Titel: | Zur Bestimmung der freien Säure in Gerbbrühen auf titrimetrischem Wege; von R. Koch, Assistent an der Forstakademie in Tharand. |
Autor: | R. Koch |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 33 |
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Zur Bestimmung der freien Säure in Gerbbrühen auf
titrimetrischem Wege; von R. Koch, Assistent an der Forstakademie in
Tharand.
(Schluſs der Abhandlung Bd. 264 S.
395.)
Koch's Bestimmung der freien Säure in Gerbbrühen.
Versuche über das Verhalten der Haut zu
den freien Säuren der Gerbbrühen.
In meiner ersten Abhandlung habe ich zur Ausfällung des Gerbstoffes und Aufhellung
der Brühen Eiweiſslösung vorgeschrieben. Dieses Fällungsmittel hat sich aber als
unpraktisch einer Leimlösung gegenüber erwiesen, die ich jetzt zur Abscheidung des
Gerbstoffes und Erzielung einer hellen Farbe der Brühen verwende.
Das Ausfällen des Eiweiſses durch Erwärmen und das nachherige Wiederabkühlen war
immerhin eine ziemlich zeitraubende und umständliche Operation, deren Beseitigung
wesentlich zur Verbesserung der Methode beigetragen hat.
Die Leimlösung hat allerdings den Uebelstand gegenüber der Eiweiſslösung, daſs ihre
Concentration bis zu einem gewissen Grade eine wechselnde sein muſs, je nachdem die
Gerbbrühe einen gröſseren oder geringeren Gehalt an Gerbstoff besitzt. Der Grund ist
folgender: Wendet man eine im Verhältniſs zum Gerbstoffgehalte zu concentrirte
Leimlösung an, so scheidet sich der Niederschlag von gerbsaurem Leim nicht in einer
leicht filtrirbaren Form ab, sondern verstopft sehr rasch die Poren des Filters.
Bringt man die Leimlösung dagegen in der gehörigen Verdünnung zur Anwendung, so
läſst sich die von Gerb- und Farbstoff befreite Flüssigkeit leicht durch ein
Faltenfilter von dem Niederschlage trennen. Für die praktische Anwendung der Methode
ist es aber ein wichtiges Erforderniſs, daſs alle Operationen mit möglichster
Leichtigkeit und Raschheit von Statten gehen.
Bei Herstellung der Leimlösung verfährt man so, daſs man zunächst 6 bis 7g weiſse Gelatine in 1l Wasser löst. Eine gröſsere Concentration ist schon aus dem Grunde nicht
vortheilhaft, weil man bei Anwendung von mehr Gelatine eine sehr bald schleimig
werdende Flüssigkeit erhält, die ein genaues Abmessen schwierig macht. Für sehr
concentrirte Gerbbrühen würde diese Lösung, die durch etwas Erwärmen im Wasserbade
und öfteres Umschwenken sehr rasch hergestellt ist, zu verwenden sein. Von dieser
concentrirten Leimlösung wird nun beim Gebrauche für schwächere Brühen, z.B. die der
Farben, ein Theil so weit verdünnt, daſs sie mit der zu untersuchenden Brühe einen flockigen,
sich ziemlich rasch absetzenden Niederschlag gibt, der leicht abzufiltriren ist.
Uebung läſst auch hier fast sofort das Richtige treffen. Für die meisten der von mir
untersuchten Gerbbrühen war eine Concentration von etwa 2g Gelatine im Liter die richtige. Man kann es sich
zur Regel machen, lieber eine etwas verdünntere als eine zu concentrirte Leimlösung
anzuwenden, da man es ja durch Verwendung von 40 oder 30cc Leimlösung statt 20cc in der Hand
hat, bei mangelhafter Ausfällung des Gerbstoffes diesen Fehler wieder gut zu
machen.
Um in dieser Lösung mit Phenolphtaleïn als Indicator die alkalische Reaction
hervorzurufen, waren etwa 0cc,05 bis 0cc,2 Barythydrat von der früher angegebenen
Concentration erforderlich. Eine Correction für die Leimlösung anzubringen ist daher
häufig ganz unnöthig.
Das Verfahren zur Bestimmung der freien Säuren in Gerbbrühen ist nun folgendes:
Nachdem man durch einen kurzen Vorversuch festgestellt hat, daſs die Concentration
der Leimlösung die richtige ist, und ferner, wie viel Barythydrat erforderlich ist,
um mit Phenolphtaleïn als Indicator die alkalische Reaction in der Leimlösung
hervorzurufen, miſst man 20cc der zuvor filtrirten
Brühe in ein trockenes Becherglas ab, setzt 20cc
der Leimlösung hinzu und filtrirt durch ein trockenes Faltenfilter in ein trockenes
Becherglas. Hatte die Leimlösung die richtige Concentration, so wird in den meisten
Fällen ein sofort sich absetzender leicht filtrirbarer Niederschlag entstehen und
die Flüssigkeit wesentlich aufgehellt werden. Nun miſst man vom Filtrate 20cc ab und setzt so lange Barythydrat von bekanntem
Gehalte hinzu, bis man an einen Punkt kommt, wo ein intensives Dunkelwerden
eintritt, bezieh. bei Fichtenbrühen eine grüne Farbe auftritt. Die verbrauchte
Anzahl Cubikcentimeter Barythydrat abzüglich der für Neutralisation der Leimlösung
erforderlichen Anzahl multiplicirt mit 2, gibt dann die für Neutralisation der in
20cc Brühe enthaltenen freien Säuren
erforderliche Anzahl Cubikcentimeter Barythydrat an. Für genauere Analysen verfährt
man am besten ebenso wie bei der Eiweiſsfällung. Man neutralisirt vor der Filtration
annähernd, notirt die Anzahl der zugesetzten Cubikcentimeter Barythydrat und
bestimmt nun in 20cc des Filtrates den Rest der
noch nicht neutralisirten Säure. Durch eine einfache Rechnung ergibt sich dann der
Gesammtverbrauch an Barythydrat.
Dies Verfahren hat für den Ungeübten den Vorzug, daſs er nicht so leicht durch eine
öfter vor Erreichung des Neutralisationspunktes auftretende dunklere Färbung der
Brühen irre geführt wird. Besonders aber hat es auch den Vorzug, daſs man den
richtigen Punkt schärfer erkennt. Auch der Leimniederschlag setzt sich häufig
rascher ab und geht nicht so leicht durch das Filter. Bei Analysen für praktische
Zwecke dürfte aber erstere Methode als die kürzere, weil hier die umständlichere
Rechnung wegfällt, vorzuziehen sein. Um sich zu überzeugen, ob man den richtigen Punkt der
Neutralisation getroffen hat, kann man so verfahren, daſs man noch weiter
Barythydrat zusetzt und feststellt, ob rasch ein weiteres intensives Dunkelwerden
eintritt, oder ob dies erst später zu beobachten ist. In den allermeisten Fällen
wird man nicht im Unklaren bleiben, ob man den richtigen Punkt getroffen hat.
Ich führe im Folgenden nun die Ergebnisse einiger Beleganalysen an. Zum Vergleiche
sind hier die Brühen sowohl nach der Leim- als auch nach der Eiweiſsmethode
untersucht worden. Die erste Brühe wurde auſserdem mit KOH statt Ba(OH)2 titrirt.
I. Sauerbrühe (Fichte, Eiche und Valonea enthaltend) 1cc KOH = 0g,0068
Essigsäure.
A) Mit Eiweiſs geklärt.
I
II
III
20cc Brühe + 10cc Eiweiſs 10cc Eiweiſs 20cc Brühe100cc Brühe
= 14,2|23,4 = 34,5= 0,3= 34,235,2= 1,163
= 31,3|32,7 = 35,6= 0,3=
35,3= 1,200
= 32,732,8|33,6 = 35,5cc
KOH = 0,3 „ = 35,2
„ = 1,197g
Essigsäure
B) Mit Leim geklärt.
I
II
III
20cc Brühe + 20cc Leim 20cc Leim 20cc Brühe100cc Brühe
= 30,1|31,5 = 35,3= 0,1=
32,2= 1,197
= 32,2|33,1 = 35,4= 0,1=
35,3= 1,200
20cc Brühe + 40cc Leim= 30,0|31,2 = 35,4cc KOH 40cc Leim =
0,2 „ = 35,2 „ =
1,197g Essigsäure
Zur Analyse A) I ist zu bemerken, daſs zu wenig KOH vor Abscheidung des Eiweiſses
zugesetzt worden war, daher die Abweichung von den beiden folgenden Bestimmungen.
Ich führe indessen absichtlich diese Analyse hier mit auf, um zu zeigen, welcher
Einfluſs der Operation des vorherigen annähernden Neutralisirens der Brühe, die bei
genaueren Analysen der Aufhellung durch Zusatz von Eiweiſs oder Leim vorangehen
muſs, zukommt. Beachtet man hierbei nicht, daſs man im Maximum nicht mehr wie 3 bis
4cc Alkali hinter dem wirklichen Bedarfe an
letzterem zur völligen Neutralisation der freien Säuren zurückbleiben darf, so sind
häufig derartige Abweichungen der Versuchsergebnisse unter sich die Folge, weil man
in diesem Falle nicht in der Lage ist, den Sättigungspunkt mit der gehörigen Schärfe
zu erkennen. Wünscht man also genaue Zahlen zu haben, so thut man gut, diesem Theile
der Analyse ebenfalls die gebührende Beachtung zu schenken.
II. Sauerbrühe (Fichte, Eiche und Valonea enthaltend) 1cc Ba(OH)2 = 0g,0086 Essigsäure.
A) Mit Eiweiſs geklärt.
20cc Brühe + 20cc Eiweiſs 20cc Eiweiſs 20cc Brühe100cc Brühe
= 10,8|11,6
= 12,8cc Ba(OH)2= 0,4 „= 12,4
„= 0,533g Essigsäure
B) Mit Leim geklärt.
20cc Leimlösung wurden schon durch einen Tropfen Ba(OH)2
intensiv geröthet (Phenolphtaleïn als Indicator), die Correction für Leimlösung kann
daher hier völlig vernachlässigt werden.
a) Barythydrat bis zur annähernden Neutralisation zugesetzt vor
dem Abfiltriren des Niederschlages von gerbsaurem Leim.
20cc Brühe + 20cc Leim100cc Brühe
= 8,5|10,1
= 12,4cc Ba(OH)2= 0,533g Essigsäure
b) Barythydrat nicht vor Filtration des Leimniederschlages
zugesetzt.
20cc Brühe + 20cc Leim
20cc
Filtrat
= 6,15cc Ba(OH)2
20cc Brühe
= 12,30cc Ba(OH)2
100cc Brühe
= 0,529g Essigsäure
Bei Analyse b) wurde also, trotzdem Barythydrat nicht vor der Filtration des
Leimniederschlages zugesetzt wurde, der Neutralisationspunkt noch leidlich gut
getroffen.
Auf einen Umstand möchte ich indessen noch bei dieser Gelegenheit die Aufmerksamkeit
hinlenken, nämlich auf den bedeutenden Unterschied der sich in dem Säuregehalte der
vier bisher untersuchten Sauerbrühen herausstellt. Daſs es unter diesen Umständen
schwierig ist, ohne chemische Beaufsichtigung des Betriebes immer genau unter
denselben Bedingungen zu arbeiten, dürfte wohl ohne Weiteres einleuchtend sein.
Zum Schlusse will ich noch die Resultate eines Versuches über die Aufnahme von Säure
durch Hautpulver anführen, den ich anstellte, einerseits um zu sehen, ob nicht unter
gewissen Bedingungen Hautpulver selbst dazu verwendbar wäre, die Brühen zum Zwecke
der Säuretitrirung zu klären, andererseits um mich überhaupt über das Verhalten der
Haut zu den Säuren der Gerbbrühen etwas zu orientiren. Hr. Simand hat zwar schon vor längerer Zeit von gröſseren Arbeiten gesprochen,
die im Wiener Laboratorium in dieser Richtung angestellt wurden. Bisher ist mir aber
nicht bekannt geworden, daſs von genanntem Verfasser etwas über diesen Gegenstand
veröffentlicht worden wäre.
Ich glaube nach meinen Erfahrungen, mit der Methode von Simand und Kohnstein auch einigermaſsen
Zweifel hegen zu müssen, daſs diese Herren mit ihrer Methode wirklich zu Zahlen
gelangt sind, die sich den auf titrimetrischem Wege erhaltenen an die Seite stellen
könnten.
Ich halte mich daher auch nicht für verpflichtet, die Resultate dieser ursprünglich
nur zu meiner eigenen Aufklärung bestimmten und den Gegenstand freilich nicht
erschöpfenden Versuche der Veröffentlichung zu entziehen. Sie sind immerhin, trotz
ihrer Unvollständigkeit, für den Gerber interessant genug, um sie zur Kenntniſs zu
bringen. Wenn den Herren Gerbern hierdurch nur die Wichtigkeit der freien Säuren
ihrer Gerbbrühen zum Bewuſstsein gebracht wird und damit der Anstoſs gegeben würde,
denselben eine vermehrte Aufmerksamkeit zuzuwenden, die sich in der genauen
Controlirung dieser Säuren mittels der oben beschriebenen Methode zu bethätigen hätte, so wäre der
Zweck der Veröffentlichung dieser Versuche vollständig erreicht.
Zwei Fragen waren es besonders, auſser der schon oben erwähnten bezüglich der
Verwendbarkeit des Hautpulvers zur Klärung der Brühen, deren Beantwortung mich
zunächst interessirte. Bei meinen Bestimmungen des Gerbstoffgehaltes der Brühen
hatte ich öfter Gelegenheit zu beobachten, wie rasch und energisch, fast momentan,
sehr saure Gerbbrühen auf das Hautpulver einwirkten, während weniger saure Brühen
diese Wirkung nicht erkennen lieſsen. Es lag daher nahe zu fragen: 1) Ist die
Concentration der Säure oder auch ihre relative Menge gegenüber der Menge des
vorhandenen Hautpulvers von wesentlichem Einflüsse auf die Menge der Säure, welche
die Haut aus Gerbbrühen aufzunehmen im Stande ist, und 2) binnen welcher Zeit
vollzieht sich die Aufnahme der Säure durch die Haut?
Ich beschreibe hier nur die Versuche, wie ich sie nach den Eingebungen des
Augenblickes, ohne länger darüber nachzudenken, angestellt habe, keine Rücksicht
daraufnehmend, daſs bei einer Wiederholung derselben in einzelnen Punkten die
Ausführung eine zweckmäſsigere hätte sein können. Am geeigneten Orte werde ich
indessen noch besonders darauf aufmerksam machen. Diese Versuche mit einem durch
längere Beschäftigung mit dem Gegenstande erweiterten Gesichtskreise in verbesserter
Art und Weise anzustellen, fehlte mir augenblicklich die Zeit. Jedoch lassen sich
aus diesen Versuchen, so gut oder so schlecht sie im gegebenen Augenblicke
ausgeführt worden sind, jene zunächst noch ganz allgemein gehaltenen Fragen schon
genügend beantworten.
Die Brühe, die zu der ersten Reihe von Versuchen, die hauptsächlich zur Beantwortung
der ersten Frage nach der Verwendbarkeit des Hautpulvers zur Klärung der Brühen
behufs Säuretitrirung bestimmt waren, verwendet wurde, war eine Sauerbrühe, Fichte,
Valonea und Eiche enthaltend. Diese Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt:
Es wurde zunächst nach der Leimmethode der Gehalt an Gesammtsäure, auf Essigsäure
gerechnet, bestimmt. Sodann wurden 4 mal je 4g,0
Hautpulver abgewogen und nun je 50cc der Brühe in
4 trockene Kölbchen von etwa 100cc Inhalt
abgemessen. Zu der ersten dieser 4 Portionen Brühe wurden 4g Hautpulver ohne Weiteres hinzugefügt und
umgeschüttelt. Zu den 3 letzten Portionen der Brühe dagegen wurde vor Zusatz der
abgewogenen Menge von 4g Hautpulver noch 10
bezieh. 20 und 29cc Ba(OH)2 hinzugefügt, um die freien Säuren zum Theile zu
neutralisiren. Erst nachdem dies geschehen war, wurden auch hierzu je 4g Hautpulver zugesetzt und umgeschüttelt und diese
Manipulation während der drei folgenden Stunden öfter wiederholt. Das Hautpulver,
welches ohne vorherigen Barytzusatz zu der Brühe direkt damit in Berührung kam,
zeigte fast sofort nach dem Umschütteln eine ganz veränderte Beschaffenheit,
derartig, daſs man in dem Gemische von Brühe und Hautpulver kaum noch die einzelnen Theilchen des
letzteren von einander unterscheiden konnte und man beinahe den Eindruck eines
gleichartigen Breies erhielt. Weit weniger war dies der Fall bei der mit 10cc Ba(OH)2
versetzten Brühe und kaum einen Unterschied von dem in Rindenauszügen suspendirten
Hautpulver konnte man bei der mit 20 und 29cc
Ba(OH)2 versetzten Brühe feststellen.
Um nun Aufschluſs darüber zu erhalten, wie weit nach 3 Stunden bereits die Absorption
der Säure durch die Haut vorgeschritten sei, wurde nach vorhergehendem gründlichen
Umschütteln so viel des Hautpulver- und Brühen-Gemisches auf ein trockenes Filter
gebracht, daſs das Filtrat etwas über 10cc betrug.
In 10cc dieses Filtrates wurde nun in der
gewöhnlichen Weise durch Zusatz von Barythydrat bis zum Auftreten der grünen Farbe
die Säure bestimmt. Dabei stellt es sich heraus, daſs, nachdem der Rest des
Hautpulvers und der Brühe noch weitere 24 Stunden mit einander in Berührung gewesen
waren, nach diesen 24 Stunden das Hautpulver auch nicht die geringste Spur Säure
mehr aufgenommen hatte, als dies nach den ersten 3 Stunden bereits geschehen
war.
Im Folgenden führe ich zunächst die unmittelbar bei der Analyse erhaltenen Zahlen
an:
A) Gesammtsäure nach der Leimmethode bestimmt:
Die Correction für die Leimlösung ist zu vernachlässigen 1cc Ba(OH)2 = 0g,0086 Essigsäure.
I
II
20cc Brühe + 20cc
Leim 20cc Brühe100cc Brühe
= 9,8|10,9
= 12,50= 12,50= 0,538
= 10,5|11,3
= 12,50cc Ba(OH)2= 12,50 „= 0,538g Essigsäure
B) Säure nach Behandlung mit Hautpulver bestimmt.
Dauer derEin-wirkung
10cc Fil-trat =
ccBa(OH)2
Säure in 100ccBrühe in gEssigsäure
1)
50cc Brühe + 4g Haut + 0,0cc Ba(OH)2
3 Stunden24 „
4,54,5
0,3870,387
2)
50cc Brühe + 4g Haut + 10,0cc Ba(OH)2
3 „24 „
2,52,5
0,4300,430
3)
50cc Brühe + 4g Haut + 20,0cc Ba(OH)2
3 „24 „
1,11,1
0,4760,476
4)
50cc Brühe + 4g Haut + 29,0cc Ba(OH)2
3 „24 „
0,25 0,25
0,5330,533
Um nun zunächst die Frage nach der Verwendbarkeit des Hautpulvers zum Aufhellen der
Brühen behufs Säuretitrirung zu erörtern, so geht aus obigen Zahlen hervor, daſs das
Hautpulver, ganz abgesehen von seiner Kostspieligkeit gegenüber dem Leim, schon aus
dem Grunde nicht anwendbar ist, weil es selbst aus sehr schwach sauren Brühen noch
Säure absorbirt und sie so der Bestimmung entzieht. Während die zum Versuche
verwendete Brühe, mit Leimlösung geklärt, eine Acidität von 0g,538 Essigsäure für 100cc Brühe ergab, würde sich diese nach den vier verschiedenen,
unter Anwendung von Hautpulver erhaltenen Zahlen ohne Berücksichtigung der durch die
Haut absorbirten Säure wie folgt herausstellen:
1) 0,387g
Essigsäure
für
100cc
Brühe
2) 0,430
„
„
„
„
3) 0,476
„
„
„
„
4) 0,533
„
„
„
„
Damit dürfte die Frage nach der Anwendbarkeit des Hautpulvers zur Klärung der Brühe
behufs Säuretitrirung ihre endgültige Beantwortung gefunden haben. Daſs nun auch die
Menge der von gleichen Quantitäten Hautpulver aus Gerbbrühen von verschiedener
Säureconcentration aufgenommenen Säure eine sehr verschiedene ist, geht ebenfalls
ohne Weiteres aus diesen Zahlen hervor. Ich will indessen gleich an dieser Stelle
bemerken, daſs für Beantwortung speciell dieser Frage der Versuch zweckmäſsiger in
folgender Weise hätte angestellt werden müssen: Um die freien Säuren unter möglichst
gleichen Umständen auf die Haut zur Einwirkung gelangen zu lassen, hätte z.B. zu der
ersten Portion der Brühe, deren Säure ohne partielle Neutralisation auf das
Hautpulver einwirken sollte, 29cc einer
Barytsalzlösung (etwa essigsaurer Baryt) hinzugefügt werden müssen, von einem Gehalt
an Baryt, der dem von 29cc der Barytlösung
entsprochen hätte. In ähnlicher Weise wäre der Salzgehalt bei den übrigen Portionen
der Brühe zu ergänzen gewesen. Dann wäre bei dieser Art der Anstellung des Versuches
nur die Concentration der Säure geändert worden, die aller übrigen Bestandtheile der
Brühe dagegen eine möglichst gleiche gewesen. Die Ausführung würde ja nicht
schwierig, nur etwas zeitraubend gewesen, sein und bei einer genaueren Wiederholung
dieser Versuche jedenfalls berücksichtigt werden müssen, wiewohl ich nicht glaube,
daſs dieser Umstand schlieſslich von sehr wesentlichem Einflüsse auf das Resultat
der Säureabsorption sein wird. Die einfache entsprechende Verdünnung würde
vielleicht ebenso zweckentsprechend gewesen sein. Dem wichtigen Grundsatze bei
Anstellung aller derartigen Versuche, wonach man, um unter einer Summe von Factoren
die Wirkung eines einzelnen durch Variation der Menge oder Intensität desselben zu
studiren, alle übrigen Factoren möglichst unverändert erhalten muſs, wird indessen
dadurch Genüge geleistet. Wie schon oben bemerkt, hat mich nur Mangel an Zeit
verhindert, diese Versuche, die ursprünglich nur für Beantwortung der ersten bereits
erledigten Frage bestimmt waren, in dieser Weise zu wiederholen, um so auch die
zweite Frage möglichst einwurfsfrei zu beantworten.
Ehe ich indessen nun auf die Erörterung der zweiten Frage nach der
Absorptionsfähigkeit der Haut für Säure eingehe, will ich noch die Resultate einer
zweiten Reihe von Versuchen anführen, bei denen dieselben Mengen von Säure auf
verschiedene Mengen Hautpulver zur Einwirkung gelangten.
Es wurden in 4 trockene Kölbchen von etwa 150cc
Inhalt je 100cc einer Brühe, deren Säuregrad nach
der Leimmethode bestimmt war, abgemessen und dazu 0g,5, 1g,5, 3g und 4g Hautpulver gegeben,
umgeschüttelt und von den 1g,5 und 3g Hautpulver enthaltenden Portionen bereits nach
15 Minuten, von den beiden anderen nach einer halben Stunde je 10cc Filtrat auf die noch vorhandene Säure
geprüft.
Dasselbe geschah mit einem zweiten und dritten Antheil des Filtrates von je 10cc, die nach 1 bezieh. 4 Stunden entnommen wurden.
Selbstverständlich wurde auch hier vor Entnahme eines Theiles des Hautpulver- und
Brühen-Gemisches zuvor gehörig umgeschüttelt, damit das Verhältniſs des Hautpulvers
zur Brühe ein möglichst unverändertes blieb. So wurde zu gleicher Zeit auch die
dritte Frage nach der Zeit, die nöthig ist zur Sättigung der Haut mit Säure,
beantwortet.
Die Ergebnisse sind im Folgenden zusammengestellt:
A) Brühe aus den mittleren Farben einer Sohlledergerberei auf
Gesammtsäure untersucht.
Die Correction für die Leimlösung ist zu vernachlässigen.
I
II
III
20cc Brühe + 20cc Leim100cc Brühe
= 4,35|6,1 = 8,25= 0,355
= 4,9|6,4 = 8,30= 0,357
= 6,0|7,0 = 8,3cc Ba(OH)2= 0,357g Essigsäure
B) Behandlung der Brühe mit Hautpulver.
Dauer der Behandlung
100cc Brühe
mit1g,5 Haut10cc Filtrat =
100cc Brühe
mit3g Haut10cc Filtrat =
100cc Brühe
mit0g,5 Haut10cc Filtrat =
100cc Brühe
mit4g auf10cc Filtrat =
15 Minuten30 Minuten 1 Stunde 4 Stunden
3,8–3,83,8
3,55–3,553,55
–4,04,04,0
–3,4cc
Ba(OH)23,4cc Ba(OH)23,4cc Ba(OH)2
Die Durchführung der nöthigen Rechnung ergibt nun Folgendes:
I. Reihe
Säuregehalt der Brühe nach der Leimmethode bestimmt:
100cc Brühe = 0g,538 Essigsäure
50cc Brühe
+4g Hauptpulver+ 0,0ccBa(OH)2
50cc Brühe
+4g Hauptpulver+ 10,0ccBa(OH)2
50cc Brühe
+4g Hauptpulver+ 20ccBa(OH)2
50cc Brühe
+4g Hauptpulver+ 29ccBa(OH)2
Ursprünglich vorhandene freie Säure in der
Gesammtflüssigkeit
Essigs. 0,269g
Essigs. 0,183g
Essigs. 0,097g
Essigs. 0,020g
Noch vorhandene freie Säure in der
Gesammtflüssigkeit
0,194
0,129
0,066
0,0172
Verminderung der Acidität durch 4g Hautpulver
0,075
0,054
0,031
0,0028
1g Hautpulver hat Säure
absorbirt
0,019
0,0135
0,0078
0,0007
Säureabsorption in % des Haut- pulvergewichtes
1,9
1,35
0,78
0,07
Säureabsorption in % der ursprüng- lichen Säure
7,1
7,4
7,9
3,5
II. Reihe
Säuregehalt der Brühe nach der Leimmethode bestimmt:
100cc = 0,357g Essigsäure
100cc Brühe+
4g Haupt-pulver
100cc Brühe+
0,5g Haupt-pulver
100cc Brühe+
1,5g Haupt-pulver
100cc Brühe+
3g Haupt-pulver
In 100cc Filtrat noch
vorhandene freie Säure
Essigs. 0,292g
Essigs. 0,344g
Essigs. 0,327g
Essigs. 0,305g
Verminderung der Acidität durch das zugesetzte
Hautpulver
0,065
0,013
0,030
0,052
1g Hautpulver hat Säure
absorbirt
0,016
0,026
0,020
0,017
Säureabsorption in % des Haut- pulvergewichtes
1,6
2,6
2,0
1,7
Säureabsorption durch 1g
Haut in % der ursprünglichen Säure
4,5
7,3
5,6
4,8
Eine kurze Betrachtung aller dieser Zahlen lehrt nun sofort, daſs die Menge der
Säure, die Hautpulver aus Gerbbrühen aufzunehmen im Stande ist, abhängig ist sowohl
1) von der Concentration der Säure als auch 2). von dem Mengenverhältnisse, in dem
Haut und Säure zu einander stehen, das letztere natürlich nur bis zu einem gewissen
Grade. Das Maximum der Säureaufnahme finden wir nicht in der concentrirtesten Brühe,
sondern unter Umständen da, wo eine verdünntere Brühe, nur in gröſserer Menge, auf
ein geringes Quantum Hautpulver einwirkte. Daſs es auſserdem ziemlich erhebliche
Mengen von Säure sind, die die Haut aufzunehmen vermag, geht ebenfalls ohne Weiteres
aus diesen Zahlen hervor. Würde man annehmen, daſs sämmtliche aufgenommene Säure
Essigsäure wäre, so würde das bei diesen Versuchen erreichte Maximum 2,6 Proc. des
Hautpulvergewichtes betragen. Wenn nun auch nicht gesagt sein soll, wenigstens nicht
auf Grund der vorliegenden Versuche, daſs die Haut im unzerkleinerten Zustande dieselben Mengen Säure aufzunehmen vermag, so
dürfte doch wohl so viel aus den soeben vorgeführten Zahlen hervorgehen, daſs die
Ansicht, nach welcher der Säure und somit auch den Säure bildenden Stoffen eine sehr
wichtige Rolle beim Gerbprozesse zukommt, eine wohl begründete ist. Weitere Versuche
werden über diesen Gegenstand noch mehr Licht verbreiten.
Endlich die dritte und letzte Frage anlangend, ist festzustellen, daſs die
Säureabsorption bei Hautpulver schon binnen ¼ Stunde, vielleicht sogar schon früher
beendet ist. Nach dieser Zeit wird auch nicht die geringste Spur von Säure,
natürlich bei gleich bleibender Concentration derselben, mehr aufgenommen, ein
Resultat, was ebenso interessant als überraschend ist.