Titel: | Justin Thévenet's Dampf-Turbine. |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 54 |
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Justin Thévenet's Dampf-Turbine.
Mit Abbildungen auf Tafel
4.
Thévenet's Dampf-Turbine.
Die Dampfturbine (Reactionsrad) von Justin Thévenet in
Calais, Frankreich (* D. R. P. Nr. 37428 vom 9. Mai 1886) ist dadurch
charakterisirt, daſs bei derselben das Triebmittel – Dampf, Luft oder ein anderes Gas – unmittelbar gegen
die gekrümmten Schaufeln eines Rades drückt, welches in einer umgebenden Flüssigkeit
umläuft, die wieder ihrerseits mit der Atmosphäre oder einem Condensator in
Verbindung steht. Der Widerstand dieser Flüssigkeit soll in beiden Fällen die
Expansion des treibenden Gases in den Radkanälen verhindern, gleichviel, ob die
Einströmung desselben während der ganzen Umdrehung, oder nur während eines Theiles
derselben erfolgt.
Für die verschiedenen Weisen, in welchen die Maschine verwendet werden soll, macht
der Erfinder folgende Angaben:
Besteht die treibende Flüssigkeit aus Dampf, so läſst man das Rad in Wasser rotiren
der sich darin condensirende Dampf wird dann, wenn das Wasser mit der freien Luft in
Verbindung steht, eine theilweise Verdampfung desselben bewirken und an der
Oberfläche in die Luft entweichen. Bildet aber der Wasserbehälter einen Theil eines
Condensators, so erfolgt natürlich die vollständige Niederschlagung des
Betriebsdampfes nach Maſsgabe der im Condensationsraume herrschenden Temperatur.
Bei Verwendung von Preſsluft als Triebkraft kann sowohl Wasser als Oel die
Umhüllungsflüssigkeit bilden. Ist die Luft erhitzt, so liefert das Oelbad brennbare
Dämpfe, welche zu Heiz- oder Beleuchtungszwecken verwendbar sind.
In ganz ähnlicher Weise ist natürlich auch bei dem Betriebe mittels irgend welcher
anderer Gase zu verfahren; sind dieselben nach ihrer Wirkung in der Maschine noch
irgendwie verwendbar, so werden sie aufgefangen; im anderen Falle aber läſst man sie
frei in die Luft entweichen.
Fig. 12 und
14 zeigen
die Thévenet'sche Turbine in ihrer einfachsten Form.
Die ganze Maschine befindet sich dabei innerhalb eines den Flüssigkeitsbehälter
bildenden Eisenkastens A, aus welchem nur die
Riemenscheibe und das Handrad für die Regulirung hervorragen. Der Kasten A steht mittels der Oeffnung B entweder mit der äuſseren Luft, oder auch mit einem Condensator in
Verbindung; bei C mündet noch ein Rohr zum Nachfüllen
von Flüssigkeit ein. Der Stand der Flüssigkeit im Kasten muſs entsprechend regulirt
werden, wenn die Turbine gut arbeiten soll. Steht der Innenraum von A mit der Luft in Verbindung, so erfolgt diese
Regulirung durch eine kleine Oeffnung D, durch welche
die überschüssige Flüssigkeit ablaufen kann. Bei C1 ist noch eine Stöpselschraube zum Entleeren des
Behälters angebracht. E ist die Triebwelle, auf welcher
das Reactionsrad F sitzt, dessen Kanalanordnung aus
Fig. 14
klar ersichtlich ist. Das Reactionsrad ist nach rechts noch durch einen hohl
gegossenen, cylindrischen Ansatz verbreitert, welcher nur bezweckt, der ringförmigen
Hülse G zur Auflage zu dienen. Diese Hülse, welche
möglichst dicht schlieſsend auf den Umfang des Rades F
aufgepaſst ist, dreht sich mit dem Rade, läſst sich aber durch die mit Friktionsrollen in seine Nuth
eingreifenden Doppelarme H darauf verschieben, wenn man
mittels des Handrades J1 und seiner Schraubenspindel den Hebel J1 bewegt. Dadurch lassen sich während des Ganges der
Maschine die Ausmündungen der Radkanäle nach Belieben mehr oder minder weit öffnen
oder auch ganz verschlieſsen, wodurch die Leistung der Maschine abgeändert oder auch
ihr völliger Stillstand herbeigeführt wird. Bei K
mündet das Dampfrohr ein, welches durch den ringförmigen Kanal L in direkte Verbindung mit dem Reactionsrade F tritt. Der dichte Abschluſs an dieser Stelle wird
dabei durch ein in die Mündung von L eingesetztes Rohr
bewirkt, welches mit seiner Stirnfläche sich gegen das Ende der Radnabe von F anlegt.
Zur Regulirung des Dampfzutrittes benutzt Thévenet
theilweise einen einfachen Flachschieber im Rohre K,
welcher durch ein Excenter an der Welle E in Schwingung
versetzt wird, und so abwechselnd den Dampfzutritt gestattet und absperrt. Durch ein
Handrad läſst sich die Stellung dieses Schiebers auch während des Ganges verändern,
und damit der Dampfzutritt nach Bedarf reguliren.
Die in Fig. 13
und 15
dargestellte Maschine, bei welcher der Behälter A
gleich als Condensator dient, ist mit einem Centrifugalregulator versehen, welcher
in bekannter Weise auf eine Drosselklappe in dem Dampfrohre J einwirkt. Die Kaltwasser- und die Speisepumpe sind gewöhnliche
Kolbenpumpen; dieselben befinden sich auſserhalb des Behälters A, und werden durch Zahnradvorgelege (bei BB1 theilweise
dargestellt) in Bewegung gesetzt, während die rotirende Luftpumpe F direkt auf dieser Welle montirt ist. G ist das Turbinenrad mit der Regulirhülse H, deren Verstellung hier direkt durch den Regulator
erfolgt. Die Welle der Turbine ist in den Wänden des Kastens A mittels Stulpen abgedichtet. Der linke Theil der Welle M ist hohl, und dient als Zufluſsrohr für den Dampf,
welcher aus dem Schieberkasten K in die Welle eintritt.
In diesem Kasten dreht sich der am Ende der Triebwelle M sitzende Kreisschieber mit vier Flügeln L,
welcher sich mit einem gewissen Drucke gegen die feststehende Frictionsplatte N legt, in welcher sich eine Oeffnung in der Mitte und
rings um dieselbe vier den Flügeln L entsprechende
Oeffnungen befinden (Fig. 15). Während einer
Umdrehung des Rades werden mithin die vier seitlichen Einströmungsöffnungen
zeitweise geschlossen. Auf der dem Kreisschieber entgegengesetzten Seite der
Frictionsplatte N ist ein zweiter, mit der Hand durch
eine Schraube verstellbarer Schieber O montirt, durch
welchen der stetige Zufluſs der treibenden Flüssigkeit abgesperrt werden kann, so
daſs die Maschine mit Expansion arbeitet. Vermittels dieses letzteren Schiebers
läſst sich nämlich die centrale Oeffnung der Platte N
abschlieſsen, in welchem Falle der Eintritt der Treibflüssigkeit in die Welle
natürlich nur dann stattfinden kann, wenn die Oeffnungen des Flügelschiebers nicht
von der Platte N bedeckt sind.
Wie mittels Anbringung zweier entgegengesetzt geschaufelter Räder auf derselben Achse
und einfachen Abschluſs bezieh. Zulaſs des Dampfes nach denselben mittels Schiebern
oder Ventilen umsteuerbare Maschinen für beliebige Zwecke, wie Schiffs- oder
Bahnbetrieb, hergestellt werden können, bedarf wohl keiner weiteren Erläuterung.