbe als Methylviolett 3 B marktfähig, welche Mischung ihrerseits wieder durch
weiteren Zusatz von Benzylviolett in Violett 4 B und
5 B umgewandelt werden kann.
Beschaffenheit der Rohstoffe: Man
verwendet zur Erzeugung von Violett ein Monomethylanilin haltiges Dimethylanilin, wie man es bei der Methylirung von
Anilin mit Salzsäure und Holzgeist unmittelbar, also ohne nachfolgende Fractionirung
erhält. Das Kochsalz muſs gut getrocknet und fein
gemahlen sein. Der Kupfervitriol kommt krystallisirt
und gemahlen zur Verwendung. Das erforderliche Phrnol
(Carbolsäure) muſs nicht vollkommen rein sein; eine Carbolsäure, welche innerhalb
10° 80 Vol.-Proc. übergehen läſst, genügt. Beispielsweise wurde eine Carbolsäure von
folgenden Siedeverhältnissen zur Oxydation verwendet:
Wasser
3 Vol.-Proc.
188°
77 Vol.-Proc.
180°
8
189
82
181
9
190
86
182
10
191
88
184
15
192
90
185
28
195
93
186
55
200
97
187
68
Vor Verwendung der Carbolsäure benutzte man zur Herstellung von
Methylviolett ein Verfahren, das noch bis vor kurzer Zeit in manchen Fabriken
ausgeführt wurde und bis gegen das J. 1884 fast allgemein im Gebrauche war. Es soll
deshalb hier derjenige Theil dieser älteren
Fabrikation, welcher sich von dem letzt beschriebenen Verfahren unterscheidet, kurz
besprochen werden.
Die Oxydation wurde früher durch Zusatz von chlorsaurem Kali zum
Kupfersalze ausgeführt. Das Verfahren hat den Vortheil, daſs man das bei der
Entsalzung der Oxydationsmasse erhaltene concentrirte Salzwasser nach nochmaliger
Filtration zum Aussalzen des Rohviolett benutzen kann und nicht wie beim
Phenolverfahren verloren gehen lassen muſs.
Die Apparate, die bei dieser Methode benöthigt werden, sind
dieselben wie bei dem Phenolverfahren.
Aeltere Oxydationsmethode: Die
Trommel wird zuerst mit 200k Kochsalz und 3k chlorsaurem Kali beschickt. Beide Salze werden
in feinem und trockenem Zustande angewendet. Nach 10 Minuten langem Mischen gibt man
20k Oel zur Salzmischung ein und läſst nun
wieder 10 Minuten durch den Rührer mischen. Inzwischen hat man das Wasser im
Wärmmantel durch Dampf zum Kochen gebracht, nach Erreichung der Siedhitze den Dampf
aber abgestellt. Die ölige Salzmasse erhält dadurch eine Temperatur von etwa 30°,
die indessen nach Zusatz einer Lösung von 6k
Kupferchlorid in etwa 51 heiſsem Wasser rasch auf 50° steigt. Man bringt endlich
nach 10 Minuten langem Mischen die Temperatur der Reactionsmasse auf 55 bis 60° und
erhält diese Temperatur ungefähr 4 Stunden lang. Die Temperaturschwankungen, welche
der Inhalt einer Trommel während der Dauer der Oxydation erleidet, sind aus
folgenden Beobachtungen zu entnehmen:
9 Uhr
– Min.
55°
12 Uhr
– Min.
58°
9
20
60
1
–
61
10
–
60
2
–
45
11
–
58
2
30
44
Die Masse ist im Anfange der Oxydation dünnflüssig, später teigig,
d.h. besteht aus einem Teige von Violett und Salz; im weiteren Verlaufe wird die
Masse sandig, indem sich das Violett allmählich vom Salze abzulösen beginnt, sich
scheidet, was zugleich den Endpunkt der Oxydation anzeigt.
Im Anfange, wenn die Masse dünnflüssig ist, wird sie von den
messerartigen Armen der sich drehenden Welle gleichmäſsig verrührt; später findet
die Mengung mehr durch Kneten statt, indem die teigige Masse theilweise von den
Rührarmen in die Höhe gehoben und dann beim Herabgange der unten liegenden Masse
eingeknetet wird. Später, wenn Scheidung der Masse in Salz und Violettknollen stattgefunden
hat, durchschneiden die Messer nur noch die Masse und dann kann auch die Entleerung
der Trommeln stattfinden, da die Oxydation beendet ist.
Methylanilin
Salz
Kupferchlorid
Chlorsaures Kali
20
200
6
3
20
200
6
3
20
200
6
3
20
200
6
3
20
200
6
3
–––––
–––––
–––––
–––––
100
1000
30
15
Die weitere Verarbeitung der den 5 Trommeln entnommenen
Oxydationsmasse, die Entsalzung, Schwefelung, die Gewinnung von Roh- und
Reinviolett, sowie die endliche Fertigstellung ist dieselbe, wie weiter oben
ausgeführt wurde. Die Mittelausbeute aus 100k
Methylanilin beträgt 75k Violett.