Titel: | Beitrag zur Untersuchung von Soda-Rohlaugen und Mutterlaugen; von Wilh. Kalmann und Jos. Spüller. |
Autor: | Wilh. Kalmann, Jos. Spüller |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 457 |
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Beitrag zur Untersuchung von Soda-Rohlaugen und
Mutterlaugen; von Wilh. Kalmann und Jos. Spüller.
Kalmann und Spüller, Untersuchung von Soda-Rohlaugen.
Bei Untersuchung von Soda-Rohlaugen und Mutterlaugen wird in den Fabrikslaboratorien
gewöhnlich der Gesammt-Jodverbrauch auf Na2S
berechnet und auf die Bestimmung des Na2SO3 und Na2S2O3 verzichtet.
Durch Fällung eines bestimmten Volumens der Laugen mit alkalischer Zinklösung und
Titration des Filtrates mit Jod findet man allerdings diejenige Jodmenge, welche dem
Na2SO3 + Na2S2O3 entspricht, und aus der Differenz die dem Na2S entsprechende; eine weitere Trennung des Na2SO3 und Na2S2O3 dürfte aber wegen der Umständlichkeit der Methoden
in technischen Laboratorien wohl selten durchgeführt werden. Freilich ist bei dem
geringen Gehalte der Rohlaugen an diesen beiden Salzen die Bestimmung derselben von
geringerem Werthe für den Praktiker; bei den Mutterlaugen ist dies aber nicht der
Fall und macht sich hier das Bedürfniſs nach einer rasch durchführbaren Methode
geltend.
Wir haben eine solche ausgearbeitet, ohne von dem bisher üblichen Gange der Untersuchung, wie
derselbe in Lunge's Handbuch
der Sodafabrikation beschrieben ist, zu sehr abzuweichen; es ist nur die
Anzahl der Titrirungen um eine vermehrt.
Die Trennung des Na2SO3 vom Na2S2O3 nach unserer Methode beruht auf der
nahezu gänzlichen Unlöslichkeit des BaSO3 in
alkalischen Flüssigkeiten, während BaS2O3 in Verdünnungsgraden, wie sie hier vorliegen, in
Lösung bleibt. Angestellte Versuche mit Lösungen von bekanntem Gehalte ergaben, daſs
stets nur ganz geringe, zu vernachlässigende Mengen von BaS2O3 im Niederschlage
blieben.
Der Gang der Untersuchung ist in Kürze folgender:
1) In einem gemessenen Volumen der Lauge bestimmt man die Gesammt-Alkalität mit
Normalsäure und Methylorange als Indicator. Der verbrauchten Säuremenge entspricht
der Gehalt an Natriumcarbonat + Natriumsulfid + Natriumhydroxyd + der Hälfte des
Natriumsulfites.Methylorange reagirt auf Na2SO3 alkalisch, auf NaHSO3 neutral.
2) In einem gleichen Volumen der Lauge wird nach vorhergegangenem Ansäuern mit
verdünnter Essigsäure und Zugabe von Stärkekleister am besten mit einer
0,1-Normal-Jodlösung titrirt. Der verbrauchten Jodmenge entspricht der Gehalt an
Natriumsulfid + Natriumsulfit + Natriumhyposulfit.
3) Aus einem doppelt so groſsen als in (1) und (2) verwendeten Volumen der Lauge
fällt man mit alkalischer Zinklösung das Sulfid, bringt auf ein bestimmtes Maſs,
filtrirt die Hälfte ab, säuert mit Essigsäure an und titrirt mit
0,1-Normal-Jodlösung und Stärkekleister. Die verbrauchte Jodmenge entspricht dem
Natriumsulfit + Natriumhyposulfit.
4) Ein 3 bezieh. 4 fach so groſses Volumen der Lauge, als in (1) und (2) verwendet
wurde, versetzt man mit BaCl2-Lösung im
Ueberschusse, füllt mit ausgekochtem Wasser auf ein bestimmtes Maſs auf, filtrirt
nach dem Absetzen des Niederschlages: a) ⅓ bezieh. ¼ ab und titrirt mit Normalsäure.
Die verbrauchte Säuremenge entspricht dem Natriumhydroxyd + Natriumsulfid; b) ein
neues Drittel bezieh. Viertel des Filtrates säuert man mit Essigsäure an und titrirt
mit 0,1-Normal-Jodlösung. Der verbrauchten Jodmenge entspricht der Gehalt an
Natriumsulfid + Natriumhyposulfit.
Die Rechnung ergibt sich von selbst:
2 – 4b
= Acc
0,1 Normal-Jodlösung
entspr.
dem
Na2SO3
2 – 3
= Bcc
„
„
„
Na2S
4b – (2 –
3)
= Ccc
„
„
„
Na2S2O3
4a + 1/10
B
= Dcc
normaler Säure
entsprechend
dem
NaOH
1 – 4a +
1/20
A
= Ecc
„ „
„
Na2CO3.
Die einzelnen Zahlen wären nun noch auf den Liter der
Lauge umzurechnen.
Im Nachfolgenden erlauben wir uns noch einige Beleganalysen anzuführen. Die Analysen
von aus Rohsoda selbst bereiteten Laugen führen wir wegen des geringen Gehaltes
derselben an Sulfit und Hyposulfit nicht an, da hier stimmenden Versuchszahlen wenig
Beweiskraft zugemessen werden kann und es selbstverständlich ist, daſs die Methode, falls sie für rothe
Laugen (Mutterlaugen) gute Werthe liefert, auch für Rohlaugen anwendbar ist. Die
untersuchte Mutterlauge stammt aus der Ersten
Oesterreichischen Sodafabrik zu Hruschau und verdanken wir dieselbe der
Gefälligkeit des Betriebsleiters Hrn. C. Opl. Zum
Vergleiche wurde die Mutterlauge einer genauen chemischen Analyse unterzogen. Die
verschiedenen Schwefelungsstufen wurden derart bestimmt, daſs in einem Posten nach
vorhergegangener Oxydation der Gesammtschwefel in Form von BaSO4 gefällt und gewogen wurde, in einem 2. Posten die
bereits vorhandene Schwefelsäure bestimmt, ein 3. Posten mit Jod oxydirt und sodann
wieder eine Schwefelsäure-Bestimmung vorgenommen wurde, wodurch man die der
schwefligen Säure entsprechende Schwefelsäuremenge findet, und endlich in einem 4.
Posten nach Titration mit Jod, Filtration des Schwefels und hierauf folgende
Oxydation wieder eine Schwefelsäure-Bestimmung vorgenommen wurde, wodurch auch der
dem Hyposulfite entsprechende Schwefel in Form von BaSO4 zur Bestimmung gelangte. Diese Analyse ergab folgende Zahlen:
Für 5cc
Lauge
BaSO4
Ent-sprechendSO3
Unterschied
Gesammt-Schwefel
0,4012g
0,13775g
Schwefelsäure + Schweflig- säure
+Unterschwefligsäure
0,2260
0,07760
0g,06015 SO3 äqu. Na2S
Schwefelsäure + Schweflig- säure
0,0965
0,03313
0g,04447 SO3 äqu. Na2S2O3
Schwefelsäure
0,0590
0,02026
0g,01287 SO3 äqu. Na2SO3
Berechnet man aus den vorstehenden Versuchszahlen die Natronsalze auf 1l der rothen Lauge, so ergibt sich folgender
Gehalt derselben an Schwefelverbindungen im Liter:
Na2SO4
7g,19
Na2S2O3
8g,78
Na2SO3
4g,05
Na2S
11g,75.
Nachfolgend sind die Zahlen angeführt, welche wir nach der von uns abgeänderten
Methode erhalten haben:
Cubikcentimeter für 5cc der
Mutterlauge.
Nr.
Gesammt-alkalität
Gesammt-verbrauch
Nach derZinkfällung
Nach der BaCl2-Fällung
Normalsäure
0,1-Jodlosung
AlkalitätNormalsäure
01-Jodlösung
1
42,4cc
17,9cc
5,7cc
26,0cc
15,25cc
2
41,9
18,15
5,8
26,1
14,88
3
41,6
18,75
6,05
25,9
15,1
Berechnet man aus diesen Zahlen nach der oben beschriebenen Methode die einzelnen
Bestandtheile auf 1l der Lauge, so ergibt sich
folgende Zusammensetzung derselben:
Gramm für 1l der Lauge.
Bestandtheile
Nr. 1
Nr. 2
Nr. 3
Na2CO3
172,44g
165,79g
164,51g
NaOH
198,24
198,96
197,12
Na2SO3
3,34
4,11
4,59
Na2S2O3
9,64
8,03
7,62
Na2S
9,52
9,63
9,90
In Berücksichtigung, daſs jeder Versuchsfehler mit 200 multiplicirt wurde, ergibt
sich eine für praktische Zwecke hinreichende Uebereinstimmung der Versuchszahlen.
(Vgl. auch J. Groſsmann 1880 237 308.)
Bielitz, Laboratorium der k. k. Staatsgewerbeschule, April
1887.