Titel: | Abscheidung von leichten Kohlenwasserstoffen und Gewinnung dickflüssiger Oele aus Paraffinölen u.s.w. durch Destillation unter Druck. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 336 |
Download: | XML |
Abscheidung von leichten Kohlenwasserstoffen und
Gewinnung dickflüssiger Oele aus Paraffinölen u.s.w. durch Destillation unter
Druck.
Riebeck's Gewinnung dickflüssiger Oele aus
Paraffinölen.
Die bislang allgemein im Gebrauche stehenden Verfahren zur Destillation von schweren
Braunkohlentheerölen, rohem Erdöle oder dessen Rückständen von der Raffination,
sowie von Theer, wie man solchen bei der Oelgasbereitung aus Paraffinöl oder
Erdölrückständen erhält, liefern bekanntlich alle eine verhältniſsmäſsig geringe
Ausbeute an leichten Oelen (Benzin, Leuchtöl), während andererseits die
zurückbleibenden hochsiedenden Antheile nur geringen Werth haben.
Auf den A. Riebeck'schen Montanwerken bei Halle a. S. (D. R. P. Kl. 23 Nr. 37728 vom 17. December
1885) hat man nun ein Verfahren aufgefunden und bereits mit bestem Erfolge in der
sächsischen Braunkohlentheer-Industrie eingeführt, welches es gestattet, die
Ausbeute an leichten Oelen auſserordentlich zu steigern, und auſserdem Rückstände
liefert, welche als sehr gute Schmier- und Asphaltöle
Verwendung finden können.
Zu diesem Zwecke werden die schweren Oele unter Druck
destillirt, wobei tiefgreifende Zersetzungen stattfinden. Der bei der Destillation
zu verwendende Druck ist für jedes Oel ein ganz bestimmter, da durch denselben die Ausbeute und
Beschaffenheit der Destillate und Rückstände, sowie der Verlust durch Vergasung
unmittelbar beeinfluſst wird. In der Praxis hat es sich gezeigt, daſs für schwere
Paraffinöle am besten 3 bis 6at, für Roherdöl und
Rückstände 2 bis 4at, endlich für Oelgastheer 4
bis 6at Druck angewendet werden sollen.
Die Druckdestillation wird in einer Guſsstahlblase, von der Form
der in der Braunkohlentheerindustrie gebräuchlichen, vorgenommen und diese Blase
muſs bei Rothglut der vom Feuer bespülten Theile für den auf ungefähr 400° erhitzten
Inhalt noch dicht sein bei einem Ueberdrucke von 10at. Mit der Destillirblase ist eine Kühlschlange verbunden und zwischen
beiden ein Ventil angeordnet, welches sich von selbst öffnet, sobald der zur
Destillation gewünschte Druck erreicht ist. Heizt man die Blase an, so wird das
Ventil so gestellt, daſs die Verbindung zwischen Blase und Kühler offen bleibt, bis
alle Luft durch Oeldämpfe verdrängt ist; dann schlieſst man das Ventil, stellt es
auf den gewünschten Druck ein und gibt stärkeres Feuer. Sobald die Dämpfe die
entsprechende Spannung erreicht haben, heben dieselben das Ventil aus und treten in
die Kühlschlange ein, wo sie verdichtet werden.
In der Patentschrift sind zur Erläuterung dieses Verfahrens die
Ergebnisse mitgetheilt, welche im Groſsbetriebe bei der Destillation eines dunklen
schweren Paraffinöles erhalten wurden. Es wird bemerkt, daſs dieses Oel ein
specifisches Gewicht von 0,912 bei 17,5°, die Viscosität 2,5 hatte, sowie 15
Vol.-Proc. bis 300° überdestilliren lieſs. Die Destillationen unter 3at Druck ergaben, daſs das übergehende
Zersetzungsproduct nicht wesentlich verschieden ist, ob es in einer Menge von 30
oder 80 Procent des Blaseninhaltes abgenommen wird. Es bildet eine braune, leicht
bewegliche Flüssigkeit von 0,800 bis 0,820 sp. G. bei 17,5°. Dieses
Zersetzungsproduct ist dem Rohphotogen des Braunkohlentheeres durchaus gleichwerthig
und liefert nach der Reinigung und Destillation ein wasserhelles Leuchtöl von 0,815
bis 0,820 sp. G., dem Entflammungspunkte von etwa 30° und groſser Leuchtkraft.
Destillirt man 25 bis 30 Proc. ab, so hinterbleibt ein Rückstand,
welcher eine Viscosität von 7 bis 10 und 0,930 bis 0,950 sp. G. besitzt und ein
gutes Schmieröl bildet. Treibt man die Destillation weiter, so wird der
Blasenrückstand immer asphaltartiger; bei 50 Proc. Destillat bildet den Rückstand
ein Asphaltöl von glänzend schwarzer Farbe und 1,005 sp. G. und, wird die Zersetzung
bis zu 80 Proc. Destillat fortgesetzt, so erstarrt der Blaseninhalt zu kokigem
Asphalt. Die Verluste bei der Druckdestillation durch Vergasungsteigen natürlich, je
länger die Destillation fortgesetzt wird; sie betragen bei 3at Druck für 25 bis 30 Proc. Destillat 4 Proc.,
für etwa 50 Proc. Destillat 7 Proc. und steigen auf 15 bis 18 Proc., wenn etwa 80
Procent des Blaseninhaltes abgetrieben werden.
Will man Schiefer- und Erdöle unter Druck destilliren, so ist es
angezeigt, den rohen Oelen die leicht siedenden Bestandtheile zu entziehen, indem
man auf 70 bis 75 Proc. Rückstand auf gewöhnliche Weise abdestillirt und dann diesen
Rückstand unter Druck zersetzt, wobei man etwa 50 Proc. Destillat übertreibt. Ein
auf den Riebeck'schen Werken in dieser Weise
verarbeitetes Pechelbronner Oel von 0,880 sp. G. lieferte gegenüber der gewöhnlichen
Destillation eine Mehrausbeute an Leuchtölen von 15,32 Proc., also um nahezu die
Hälfte der bisherigen Ausbeute. Der Rückstand ist demjenigen der bislang üblichen
Aufarbeitungsweise gleichwerthig und läſst sich für Zwecke der Asphaltbereitung oder
durch nochmalige Destillation mit überhitztem Dampfe auf Schmieröle verarbeiten.
Destillirt man Theer von der Oelgasbereitung unter Druck, so
steigt die Ausbeute an leichten Oelen gegenüber der gewöhnlichen Destillation um das
2½ fache; auch wird bei der Druckdestillation die Bildung der sich gewöhnlich
ergebenden Mittelöle von 0,950 sp. G. vermieden.