Titel: | Eddington und Steevenson's Strassen-Locomotive. |
Autor: | M–M. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 577 |
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Eddington und Steevenson's
Straſsen-Locomotive.
Mit Abbildungen auf Tafel
33.
Eddington und Steevenson's Straſsenlocomotive.
Auf der letzten der jährlich wiederholten Ausstellungen landwirthschaftlicher
Maschinen, welche von dem Smithfield Club in der Agricultural Hall zu London veranstaltet werden, war
neben anderen Straſsenlocomotiven bekannter Anordnung die von Eddington und Steevenson in Chelmsford (England)
ausgestellte mit einigen bemerkenswerthen Neuerungen ausgestattet.
Die allgemeine Anordnung dieser zur Lastenbeförderung auf der Straſse bestimmten
Maschine ist in Fig.
1 bis 4 Taf. 33 nach dem Engineer, 1887 Bd. 63 *
S. 46 dargestellt und unterscheidet sich nicht von der gebräuchlichen Bauart. Der
Kessel vertritt gleichzeitig das Gestell des Fahrzeuges und das Bett der Maschine;
er stützt sich mit seinem Vordertheile auf die in einem Kugelgelenke drehbare
Laufachse und unterhalb der Heizthür auf die Treibachse mittels zweier an den ebenen
Kesselwänden befestigten Stützbleche, welche auſserdem die Vorgelegewelle sowie den
Führerstand sammt Wasser- und Kohlenkasten tragen.
Die Steuerung des Fahrzeuges erfolgt durch Verdrehung
der Laufachse mittels einer Kette, von welcher je ein Ende an einer Seite der
Laufachse angehängt und in der Mitte über eine kleine Windetrommel geschlungen ist,
welche vom Führerstande aus mittels Schneckentrieb vor- oder rückwärts gedreht
werden kann.
Der Antrieb der Treibachse erfolgt von der Kurbelwelle
der Maschine aus durch Vermittelung des Vorgeleges und ist, wie bei allen derartigen
Maschinen üblich, nach Bedarf auf zwei verschiedene Geschwindigkeiten einzustellen.
In der Anordnung dieser Einstellung liegt ein wesentlicher Vorzug der betreffenden
Maschine. Bisher wurde dieselbe ähnlich wie bei Spindelstöcken von Drehbänken durch
zwei verschiedene Zahnräderpaare vermittelt, welche auf der seitlich verschiebbaren
Vorgelegewelle angebracht waren und je nach Bedarf in eine der zwei auf der
Treibachse befestigten Treibkolben eingeschaltet wurden. Hier entfällt die seitliche
Verschiebung der Vorgelegewelle v (Fig. 1, 2, 4 und 7) und findet die
Umschaltung durch eine Verdrehung derselben um beiläufig 600 statt. Auf dieser Welle
v sitzen die beiden Uebertragungsräder a und b nicht centrisch
zur Wellenachse, sondern auf einem excentrischen Zapfen, welcher so angeordnet ist,
daſs bei der Verdrehung der Vorgelegewelle das kleine Getriebe b in unverändertem Eingriffe mit dem die Treibachse
antreibenden Stirnrade C verbleibt, das von der
Kurbelwelle angetriebene Rad a dagegen sich von der
Kurbelwelle entfernt. Hierdurch wird ermöglicht, an die Stelle des auf der
Kurbelwelle fest aufgekeilten kleineren Getriebes ein dasselbe übergreifendes
gröſseres Stirnrad d (vgl. Fig. 1, 2 und 7) einzuschieben und
hiermit die höhere Geschwindigkeit des Fahrzeuges bei gleichbleibender Umdrehungszahl der Kurbelwelle
zu erreichen. Der wesentliche Vortheil dieser Abänderung besteht auſser der
Verminderung der Theile hauptsächlich in der dadurch ermöglichten geringeren Breite
der ganzen Maschine sowie in dem günstigen Angriffe beider Antriebszahnräder
unmittelbar neben dem Kurbelwellenlager.
Die Bewegungsübertragung von der Vorgelegewelle auf die beiden groſsen Treibräder
erfolgt in der üblichen Weise durch den Compensationsapparat, ein
Differentialgetriebe, welches eine Verdrehung der beiden Räder gegen einander
gestattet und hierdurch das zwanglose Fahren in kleinen Curven ermöglicht. Wie aus
Fig. 4
ersichtlich, sitzen die Naben beider Treibräder lose auf der Achse, welche innerhalb
der Räder, mit langen Hülsen in den Achslagern laufend, zwei Muffen aufgekeilt hat;
von diesen ist der links befindliche Muff durch einen auslösbaren Bolzen mit dem
betreffenden Treibrade gekuppelt, der rechts befindliche mit einem Kegelradkranze
versehen. Ein gleicher Kegelradkranz läuft diesem gegenüber, lose auf der Radnabe
und ist durch einen ebenfalls auslösbaren Bolzen mit dem rechten Treibrade
gekuppelt; zwischen den Kränzen befinden sich zwei kleine Zahnkegel, welche den
Antrieb der Treibräder bewirken, da ihre Achsen mit der verzahnten Antriebsscheibe
C fest verbunden sind (vgl. Fig. 6 Taf. 33). Da diese
Achsen mit ihren inneren Enden mit einem auf der festen Kegelradhülse lose laufenden
Ringe fest verbunden sind, so dient derselbe gleichzeitig als Nabe der
Stirnradscheibe C.
Aus dem beschriebenen Zusammenhange geht hervor, daſs die beiden Zahnkegel nur als
Mitnehmer dienen und das Compensationsgetriebe sich unverändert mit der Treibachse
und den Treibrädern dreht, so lange die beiden Treibräder den gleichen
Fortbewegungswiderstand auf der Straſse finden. Wird dieser Gleichgewichtszustand
gestört, was besonders im Fahren von Curven stattfinden wird, so können sich die
Räder in dem erforderlichen Maſse gegen einander verdrehen, ohne daſs der
Zusammenhang des Systemes irgendwie gestört wird. Soll jedoch aus irgend einem
Grunde eine gegenseitige Verdrehung der Treibräder hintangehalten werden, so genügt
dazu die Einrückung der in Fig. 5 eingelöst
gezeichneten Knagge.
Die auslösbaren Kuppelungsbolzen der Treibachse ermöglichen es, die
Straſsenlocomotive auch als Winde zu benutzen und
besonders bei steilen Rampen derart zu verwenden, daſs sie zunächst allein die
Steigung bewältigt und sodann feststehend die zu befördernden Wagen mittels des von
der Windetrommel abgelaufenen Seiles nachzieht. In diesem Falle werden die
Treibräder ausgelöst und die Seiltrommel (Fig. 4) durch Schrauben
mit der links befindlichen Achsenhülse verbunden.
Von weiteren Einzelheiten sind noch folgende hervorzuheben: die in den Kessel oberhalb der
Siederohre eingenietete Platte (Fig. 1), welche in
Gefällen die Erhaltung des Wasserspiegels über der Feuerbüchse sichert und im
Allgemeinen das Wasserreiſsen mindert. Die Verschalung des Kessels ist so
eingerichtet, daſs sie in einer Stunde vollständig abgenommen wird, ohne das
Abnehmen von Maschinentheilen zu erfordern, und sofort ohne Nacharbeit wieder
angebracht werden kann. Das groſse Rad a auf der
Vorgelegewelle v hat, wie in Fig. 4 angedeutet, seinen
Zahnkranz im Radumfange beweglich gelagert und überträgt den Zahndruck nicht
unmittelbar, sondern mittels sechs starker Schraubenfedern auf das Vorgelegegetriebe
b.
Endlich sei noch die Bandbremse auf den an den Rädern
befindlichen Bremsscheiben e erwähnt, sowie die
Construction des Cylinders (vgl. Fig. 1 und 3), dessen Inneres aus
einem eingepreſsten Rohre von hartem Guſseisen besteht, während der Mantel
gleichzeitig als Dampfdom dient.
M–M.