Titel: | Neuerungen an Apparaten für Erdöldestillation. |
Autor: | E. Wiegand |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 228 |
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Neuerungen an Apparaten für
Erdöldestillation.
Neuerungen an Apparaten für Erdöldestillation.
Die Gewinnung der Brenn- und Schmieröle aus der rohen Naphta geschieht bekanntlich
durch fractionirte Destillation der letzteren. Die bis jetzt gebräuchlichen
Destillationsapparate (vgl. 1886 260 433) weisen aber
noch verschiedentliche Mängel auf, von denen besonders folgende angeführt werden:
eine nicht genügende Trennung der Producte bei der ersten Destillation, weshalb in
vielen Fällen noch eine zweite erforderlich; ferner ist die auf einmal zur
Destillation kommende Menge Naphta eine zu groſse – die Flüssigkeitsschicht im
Destillirkessel beträgt 1,5 bis 2m – so daſs, um
an der Oberfläche der Naphta eine genügende Verdampfung hervorzubringen, die am
Kesselboden befindlichen Schichten einer starken Ueberhitzung unterworfen werden
müssen. Auſser-dem wird eine stetige Destillation nur durch Anlage eines ganzen
Systemes von Kesseln ermöglicht (vgl. 1886 260 483). O. K. Lenz in Baku hat sich nun in Ruſsland zwei von
einander wesentlich verschiedene Destillationsapparate patentiren lassen, mittels
welcher es möglich sein soll, die eben genannten Uebelstände beim Destilliren der
Naphta zu vermeiden. Eine Beschreibung dieser Apparate, welche auſser zur
Naphtadestillation sich auch noch zu anderweitigen fractionirten Destillationen
eignen dürften, findet sich im Gorny Journal
(russisch), 1886 Bd. 4 S. 177.
Danach besteht der eine Apparat aus einem länglichen viereckigen Kessel aus dünnem
Eisen- oder Kupferblech, an dessen beiden Längsseitenflächen im Inneren in
wagerechter Richtung flache Rinnen angebracht sind. Die zu destillirende Naphta
gelangt aus dem Behälter in stetigem Strome zuerst auf die oberste Rinne und
flieſst, nachdem sie dieselbe bis aus andere Ende durchlaufen, auf die nächst unten
liegende, auf welcher sie wiederum zurückgeführt wird $ von der zweiten Rinne kommt
sie auf die dritte u.s.w. Auf diese Weise flieſst die Naphta in einer dünnen Schicht
in Zickzacklinien längs den Wänden des Kessels bis auf den Boden desselben, von wo
aus sie weiter abgeleitet wird. Auf diesem langen Wege ist die Naphta einer
Verflüchtigung unterworfen, indem zuerst die leichten Oele und dann nach und nach
die schwereren abgeschieden werden. Bei entsprechenden Gröſsenverhältnissen des
Apparates kann die Destillation so geleitet werden, daſs nur schwer flüchtige
Naphtarückstände aus dem unteren Theile des Kessels zum Abflieſsen kommen. Dadurch,
daſs die Naphta in dünner Schicht erwärmt wird und eine verhältniſsmäſsig groſse
Erhitzungsfläche darbietet, wird eine rasche Verflüchtigung derselben bei geringem
Verbrauche an Heizmaterial erzielt.
Behufs fractionirter Destillation der Naphta werden
mehrere solcher Kessel mit einander derart verbunden, daſs die Naphta in beständigem
Strome durch alle Kessel der Reihe nach flieſst. Der Zufluſs der Naphta wird je nach
Erforderniſs so geregelt, daſs z.B. aus dem ersten Kessel nur Benzin, aus dem
zweiten bloſs Brennöl u.s.w. überdestillirt.
Ein gleichmäſsiger Destillationsbetrieb ist in diesen Kesseln überhaupt nur durch
genaue Regelung des Naphtazuflusses sowie der
Heizwärmezufuhr zu erlangen. Die Destillationskessel werden mittels
Rückstandsbrennern (vgl. Forsunka, 1886 260 * 441)
erhitzt. Um nun den Zufluſs der Naphta in den Kessel bezieh. der Naphtaruckstände in
die Forsunka zu regeln, hat Lenz eine ebenso einfache
wie sinnreiche Vorrichtung angebracht. Nicht weit vom Boden des Kessels sind zwei
Zinkstäbe mit ihren Enden an die innere Kesselwand befestigt; von hier aus sind sie
durch in der entgegengesetzten Kesselwand befindliche Stopfbüchsen geführt, so daſs
ihre freien Enden sich auſserhalb des Kessels befinden. Der eine Zinkstab wird nun
mittels Hebelmechanismus mit dem Hahne, durch welchen die Naphta in den Kessel
flieſst, verbunden, der andere ebenfalls durch Hebelwerk mit dem Hahne derjenigen
Röhre, welche die Rückstände zur Forsunka leitet. Die Regelung beruht auf der
Ausdehnung bezieh. Verkürzung der Zinkstäbe durch etwa eintretende
Temperaturunterschiede und ist, wie leicht verständlich, eine selbstthätige. Ist
z.B. eine zu starke Erhitzung des Kessels eingetreten, so erfolgt Ausdehnung der
Zinkstäbe, welche durch die eben erwähnte Verbindung mit den Zufluſshähnen auf
letztere jetzt derart wirken, daſs der Naphtahahn mehr geöffnet, der Rückstandshahn,
d. i. der Feuerungshahn, mehr geschlossen wird; durch den verstärkten Naphtazufluſs
einerseits, sowie durch die verringerte Zufuhr von Heizmaterial andererseits wird
die Temperatur im Kessel auf die normale zurückgebracht. Bei etwa eintretender zu
starker Temperaturerniedrigung wirken die Zinkstäbe im entgegengesetzten Sinne.
Der zweite Apparat ermöglicht eine stetige und zugleich
fractionirte Destillation. Derselbe besteht aus
einem länglichen viereckigen Metallkasten, der aus zwei über einander liegenden, mit
einander dicht verschraubten Theilen zusammengesetzt ist. Die untere Hälfte des
Kastens, zur Aufnahme der zu destillirenden Naphta bestimmt, ist durch senkrechte
Querwände in mehrere Kammern getheilt, die aber unter einander dadurch noch in
Verbindung bleiben, daſs diese Scheidewände nicht ganz bis zur entgegengesetzten
Kesselwand gehen. Diese Zwischenräume zwischen den Kessel- und den Kammerwänden sind
abwechselnd so vertheilt, daſs, wenn z.B. der erste Durchgang sich an der linken
Kesselwand befindet, der nächste auf der rechten Seite folgt u.s.w. In Folge dieser Anordnung ist
die Naphta, welche in beständigem Strome in die vom Feuerherde entfernteste Kammer
tritt, gezwungen, in Schlangenlinien durch den Kessel zu flieſsen und somit einen
weiten Weg von der Eintrittsstelle bis zur letzten Kammer, aus welcher sie austritt,
zu machen. In der ersten, der am wenigsten erhitzten Kammer, verflüchtigt sich nur
Benzin, in der zweiten die leichten Brennöle und so in jeder folgenden Kammer immer
schwerere Oele, bis endlich aus der letzten Kammer nur noch Rückstände abflieſsen.
Entsprechend der Theilung in der unteren Hälfte des Kessels ist auch die obere
Hälfte in Kammern getheilt, die aber unter einander nicht in Verbindung stehen,
indem die Scheidewände beide Kesselwände verbinden. Aus jeder dieser Abtheilungen
führt ein Ableitungsrohr, durch welches die in die Kammern steigenden Dämpfe in
gesonderte Kühler gelangen. Auf diese Weise werden die einzelnen Fractionen
unmittelbar getrennt und ist daher eine wiederholte Destillation behufs weiterer
Fractionirung nicht mehr erforderlich. Geheizt wird dieser Kessel durch die in der
ersten Kammer entweichenden Gasolindämpfe, die durch entsprechende Leitung zum
Feuerraume geführt werden. Die Vorzüge dieses Apparates sind im Allgemeinen
dieselben wie die des ersten: auch hier gelangt die zu destillirende Naphta zuerst
in weniger erhitzte Theile des Kessels und durchflieſst den letzteren auf langem
Wege in verhältniſsmäſsig dünner Schicht, so daſs bei gleicher Leistungsfähigkeit
die im Kessel vorhandene Flüssigkeit nur den dritten Theil derjenigen in
gewöhnlichen Destillationsapparaten beträgt. Vor dem ersten Apparate besitzt der
zweite, wie schon erwähnt, noch den Hauptvorzug, daſs man bei Anwendung nur eines Kessels schon eine fractionirte Destillation der
Naphta betreiben kann. In diesem Apparate soll man sogar die schweren Schmieröle und
zwar ohne Anwendung von überhitztem Wasserdampf (vgl. 1886 260 525) destilliren können, da die Oeldämpfe bis zu den Kühlern nur eine
kurze Steighöhe zu überwinden haben.
Zur Abkühlung der Destillate benutzt Lenz flache Kühler;
dieselben bestehen aus zwei Kupfer- oder Eisenblechen, welche mit ihren Längsseiten
so an einander genietet sind, daſs sich zwischen denselben nur ein enger
Zwischenraum befindet, in welchen die Dämpfe treten. Diese Kühler sollen billiger
als die Schlangen- oder Röhrenkühler (vgl. 1886 260 438)
sein und nicht schlechter als letztere wirken.
E. Wiegand.