Titel: | Neuere Stahlhalter für Drehbänke und Hobelmaschinen. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 105 |
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Neuere Stahlhalter für Drehbänke und
Hobelmaschinen.
Mit Abbildungen.
Neuere Stahlhalter für Drehbänke und Hobelmaschinen.
Der Grundsatz, daſs jedes Werkzeug mit möglichst geringem Aufwände von Stahl
herzustellen sei (vgl. 1869 194 * 192. 1878 230 * 105), ist allgemein anerkannt; dennoch findet
derselbe nicht immer die verdiente Würdigung. Bei Holzbearbeitungsmaschinen,
Schraubenschneidwerkzeugen und bei gröſseren Bohrvorrichtungen wurden Werkzeuge mit
kleinen Stählen seither angewendet; der Grund dafür lag aber mehr in dem
eigenartigen Arbeitsvorgange, weniger in dem Bestreben, Werkzeugstahl zu sparen.
Die Verwendung der StahlhalterVgl. New, Matthews und Berry 1877 224 * 36. Smith und
Corentry 1878 230 * 105. Barille 1879 231 *
14.bei gröſseren Hobelmaschinen ist
bisher eine mäſsige geblieben, obwohl die hierbei gebrauchten Rundstähle mit schräg
angeschliffener Schnittfläche alle Vortheile der Billigkeit in sich vereinigten. Die
Ursache dieser geringen Verbreitung von Werkzeughaltern lag zum Theile in der
Beschränkung des Anstellungswinkels, zum Theile in der unsicheren Befestigung des
Stahles mittels schwacher Druckschrauben und in der Kopfform des Stahlhalters, welche mehr oder
weniger hindernd war, so daſs die Stahlhalter hauptsächlich nur zum Abhobeln freier
Flächen auf groſsen Hobelmaschinen verwendet wurden.
Beim Abdrehen werden aber Stähle von verschiedenster
Kröpfung und Schneidkantenform gebraucht, was ebenso viele Stahlhalter voraussetzt;
zudem können beim Schneiden von Schraubenspindeln, beim Einstechen tiefer Nuthen
u.s.w. Rundstähle nicht gut verwendet werden, weil die angeschliffenen Schneiden zu
geringe Höhe und deshalb zu geringe Festigkeit erhalten würden.
Mit den neuen Stahlhaltern von W. Smith und F. Coventry
in Salford (Englisches Patent 1885 Nr. 16650) sollen nun diese Mängel in geschickter
Weise umgangen werden und es dürften diese Stahlhalter namentlich zum Schraubenschneiden recht wohl geeignet sein. Bei der in
Fig. 1 und 2
veranschaulichten Construction ist in den vorderen Kopf des Halters ein
Schraubenbolzen drehbar eingesetzt, durch welchen ein
Flachstahl in geneigter Lage gesteckt und von der
inneren Kopffläche an einen Ring nach oben angedrückt wird. Dieser Ring, welcher in
dem Halter eingesenkt ist, umschlieſst den Bolzen und besitzt einen schräg
gestellten Ausschnitt für den Flachstahl. Die obere Randfläche dieses Ringes ist
gezahnt und greifen die Zähne in entsprechende Zahnfurchen, welche in den Kopfhalter
eingefräst sind. Dadurch kann dem Stahle jede gewünschte Winkelstellung in der
Wagerechten zur Drehbankachse mit Sicherheit gegeben und erhalten werden. Auch
können durch die Wendung des Flachstahles beide Endflächen desselben zum Schneiden
benutzt werden. Weil aber der Flachstahl in der Bolzenachse liegt, so hindert diese
Construction das scharfe Andrehen.
Fig. 1., Bd. 264, S. 106Fig. 2., Bd. 264, S. 106Fig. 3., Bd. 264, S. 106Fig. 4., Bd. 264, S. 106Zu diesem Zwecke dient dann der in Fig. 3
und 4 dargestellte Halter für Seitenstähle. An die
Flanke des beliebig gekröpften Halters legt sich der Flachstahl an, dessen gezahnte Rückenfläche in eine quer durch den Halter gehende Keilschraube
greift. Beim Anziehen derselben wird der Flachstahl an eine schräg angehobelte
Leiste des Halters angepreſst, wodurch der Stahl in beliebiger Höhe genügende
Feststellung gegen den Schnittdruck erhält.
Beide der dargestellten Stahlhalter eignen sich selbst für kleinere Ausführungen; sie
gewähren dabei groſse Sicherheit der Feststellung und Bequemlichkeit beim Einsetzen
der Stähle.
Fig. 5., Bd. 264, S. 107Der von James Barker in Oldham angegebene, von
John Collinge daselbst ausgeführte Stahlhalter ist
ebenfalls für Flachstähle bestimmt und besitzt nach der
dem Textile Manufacturer, 1886 * S. 143 entnommenen
Fig. 5 einen viereckigen Kopf mit untergelegter
Klemmplatte und durchgehender Spannschraube. Für die Aufnahme der Flachstähle sind
Nuthen in Kopf und Platte eingehobelt, welche an der Spannschraube nach
verschiedenen Richtungen vorbeiführen, so daſs der Stahl winkelrecht, parallel oder
schräg zur Drehbanksachse eingestellt werden und dies erfolgen kann, ohne erst den
Halter abspannen zu müssen. Die Stähle können beliebige Länge haben, sowie in diesem
Halter kurze Endstücke noch gut einzuspannen sind.
Bei dem von W. H. Berry in Sowerby Bridge (Englisches
Patent 1886 Nr. 4183) angegebenen Stahlhalter können Bundstähle ebenso wohl für das Rechts- wie Linksschneiden eingesetzt
werden. Hierzu sind, wie aus Fig. 6 und 7 zu entnehmen, in dem Kopfe des Halters zwei steil
stehende, einen spitzen Winkel mit einander bildende Löcher vorgesehen. Diese Löcher
gehen durch den Halterkopf und durch einen Kolben, an dessen Verlängerung linkes
Gewinde angeschnitten ist, welches sich in eine Mutter einschraubt; die Mutter
schraubt sich, aber mit rechtem Gewinde, in den Halterkopf ein, so daſs dieselbe bei
ihrer Rechtsdrehung durch die Differentialwirkung beider Gewinde den Kolben anzieht.
Durch verschiedene Steigung der Gewinde kann ein starker Klemmungsdruck ausgeübt und
so der Rundstahl mit Sicherheit festgespannt werden.
Fig. 6., Bd. 264, S. 107Fig. 7., Bd. 264, S. 107Es ist schon von Whitworth bei seiner
Hobelmaschine mit Schraubenbetrieb und gleicher Vorlauf- und Rücklaufgeschwindigkeit
die volle Ausnutzung der
Tischbewegung zur Schnittwirkung durchgeführt worden, indem hierbei der Stahl nach
jedem Hube um 180° gedreht wird. Doch hat dieses System trotz des groſsen
Zeitgewinnes bei uns nur wenig Eingang gefunden. Der Grund ist einestheils in der
Beschränkung der Hobelarbeit auf glatte und freie Flächen, andererseits in dem
Umstände zu suchen, daſs die Verdrehung der Stahlhalter mittels Seilbetrieb
durchgeführt ist, welcher leicht ein Versagen der richtigen Einstellung veranlassen
kann. Auch stand der Einführung des doppelseitigen Hobelns die Verbreitung der
billigen, kräftigen und weniger Arbeit brauchenden Hobelmaschinen mit
Zahnstangenbetrieb und raschem Rücklaufe bei Antrieb durch einen Riemen auf drei
Scheiben entgegen.
Seitdem aber die neueren Tischhobelmaschinen mit ebenen Führungsschienen sich in den
Werkstätten immer mehr einbürgern, bei welchen die Geschwindigkeit des Rücklaufes
unabhängig von der Räderübersetzung, bloſs durch die Riemenscheibenverhältnisse
eingerichtet werden kann, seitdem es also in das Belieben des Betriebsführers gelegt
ist, der Tischbewegung jede wünschenswerth erscheinende Rücklaufgeschwindigkeit zu
ertheilen, kann ohne groſse Kosten auch der Rücklauf zum Schnitte benutzt werden,
indem seine Geschwindigkeit gleich jener des Vorlaufes gemacht wird. Dies bedingt
aber eine neue Anordnung der Werkzeuge, welche, wenn einfach und sicher wirkend,
eine bessere Ausnutzung unserer Hobelmaschine gewiſs fördern wird, demnach als ein
Fortschritt bezeichnet werden kann.
Fig. 8., Bd. 264, S. 108Fig. 9., Bd. 264, S. 108J. H. Wicksteed in Leeds (Englisches Patent
1885 Nr. 13051) hat zu diesem Zwecke einen Doppelstahlhalter in Vorschlag gebracht, welcher nach Fig. 8 und 9 einen
Rahmen A bildet, der mit seiner Hochkante auf den
Support gespannt wird. In diesem Rahmen sind zwei kurze Cylinder C parallel und wagerecht drehbar eingesetzt. In jedem
derselben steckt wieder ein Stahl B, welcher durch
gegenüber liegende Stellschraubchen F in seiner Lage
erhalten wird. Die Stähle sind, mit den Schneiden nach auſsen gekehrt, derart
eingestellt, daſs sich der im Schnitt befindliche an einem Ansätze des Rahmens A anlegt, während der in den Schnittfurchen
leerlaufende Stahl sich aushebt, indem derselbe seinen Cylinder C ein wenig dreht. Eine Spiralfeder E vermittelt darauf die Wiedereinstellung zum Schnitte.
Dieser Doppelstahlhalter kann daher dort, wo auf Hobelmaschinen gleichartige und
freie Bearbeitungsflächen hergestellt werden, mit groſsem Vortheile Verwendung findenFür gewöhnliche Tischhobelmaschinen hat zum Hobeln beim Vor- und Rückgange
mit einem Stahl O. Muller in Neuschönefeld bei Leipzig (* D. R. P. Kl. 49 Nr. 25984 vom 31. Juli 1883) den Antrieb so
eingerichtet, daſs durch Einschaltung einer zweiten Räderübersetzung der
beschleunigte Rücklauf verlangsamt wird. Diese Einrichtung wird von J. G. Schöne und Sohn in Leipzig-Neuschönefeld
ausgeführt., vorausgesetzt, daſs auf die möglichste Gleichheit
der Stähle und richtige Einstellung gehörige Rücksicht genommen wird und daſs die
Ableitung des gebildeten Spanes regelrecht erfolgt.
Fig. 10., Bd. 264, S. 109Im Engineer, 1887 Bd. 63 * S. 271 ist eine Hobelmaschine mit Wicksteed's Doppelstahlhalter beschrieben, wie sie von Backton und Comp. in Leeds gebaut werden; in Fig. 10 ist hiernach ein Schaubild des Supportes
wiedergegeben.