Titel: | Die dreifache Expansionsmaschine und die neuesten Fortschritte auf dem Gebiete des Schiffsmaschinenbaues. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 523 |
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Die dreifache Expansionsmaschine und die neuesten
Fortschritte auf dem Gebiete des Schiffsmaschinenbaues.Ueber den gleichen Gegenstand veröffentlicht Otto H.
Müller jun. zu Charlottenburg in der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, 1887 * S. 445 bis 451
eine sehr lehrreiche Studie; sie behandelt in einer durch zahlreiche
Indicatordiagramme erläuterten Darstellung in klarer übersichtlicher Weise die
bis jetzt für Dreicylindermaschinen ausgeführten Typen unter Feststellung der
für den Gütegrad grundlegenden Bedingungen.
Ziese, über dreifache Expansionsmaschinen.
In der Decembersitzung 1886 des St. Petersburger Polytechnischen Vereins hielt R. A. Ziese, leitender Ingenieur der rühmlichst
bekannten Schiffsbauwerkstätte F. Schichau in Elbing,
einen interessanten und lehrreichen Vortrag über Expansionsmaschinen (vgl.
Verweisungen S. 145 d. Bd., ferner Marshalt 1882 243 89), welchem nach dem Protocolle 1886 Nr. 69
folgender Auszug entnommen ist.
Das Verdienst, die erste dreifache Expansionsmaschine in einer für
die Praxis brauchbaren Weise gebaut zu haben, gebührt dem englischen Ingenieur Kirk in Glasgow (vgl. Seaton 1885 257 121); die von ihm im J. 1882
für den Dampfer „Aberdeen“ gebaute derartige Maschine arbeitet mit 8at Kesseldruck und jeder Cylinder treibt seine
eigene Kurbel. Die zweite derartige Maschine und die erste
ihrer Art in Deutschland wurde im J. 1882/83 von F.
Schichau in Elbing für den Dampfer „Nierstein“ gebaut. Diese Maschine arbeitet bereits
mit 10at Kesselspannung und gilt noch heute als
Muster ihres Systemes, sowohl was Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes,
Gleichmäſsigkeit und Ruhe des Ganges, selbst bei schlechtem Wetter, wie auch Güte
und Haltbarkeit aller Theile bei dem hohen Dampfdrucke anbelangt. Gleichzeitig mit
dem „Nierstein“ wurde in Elbing ein kleines Torpedoboot mit dreifachen
Expansionsmaschinen entworfen. Die im Sommer 1883 hiermit abgehaltenen Proben
lieferten so zufriedenstellende Erfolge, daſs von da ab alle dortigen
Torpedoboot-Maschinen, bereits über 100 Stück, nach diesem Systeme ausgeführt worden
sind. In England sind bis zum heutigen Tage nur noch sehr wenige Torpedoboote mit
diesen Maschinen versehen.
Bezüglich der Berechnung und Construction der dreifachen
Expansionsmaschine betont der Vortragende die vollständig prinzipielle
Uebereinstimmung zwischen den Compound- und den Dreicylindermaschinen und stellt,
als für beide Systeme gemeinsam geltend, als Hauptgrundsätze auf:
1) Die gesammte entwickelte Leistung der Maschine ist unabhängig
von dem relativen Volumen der drei Cylinder und von der Füllung im Mittel- und
Niederdruckcylinder.
2) Vermehrte Füllung im Hochdruckcylinder erhöht ebenfalls die
Leistung des Mittel- und Niederdruckcylinders und umgekehrt.
3) Verringerte Füllung im Mittel- bezieh. Niederdruckcylinder
vergröſsert den Gegendruck gegen den Kolben des vorhergehenden Cylinders, vermehrt
also den Anfangsdruck für den Mittel- bezieh. Niederdruckcylinder.
4) Der Enddruck im Hochdruckcylinder muſs gröſser und darf
höchstens gleich dem gleichzeitigen Drucke in dem zugehörigen Behälter (Receiver)
sein; dasselbe gilt von dem Mitteldruckcylinder in seinem Verhältnisse zum Behälter
des Niederdruckcylinders.
Die weitere Berechnung erfolgt genau derjenigen der
Compoundmaschine, indem man zunächst die Gröſse des Niederdruckcylinders und dann
die des Mittel- und Hochdruckcylinders bestimmt.
Das gesammte Expansionsverhältniſs der Maschine richtet sich nach
der Höhe des Anfangsdruckes und beträgt bei 10at
beispielsweise etwa 15.
Das Volumenverhältniſs der einzelnen Cylinder zu einander muſs
ebenfalls nach dem Anfangsdrucke bestimmt werden; für gewöhnliche Verhältnisse ist
dasselbe gleich: r2 :
v1 = 2,5 bis 3, r3 : v1= 6 bis 7, wobei v1, v2 und v3 die Volumen des
Hochdruck-, Mitteldruck- bezieh. Niederdruckcylinders bedeuten.
Zu bemerken ist hierbei jedoch, daſs vor allen Dingen danach
getrachtet werden muſs, die Leistung der einzelnen Cylinder, falls dieselben je an
eine besondere Kurbel angreifen, so gleichmäſsig wie nur möglich zu bekommen, und
mit Rücksicht hierauf sind die Durchmesser dann zu bestimmen. Um sich hierüber bei
dem Entwürfe ein richtiges Bild zu verschaffen, ist es am besten, die Dampfdiagramme
der Maschine voraus zu construiren, aus diesen die Tangentialdiagramme auf die
Kurbelwelle zu entwickeln, hierbei die Gestängewirkung, zumal bei schnell laufenden
Maschinen, gebührend zu berücksichtigen und sich so von vornherein einen klaren
Einblick in die Arbeitsleistung während jedes Augenblickes der Umdrehung zu
verschaffen.
Nur auf diese Weise ist es möglich, Maschinen zu bauen, welche,
wie z.B. bei den Torpedobooten mit 350 bis 400 Umgängen und einer
Kolbenge-schwindigkeit von über 300m in der
Minute, ruhig und gleichmäſsig arbeiten.
Von der Construction der dreifachen Expansionsmaschinen,
besonders der für Torpedoboote bestimmten, kann mit Recht behauptet werden, daſs
sich hier alle Verbesserungen und Errungenschaften der Neuzeit im höchsten Maſse
verkörpert finden.
In der That bilden dieselben das beste Feld für Studien, welches
in Bezug auf Fortschritte des Schiffsmaschinenbaues überhaupt ausgewählt werden
kann. Die beiden
hauptsächlichsten Errungenschaften des neueren Maschinenbaues sind: I) große Verminderung des Brennstoffverbrauches und II)
die gleichzeitige beträchtliche Verminderung des
Eigengewichtes der Maschine und des Kessels.
Der Brennstoffverbrauch beträgt bei normalem Arbeiten 0,5 bis 0k,6 guter Kohle für Stunde und Indicatorpferd und
steigert sich bei angestrengtem Arbeiten bis auf 0k,8.
Das gesammte Gewicht der Maschine mit Kessel, Wasser nebst allen
Hilſsmaschinen und Zubehör beträgt bei Torpedobooten 28 bis 30k für Indicatorpferd, während es bei gewöhnlichen
Handelsdampfern noch etwa 200k ist.
Die Ursachen, durch welche diese Fortschritte herbeigeführt
wurden, sind:
1) Steigerung der Kesselspannung, 2) richtige Ausnutzung der
Expansion, 3) Steigerung der Kolbengeschwindigkeit und Umlaufszahl, 4) sorgfältigere
und vollkommenere Construction und Herstellung der einzelnen Theile, 5) Einführung
neuer Constructionsstoffe, besonders des Stahles.
Hierzu ist Folgendes zu bemerken:
Zu 1) Der Kesseldruck beträgt 12at und wird voraussichtlich in nächster Zeit bis auf 14at gesteigert werden. Die Grenzen für die höheren
Dampfdrucke liegen jetzt nicht so sehr in der Schwierigkeit der Kesselherstellung
als in der hohen Temperatur des Dampfes, welche sich bereits bedenklich dem
Schmelzpunkte des Zinnes nähert und weiter gesteigert auch alle bis jetzt bekannten
Schmiermittel zerstören würde.
Zu 2) Die Expansion beim normalen Arbeiten ist etwa 15 fach, die
Füllung der einzelnen Cylinder dabei etwa ½ bis ⅔. Die Wärmeverluste sind so aufs
Mindeste herabgerückt. Die geringste zu erreichende Füllung kann bei ermäſsigtem
Arbeiten der Maschine bis zu 1/60 der Gesammtfüllung betragen.
Zu 3) In Bezug auf Kolbengeschwindigkeit übertreffen die neueren
Torpedoboot-Maschinen alle anderen Systeme. Es beträgt die übliche secundliche
Kolbengeschwindigkeit:
bei
festliegenden Maschinen
2 bis 3m
„
älteren Schiffsmaschinen
3 bis 3,5
„
neueren „
bis 4
„
Schnellzugslocomotiven
„ 5
„
Torpedoboot-Maschinen
„ 5,5
Zu 4) Bei der Ausführungsconstruction von Maschinen, welche mit so
hoher Kolbengeschwindigkeit arbeiten, muſs selbstverständlich ungemein sorgfältig zu
Werke gegangen werden, sowohl was den Entwurf, wie die Wahl der zur Herstellung
nöthigen Materialien betrifft. Ebenso erfordert die Erzeugung und Zusammenfügung der
einzelnen Theile groſse Sorgfalt und Ueberlegung aller beim späteren Betriebe etwa
auftretenden Zufälligkeiten. Nur so kann die Regelmäſsigkeit des Betriebes und die
dauernde gute Erhaltung des gesammten Mechanismus mit Sicherheit verbürgt
werden.
Zu 5) Was die Einführung neuer Constructionsstoffe anbelangt, so
ist klar, daſs die groſse Gewichtsermäſsigung nur durch vorsichtige Wahl der besten
Baustoffe ermöglicht werden kann; Rücksichten auf Ersparnisse nach dieser Richtung
hin sind durchaus unzulässig. In jedem einzelnen Falle wird das für den bestimmten
Zweck bestgeeignetste Material gewählt und die gewünschte Form auf die mathematisch
genaueste Weise hergestellt, ganz abgesehen von dem Kostenpunkte.
An Stelle des Guſs- und Schmiedeisens ist in den meisten Fällen
der Guſs- und Fluſsstahl getreten. Während die absolute Festigkeit des Guſseisens zu
12, des Schmiedeisens zu 35, des Kupfers und der Bronze zu 20k/qmm gerechnet
wird, beträgt dieselbe bei Guſsstahl 45 bis 55, bei Fluſsstahl 43 bis 50k/qmm. Bei
richtiger Construction läſst sich daher bei Anwendung des Stahles fast eine der
gröſseren absoluten Festigkeit desselben proportionale Gewichtsverminderung
gegenüber dem Guſs- und Schmiedeisen erreichen.
Bei den Kesselfeuerungen wird die
Luftzuführung durch Gebläsebetrieb geregelt. Bei den Schichau'schen Anlagen geschieht dies in der Weise, daſs die erwärmte Luft
des Heizraumes für den Verbrennungsprozeſs ausgenutzt werden kann. Gegenüber den
sonst gebräuchlichen Anordnungen mit geschlossenen Heizräumen und Zuführung kalter
äuſserer Luft bietet das Schichau'sche Verfahren sowohl
bedeutende wirthschaftliche, wie auch Betriebsvortheile.
Wenn auch die Anwendung dieses Luftzufuhrsystemes für
Handelsdampfer bis jetzt nur noch vereinzelt stattgefunden hat, so kann doch mit
Sicherheit behauptet werden, daß der Ventilatorbetrieb mit
wenn möglich erwärmter Gebläseluft das System der nächsten Zukunft für alle
neueren Schiffsmaschinenanlagen sein wird. Auch hier muſs man aber wohl
wissen, was man thut; denn eine unrichtig bemessene derartige Anlage wird keine
Vortheile, sondern nur Nachtheile bringen; Beweise dafür finden sich in gröſserer
Anzahl bei den Ausführungen einiger Fabriken. Bei richtiger Anordnung wird man auf eine Reduction von 30 bis 50 Procent im
Kesselgewichte und Raume im Schiffe rechnen können, auſserdem eine bedeutend
bequemere Kesselbedienung erhalten.
Als Beispiel hierfür mag ein in Elbing für die chinesische
Regierung erbautes Fahrzeug vorgeführt werden, bei welchem in nur einem Kessel der Dampf für eine Maschine von 1500 Pferd
erzeugt wird und wo während 11 stündiger scharfer Fahrt nur 2 Heizer ohne weitere
Hilfe und ohne Ueberanstrengung den Kessel bedienten. Man vergleiche damit, daſs
selbst neuere Kreuzer und sonstige Dampfer für dieselbe Kraft noch mindestens 3 bis
4 Kessel zu führen pflegen.
Dieser bei richtiger Feuerungsanlage zu erreichende Fortschritt
ist daher wohl der ernstesten Beachtung werth und er wird, zusammen mit der
allgemeinen Einführung der dreifachen Expansionsmaschine, die Dampfschiffahrt in
einen neuen Abschnitt der Entwickelung führen.
Für Flußschiffe, wo es sich in den
meisten Fällen um Einhaltung eines möglichst geringen Tiefganges und gleichzeitige
Erzielung möglichst groſser Geschwindigkeit handelt, knüpfen sich an die allgemeine
Einführung des dreifachen Expansionssystemes noch einige weitere Betrachtungen.
Durch die verhältniſsmäſsige Nähe der Anlegestellen und die
Möglichkeit überall weiteren Brennstoff zu erhalten, brauchen die Fluſsschiffe kein
sehr bedeutendes Gewicht an Holz oder Kohle mit sich zu führen. Das nützliche
„Deplacement“ wird daher nicht in dem Maſse durch die mitzuführende
Brennstoffmenge beeinfluſst, wie dies bei den langen Reisen der Seeschiffe der Fall
zu sein pflegt. Der Vortheil einer wirthschaftlich arbeitenden Maschine macht sich
hier mehr in der unmittelbaren Ersparniſs von Brennstoff als in dem Ueberschusse des
nützlichen „Deplacement“, d.h. in vermehrter Ladefähigkeit bemerkbar. Ferner
hängt bei flachem Fahrwasser die Möglichkeit der Befahrung überhaupt unmittelbar von
dem Tiefgange des Schiffes ab. Die Wirthschaftlichkeit der Maschine wird dann erst
in zweiter Linie in Betracht kommen; ja man wird selbstredend die weniger
leistungsfähige Maschine wählen müssen, falls diese es gestatten sollte, dem
Fahrzeuge einen geringeren Tiefgang zu verleihen.
In der That wurden früher fast alle Fluſsschiffe mit einfachen
Hochdruckmaschinen ausgerüstet, welche freilich eine auſserordentliche Menge
Brennstoff verzehrten (was aber bei den damals verhältniſsmäſsig billigen Preisen
keinen bedeutenden Verlust bildete), dafür aber die Möglichkeit der Befahrung
flacher Gewässer gestattete. Die Technik befand sich eben bis vor Kurzem noch nicht
in der Lage, ein wirthschaftliches und zugleich leichtes Maschinensystem zu liefern,
welches allen Anforderungen genügt hätte. Erst neuerdings ist es gelungen, darin
Aenderung zu schaffen, und wiegen die jetzigen, für Fluſsschiffe gebauten Systeme
von Compoundmaschinen nicht mehr, sondern weniger als die früheren
Hochdruckmaschinen.
Das Gewicht einer guten Compoundmaschine für flachgehende
Fluſsdampfer beträgt heute mit Kessel, Wasser und vollständiger Ausrüstung etwa 120
bis 140k für das Indicatorpferd, d.h. ½ bis ⅔ des
Gewichtes einer gleich starken Seedampfer-Maschine, jedoch noch immer 4 mal mehr als
das Gewicht einer gleich starken Torpedoboot-Maschine. Erreicht ist daher in dieser
Beziehung bereits viel, jedoch auf der anderen Seite auch noch Raum für weiteren
Fortschritt gelassen. Die Schwierigkeit liegt bei Fluſsschiffen meistens in der
Unmöglichkeit, der Raddampfer-Maschine eine sehr hohe Kolbengeschwindigkeit und
besonders hohe Umdrehungszahl zu ertheilen. Der „Propeller“, hier das Rad, eignet sich nicht
dafür und die Grenzen von 120 bis 150m
Kolbengeschwindigkeit und 50 bis 60 Umdrehungen in der Minute, bis zu welchen man
manchmal geschritten ist, müssen als Grenze der praktischen Möglichkeit bezeichnet
werden.
Das dreifache Expansionssystem hat bis jetzt für Raddampfer noch
wenig Anwendung gefunden; es liegt dies, neben der relativ überhaupt geringen Anzahl
von Radschiffen, zunächst in dem Umstände, daſs bei kleinen Maschinen die mit diesem
Systeme verbundenen Mehrkosten den wirthschaftlichen Vorzügen die Wage halten, und
ferner, daſs bei gröſseren Raddampfern die Anordnung dieses Systemes auf manche
constructive Schwierigkeiten stöſst. Es unterliegt jedoch keinem Zweifel, daſs für
alle gröſseren Ausführungen, von etwa 300 Indicatorpferd aufwärts, die dreifache
Expansionsmaschine, verbunden mit Gebläsebetrieb für die Feuerung, ebenfalls das
System der Zukunft sein wird. Es wird hier möglich, das Mehrgewicht der Maschine
durch Verminderung der Kesselabmessungen auszugleichen und so die dreifache
Expansionsmaschine ebenso leicht wie eine gleichstarke Zweicylinder-Compoundmaschine
auszuführen.
In einer ausführlichen Erörterung über die in letzterer Zeit sehr viel besprochene
Naphta-Heizung für Seedampfer (vgl. 1885 258 * 421) beweist Ziese,
daſs derselben einige wichtige technische Bedenken entgegenstehen, auſserdem aber
eine Ersparung durch Anwendung dieses Heizstoffes nur in der Nähe der
Gewinnungsstätten zu erzielen ist. Zudem liegt die Möglichkeit nahe, daſs durch eine
einzige neue chemische Entdeckung diese Naphtarückstände vertheuert und vollständig
der Verwendung als Heizmittel entzogen werden könnten.
Zum Schlusse der Ausführungen wird die Schiffsschraube
besprochen und daraufhingewiesen, daſs die zahlreichen angeblichen Verbesserungen,
welche gerade gegenwärtig wieder auftauchen, sehr miſstrauisch zu betrachten seien,
da ohnedies die Schiffsschraube schon einen hohen Grad der Vollkommenheit erreicht
habe.
Um zu erfahren, ob ein mechanischer Apparat vollkommen oder
unvollkommen arbeitet, muſs man sich zunächst die besten Erfolge der bisherigen
Praxis vergegenwärtigen, dieselben mit der theoretisch erreichbaren Nutzleistung
vergleichen und dann feststellen, ob die Abweichung einen wirklichen Verlust
darstellt, oder durch die Natur der Sache geboten ist. Dann erst kann man bestimmen,
wie groſs die noch zu erreichenden Verbesserungen sein können und nach welcher
Richtung dieselben liegen müssen.
Die neuere Schiffsmaschinentechnik gibt uns nun für die
bestconstruirtesten Maschinen einen Wirkungsgrad von 0,8 bis 0,9 und für die besten,
der Schiffstorm und Geschwindigkeit richtig angepaſsten Schraubenpropeller einen
Wirkungsgrad von 0,75 bis 0,85, also für Maschine und Propeller zusammen eine
Nutzleistung von 0,60 bis 0,77, d.h. eine Annäherung an die theoretische
Vollkommenheit, wie sie fast bei keiner anderen Combination von Motor und
Arbeitsübertrager gefunden wird.
Viel Raum zu Verbesserungen ist daher hier nicht vorhanden und
wenn gewisse Erfinder von 30 Proc. Ersparniſs reden, so ist dies an und für sich
schon Unsinn, man müſste denn als Norm der Vergleichung die schlechtesten Typen von
Maschine und Schraube wählen, wie man diese heute noch bei einigen veralteten
Dampfern vorfindet. Dies wird daher auch meist bei solchen Versuchen gethan: man
vergleicht anstatt mit dem bereits bestehenden Besten mit dem möglichst
Schlechtesten und erzielt dann scheinbare Erfolge, welche jedoch meistens noch
hinter den ganz gewöhnlichen Leistungen der alltäglichen guten Praxis zurückstehen,
im besten Falle denselben ungefähr gleich kommen.
Der beste Propeller ist derjenige, welcher den gröſsten Schub zur
Fortbewegung des
Fahrzeuges mit dem geringsten Kraftverbrauche der Maschine ermöglicht und dies wird
mit demjenigen Propeller am besten erreicht, welcher die verhältniſsmäſsig gröſste
Wassermenge mit der relativ geringsten Geschwindigkeit zurücktreibt. Das
Zurücktreiben des Wassers nennt man den Rücklauf oder „Slip“ des Propellers
und dieser Rücklauf ist die nothwendige Bedingung zur Fortbewegung des Fahrzeuges.
Ohne denselben würde kein Widerstand des Wassers erzeugt, gegen den sich der
Propeller anlehnen könnte. Im Anfange der Bewegung ist der „Slip“ sehr groſs;
die Schraube wirkt dann als Turbine, welche Wasser nach hinten wirft; befindet sich
aber das Fahrzeug einmal in vollem Gange, so schneidet die Schraube glatt durch das
Wasser, fast wie in einem feststehenden Gewinde, und der „Slip“ braucht dann
nur klein zu sein, gerade hinreichend, um den Beharrungszustand zu erhalten; jede
plötzliche Geschwindigkeitsänderung wird in den ersten Minuten stets von einer
„Slip“-Vermehrung begleitet sein, so lange bis wieder ein
Beharrungszustand der Fortbewegung eingetreten ist. Bei den bestconstruirten
Schrauben, z.B. bei manchen Torpedobooten, beträgt der „Slip“ bei normalem
Arbeiten nur etwa 5 Proc., d.h. 95 Procent des Propellerweges sind gleich der vom
Fahrzeuge wirklich zurückgelegten Strecke. Bei gewöhnlichen Schiffen rechnet man den
Slip zu etwa 10 bis 15 Proc.
Nach solchen Ergebnissen muſs man sich unwillkürlich fragen, wo
denn eigentlich noch die groſsen Verbesserungen an Propellern eintreten sollen. Die
archimedische Schraube, wenn nur richtig construirt und angeordnet, ist ein so
vorzüglicher Propeller, wie man sich diesen eigentlich nicht besser wünschen kann.
Wir sind heute im Stande, eine Schiffsschraube zu bauen, welche bei nur 2m Durchmesser eine Kraft von 1500 Indicatorpferd
vollständig ausnutzt und damit einem Fahrzeuge von 115 Tons Deplacement bei nur 10
Proc. Slip eine Geschwindigkeit von 24 Knoten in der Stunde (12m,3 in der Secunde) ertheilt. Bei den neuesten
groſsen und schnellen Ocean-Dampfern, wo die Kolbengeschwindigkeit auf 256m in der Minute gesteigert wird, ist das
Verhältniſs der Flügelfläche zum gesammten Schraubenkreise bereits auf etwa ½
angewachsen. Nur auf diese Weise ist es dort möglich geworden, die ungewöhnliche
Kraft von 14000 Pferd in einer Schraube von nur 7m,32 (21 Fuſs engl.) Durchmesser auszunutzen und damit eine
Schiffsgeschwindigkeit von 20 bis 22 Knoten (entsprechend 10m,28 bis 11m,31
in der Secunde) zu erzielen. Es ist jedoch keine Frage, daſs durch die
unverhältniſsmäſsig groſse Fläche ein. hoher Reibungswiderstand der Schraube und
eine ungünstige Wirkung auf das Wasser hervorgerufen wird. Bei den Torpedobooten
beträgt die Kolbengeschwindigkeit bereits über 305m (1000 Fuſs engl.) in der Minute (etwa 5m,8 in der Secunde). Hierdurch ist das Verhältniſs der Fläche zum
Durchmesser der Schraube noch bedeutend günstiger gehalten wie bei den groſsen
Dampfern, so daſs also für derartige Fahrzeuge die Möglichkeit gegeben ist, mit
gesteigerter Kraft bei einer Schraube noch höhere Geschwindigkeit, wie bis jetzt
erreicht, zu erzielen. Nur muſs natürlich die Construction der Maschine derart
geschehen, daſs dieselbe im Stande ist, unbeschadet mit so hoher
Kolbengeschwindigkeit bezieh. Umdrehungszahl, zu arbeiten. Es ist wohl anzunehmen,
daſs die groſsen Dampfer auch bis dahin nachfolgen werden, wenn das Drängen nach
gesteigerter Geschwindigkeit nach wie vor weiter geht.
Die gewonnene Erfahrung scheint übrigens dahin zu deuten, daſs
innerhalb der jetzt üblichen Grenzen der Kolbengeschwindigkeit bei Schiffen, welche
für sehr groſse Geschwindigkeit gebaut sind, also sehr scharfe hintere Wasserlinien
besitzen, die Einzelschraube der vorzüglichste Propeller ist und durch Einführung
der Doppelschraube keinerlei Vortheile in Bezug auf Geschwindigkeit oder
Wirtschaftlichkeit des Betriebes erlangt werden können, daſs jedoch für Schiffe mit
vollen Linien, welche für mittlere Geschwindigkeit construirt sind, also besonders
Frachtdampfer, schwere Panzerschiffe u. dgl., die Doppelschrauben entschieden
günstigere Erfolge liefern und sich hier das Verhältniſs Indicatorpferd- zu
Effectivpferdleistung für dieselbe Geschwindigkeit günstiger gestaltet wie bei der
Einzelschraube. Die Lage und die Verhältnisse der Doppelschrauben müssen freilich
dabei mit sehr groſser Sorgfalt bestimmt werden, um nicht gerade entgegengesetzte
Wirkungen zu erzielen. Hauptsache ist, daſs
Liste verschiedener dreifacher
Expansionsmaschinen.
Textabbildung Bd. 264, S. 529
Name des Schiffes; Deplacement in
Tons; Stundliche Geschwindigkeit Knoten; Indicirte Pferd; Abmessungen der
Maschine: Durchmesser Hub in mm; Kesseldruck; Jahr der Erbauung; Besitzer;
Erbauer; „Versuch“ F. Schichau, Elbing; „Nierstein and Ottokar“;
„Hansa“, Bremen; „Falkenburg“; Torpedoboote; Verschiedene
Regierungen; Chinesische Regierung; Kreuzer; Deutsche Regierung; Postdampfer;
Norddeut. Lloyd, Bremen; J. Eider, Glasgow;
„Nulli Secunda“; Doxford, Stmderland;
„Aberdeen“; R. Napier und Co.,
Glasgow
der Schraubenpropeller so leicht und aus so wenig
Material wie möglich hergestellt wird, damit er bei seinem schnellen Durchgange
durch das Wasser nur auf reine Propulsion wirkt und möglichst geringe
Reibungswiderstände und Wirbelbewegungen im Wasser hervorruft.
Bezüglich der genauen Theorie der
Schiffsschraube wird auf das bekannte ausgezeichnete Werk von C. Busley (Die Schiffsmaschine) hingewiesen und
schlieſslich die auf S. 529 abgedruckte Tabelle gegeben.