Titel: | Neuerungen an zwangläufigen und auslösenden Ventilsteuerungen für Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 409 |
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Neuerungen an zwangläufigen und auslösenden
Ventilsteuerungen für Dampfmaschinen.
(Patentklasse 14. Fortsetzung- des Berichtes Bd.
260 S. 539 u. Bd. 262 S. 489.)
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 24.
Neuerungen an Ventilsteuerungen.
I) Zwangläufige Steuerungen.
Einen sehr eigenthümlichen Bewegungsmechanismus der Einlaſsventile für Dampfmaschinen
hat Paul Sylbe in Dresden (* D. R. P. Nr. 34229 vom 24.
Oktober 1884) unter Verwendung sogen. variabler
Stützhebelstellung hergestellt. Fig. 1 bis 3 Taf. 24 zeigen denselben
in Aufriſs, Seitenansicht und Grundriſs. Die Bewegung der Ventile geht dabei von
einer zur Seite des Cylinders angeordneten lothrechten Steuerwelle C aus, an welcher ein Excenter B sitzt, das den um einen Zapfen g drehbaren
Steuerhebel (Excenterstange) A in Schwingung versetzt.
Bei N läuft dieser Hebel in eine cylindrische Büchse
aus, in welcher sich die Pfanne des Kugelgelenkes E1 etwas auf- und niederschieben kann; durch den
Hebel E wird nun der T-formige Hebel n in Schwingung versetzt, welcher mit seinen Armen die
Ventilhebel l abwechselnd niederdrückt und so die
Ventile hebt. Der Hebel E ist, wie aus Fig. 2 zu ersehen, in
einem flachen Ausschnitt von n eingesetzt; um die
Abnutzung möglichst gering zu machen, hat man demselben durch hammerförmige
Gestaltung eine möglichst groſse Führungsfläche gegeben.
Die Eigenthümlichkeit der ganzen Steuerung, worauf deren
Brauchbarkeit für veränderliche Cylinderfüllung beruht, besteht nun in der Art und
Weise, in welcher der Drehzapfen g des Hebels A unterstützt wird. Dies geschieht durch zwei
gabelförmige Stützen a (in Fig. 5 besonders
gezeichnet), welche mit ihren gegabelten Theilen in dem weiten Schlitze des Hebels
A derart gelagert sind, daſs sie sich darin frei
hin und her schieben können, ohne aber mit den Gabeln den Drehbolzen g des Hebels vollständig verlassen zu können. Mit den
Enden b stützen sich diese Gabeln gegen die etwas
excentrischen Theile des Umfanges eines am Cylinder befestigten runden Gehäuses L, durch welches der Hebel A hindurchgeht; auf diesem Gehäuse sitzt ein flacher Deckel, welcher in
der Mitte mit einem runden Zapfen m versehen ist (vgl.
Fig. 2).
Um diesen Zapfen ist nun eine zweite, auf dem Deckel liegende Scheibe K drehbar, wozu dieselbe mit einem angegossenen
Kegelgetriebe J versehen ist; ein an dem Regulatorhebel
H befestigter Zahnbogen bewirkt diese Drehung vom
Regulator aus. In der Platte K befinden sich einander
gegenüber zwei radiale (in der Figur nicht ersichtliche) Schlitze, in welche die
nach oben vorspringenden Zapfen c der Stützen o eingreifen; bei Drehung der Platte K müssen also die Stützen derselben folgen, zu welchem
Zwecke der Deckel des Gehäuses L mit passenden
bogenförmigen Oeffnungen für den Durchlaſs der Zapfen c
versehen ist. Die Stellung nun, welche die Gabelstützen gegen die Hülse einnehmen,
ist für die Bewegung des Hebelendes N von
entscheidender Bedeutung. Während nämlich der Hebel A
in der Richtung seiner Achse sich immer genau nach Maſsgabe der Bewegung des
Excentermittelpunktes bewegen muſs, wird die Bewegung in normaler Richtung hierzu,
welche allein für den Hub der Ventile in Betracht kommt, wesentlich von der Gröſse
des Spielraumes abhängig sein, welchen der Zapfen g in
den Gabeln der beiden Stützen a findet. Stehen die
beiden Stützen wie in Fig. 3 in dem engsten
Theile des Gehäuses, so wird, wenn der Hebel seinen groſsten Ausschlag nach der
einen Seite besitzt, d.h. also, wenn das Excenter um 90° gegen die gezeichnete, dem
Todtpunkte entsprechende Lage verdreht ist, der Zapfen g von den Gabeln a
gerade fest umschlossen,
also ein Spielraum gar nicht vorhanden sein; ein solcher bildet sich erst, wenn das
Excenter in einen der todten Punkte gelangt. Ist aber die Scheibe K verdreht, so daſs die Gabelhebel nach dem weiteren
Theil der Büchse L gelangen, so wird natürlich schon
bei der Mittelstellung des Hebels A Spielraum in den
Gabeln vorhanden sein, welcher sich nach den todten Punkten zu noch vergröſsert. Da
nun der Hebel A bei N erst
dann seitlichen Ausschlag geben kann, wenn er sich mit dem Zapfen g auf eine der Gabeln a
stützt, so ergibt sich, daſs dieser Ausschlag um so kleiner wird, je gröſser der
Spielraum in den Gabeln wird; die Bahn des Punktes N,
welche anfänglich die Form Fig. 4 besitzt, wobei die
Füllung etwa 0,6 ist, geht nach und nach bei immer abnehmender Füllung mehr und mehr
in die Gestalt einer geraden Linie über.
Franz Froebel in Constantinhütte bei Freiberg (* D. R.
P. Nr. 34355 vom 31. März 1885) benutzt zur Bewegung seiner Ventilsteuerung bei
Umtriebsmaschinen ein einziges Excenter, welches unter
90° Voreilen gegen die Kurbel aufgesteckt ist. Dabei wird zur Erzielung des
Voreilens die zur Schubrichtung des Excenters senkrechte Verschiebung der Stange
benutzt, wie dies bei vielen anderen Steuerungen, namentlich auch bei Umsteuerungen
(vgl. Fig. 8
Taf. 24) der Fall ist.
Auf der Kurbelwelle sitzt das Excenter E unter 90° Voreilungswinkel, welches durch die Stange D unmittelbar auf die Ausströmungsventile wirkt, wobei
gleichzeitig durch die schräge Lage der Stange das erforderliche geringe Voreilen
der Ventile bewirkt wird. Für die Einströmungsventile sind mit der
Excenterstangenhülse die Stangen e1 unmittelbar und d1 mittelbar verbunden. Die Bewegung von d1 geschient durch den
Winkelhebel c, wodurch für d1 eine Bewegung erzielt wird, welche ein
Excenter mit 180° Voreilung geben würde. Gäbe man diesem Winkelhebel c eine andere Stellung, so lieſsen sich natürlich auch
beliebige andere Voreilungswinkel herstellen. Beide Stangen e1 und d1 bewegen gleichzeitig die Doppelcoulisse b, welche durch ihre Coulissensteine, die Hebel a und Daumen a1 die Bewegung auf die Ventile überträgt. Von der
höheren oder tieferen Stellung der Coulisse b hängt es
ab, mit welcher Expansion die Maschine arbeitet. So wird z.B. bei der tiefsten
Stellung der Coulisse die Cylinderfüllung gleich Null sein, weil dann die
Coulissensteine nur unter dem Einflüsse der Stange d1 stehen. Ist dagegen die Coulisse in ihrer höchsten
Stellung, mithin die Coulissensteine am tiefsten, so erfolgt die Bewegung der
Ventile vornehmlich nach Maſsgabe der Stange e1, während d1 nur wenig Einfluſs ausübt; die Oeffnungsdauer der
Ventile wird nun die gröſste sein und zwar beinahe während des ganzen Kolbenhubes
hindurch. Sammtliche zwischenliegenden Expansionsgrade entsprechen den
Mittelstellungen der Doppelcoulisse b, welche mittels
der Stange R mit dem Regulator in Verbindung steht.
Bei Fördermaschinen, welche also
regelmäſsig umgesteuert werden müssen, kommt die Anordnung Fig. 7 Taf. 24 zur
Verwendung. Dabei wird durch das unter 180° Voreilen aufgekeilte Excenter A ein Hebel t in
Schwingung versetzt, dessen Drehpunkt t1 an einem Aufsatze des Bettes befindlich ist. An
einem Arme dieses Aufsatzes ist in dem Zapfen u1 ein doppelarmiger Hebel gelagert, welcher durch
die Stange u2 von einem
Auge des Excenterringes aus in Schwingung versetzt wird. Das andere Ende dieses
Hebels aber ist mit der Zugstange u an den Arm einer
Coulisse s angeschlossen, welche ihren Drehpunkt in dem
Zapfen w am Hebel t
findet, Diese Coulisse erhält also durch u eine Hin-
und Herschwingung um den Zapfen w, welche einem unter
90° voreilenden Excenter entspricht, während sie auſserdem nebst dem Hebel t durch das 180° voreilende Excenter derart hin und her
bewegt wird, daſs sie die erforderliche Voreilungsbewegung dadurch erlangt. Von dem
Coulissensteine c geht die Ventilsteuerstange d1 aus, welche durch
einen einfachen Hebelarm die Steuerwelle in Schwingung versetzt, an der nunmehr
beide Daumen a1
befestigt sind. Von der Steuerwelle werden auch die Auslaſsventile durch einfache
Hebel- und Stangenverbindung betrieben. Bei z ist der
Umsteuerungshebel sichtbar, durch welchen mittels der Stange z1 der Coulissenstein gehoben und gesenkt werden
kann.
In ganz ähnlicher Form wird auch die Steuerung für nur nach einer Richtung umlaufende Maschinen angeordnet, bloſs
mit dem Unterschiede, daſs dann der Drehpunkt w der
Coulisse nahe an dem einen Ende derselben angebracht wird; die Coulisse dient nun
nur noch als Expansionsmechanismus und es wird deshalb auch die Ventilstange d1 durch den Regulator
darin verstellbar gemacht. Statt die Auslaſsventile von den Einlaſsventilen aus zu
steuern, ist es in diesem Falle vortheilhaft, sie unmittelbar durch eine an das Ende
der Coulisse fest angeschlossene Stange zu bewegen, d.h. also derselben einen
gleichmäſsigen Hub abgesehen von der Höhe der Cylinderfüllung zu ertheilen.
O. Recke in Rheydt (* D. R. P. Nr. 36007 vom 16. Oktober
1885) benutzt bei seiner Ventilsteuerung für Aus- und
Einlaſs des Dampfes an jedem Cylinderende ein
Excenter b (Fig. 6 Taf. 24), welches
auf die zum Cylinder parallel liegende Steuerwelle a
aufgekeilt ist. Dieses Excenter bewegt durch seine an dem Bügel c feste Stange unmittelbar den Ventilhebel für die
Ausströmung. Die Verstellung des Einfluſsventiles erfolgt von dem Auge d des Excenterbügels aus, an dem eine kurze Zugstange
e angehängt ist, welche bei f an dem zur Bewegung des Ventiles bestimmten Hebel hf angreift und denselben um seine Achse bei h in Schwingung versetzt. Bei g ist an diesen Hebel eine zweite Stange gn
angelenkt, durch welche der um i drehbare Winkelhel nik bewegt wird, wodurch dann einfach mittels der
Zugstange kl und des Hebels lo die Bewegung der Ventilspindel p erfolgt.
Auf der Achse i, auf welcher der Hebel nik nur lose steckt, befindet sich einerseits der Arm
ih aufgekeilt, dessen Zapfen h dem Hebel hgf als
Drehpunkt dient, andererseits der Arm im, auf den der Regulator durch eine Zugstange
einwirkt. Durch Verstellung des Armes h i von rechts
nach links wird die Dauer der Einströmung verringert; dieselbe beträgt
beispielsweise für die gezeichnete äuſserste Stellung h
2 Proc., für die punktirte Stellung h1 75 Proc.; doch ist auch noch eine Füllung von 90
Proc. erreichbar. Die Lage der Punkte A, g und f sowie i, n und k in gerader Linie ist keineswegs erforderlich.
Um bei Dampfmaschinen mit Ventilsteuerung auf beiden Seiten
gleiche Cylinderfüllung zu erhalten, verwendet Paul
Sylbe in Dresden (* D. R. P. Nr. 36035 vom 29. November 1885) die in Fig. 14 und
15 Taf.
24 skizzirte Einrichtung. Die Regulirwelle besteht nicht, wie gewöhnlich, aus dem
Ganzen, sondern ist in zwei getrennte Theile a und a1 zerlegt, welche
durch die Hebel b und b1 mit einander gekuppelt werden. Zu diesem Zwecke
ist auf dem Hebel b, welcher durch die Stange i vom Regulator aus bewegt wird, ein Hebel c um den Zapfen n drehbar
gelagert, dessen Arm o durch einen Lenker l am festen Punkte p
angeschlossen ist (vgl. Fig. 15). Bewegt sich
also der Hebel b, so muſs auch der Hebel c eine Drehung um seine Achse n machen. Durch den Hebel c aber wird der
andere Theil der Regulirwelle a1 mit a gekuppelt,
indem ein Zapfen d an dem Hebelarme b1 in einen gekrümmten
Schlitz v des Hebels c eingreift. Dieser
Schlitz aber ist derart angeordnet, daſs durch seine Einwirkung auf den Zapfen d der Hebel b1 in verzögerter oder beschleunigter Weise gegen b gedreht wird, je nachdem dies gerade erforderlich
ist. (Das Ventil vor dem Kolben ist verzögert, das hinter dem Kolben beschleunigt zu
schlieſsen.) Statt den Hebel c an den Lenker l anzuhängen, kann man denselben auch mit einem
radialen Schlitze über einen feststehenden Bolzen e
greifen lassen, wie in Fig. 14 angedeutet
ist.
An Stelle der vorstehend beschriebenen Einrichtung schlägt Sylbe auch noch anderweite Constructionen vor, welche
sämmtlich darauf hinaus laufen, daſs die beiden Theile der Regulirwelle, welche
beide unmittelbar vom Regulator bewegt werden, eine verschieden groſse Bewegung in
der Weise erhalten, daſs die eine der beiden nach den Hebeln b und b1
gehenden Zugstangen nach Maſsgabe der Regulatorbewegung verlängert oder verkürzt
wird. Fig. 13
Taf. 24 zeigt eine derartige Anordnung. Dabei besteht die vom Regulator bei R nach dem Hebel b1 gehende Zugstange aus zwei Theilen k und k1, welche in der aus der Figur ersichtlichen Weise
durch den Winkelhebel e miteinander gekuppelt sind. An
diesem Hebel ist der Zapfen d befestigt und dieser
greift in den feststehenden Schlitz in der Art ein, daſs dadurch bei dem Auf- und
Niedergange der Zugstange kk1 die entsprechende Längenveränderung eintritt. Statt des Winkelhebels
schlägt Sylbe auch |eine Kuppelung durch Links- und
Rechtsgewinde vor; der Schraubenmuff erhält dann durch einen radialen Zapfen,
welcher in einen feststehenden Schlitz eingreift, die erforderliche Drehung.
Eine Annäherung, wie sie den Erfordernissen der Praxis genügt,
läſst sich mit Hilfe der in Fig. 16 Taf. 24
dargestellten Construction erzielen. Dabei greifen die beiden Zugstangen R und R1 vom Regulator nicht unmittelbar an den Armen b und b1 an, sondern an den Enden von Lenkern h und h1, welche um die Achse x und x1
drehbar sind und mittels Zugstangen g und g1 die Arme b und b1 nach sich ziehen. Heben sich die Zugstangen R und R1, so muſs, wie ersichtlich, der Hebel b einen gröſseren Weg beschreiben als b1, was zur Erreichung
des angestrebten Zweckes genügt.
Bei der zwangläufigen Ventilsteuerung von Ph. Frank in Zwickau (* D. R. P. Nr. 37633 vom 3.
Januar 1886) stellt der Regulator selbstthätig die dem augenblicklichen Kraftbedarfe
entsprechende Expansion ein, während alle kraftschlüssig wirkenden Theile, wie
Luftbuffer, Klinken, Federn u.s.w., wegfallen.
Die Bewegung der Steuerung geht von zwei der Kurbel um die Winkel
90 + δ bezieh. δ
voreilenden Excentern aus, welche durch die Schubstangen L und L1 die
beiden Hebel H und H1 in schwingende Bewegung versetzen. Der Hebel H ist T-förmig und an seinen Enden zu Coulissen C ausgebildet, während der Hebel H1 über den
gemeinschaftlichen Drehpunkt O hinaus verlängert ist
und in das Auge m endigt. Im Mittelpunkte des Steines
n der Coulisse C ist
die Stange Z, im Auge m
die Stange f angeschlossen; beide Stangen greifen an
dem gemeinsamen Zapfen i an.
Der Punkt i erhält demnach eine von
den Schwingungen beider Hebel H und H1 abhängige Bewegung.
Der Hebel H ertheilt dem Punkte i eine Bewegung in lothrechter, der Hebel H1 eine solche in wagerechter Richtung;
bei gleichzeitiger Schwingung von H und H1 ergeben sich für i in sich zurücklaufende Bahnen. Die Gestalt dieser
Bahnen ist abhängig von der Entfernung On und je nach
der Stellung des Coulissensteines eine lothrecht oder wagerecht liegende Ellipse.
Steht der Coulissenstein in n1, so ist die Bahn von i die Ellipse ii1
i2
i3
i, für die Lage n2 ergibt sich die Bahn ii4
i2
i5
i; in dem besonderen Falle, daſs nO = mO ist, geht diese Bahn in den Kreis ii2 über.
Mit dem Zapfen i ist nun das eine
Ende des doppelarmigen Hebels ikw verbunden, welcher
bei w an die Ventilschubstange wr angeschlossen ist und in dem Drehpunkte k von einem
Lenker ks unterstützt wird. Der untere Drehpunkt des
Lenkers s liegt auf dem Gleitstücke eines feststehenden
Führungsbogens und kann auf diesem von der Stellung s
bis nach s1 verschoben
werden, was durch die Verbindung mit dem Regulator durch die Stange t und dem Winkelhebel rr1 nebst Regulatorzugstange R dem Gange der Maschine angemessen bewirkt wird. Je
nach dieser Verstellung und der Lage von n in der
Coulisse des Hebels H beschreibt nun der Punkt w verschiedene Curven, von welchen zwei, der in vollen
Linien gezeichneten Stellung von n entsprechend, für
die beiden Stellungen s und s1 angegeben sind. (Die erstere Curve ist
wagerecht, die letztere schräg schraffirt.)
Fig. 1., Bd. 264, S. 413
Der Anschluſs der Ventilschubstangen an den Hebel ikw und an den Ventilhebel (worin die Stange gleitet)
ist nun so getroffen, daſs, so lange sich w oberhalb
der Achse Z befindet, das Einströmungsventil geöffnet
ist. Es würde also die Stellung des Lenkerzapfens in s
der vollen Füllung, die Stellung in s1 der Füllung Null entsprechen; bei jeder
Zwischenstellung des Lenkers aber wird eine theilweise Füllung des Cylinders
stattfinden.
Die Ausströmung des Dampfes aus dem Cylinder erfolgt in der
gewöhnlichen Weise durch ein Ventil, welches von der bei o an die Coulisse angelenkten Zugstange t1 derart bewegt wird, daſs es während einer halben
Umdrehung geöffnet, während der nächsten halben Kurbeldrehung geschlossen ist.
Während das Gleitstück für den Drehzapfen des Lenkers s
in seiner Coulisse vom Regulator bewegt wird, erfolgt die Verschiebung des Steines
n in den beiden Coulissenarmen des Hebels H durch einen von Hand zu verstellenden
Mechanismus.
Fig. 2., Bd. 264, S. 413
Die Textfigur 2 zeigt geringe
Abänderungen der vorbeschriebenen Steuerungsanordnung. Der Stützpunkt s der Stange h ist noch
mit dem Gleitstücke der Coulisse C
mittels der Stange q in Verbindung gebracht. In Folge dieser Kuppelung
erleiden die Bahnen des Punktes w eine beträchtlich
stärkere Veränderung durch die Wirkung des Regulators R, so daſs die Einwirkungsfähigkeit desselben auf die Dampfvertheilung
wesentlich gesteigert werden soll. Constructiv ist hier die Aenderung getroffen,
daſs die Verschiebung des Zapfens s nicht in einer
Gleitbahn, sondern durch Drehung des Winkelhebels W
erfolgt, dessen Endpunkt s der Stange h als Drehpunkt dient.
Eine wesentliche Vereinfachung läſst sich bei dieser Steuerung
noch dadurch treffen, daſs man die Verschiebbarkeit des Punktes n in den Coulissen C des
Hebels H aufgibt und n in
einen festen Drehpunkt verwandelt. Dadurch erhält natürlich der Punkt i nur eine einzige bestimmte Bahn, z.B. einen Kreis.
Die aus dieser Vereinfachung hervorgehende Verminderung der beweglichen Theile,
deren Zahl immer noch eine hohe bleibt, wird namentlich für rascher gehende Maschinen nur von Vortheil sein.
II) Auslösende Steuerungen.
Die auslösende Ventilsteuerung von Fr. Gamerith zu
Hirschberg in Schlesien (* D. R. P. Nr. 33210 vom 24. März 1885) hat in ihrer ganzen
Anordnung und Wirkungsweise einige Aehnlichkeit mit der bekannten Sulzer'schen Steuerung. Die Bewegung der Ventile, von
welchen das Einlaſsventil auf dem Cylinder, das Auslaſsventil unter demselben liegt,
geht von der zu letzterem parallelen Steuer welle a
(Fig. 12
Taf. 24) aus, von welcher durch die unrunde Scheibe b
die Anhubstange c bewegt wird. Diese Stange c ist durch zwei Lenker geführt, deren einer, e, um den festen Punkt d
schwingt, während der zweite, g, sich um den vom
Regulator verstellbaren Punkt f dreht. Bei dem Anhübe
trifft die Stahlplatte h der Anhubstange gegen eine
Platte h1, welche an
der lang gegabelten Stange i befestigt ist, wodurch das
Eintrittsventil mittels des Winkelhebels kk1 gehoben wird. Da aber der Gabelhebel i, dessen gegabelte Enden die (doppelt vorhandenen)
Excenter l umfassen, um den Punkt m des Ventilhebels k
schwingt, so wird nach einiger Zeit die Platte h1 auſser Berührung mit h kommen und das Ventil fallen können. An dem Hebel no greift die vom Regulator kommende Stange R an; die Auslaſsventile werden durch die unrunden
Scheiben b unmittelbar bewegt.
Fig. 3., Bd. 264, S. 414Die auslösende Ventilsteuerung von C. Reich
und W. Pfabe in Linden bei Hannover (* D. R. P. Nr.
33391 vom 3. Februar 1885) bezweckt, dem Ventile einen bestimmten Hub dadurch zu
geben, daſs der Endpunkt c der Excenterstange gezwungen
wird, während einer halben Umdrehung des Excenters auf der Curve 0 bis 6 (vgl. Textfig. 3) fortzuschreiten. Um diese Bewegung zu erhalten,
muſs der Zwischenpunkt b der Excenterstange auf der
Curve bb1 geführt
werden, während sich das Excenter von a bis nach b in der Richtung des Pfeiles dreht. Da die Form der
Führungscurve nicht viel von einem Kreisbogen abweicht, so wird sich eine geeignete
Führung der Stange in der Praxis recht wohl dadurch ermöglichen lassen, daſs man die
Stange bei b an einer Schwinge von entsprechender Länge
befestigt, wenn man nicht den weniger einfachen Weg einschlagen will, die Stange
hier mit Zapfen in einer feststehenden Leitcurve zu führen.
Fig. 11 Taf.
24 zeigt die wirkliche Ausführung der Steuerung nach den vorstehenden Grundsätzen.
Von der Steuerwelle a aus wird durch ein Excenter die
Stange ac bewegt, welche in der Mitte auf der Schwinge
mb gelagert ist. Das Ende c dieser Stange ist mit einer Stahlplatte bekleidet und legt sich flach
auf ein ebenfalls mit einer Stahlplatte versehenes Gleitstück d an dem äuſseren Arme des Ventilhebels, welcher zu
diesem Zwecke prismatisch gestaltet ist. Dreht sich die Steuerwelle nach der
Richtung des Pfeiles, so wird der Hebelarm e
niedergedrückt und das Ventil gehoben, welches nun so lange annähernd in der
höchsten Stellung bleibt, bis die Stahlplatte c von der
Platte an d herabgleitet. Der Muff d aber kann an dem Arme c
durch einen Winkelhebel mit Zugstange, auf welchen die vom Regulator kommende Stange
R einwirkt, hin und her geschoben werden, wodurch
sich das frühere oder spätere Auslösen der Steuerung ergibt. Versieht man das Ende
der Excenterstange mit einer Rolle, so gestaltet sich der Ventilschluſs in gewissem
Grade zwangläufig.
Die auslösende Steuerung von Bouvret besitzt nach der
Revue universelle des Mines, 1884 Bd. 15 * S. 414
für jedes Einlaſsventil ein besonderes Excenter, das auf einer Steuerwelle
aufgekeilt ist, welche wie bei Sulzer parallel zum
Cylinder liegt und mit der Kurbelwelle gleiche Umdrehungszahl besitzt. Die
Excenterstange B ist mit ihrem oberen gegabelten Ende
A (Fig. 9 Taf. 24) an eine
Gelenkstange AC angeschlossen, welche sich um die Achse
C des Ventilhebels DCE
dreht. Dieser Hebel (derselbe ist in den Armen E
doppelt zu denken) wird nun beim Niedergange des Excenters durch eine Klinke GF mitgenommen, welche um den Bolzen G am Ende der Excenterstange frei drehbar ist und durch
die Feder H zum Einfallen in einen Ausschnitt der
Bogenenden E des Ventilhebels veranlagst wird. (Fig. 10 Taf.
24 stellt die Klinke in gröſserem Maſsstabe dar.) Diese Klinke trifft bei ihrer
Abwärtsbewegung mit dem Vorsprunge K auf ein Sperrhaken
ähnliches Stück NM, das an die Excenterstange angelenkt
ist und zwischen den beiden Hebelarmen E auf einem
Daumen o ruht, welcher an der Achse C befestigt ist; letztere aber wird von dem Regulator
beeinfluſst; je nachdem der Daumen o mehr nach abwärts
geneigt, oder in mehr senkrechter Stellung gegen NM
steht, erfolgt das Auslösen der Klinke, d.h. der Dampfabschluſs später oder
früher.
Bei der in Fig.
18 Taf. 24 dargestellten Steuerung von Ernst L.
Hertel in Würzen (* D. R. P. Nr. 37765 vom 27. Februar 1886) wird das Ende
y der Excenterstange a
in einer Curve geführt, welche in Figur 17 gröſser
herausgezeichnet ist, indem einestheils der Endpunkt derselben sich im Kreise bewegt (vermöge des
Excenters), andererseits der Punkt r in der angegebenen
Weise an einem Lenker l in dem festen Punkte o angehängt ist. Durch anderweitige Wahl der Punktes
o und der Länge des Lenkers lassen sich natürlich
andere Führungscurven für y erhalten. An der
Ventilspindel ist aber bei b eine Schubstange d angelenkt, welche mit ihrem breiten flachen Kopfe k (einer harten Stahlplatte) sich auf y auflegt und so von der Excenterstange gehoben wird.
Bewegt sich das Ende y der Excenterstange nach links,
so erfolgt nach einiger Zeit das Abgleiten von k und
y, somit der Schluſs des Ventiles.
Bei normaler Geschwindigkeit der Maschine soll die Schubstange d lothrecht stehen; bei wachsender Geschwindigkeit wird
sie durch den Regulator (vgl. Fig. 18) nach rechts, bei
abnehmender aber nach links verstellt, wodurch also die Auslösung des Ventiles
früher oder später erfolgt. Das rasche Schrieſsen des Ventiles bewirkt die
Blattfeder e (in Fig. 18 von der
Stirnseite gesehen), welche sich auf beide Ventilstangen auflegt und durch eine
Schraube in der Mitte gespannt werden kann. Die Ventilstangen sind mit den
Luftbuffern C verbunden, die sich an feststehenden
Kolben D führen, in welche die Ventilführungsböcke f auslaufen. Diese Kolben sind für den Durchgang der
Schubstangen d ausgehöhlt und mit einem Schlitze
versehen, durch welchen. der Gelenkbolzen nach dem Buffercylinder hindurchtritt, um
den nöthigen Spielraum zum Gleiten zu haben. Bei i ist
noch die Oeffnung sichtbar (nöthigenfalls mit einem Stellschräubchen zur Regulirung
versehen), durch welche die Luft beim Niederfallen des Ventiles austreten muſs, so
daſs auf diese Weise schon zu Anfang des Ventilniederganges die Bewegung etwas
gemäſsigt wird, während natürlich die eigentliche Bufferwirkung erst nach Abschluſs
der Oeffnung durch den Kolben D eintritt.
Auch für Gaskraftmaschinen ist die
Steuerung anwendbar; man muſs aber dann die Ventile sich nach innen öffnen lassen,
also den Mechanismus umgekehrt anordnen. In Fig. 17 würde sich das
Excenter E dann in dem der Richtung des Pfeiles
entgegengesetzten Sinne drehen; die Platte y des
Steuerhebels a wird eine kleine vorstehende Stahlplatte
der Stange d von oben nach unten drücken, so daſs d eine Zugstange wird, welche durch das
Regulatorgestänge in ähnlicher Weise wie die Druckstange d eingestellt wird, aber in umgekehrter Richtung. Das Gehäuse C steht dann fest und die Ventilstange bildet in ihrer
Verlängerung den nun beweglichen Kolben. Zur Sicherheit des Ventilschlusses wird die
Ventilstange noch durch eine Feder nach oben gedrückt werden.