Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 566 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 452
d. Bd.)
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
V) Schlempe.
Bei Beurtheilung des Nährwerthes der Schlempe im nassen
Zustande bespricht H. Schneemann (Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886
Bd. 7 S. 151) zunächst die Nachtheile, welche der hohe Wassergehalt der Schlempe auf
den Nährwerth derselben ausübt. Diese Nachtheile bestehen bekanntlich hauptsächlich
darin, daſs die Entfernung des in den Körper aufgenommenen Wassers nur auf Kosten
von Nährstoffen stattfinden kann, daſs andererseits durch das Wasser die
BlutmengeEine Vermehrung der Blutmenge findet nach neueren Untersuchungen eigentlich
nicht statt, wohl aber eine Vermehrung der Gewebsflüssigkeit.M.und damit
der zur Bewegung des Blutes erforderliche Kraftaufwand vermehrt wird. Ferner findet
durch die vermehrte Wasseraufnahme eine Erhöhung des Eiweiſsumsatzes im Körper
statt. Als weiterer Nachtheil wird die Verdünnung der Verdauungssäfte angeführt;
endlich glaubt man auch, daſs die gesammten Gewebe des Thierkörpers durch den
erhöhten Wassergenuſs weniger leistungsfähig und weniger widerstandsfähig werden.
Referent geht auf diese Ausführungen des Verfassers nicht näher ein und verweist
dieserhalb auf die Quelle sowie auf Maercker's Handbuch der Spiritusfabrikation (4. Auflage), wo auch
dieser Punkt in eingehender Weise erörtert ist.
Schneemann kommt nun auf das Trocknen der Schlempe zu sprechen, erörtert die Frage, ob das Trocknen der
Schlempe in allen Fällen vortheilhaft und empfehlenswerth ist, und gelangt bei
seinen Ausführungen zu dem Schlusse, daſs die Darstellung eines vollkommen
trockenen, haltbaren und versandtfähigen Futters nur für groſse Brennereien, welche
ihre Schlempe nicht selbst verwerthen können, vortheilhaft ist, während es für
solche Brennereien, welche Viehmastung haben, sich nur empfehlen wird, der Schlempe
so viel Wasser zu entziehen, daſs durch die Verfütterung derselben das Thier nicht
gezwungen wird, gröſsere Wassermengen aufzunehmen, als es sonst in der Tränke zu
sich nehmen würde. Für diesen Zweck würde es z.B. nach Ansicht des Verfassers
genügen, aus 100l Schlempe 60l Wasser zu entfernen.
Ueber Maisschlempe und Gewinnung der werthvollen
Bestandtheile derselben in fester Form findet sich eine eingehende
Abhandlung in der gleichen Zeitschrift, S. 429. Der ungenannte Verfasser bespricht
auch zunächst die Nachtheile des hohen Wassergehaltes der Schlempe und erläutert diese durch
eingehendere Ausführungen, indem er Analysen der frischen Schlempe anführt und
danach die Menge der einzelnen Nährstoffe und des Wassers, welche für den Tag vom
Thiere aufgenommen werden, berechnet. Referent möchte zu diesen Berechnungen
bemerken, daſs das bei denselben angenommene Maſs von 150k Schlempe für 24 Stunden und auf das Stück doch
wohl ein auſsergewöhnlich hohes ist; es würde jedoch auch eine geringere
Schlempegabe, vielleicht von 80k, im Wesentlichen
zu derselben Schluſsfolgerung führen, daſs eben das Thier dadurch zu einer gröſseren
Wasseraufnahme veranlaſst wird, welche die bekannten Uebelstände im Gefolge hat.
Die Ausführungen über den Nachtheil des hohen Wassergehaltes der
Schlempe führen den Verfasser zur Besprechung der verschiedenen in Vorschlag
gebrachten Verfahren zur Herstellung eines Trockenfutters aus der Schlempe. Dieselben beruhen im Groſsen und Ganzen
auf zwei verschiedenen Prinzipien. Das eine System sucht auf dem Wege der Filtration die löslichen Bestandtheile der Schlempe von
den unlöslichen zu trennen und nur die letzteren in fester und trockener Form zu
gewinnen. Das andere System bezweckt die Gewinnung sowohl der löslichen, wie
unlöslichen Bestandtheile in trockener Form durch Entfernung des Wassers mittels
Verdampfung. Das letztere Verfahren ist theoretisch das richtigere, da bei der
Filtration immer ein Verlust an Nährstoffen und zwar an löslichen und daher meistens
gerade werthvollen stattfindet. Das Verdampfungsverfahren dagegen, bei welchem
dieser Verlust vermieden wird, hat den Nachtheil gröſserer Kostspieligkeit.
Der Verfasser bespricht nun verschiedene Verfahren nach beiden
Systemen. Zu den Filtrationsverfahren gehört z.B. dasjenige von M. Hatschek in Wien, ferner das von G. Walter und von D. G.
Brunner, endlich dasjenige von Porion und Mehay, bei welch letzterem neben den Rückständen, den
Schlempekuchen, noch Schlempeol gewonnen wird. Man soll nach diesem Verfahren aus
100 Th. des verarbeiteten Getreides 2¼ bis 2½ Th. Oel und 30 Th. Schlempekuchen
gewinnen. Nach einer angestellten Rechnung würde dieses Verfahren für einen Betrieb
von 10000k Getreide einen Reinertrag von 348,58
Frank (etwa 279 M.) liefern. Die Analyse hat ergeben, daſs den nach diesem Verfahren
gewonnenen Schlempekuchen ein Gehalt von 29,65 Proc. Protein, 9,43 Proc. Fett und
37,00 Proc. stickstofffreier Stoffe entspricht. Das Schlempeol ist als Schmiermittel
nicht geeignet, dagegen sehr brauchbar für Tuchfabriken und Seifenfabrikation.
Unter den Verdampfungsverfahren gehört dasjenige von Theisen zu den vollkommensten.Siehe hierüber sowie über die vorigen Verfahren auch Maercker's Handbuch.Für
dieses Verfahren wird für eine Fabrik von 50000l
Schlempeerzeugniſs in 24 Stunden ein Reinertrag von 259,88 M. berechnet. Das
erhaltene Product, die Schlempekuchen, ist ein vorzügliches Futtermittel, welches
durch seinen hohen Protein- und Fettgehalt zu den Kraftfuttermitteln. zu zählen ist.
Nach des Verfassers Untersuchungen besaſs ein Maisschlempekuchen einen Gehalt an
Protein von 30,62 und an Fett von 16,85 Proc.; ein nach gleichem Verfahren
gewonnener Rückstand aus Roggenschlempe enthielt 22,00 Proc. Protein und 5,38 Proc.
Fett. (Nach Analysen des Referenten enthielt getrocknete Schlempe im Mittel von 5
Versuchen 23,1 Proc. Protein, 5,5 Proc. Fett, 43,3 Proc. stickstofffreie
Stoffe.)
Ueber Schlempemauke theilt O.
Riebe in Cölleda in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 363 die Beobachtung mit, daſs dieses Uebel
nach Verfütterung von süſser Maische trotz aller Vorsichtsmaſsregeln mehr oder
weniger heftig auftrat, und zieht daraus den Schluſs, daſs die Ursachen, welche
diese Krankheit hervorrufen, nicht in den Veränderungen zu suchen sind, welche die Materialien
während der Verarbeitung (Gährung, Destillation) erleiden, sondern bereits in den
Rohstoffen vorhanden sein müssen.
Diese Ansicht wird in einer Mittheilung von v. K. in
derselben Zeitschrift, S. 379 bestätigt, worin berichtet ist, daſs die Mauke trotz
aller Vorsichtsmaſsregeln (sorgfältigste Reinlichkeit, Anwendung von phosphorsaurem
Kalk, Beifutter von Schrot, Mais u.s.w.) auch sogar bei Zumaischen von viel Mais
aufgetreten sei, daſs dagegen andererseits ohne jeden Nachtheil Schlempe verfüttert
wurde, welche aus Kartoffeln gewonnen war, deren Rohfütterung auf einem anderen Gute
gerade Mauke erzeugt hatte. Verfasser zieht aus diesen Beobachtungen ebenso wie Riebe den Schluſs, daſs der Brennprozeſs mit der
Krankheit nichts zu thun habe, die Ursache derselben vielmehr anderswo gesucht
werden müsse.
Die Frage, mit welchem Werthe ist die Schlempe in Rechnung zu
setzen, wird in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 455 dahin beantwortet, daſs es sehr
schwierig oder geradezu unmöglich ist, einen bestimmten Werth für die Schlempe im
Allgemeinen anzugeben, indem örtliche Verhältnisse dabei sehr in Betracht kommen,
andererseits der Werth der Schlempe sich nach den Kornpreisen und nach den Preisen
der anderen Futtermittel richtet. Ferner kommt auch die Verwerthung der durch die
Viehhaltung erzeugten Producte dabei sehr in Betracht. So zutreffend diese
Ausführungen im Allgemeinen sind, so glauben wir doch, daſs nach den allgemeinen
Grundsätzen der Werthberechnung der Futtermittel und unter Zugrundelegung der
augenblicklichen Marktpreise für dieselben sich der Geld werth der Schlempe
annähernd genau feststellen läſst. Natürlich würde diese Rechnung nur so lange
zutreffend sein, als sich die Preise der anderen Futtermittel nicht wesentlich
ändern. Auch würde unter Zugrundelegung des Werthes der Nährstoffe in anderen
Futtermitteln die bei der Schlempe in Folge des hohen Wassergehaltes, wenigstens bei
hohen Schlempegaben, verursachte Herabsetzung des Nährwerthes gebührende
Berücksichtigung finden müssen. (Vgl. Maercker's Handbuch, 4. Auflage.)J. F. Höper's Apparat zum Verdunsten von
Schlempe mittels überhitzten Dampfes, vgl. 1886 259 * 316. O. Klaunig's
Trockenapparat für Schlempe und Treber, vgl. 1886 261 * 256.
Die giftige Wirkung der Kartoffelschlempe, welche
mitunter beobachtet sein soll, führt Kaſsner in der Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1886
Bd. 7 S. 207 auf das Vorhandensein von Solanidin
zurück, welches aus dem in den Kartoffelkeimen enthaltenen Solanin durch Einwirken von Säuren, welche in der Maische enthalten sind,
sich bildet.
Morgen.