Titel: | Ueber neuere Desinfectionsapparate für Wäsche, Kleidungsstücke u. dgl. |
Autor: | G. R. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 222 |
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Ueber neuere Desinfectionsapparate für Wäsche,
Kleidungsstücke u. dgl.
(Patentkl. 30. Fortsetzung des Berichtes Bd. 260
S. 402 und Bd. 261 S. 340.)
Mit Abbildungen.
Desinfectionsapparate für Wäsche, Kleider u. dgl.
Wird von der Bedingung abgesehen, daſs ein Desinfectionsapparat für Wäsche,
Kleidungsstücke u. dgl., in welchem die Gegenstände mit trockener Hitze und Dampf
behandelt werden, versetzbar sei, daſs man den Apparat
also sowohl bis zum Aufstellen fertig von der Fabrik beziehen, als auch unabhängig
von dem jeweiligen Raume an einem anderen Orte zur Aufstellung bringen kann, so wird
eine solche Desinfectionsanlage auch aus Mauerwerk
aufgeführt werden können. Bei der Benutzung gespannter Dämpfe wird, wenn man dieselben
nicht von einem bereits bestehenden Dampfkessel entnehmen kann oder, wenn dies der
Fall, die Desinfectionsanlage unabhängiger von diesem machen will, ein besonderer
der Concessionspflicht unterliegender Dampfkessel nöthig, welcher wieder einen
geschulten Heizer verlangt. Hauptsächlich die Beseitigung der Abhängigkeit in den
beiden letzteren Beziehungen führte zur Anlage von Desinfectionsapparaten ohne
Verbindung mit Dampferzeugern für über 1at
Kesselspannung. Im Nachstehenden sind zwei gemauerte Desinfectionsanlagen
beschrieben, welche diese Eigenthümlichkeit besitzen.
Die im Auftrage der Sanitätscommission der Stadt Düsseldorf von Walz und Windscheid dortselbst entworfene Anlage, über
welche A. Walz im Niederrheinischen Bezirksverein
deutscher Ingenieure (vgl. auch Zeitschrift des Vereins
deutscher Ingenieure, 1886 * S. 675) berichtete, wurde inmitten eines
einzeln stehenden Leichenhauses so angeordnet, daſs der Apparat die Lagerräume für
inficirte und für desinficirte Gegenstände von einander trennt. Dieinficirten
Gegenstände werden auf einem eisernen Wagen durch eine Thür in den Apparat hinein-
und nach der Desinfection durch eine zweite Thür auf der anderen Seite wieder
herausgebracht, so daſs eine Vermengung von inficirten und desinficirten
Gegenständen ausgeschlossen ist.
Diese in Fig. 1 bis 3
in verschiedenen Schnitten veranschaulichte Anlage hat einen nutzbaren Raum von 2m,5 Länge, 1m,2
Breite und 1m,5 Höhe. Unter diesem Raume befinden
sich zwei vom Keller des Gebäudes aus zugängliche Feuerungen; die Heizgase der einen
Feuerung durchziehen Rippenheizkörper und erwärmen dadurch die Luft im
Desinfectionsraume; die andere Feuerung erwärmt ein System von Wasserröhren, welches
mit einem auf dem Apparate liegenden cylindrischen Gefäſse zur Erzeugung von Dampf
verbunden ist. Der Wasserspiegel dieses Gefäſses muſste über dem Desinfectionsraume
liegen, da bei der Bestellung verlangt wurde, daſs die Stücke auch mit kochendem
Wasser berieselt werden können, um schmutzige Wäsche aufzuweichen – eine Rücksicht,
welche sich allerdings bald als höchst überflüssig herausgestellt hat. Die erzeugten
Dämpfe erhalten höchstens 0at,1 Ueberdruck,
weshalb die betreffende Heizvorrichtung im Sinne des Gesetzes unter den Begriff
Kochkessel, aber nicht zu den concessionspflichtigen Dampfkesseln gehört. Zur
Bedienung ist der Verwalter des Friedhofes eingeübt. Die Einführung der Dämpfe
erfolgt durch eine groſse Röhrenbrause an der Decke des Desinfectionsraumes; die
Abführung der Luft aus demselben geschieht unten durch eine geräumige Oeffnung.
Der Apparat wird zuerst mit heiſser Luft bis auf 140 bis 160° angewärmt; darauf wird
die eine Thür geöffnet, durch welche die heiſse Luft den Apparat verläſst, die aber
sofort durch kältere Luft ersetzt wird. Die Umfassungswände jedoch behalten ihre
Wärme zum gröſsten Theile. Darauf wird das Dampfeinlaſsventil geöffnet, der Wagen mit den
Gegenständen in den Apparat gebracht und die Thür so rasch als möglich geschlossen.
Die zu desinficirenden Stücke werden also sofort in eine Dampfwolke eingehüllt. Nach
und nach soll der Dampf den ganzen oben und seitlich genau abgedichteten Raum
anfüllen, indem die schwerere Luft unten entweicht.
Fig. 1., Bd. 264, S. 224
Fig. 2., Bd. 264, S. 224
Fig. 3., Bd. 264, S. 224
Der Dampf kommt mit den Rippenheizkörpern in Berührung und
wird im Inneren des Apparates überhitzt. Da in demselben nur Atmosphärendruck
vorhanden sein kann, so soll der Dampf immer dünner und leichter werden. Die etwa
noch in den Gegenständen enthaltene Luft soll dann ein immer gröſseres Uebergewicht
erhalten, die Reibungswiderstände überwinden und aus den Gegenständen gewissermaſsen
herausfallen, während der dünnere Dampf sofort nachdrängt. Da ferner die Wärmequelle
durch Strahlung einen Einfluſs auf die Temperatur des Raumes nicht haben kann und
die Wärme dem Raume nur
durch den überhitzten Dampf übermittelt wird, so wird in dem freien
Desinfectionsraume in Schichten von gleicher Höhe eine gleiche Temperatur herrschen,
da sich die Dämpfe gegenseitig das Gleichgewicht halten. Die wärmeren Dämpfe steigen
in die Höhe, während abgekühlte Dämpfe, auch die frisch eingeführten, sofort fallen
müssen. Frischer Dampf wird nur in dem Maſse zugeführt, als derselbe durch
Undichtigkeiten und Verflüssigung verloren geht. Wird eine vorherige Berieselung der
Gegenstände mit heiſsem Wasser gewünscht, so geschieht dies mit derselben Brause,
durch welche der Dampf eintritt. Zu dem Ende hat der Wärter nur die Wassermenge in
dem Kochgefäſse zu vermehren.
Mit dem beschriebenen Apparate haben Dr. Fleischhauer in
Düsseldorf und Kreisphysikus Dr. Mittenzweig in
Duisburg umfassende Versuche vorgenommen, über welche in Eulenberg's Vierteljahrsschrift für gerichtliche
Medicin und öffentliches Sanitätswesen, 1886 Bd. 44 * S. 1 ausführlich
berichtet wird. Diese Versuche haben die Leistungsfähigkeit des Apparates dargethan.
Im Inneren der Desinfectionsgegenstände wird bei genügender Heizung des Apparates
die erforderliche Temperatur von 100° in 1 Stunde und 10 Minuten erreicht; dazu ist
aber erforderlich, daſs im Apparate selbst während ½ Stunde lang eine Temperatur von
130 bis 140° erhalten bleibt. Das Vorwärmen des Apparates braucht 2 bis 2 ½ Stunden,
was in der groſsen Mauermasse seine Begründung findet. Ist der Apparat aber einmal
angewärmt, dann lassen sich bei rascher Aufeinanderfolge etwa 7 Posten täglich
desinficiren. Auch in Bezug auf den oben geschilderten Vorgang im Apparate, nach
welchem die Luft aus den Stücken herausfalle, wurde ein Versuch angestellt. Hierbei
ergab sich, daſs in einem frei hängenden Ballen eine Temperatur von 103° im Inneren
erreicht wurde, während ein gleicher Ballen bei der gleichzeitigen Behandlung in
einem oben offenen Kasten liegend nur 65° im Inneren aufwies. Ein Nachweis für die
obigen Anschauungen ist dadurch allerdings nicht als vollkommen erbracht
anzusehen.
M. Symons in Firma Symons und
Huygen in Rotterdam (* D. R. P. Nr. 36422 vom 20. Mai 1885) hat bei seiner
ebenfalls ganz in Mauerwerk ausgeführten Desinfectionsanlage von einer besonderen Einführung in einem geheizten Kochgefäſse
erzeugten Dampfes Abstand genommen. Es soll nur hoch
erhitzte atmosphärische Luft, welche vorher über eine Schale mit siedendem Wasser
geführt worden ist, in die Desinfectionskammer gelangen. Die heiſse Luft soll beim
Streichen über das Wasser den aus diesem aufsteigenden Dampf gierig aufsaugen und
genügend davon aufnehmen.
Der Vorgang beim Desinficiren wird natürlich wie bei allen bisher bekannten
Dampf-Desinfectionsapparaten in drei Abschnitten ausgeführt: Zuerst wird zum
Anwärmen der Desinfectionsstücke, um ein sofortiges Niederschlagen des Dampfes zu
vermeiden, bloſs warme Luft in den Apparat gelassen, dann die mit Wasserdampf geschwängerte
Luft eingeführt und zum Schlusse zum Trocknen der Gegenstände wieder nur warme Luft
zugelassen.
Fig. 4., Bd. 264, S. 226Fig. 5., Bd. 264, S. 226Der in Fig. 4 und 5 dargestellte Apparat besitzt die durch eine doppelte Thür T verschlieſsbare Desinfectionskammer O, deren untere und hintere von Metallplatten gebildete
Wandung hohl hergestellt ist. Unter der Kammer O
befindet sich die Wasserpfanne K und vor derselben die
Feuerstelle F; s sind Feuerzüge, l Luftleitungskanäle, welche zwischen ersteren liegen
und durch Schieber v1
bis v5 verschieden
gestellt werden können. C ist der Rauchabzug und c ein Kanal, durch welchen die aus der
Desinfectionskammer tretenden Dünste zu vollkommener Unschädlichmachung unter die
Feuerung geführt werden sollen.
Beim Anwärmen der Kammer sind alle Luftkanäle geschlossen und die Feuergase streichen
nun zuerst unter der Pfanne K nach hinten und in den
gemauerten Wänden senkrecht auf- und absteigend nach C.
Ist dann die Kammer O beladen, so werden nach
Schlieſsung der Thüren T die Schieber v1 geöffnet und| tritt
die Luft in der Pfeilrichtung durch l1 bis l6 nach O, nachdem
vorher auch der Schieber v2 geöffnet wurde. In der Kammer O zieht die
Luft von hinten oben nach vorn unten und gelangt bei geöffnetem Schieber v5
in den Kanal c. Zur Desinfection mittels Dampf wird der Schieber v2 geschlossen, dagegen
v3 und v4 geöffnet, so daſs
die vorher in l2 und
l3 erhitzte Luft
über K hinwegstreichend nach O gelangt. Zuletzt wird wieder der erstere Stand der Schieber
hergestellt.
G. R.