Titel: | Ergebnisse von Papieruntersuchungen. |
Fundstelle: | Band 264, Jahrgang 1887, S. 608 |
Download: | XML |
Ergebnisse von Papieruntersuchungen.
Martens, über Papieruntersuchungen.
A. Martins veröffentlicht in den Mittheilungen aus den kgl. technischen Versuchsanstalten zu Berlin, 1887
S. 2 die Ergebnisse der Prüfungen von 78 Papierproben aus den Beständen der Behörden
der Provinzen Ost- und Westpreuſsen. Um ganz besonders klar die Notwendigkeit einer
durchgreifenden Besserung der Bestände von Aktenpapieren und der Aufstellung von
Normalien für den amtlichen Papierverbrauch darzulegen, sind in der Zusammenstellung
auch die gezahlten Preise beigefügt. Aus der
Gegenüberstellung dieser Zahlen mit denjenigen der Prüfungsergebnisse läſst sich
erkennen, daſs bisher die Preisstellungen recht oft nicht der wirklichen Güte der
verwendeten Papiere angepaſst worden sind; vielmehr scheint es, daſs man mehr auf
das äuſsere Ansehen der Papiere als auf den eigentlichen inneren Werth geachtet
habe.
Für die untersuchten Papiere der Stoffklasse I (d. s. Papiere,
welche nur Hanf- und Leinenfasern mit geringem Zusätze von Baumwollfasern enthalten
und deren Aschengehalt nicht höher als 2,5 Proc. ist, vgl. 1885 258 * 293), welche sämmtlich als Kanzlei- und
Briefpapiere bezeichnet sind, beträgt der gezahlte Durchschnittspreis 1,42 M. für
1k; jedoch übersteigen einige Papiere,
namentlich die als Briefpapiere bezeichneten, den Durchschnittspreis um mehr als 100
Proc. So ist z.B. das schlechteste Papier dieser Klasse um 122 Proc. theurer als das
beste. Angesichts dieses Umstandes dürfte es angezeigt sein, die Vermuthung
auszusprechen, daſs in erster Linie wohl der Name („Brief“-Papier, besonders Wiener Briefpapier) mit in Anrechnung gestellt zu
werden pflegt; denn es ist kaum anzunehmen, daſs die technischen Schwierigkeiten in
der Herstellung oder der geringere Bedarf an solchen Papieren allein einen so hohen
Preisunterschied rechtfertigen. Man wird hoffentlich in der Folge mehr Nachdruck auf
den inneren Werth der Waare legen und wohl nicht mehr des leeren Namens wegen hohe
Preise für ein „ausländisches“ oder als „ausländisch“ bezeichnetes
Papier zahlen.
Im Allgemeinen findet man innerhalb der Stoffklasse I die bekannte
Erfahrung bestätigt, daſs durch den Baumwollzusatz die Dehnbarkeit des Papieres
erhöht wird.
Die zur Untersuchung gelangten Papiere der Stoffklasse II
(Papiere, welche nur Hanf-, Leinen- und Baumwollfasern mit geringem Zusätze von
Zellstoff enthalten und deren Aschengehalt nicht höher als 3 Proc. ist) sind
durchgängig als Kanzlei- und Mundirpapiere bezeichnet. Die Durchschnittspreise für
Stoffklasse I und II sind dieselben, obwohl man füglich annehmen darf, daſs durch
die Zulassung der Ersatzstoffe (Stroh, Holzzellstoff u.s.w.) die Herstellung
erleichtert sein muſs. Beim Vergleiche der Einzelpreise in beiden Stoffklasen kann
man ein Fallen der Preise mit der Abnahme der Güteklassen (vgl. 1885 258 294) kaum wahrnehmen. Besonders zu bemerken ist noch,
daſs die Festigkeitseigenschaften nach den beiden Hauptrichtungen bei den meisten
Papieren der Klasse II starke Abweichungen aufweisen. Im Allgemeinen zeigen auch in
dieser Stoffklasse die geringwerthigen Papiere eine gleichmäſsige Durchsicht; sie
sind hauptsächlich wohl des Aussehens wegen stark gebleicht und kurz gemahlen.
Von den untersuchten 37 Papieren der Stoffklasse III (Papiere von
beliebiger Zusammensetzung, jedoch ohne Zusatz von Holzschliff und mit nicht mehr
als 15 Proc. Asche) sind 17 als Kanzlei-, Mundir- u.s.w. Papiere, 14 als
Conceptpapiere und 5 als Brief- bezieh. Fein-Kanzleipapiere bezeichnet worden. Von
den 17 Kanzleipapieren fallen 7 Stück in die Festigkeitsklasse 4 (Reiſslänge nicht
weniger als 3000m, Dehnung nicht weniger als 2,5
Proc., vgl. 1885 258 294) und 3 Stück in Klasse 5,
während 7 gar in die Klasse 6 eingereiht werden muſsten. Von diesen Papieren kosten
die ersteren, die besseren, durchschnittlich 1,36 M., die mittleren 1,67 M. und die schlechtesten,
Klasse 6, 1,41 M. für 1k beschwerungsfreien
Papieres.
Bei den 14 Conceptpapieren, welche mit Ausnahme von zweien den in
den „Grundsätzen für amtliche Papieruntersuchungen“ gegebenen Anforderungen
nicht genügen, beträgt der Durchschnittspreis für
das unbeschwerte Papier gerechnet 1,15 M. und sind auch hier die schlechteren
Papiere wesentlich theurer als die den Anforderungen genügenden besseren.
Von den 5 als Brief- bezieh. als Fein-Kanzleipapier bezeichneten
Sorten genügt nicht eine einzige den jetzigen amtlichen Anforderungen. Der
Mittelpreis für dieselben ist trotzdem 1,69 M. für 1k und ist bei höchst mangelhaften Papieren bis zu 72 Proc. theurer als die
Papiere der Stoffklasse I, im Durchschnitte gerechnet. Die Einheitspreise der
vorgenannten Stoffklasse III sind in der Zusammenstellung auf ein Papier mit 3 Proc.
Aschengehalt umgerechnet, unter der Voraussetzung, daſs mit Bezug auf die Güte des
Papieres ein Aschengehalt mindestens ohne Werth, bis zu einem geringen Maſse aber
nicht immer zu vermeiden ist.
Der Durchschnittspreis der Papiere aus Stoffklasse IV (Papiere von
beliebiger Stoffzusammensetzung und mit beliebigem Aschengehalt) stellte sich auf
1,17 M. für 1k beschwerungsfreies Papier. Es mag
nur noch darauf hingewiesen werden, daſs namentlich die Ergebnisse der Dehnbarkeit
und des Widerstandes gegen Zerknittern bei dieser Papierklasse fast durchweg
auſserordentlich gering ausgefallen sind.
Schlagender als durch die vorgeschilderten Untersuchungsergebnisse
kann wohl kaum die Notwendigkeit einer Reform auf dem Gebiete des Papierbezuges für
das Aktenmaterial nachgewiesen werden.