Titel: | Die pneumatische Mälzerei von J. Schilcher in Puntigam bei Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz. |
Autor: | H. Schwarz |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 135 |
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Die pneumatische Mälzerei von J. Schilcher in
Puntigam bei Graz; von Prof. Dr. H. Schwarz.
Schwarz, über Schilcher's pneumatische Mälzerei.
Besucht man heute eine der modernen Groſsbrauereien, so fällt unter Anderem auch die
enorme Gröſse der halb unterirdisch gelegenen Malztennen auf, welche eine riesige
Ausdehnung des bebauten Areals und eine bedeutende Steigerung der Anlagekosten
bedingt, was nur dadurch einigermaſsen compensirt wird, daſs die Räume darunter als
Lagerkeller, die Räume darüber als Gerstenböden benutzt werden. Besonders das
österreichische Brauverfahren bedingt eine solche Ausdehnung, da diese hellen und
weinartigen Biere ein bei niederer Temperatur langsam gewachsenes Malz erfordern,
dessen Würze an und für sich hell ist und auch bei dem Kochen nur wenig
nachdunkelt.
Damit die Temperatur beim Keimen durch die den Keimprozeſs begleitende
Wärmeentwickelung nicht zu hoch steigt, muſs man die Malzhaufen niedrig halten, also
für ein bestimmtes Gewicht mehr Bodenfläche in Anspruch nehmen, ein Verhältniſs,
welches durch die längere Dauer jeder Malzoperation, durch den zum Umsetzen der
Haufen nöthigen Platz, die Wege zwischen den Haufen u.s.w. noch vermehrt wird. In
den heiſsen Monaten des Jahres muſs man den Malzbetrieb ganz aussetzen, so daſs die Tenne
durchschnittlich nur durch 9 Monate benutzt wird. Die Bearbeitung des Malzes auf der
Tenne geschieht fast ausschlieſslich durch Handarbeit und erfordert geschickte und
daher höher bezahlte Arbeiter. Ein nicht unbeträchtlicher Theil des Malzes geht
durch Zertreten, Schimmelbildung u.s.w. zu Grunde, und während der langen Dauer des
Prozesses haben die in der Luft schwebenden Pilzsporen genügend Zeit, sich auf dem
Malze abzusetzen. Ob sie alle beim Darren zu Grunde gehen, bleibe dahingestellt.
Unter diesen Umständen erscheint es sehr begreiflich, daſs zahlreiche Erfinder sich
mit der Verbesserung des Malzbetriebes beschäftigt haben, wobei sie theils auf
Raumersparniſs, theils auf Ersatz der Handarbeit durch Maschinenbetrieb
hinarbeiteten. Einen hervorragenden Platz unter diesen Erfindungen kann das vom
Ingenieur Galland erfundene, durch J. C. Jacobsen in Kopenhagen und J. Schilcher in Graz wesentlich verbesserte pneumatische Malzverfahren beanspruchen. Nirgends wohl
herrscht neuen Erfindungen gegenüber ein so ablehnender Conservativismus als in den
Nahrungsmittel-Industrien, welche auch den Liebhabereien und Vorurtheilen des
consumirenden Publikums Rechnung tragen müssen, bei denen es sich, falls eine
Veränderung des Betriebes miſslingt, gleich um riesige Verluste handelt. Die
Groſsbrauereien haben die Kosten der immensen Malztennen verschmerzt; warum sollten
sie von einem altbewährten Verfahren abweichen? Dem gegenüber kann sich eine neue
Erfindung nur durch jahrelange erfolgreiche Erprobung behaupten. Referent ist nun in
der Lage, dies in Betreff des Galland'schen Verfahrens
constatiren zu können, das in der Mälzerei von Schilcher zu Puntigam bei Graz seit 5 Jahren in regelmäſsigem Betriebe
steht und mit gleichem Erfolge in Mannheim (Brauereigesellschaft Eichbaum) durchgeführt ist. Das Verfahren ist Hrn. Schilcher in Oesterreich und Deutschland (* D. R. P. Nr. 33131 vom 7. August 1884) patentirt und auch schon mehrmals in diesem Journal
(vgl. O. N. Galland 1881 241
* 452. 1882 243 * 242. J.
Schilcher 1883 249 135. J. N. Galland bez. J. Schilcher 1886 259 * 126.* 128) erwähnt worden. Ich habe mehrfach
Gelegenheit gehabt, den Betrieb zu besichtigen und verdanke Hrn. Schilcher und seinem Werkführer Hrn. Brunner sehr werthvolle Notizen über denselben, die in
dem vorliegenden Aufsatz benutzt sind.
Galland's pneumatisches Mälzereiverfahren charakterisirt
sich vor Allem dadurch, daſs die eingeweichte Gerste in sehr dicken Schichten (von
0,45 bis 0m,8) dem Keimprozesse überlassen wird,
wodurch eben die Ersparniſs an Tennenraum ermöglicht wird. Das Keimen ist
bekanntlich ein reiner Oxydationsprozeſs; die Pflanze steht während desselben in den
physiologischen Vorgängen dem Thiere nahe; sie lebt gleich diesem von vorgeformter
organischer Substanz, athmet Sauerstoff ein, haucht Kohlensäure und Wasser als
Verbrennungsproducte aus und producirt so Energie, von der ein Theil meiner Ansicht
nach zur Neubildung der
Zellen (wie beim Thier zur mechanischen Bewegung) verbraucht, ein anderer als Wärme
frei wird. Diese Wärme, welche bei flachen Haufen ausgestrahlt und abgeleitet wird,
häuft sich natürlich in den hohen Haufen an; es würde die Keimtemperatur zu hoch,
das Keimen zu sehr beschleunigt werden, der Wurzelkeim, der ja später entfernt wird,
sich zu sehr, der Blattkeim zu wenig entwickeln, kurz Verluste aller Art entstehen.
Galland vermeidet dies naturgemäſs, indem er die
Haufen durch Durchsaugen von kühler Luft ventilirt und so die überschüssige Wärme
ableitet. Wäre aber diese Luft trocken, so würde man aus der Scylla in die Charybdis
fallen, man würde dem Korn das zum Keimen unentbehrliche Wasser entziehen, der Keim
würde verwelken. Dies wird dadurch vermieden, daſs man die zutretende Luft durch
einen ergiebigen Wasserregen streichen läſst, der sie (nach hygrometrischen
Versuchen) auf 94 bis 96 Proc. Wassersättigung bringt. Durch eine nachträglich im
Tennenraume erzeugte Wassersprühe wird die volle hygrometrische Sättigung erreicht.
Dieses gründliche Waschen der Luft ergibt indessen noch weitere Vortheile. Einmal
werden sicher alle fremden Keimsporen aus der Luft herausgewaschen, dann aber wird
auch die Temperatur der Luft auf das Einfachste regulirt. Im Hochsommer kühlt sich
die Luft an dem etwa 8 bis 10° warmen Brunnenwasser genügend ab; eventuell könnte
man durch Einlegen von Eis nachhelfen; im Winter genügt es, den abblasenden Dampf
der Maschine zur Erwärmung eines Theiles des Waschwassers zu benutzen, um so Jahr
aus Jahr ein eine Mitteltemperatur von etwa 15° zu erhalten, die für den Keimprozeſs
am günstigsten wirkt. Sehr wesentlich ist es endlich, daſs den Malzhaufen die
entwickelte Kohlensäure entzogen und frischer Luftsauerstoff zugeführt wird, der für
die keimende Pflanze, wie für das Thier unentbehrlich ist. In der ruhigen Atmosphäre
der alten Malztenne mag oft genug das Malz sich in einer am Boden lagernden Schicht
Kohlensäure befinden und das Wenden des Malzes neben der Ausgleichung der Temperatur
auch die Zuführung reinerer Luft befördern. Wie beträchtlich dieser
Kohlensäuregehalt in der abgesaugten Luft ist, sieht man recht deutlich dort, wo die
Luft ausgeblasen wird, indem sich in dem fächerartig ausgebreiteten Räume Gras und
Getreide in geradezu üppiger Weise entwickeln. Den grünen von den Sonnenstrahlen
getroffenen Pflanzentheilen dient ja die Kohlensäure als willkommene Nahrung. Ein
Gewächshaus mit dieser keimfreien, gleichmäſsig feuchten und 2 bis 3 Proc.
Kohlensäure haltenden Luft ventilirt, müſste überraschend günstige Resultate
bringen.
Wie sorgsam Galland's System der Natur abgelauscht ist,
zeigt auch die Anwendung violett gefärbten Glases zu der inneren Schicht der
doppelverglasten Fenster, da die Pflanzen bekanntlich in diesen nur chemisch
wirksamen Lichtstrahlen am besten keimen.
Durch dieses System ist die Temperatur der Haufen in der ganzen Höhe durchaus gleichmäſsig zu
erhalten. Man hat es durch öfteres und längeres Ventiliren jederzeit in der Hand,
etwa zu hoch erwärmte Haufen auf die dem jedesmaligen Stadium des Prozesses
entsprechende Keimtemperatur abzukühlen. Da es besonders nach dem Umsetzen der
Haufen (siehe unten) vorkommen kann, daſs die unten liegende Schicht wärmer, als die
obere ist, so muſs endlich noch die Einrichtung getroffen werden, daſs man durch
einfaches Umstellen einer Wechselklappe die reine kühle Luft auch von unten nach
oben saugen kann.
Die Malztenne B (Fig. 14 und 16Eine Beschreibung der Schilcher'schen
pneumatischen Mälzerei auf Grund der Patentschrift und mit dazugehörigen
Zeichnungen ist bereits in diesem Journal 1886 259 128 gegeben. Die in der Abhandlung des Hrn. Prof. Schwarz zur Bezeichnung von Räumlichkeiten und
Apparaten benutzten Buchstaben und Zahlen beziehen sich deshalb auf die Fig.
7 bis 17 Taf. 9 des Bandes 259.Red.) bildet im Grundriſs ein langes
Rechteck, ganz in Mauerwerk aufgeführt und überwölbt, an beiden Seiten durch kleine
Fenster genügend beleuchtet. Das Mauerwerk ist in allen Theilen des Raumes mit
Portlandcement verputzt und auſserdem mit Email-Lack färbe angestrichen, um den
Angriff das Mörtels durch die feuchte Luft zu vermeiden. Rechts und links sind die
beiden Malzbetten aa ausgehoben, welche durch niedrige
Quermauern in je 20 Abtheilungen zerfallen. Zwischen ihnen zieht sich ein Mittelgang
hin; auf ihm stehen die eisernen Tragsäulen für die Ueberwölbungsbogen; an ihnen
findet die Sprühnebelvorrichtung ihren Platz. Vom Mittelgange aus werden die
Schieber regulirt, welche die einzelnen Abtheilungen mit dem gemeinsamen
Exhaustorrohre S in Verbindung setzen. Um ein recht
gleichmäſsiges Durchsaugen durch alle Theile der Füllung zu sichern, auch das
Ablaufen des Wassers zu ermöglichen, sind die Böden der Malzgruben nach dem
Mittelgange zu geneigt und die Zweigrohre vom Sauger cc
(Fig. 17) münden dort am tiefsten Punkte aus. Das Sammelrohr steigt nach dem
Ventilator zu etwas an; am tiefer liegenden Ende ist eine Art Syphonabfluſs u für das gesammelte Wasser angebracht, damit dort
keine Luft eindringen kann. Auf die Abtheilungsquermauern der Malzgruben kommen nun,
als Unterlage des Malzes, entweder gelochte Blechet oder besser Drahthorden mit
flach gewalzten, auf der hohen Kante stehenden Drähten, welche sich nicht so leicht
verstopfen. Sie sind aus Eisen und zur Vermeidung des Röstens gut lackirt. Sie
können jederzeit leicht entfernt und gereinigt werden, wodurch auch das Ausputzen
des Unterraumes sehr bequem gemacht wird. Das Saugrohr und seine Abzweigungen lassen
sich aus Steinzeugröhren, wie sie zur Kanalisirung dienen, leicht herstellen.
Schmale Gänge an den Längsseiten der Tenne gestatten bequeme Communication.
Der Betrieb ist ein auf 10 Tage berechneter und da alle 12 Stunden
einmal umgesetzt werden soll, so sind demnach für jede Malzgrube 20 Abtheilungen
nothwendig. Mit Schaufeln bezieh. später, wo die Keime sich mehr verfilzen, mit
Gabeln erfolgt in Abtheilung 20 das Herausnehmen des darrreifen Malzes, worauf dann
der Inhalt von Abtheilung 19 auf 20 u.s.w. fortgesetzt und endlich Abtheilung 1 frei
wird, um von einem oberhalb des Gewölbes stehenden Nachweichstock N aus mittels eines telescopartig verschiebbaren Rohres
mit frischer Gerste gefüllt zu werden. Durch Wenden des Rohres um je 180° können so
beide Malzgruben beschickt werden.
Das darrreife Malz kann unter Umständen durch Aufsetzen einer
Blechkammer und Durchsaugen von erwärmter Luft in der Grube selbst vorgetrocknet
werden, doch darf die Temperatur dabei 30° nicht überschreiten. Meines Wissens kommt
diese specielle Einrichtung derzeit nicht in Anwendung, sondern das Malz wird direkt
in Füllkästen geschaufelt, die es in die Wagen entleeren, welche mittels einer
Bandseil-Hebevorrichtung auf das Niveau der Darren gehoben werden. Die
Entleerungsöffnungen dd, sowie die Eintrittsthür müssen gut schlieſsen.
Letztere besteht aus starkem Eisenbleche mit Holz von auſsen bedeckt, welches sich
auf einen gehobelten Thürrahmen mit Kautschukdichtung auflegt. Es bietet meist
einige Schwierigkeit, diese Thüre zu öffnen, da durch die Thätigkeit der
Ventilatoren ein Unterdruck im Räume herrscht.
Was das oben erwähnte Wechselventil anbelangt, so beherrscht
dasselbe, wie aus Fig. 14 ersichtlich, 4 Abzweigungen SEW und T, Saugrohr, Exhaustor, Wasserthurm
und Tenne. Steht die Wechselklappe in der ausgezogenen Lage, so wird die Luft unter den Malzbetten durch Saugrohr S abgesaugt, geht nach E
und von dort nach den saugenden Flügelventilatoren. Der Ersatz erfolgt aus den
Wassertürmen, von wo die Luft nach W und von dort nach
T gelangt und in den oberen Tennenraum durch einen
gegabelten Kanal austritt. Steht die Wechselklappe dagegen in der punktirten Lage,
so wird die Luft oberhalb des Malzes aus der Tenne
abgesaugt und gelangt über E nach den Ventilatoren. Sie
wird aus den Wassertürmen ersetzt und tritt über W nach
S, somit unter die Malzbetten.
Den wichtigsten Theil der Einrichtung bilden die beiden Wasser-
oder Luftwaschthürme (Fig. 7, 8, 9 und 15). Sie sind aus Cementmauerwerk aufgeführt
und mit Cement verputzt. Die Grundfläche ist 4m
lang, 2m,1 breit, die lichte Höhe beträgt 13m. Oberhalb der Thürme sind 2 Wasserbehälter aus
Kesselblech aufgestellt, die von einer Druckpumpe aus mit kaltem, klarem
Brunnenwasser versehen werden, das im betreffenden Falle einem nahegelegenen, in
einer mächtigen Schotterschicht stehenden Brunnen entnommen wird. Das eine Reservoir
kann im Winter durch eine Dampfschlange mit Abdampf erwärmt werden, um Eisbildung
durch die einströmende kalte Luft zu vermeiden. Durch den Kunstgriff, daſs man die
Luft zuerst in dem einen Thurme mit diesem warmen Wasser wäscht, und dann die
Waschung im zweiten Thurme mit Brunnenwasser vollendet, erreicht man einerseits
leicht die gewünschte Mitteltemperatur und sichert daneben die volle hygrometrische
Sättigung, da die nahezu gesättigte warme Luft beim Abkühlen übersättigt werden
muſs. Die Wascheinrichtung ist in beiden Thürmen verschieden construirt. Im Thurme I
(Fig. 8) finden wir 5 Etagen aus Holz in gleichem Abstande über einander. Jede Etage
steht abwechselnd auf der Schmalseite um 50cm von
der Wand ab, so daſs die Luft einen Zickzackweg durch den Thurm beschreiben muſs.
Vom Reservoir steigt ein weites Wasserrohr an einer Schmalseite senkrecht herab, das
unter jeder Etage eine wagerechte Abzweigung besitzt, die sich quer durch den Thurm
erstreckt.
An jeder solchen Abzweigung sind je 3 Spritzapparate befestigt,
deren Detailconstruction sich aus Fig. 15 ergibt. Das Rohr i hat 2 Durchbrechungen von 5mm
Durchmesser, die durch Metallplatten l verschlossen
werden, welche an Metallfedern angeschraubt sind. Letztere können durch Schrauben
nach Belieben gespannt werden. Der Druck des ausströmenden Wassers setzt die Feder
in eine vibrirende Bewegung, durch welche das Wasser sehr wirksam zerstäubt wird.
Dies steigert sich noch dadurch, daſs die Wasserstrahlen zweier neben einander
liegender Apparate sich kreuzen. Das Wasser läuft über den Rand der Platten und
schlieſslich durch einen Syphonabschluſs unten ab. Die Luft tritt unten durch L1 ein und zieht durch
L2 ab (Fig. 7).
Im Thurme II (Fig. 9) ist die Einrichtung einfacher. Auch hier
finden sich die Etagen durch eingemauerte eiserne Träger g repräsentirt, auf denen flache Zinkbleche e
stehen, deren Boden siebartig durchbrochen ist. Das Wasser tritt fein vertheilt
durch ein Spritzrohr i aus und fällt theils durch die
Sieblöcher, theils über den Rand der Bleche als Platzregen herab, wodurch ebenfalls
ein sehr wirksames Waschen der Luft bewirkt wird. Bei sehr kalkhaltigem Wasser kann
es vorkommen, daſs sich die Sieblöcher theilweise mit Kalkcarbonat verlegen, das
aber leicht nach dem Herausnehmen der Bleche beseitigt werden kann. Ein- und
Austritt der Luft erfolgt durch L4 und L3 (Fig. 7). Sehr zweckmäſsig erscheint endlich die
Anordnung der Luftleitung, durch welche es möglich ist, entweder Thurm I oder Thurm
II für sich oder beide gemeinsam und nach einander zu benutzen. Dies läſst sich
leicht an Fig. 7 erläutern. Zwischen Thurm I und II liegen 3 gemauerte Schächte y, y1, y2, die durch leichte Klappen
abschlieſsbaren Thüröffnungen stellen nach Belieben die Verbindung der Schächte mit
den Thürmen und unter einander her. Die Luft wird aus der Höhe entnommen, wo sie
reiner und staubfreier ist. Sie steigt z.B. im Schachte y nach abwärts, tritt durch L1 unten in den Thurm I, aus diesem oben in den
Mittel Schacht y1, geht
darin nach abwärts, tritt durch L4 unten in Thurm II, steigt nach aufwärts, tritt in
Schacht y2 und aus
diesem unten in den Kanal W, der nach der Wechselklappe
führt. So werden beide Thürme nach einander benutzt. Sollte z.B. Thurm II in
Reparatur stehen, so würde die Luft in y nach abwärts,
in Thurm I nach aufwärts, in Schacht y1 nach abwärts, durch eine Thür direkt nach y2 und von dort zur
Wechselklappe gehen. Ganz analog verhält es sich, wenn man nur Thurm II zum Waschen
benutzen kann.
Die so gereinigte Luft ist ungemein rein und sehr angenehm zu
athmen, so daſs man sogar an eine heilkräftige Wirkung derselben bei Krankheiten der
Athmungswerkzeuge denken könnte. Immerhin ist sie noch nicht ganz mit Wasserdampf
gesättigt. Um dies zu vollenden, dient ein Wassernebelapparat (Fig. 10), der
innerhalb des Tennenraumes selbst an den Tragsäulen befestigt ist. Seine
Construction ist ganz und gar den bekannten Zerstäubungsapparaten für Parfümerie-
und Medicamenten-Lösungen nachgebildet. Der Apparat besteht aus einem langen
halbrunden Wassertroge aus Blech, dem continuirlich Wasser zuflieſst. Bei jedem
einzelnen Malzbett liegt darin ein aufwärts gekrümmtes -Rohr q (Fig. 10), das in eine Spitze ausläuft. Oberhalb des Wasserspiegels
verläuft ein Luftrohr R, in welches, jener Röhre q gegenüber, kleine, durch Hahnchen abschlieſsbare, zu
einer engen Spitze zusammengezogene Röhrchen p
eingeschraubt sind. Eine Luftcompressionspumpe, die auſserhalb der Tenne steht und
durch eine Transmission angetrieben wird, hält dieses Rohr R mit Luft gefüllt, die auf 1,5 bis 2at
Pressung comprimirt ist. Oeffnet man den Hahn eines Röhrchens p, so aspirirt die ausströmende Luft Wasser durch
Röhrchen q und zerstäubt es sofort in den allerfeinsten
Nebel. Im Allgemeinen genügt es, wenn nur oberhalb des gerade ventilirten Malzbettes
der Nebelapparat in Thätigkeit gesetzt wird. Man kann dann jedenfalls sicher sein,
daſs durch die Ventilation dem Malze kein Wasser entzogen, aber daſs ihm auch nicht
Uebermaſs von Wasser zugeführt wird, wie dies selbst durch die feinsten Brausen
geschehen könnte.
Nach dieser Beschreibung der pneumatischen Malztenne, bei der ich die
Weiterverarbeitung durch Schwelken und Darren Uebergängen habe, weil sie von dem
Bekannten nicht oder nur wenig abweicht, gebe ich einige Betriebserfahrungen und
Kostenberechnungen. Es werden jährlich 170 bis 180 Waggons Gerste, meist ungarischer
Abkunft, aus der Vesprimer, Steinamanger und Boglarer Gegend verarbeitet, die sich
durch mürbe Beschaffenheit und eminente Keimfähigkeit auszeichnet, während sie
freilich in der Vollleibigkeit des Kornes unter der Hannagerste steht. Die nicht
keimfähigen Körner betragen im Durchschnitte nur 2 Proc.
Der Betrieb war ein ganzjähriger und hatte weder eine Temperatur der Auſsenluft von –
15° noch von + 30° einen Einfluſs auf die Tennen- und Malztemperatur, welche
constant auf 15° erhalten wurde.
Der Luftwechsel kann bis auf 240cbm in der Minute
gesteigert werden. Für den auf 1200cbm sich
stellenden Tennenraum sind also nur 5 Minuten zur vollständigen Erneuerung der Luft
nothwendig. Die Weichdauer beträgt je nach der wärmeren oder kälteren Jahreszeit 60
bis 72 Stunden. In je 12 Stunden werden 44hl
Gerste, je 22hl rechts und links, auf das erste
Malzbett gebracht. Sie bilden einen Körper von 1m,5 Breite, 4m
Länge und 0m,45 Höhe, zusammen 2cbm,7, wobei das Quellen beim Weichen berücksichtigt ist. Jeder Malzhaufen
wird in je 2 Stunden, jedesmal durch 3 Minuten ventilirt, indem die entsprechende
Verbindungsklappe geöffnet wird. Man kann dann mit sämmtlichen 40 Betten in dieser
Zeit fertig werden. Die Ventilatoren wirken indessen so kräftig, daſs auch mehrere
Betten gleichzeitig gelüftet werden können, was sich dadurch nöthig macht, daſs die
wärmeren Betten längere Zeit als 3 Minuten ventilirt werden müssen.
15 bis 16,25°
Malzbett 1
„
„ 2
„
„ 3
„
„ 4
„
„ 5
„
„ 6
„
„ 7
15,6 bis 18,7°
„ 8
„
„ 9
„
„ 10
„
„ 11
„
„ 12
„
„ 13
15,6 bis 21°
„ 14
„
„ 15
15,6 bis 23,7°
„ 16
„
„ 17
„
„ 18
15,6 bis 25°
„ 19
„
„ 20
Beistehendes Schema gibt die Temperaturen an, die in jedem Malzbette beim
Vorschreiten von 1 bis 20 herrschen müssen und die durch in jedem Haufen steckenden
Thermometer controllirt werden. Es ist begreiflich, daſs man gegen Ende des Mälzens
die Temperatur etwas höher steigen lassen muſs, um die Energie des Wachsthumes etwas
zu beleben. Dieses Einhalten der Temperatur wird eben durch das verschieden lange
Ventiliren erzielt. Man kann gewissermaſsen zwischen der normalen Ventilation,
welche die Kohlensäure entfernt und Luft zuführt, und zwischen der besonderen
Ventilation, welche die entwickelte überschüssige Wärme beseitigt, unterscheiden.
Hierdurch regelt man das Wachsthum unabhängig von der Disposition der Gerste zur
Keimung.
Gerste, welche rasch keimt, kommt schneller auf die Maximaltemperatur und muſs länger
ventilirt werden, um die Keimung zurückzuhalten. Durch die zulässige
Temperatursteigerung gegen das Ende sichert man sich die normale Vollendung des
Keimprozesses in der vorgeschriebenen Zeit; doch darf man dabei nicht zu weit gehen,
besonders aber die höhere Temperatur nicht zu lange anhalten lassen, weil sich sonst
die Keime zu sehr verfilzen und das Durchlüften erschweren. Die Haufen haben nicht
in allen Schichten gleiche Temperatur; die untersten Lagen sind meistens etwas
wärmer. Kommen sie nach dem Umsetzen nach oben, so beobachtet man nach etwa ½
Stunde, daſs die Temperatur in der Tiefe rasch zunimmt, was dadurch zu erklären ist,
daſs bei der nicht zu vermeidenden Undichtheit der Luftklappen die warme Luft
langsam nach abwärts dringt und dort den Keimprozeſs stärker belebt. In einem
solchen Falle hilft man sich leicht durch das Umsteuern des Luftstromes, wodurch die
kühle Luft direkt mit den wärmsten Schichten in Berührung kommt. Die Haufen 1 bis 3
steigen selten öfter als einmal auf die Maximaltemperatur, die Haufen 4 bis 7 müssen
gewöhnlich 5 bis 6mal, die Haufen 8 bis 15 3mal, die Haufen 16 bis 18 2mal, Haufen
19 und 20 höchstens 1mal der Extraventilation ausgesetzt werden, was als Maſsstab
für die durch den Keimprozeſs in den verschiedenen Stadien producirte Wärmemenge
gelten kann. Die Haufen 4 bis 7 zeigen ohne Ventilation schon nach ½ Stunde
Temperatursteigerung.
Auch die Herkunft und das Alter der Gerste üben hierauf Einfluſs; südungarische
Gerste entwickelt weit mehr Wärme, als die aus anderen Gegenden, und alte Gerste
weit mehr als frische. Auch Gewitterluft oder Sirocco äuſsern eine beschleunigende
Wirkung, obwohl dadurch die Temperatur der Innenluft nicht geändert wird. Man möchte
fast glauben, daſs ein gröſserer Gehalt an activem Sauerstoffe sich darin bemerklich
machte.
Die Gerste vermehrt beim Keimen ihr Volumen bedeutend, die Höhe der Haufen wächst von
0,45 bis 0m,70 an, die Wurzelkeime, 3 bis 5
kräftige, gekrauste weiſse Fäden, erreichen die 1½ bis 2fache Länge des Kornes; erst
im letzten Haufen beginnen die Wurzelspitzen sich zu bräunen.
Der Blattkeim entwickelt sich sehr gut. Unter 100 Körnern finden sich:
18
mit
½
Kornlänge
des
Blattkeimes,
56
„
¾
„
„
„
5
haben weniger als ½ Kornlänge oder sind gar nicht gekeimt.
Die Auflockerung durch das Keimen ist sehr vollständig; beim Streichen über den
Finger fühlt sich der Korninhalt wie weiche weiſse Kreide an. Schon im Haufen 14
beginnt die Auflockerung und ist in Haufen 16 und 17 so weit fortgeschritten, daſs
viele Brauer solches Malz für darrreif erklären würden. Diese Auflösung zeigt sich
recht deutlich beim Sudprozesse. Selbst ohne vorherige Lagerung, direkt von der
Darre, maischt und läutert sich dieses pneumatische Malz ganz vortrefflich. Die
kräftige Entwickelung der Diastase zeigt sich in der starken Zuckerbildung in der
Würze und in dem um 8 bis 10 Proc. höheren Vergährungsgrade bei Anwendung gleich
guter Hefe. Nur an wenigen angebrochenen Körnern ist beim Malzen eine Pilzbildung zu
beobachten.
Anlage- und Betriebskosten: Für die beschriebene
pneumatische Mälzerei wurde eine Baufläche von 768qm benutzt, Einschlieſslich Grundwerth kostete die Anlage 98000 fl. ö. W.,
davon nehmen Maschinen und Apparate 16500 fl., die in 10 Jahren zu amortisiren sind,
in Anspruch, der Rest, die Baulichkeiten, mit 81,500 fl., ist in 50 Jahren zu
tilgen.
Es werden jährlich 15000 metrische Centner Malz fertig gemacht.
Bei einem gewöhnlichen Mälzerei betriebe gehört für diese Production ein Bauareal von
2484qm und etwa 160000 fl. Anlagekapital,
wovon 11660 fl. als Maschinen und Apparate in 10 Jahren, der Rest mit 148340 fl. als
Baulichkeiten in 50 Jahren amortisirt werden müssen. Es stellen sich daher:
bei der pneu-matischen Mälzerei
bei der gewöhn-lichen Mälzerei
die
Anlagekosten
für
1hl Production
6 fl. 53 kr.
10 fl. 60 kr.
die
Amortisation
für
Maschinen
1650 fl.
1160 fl.
„
„
„
Gebäude
1630 fl.
2966 fl.
––––––––
–––––––––
Im Ganzen
3280 fl.
4126 fl.
Die Betriebskosten der pneumatischen Mälzerei sind einerseits etwas kleiner, wegen
der verminderten Handarbeit, andererseits höher wegen Kohlenverbrauch und
Motorenwartung. Die gleichbleibenden Arbeiten einer Mälzerei, als Gerstenputzen,
Einweichen, Darren u.s.w., werden in der pneumatischen Mälzerei durch 4 Taglöhner
besorgt; an besser bezahlten Arbeitern ist ein Obermälzer, ein Stellvertreter für
die Nachtschicht, ein Maschinist und ein Heizer, ebenfalls für die Nachtschicht,
nothwendig.
In einer gewöhnlichen Mälzerei wären mindestens 8 Mälzer nöthig, dagegen könnte ein
Heizer und der Nachtaufseher entfallen, da hier für die Maschine nur Tagsüber zu
thun ist. Diese Ersparniſs an geschulten Arbeitskräften in der pneumatischen
Mälzerei genügt indessen nicht, um den gesteigerten Rohlenverbrauch zu decken. Man
muſs sich dafür durch die geringeren Anlagekosten und die bessere Ausbeute an bestem
Malze schadlos halten. Im Allgemeinen muſs man aber anerkennen, daſs dieser
pneumatische Betrieb durchaus rationell und sehr leicht zu handhaben ist, und daſs
man dadurch vor allerlei unliebsamen Zufällen, wie Wechsel der Temperatur,
Unaufmerksamkeit der Arbeiter u.s.w., geschützt ist. Die Anfangs gehegten Zweifel
der Standesgenossen hat Herr Schilcher durch seinen
erfolgreichen Betrieb vollkommen widerlegt, am glänzendsten wohl dadurch, daſs seine
Concurrenten bei ihm im Lohne malzen lassen.