Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Autor: | Morgen |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 324 |
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Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Fortsetzung des Berichtes S. 279
d. Bd.)
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
VIII. Allgemeines und
Theoretisches.
Zur Kenntniſs der Wirkung von Diastase und Invertin hat
Dr. Hermann Müller-Thurgau umfangreiche Untersuchungen
angestellt. (Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1885 Bd.
14 S. 795.) Dieselben sollten Aufschluſs geben über den Einfluſs: 1) der Temperatur
auf Diastase- und Invertinwirkung, 2) des hydrostatischen Druckes und der
Kohlensäure auf die Diastase Wirkung, 3) des in Lösung vorhandenen Rohrzuckers,
sowie des bereits gebildeten Invertzuckers auf die weitere Wirkung des Invertins, 4)
über den Einfluſs von Alkohol und Säure auf die Invertinwirkung.
Die zur Beantwortung dieser Fragen ausgeführten, sehr umfangreichen Versuche führten
zu folgenden Resultaten:
1) Der Einfluſs der Temperatur auf die Ausgiebigkeit der
Diastasewirkung, bezieh. auf die dabei entstehenden Maltosemengen läſst sich
annähernd durch folgende Verhältniſszahlen ausdrücken: Die Wirkung der Diastase ist
bei 0° nicht unbedeutend, bei 10° etwa dreimal stärker, bei 20° etwa fünfmal, bei
30° etwa neunmal und bei 40° vierzehnmal stärker als bei 0°. Genauer wird dieses
Verhältniſs für die Temperaturen 0, 10, 20, 30 und 40° durch die Zahlen 7 : 20 : 38
: 60 : 98 ausgedrückt.
Die Invertinwirkung dagegen verhält sich für die Temperaturen von
0, 10, 20, 30, 40, 50 und 60° wie 9 : 19 : 36 : 63 : 93 : 131 : 163. Es findet
demnach durch verschiedene Temperaturen eine ganz ähnliche Beeinflussung für beide
Fermente statt. Die Wirksamkeit von Diastase und Invertin gleicht bezüglich der
Wärmewirkung mehr physiologischen Vorgängen als chemischen Prozessen. Die genannten
Enzymwirkungen unterscheiden sich aber von den meisten physiologischen Vorgängen
dadurch, daſs sie schon bei 0° nicht unbedeutend, sind, und daſs andererseits die
Temperaturen für die ausgiebigste Wirksamkeit sowie die höchsten Wärmegrade, bei
denen sie noch möglich sind, viel höher liegen. Die Wirkungsfähigkeit der beiden
Enzyme wird unter gewöhnlichen Umständen durch die Temperaturen 0 bis 50° nicht
beeinträchtigte st daſs die bei den Versuchen sich zeigende Abnahme der Wirksamkeit
der Verminderung der ursprünglichen Substanz (Stärke und Rohrzucker), sowie der
Anhäufung der Entstehungsproducte zuzuschreiben ist. Zu diesem Schlusse scheint
namentlich auch die Thatsache zu berechtigen, daſs bei den höheren Temperaturen (40
und 50°) die Abnahme in der Wirksamkeit nicht gröſser ist, als z.B. bei 0 oder
10°.
2) Die Kohlensäure vermag schon bei gewöhnlichem Drucke die
Diastasewirkung ganz bedeutend, fast auf das Dreifache, zu beschleunigen. Ein
höherer hydrostatischer Druck übt ebenfalls einen günstigen Einfluſs aus, und zwar
sowohl, wenn die Versuchsflüssigkeit atmosphärische Luft, als auch wenn sie
Kohlensäure enthält. Im letzteren Falle ist jedoch die Beschleunigung des
diastatischen Prozesses weitaus gröſser, so daſs, wenn bei Einwirkung von Luft
schätzungsweise ein Druck von 50at nothwendig
wäre, um die Diastasewirkung zu verdoppeln, bei Kohlensäureeinwirkung schon ein
Ueberdruck von etwa 3at genügen würde, um doppelt
so viel Maltose zu bilden, wie bei Kohlensäureeinwirkung unter gewöhnlichem Drucke. Auch
auf nicht verkleisterte Stärke vermag die Diastase bei Gegenwart freier Kohlensäure
energischer einzuwirken.
3) Der Gehalt der Flüssigkeit an gelöstem Rohrzucker übt innerhalb
der weiten Grenzen von 2 bis 20 Proc. auf die Energie der Invertinwirkung nur einen
untergeordneten Einfluſs aus; bei den höheren Concentrationen ist die Umwandlung
etwas schwächer als bei den niederen.
Anders verhält sich dagegen der in Lösung vorhandene Invertzucker,
welcher eine nicht unwesentliche Verzögerung in der Neubildung von Invertzucker
durch das Invertin bewirkt.
4) Alkohol übt einen ungünstigen Einfluſs auf die Wirksamkeit des
Invertins aus, jedoch ist dieselbe in einer Lösung mit 10 Proc. Alkohol noch mehr
wie halb so stark als in einer alkoholfreien Lösung.
Ein geringer Säuregehalt von 0,14 pro mille Weinsäure übt einen
günstigen Einfluſs auf die Invertinwirkung aus. Ein Zusatz von 1 pro mille Weinsäure
verzögerte die Wirkung schon um ein Geringes, und bei gröſserem Säuregehalte zeigte
sich eine immer stärkere Abschwächung der Invertinwirkung. In einer Lösung mit 8,14
pro mille Säure war die Wirkung z.B. nur halb so ausgiebig als in einer Lösung ohne
Säurezusatz.
Im Anschlusse hieran berichtet Verfasser noch über eingehende Versuche, welche er
über die Invertirung von Rohrzucker im Weine ausgeführt hat, auf welche näher
einzugehen jedoch hier nicht der Ort ist. Wir verweisen dieser halb auf das
Original.
Die Frage: Enthält die Luft lebende, auf Stärke Zucker
bildend wirkende Fermente? wird nach Versuchen von Harald Goldschmidt in Kopenhagen in der Zeitschrift für physiologische Chemie, 1886 Bd. 10 S. 299 dahin
beantwortet, daſs in der atmosphärischen Luft sich wenigstens ein Schimmelpilz befindet, welcher eine diastatische
Wirkung hat, und der wahrscheinlich diese Eigenschaft besonders während eines
jüngeren Stadiums seines Wachsthumes besitzt. Verfasser vermuthet, daſs der Pilz ein
Penicillium glaucum ist und stellt weitere Untersuchungen hierüber in Aussicht.
Ueber Glycase und über die Umbildung der Stärke in
Traubenzucker hat Léon Cuisinier
Untersuchungen angestellt. (Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 S. 379. Daselbst nach Revue
universelle de la Brasserie et de la Malterie, Nr. 651.) Wir haben schon in
einem früheren Referat (1887 263 146) mehrere
Untersuchungen besprochen, nach welchen in den Getreidekörnern auſser der Diastase
noch ein anderes Ferment vorhanden zu sein scheint. Es handelte sich bei diesen
Untersuchungen jedoch immer nur um die Frage, ob es auſser dem Zucker bildenden noch ein besonderes Stärke verflüssigendes Ferment gibt, Cuisinier dagegen ist durch die bekannte Thatsache,
daſs durch Einwirkung von Diastase auf Stärke stets nur Dextrin und Maltose, nicht aber Dextrose gebildet wird, daſs dagegen andererseits der
in den Getreidekörnern vorkommende Zucker nicht Maltose
sondern Dextrose ist, zu der Ansicht gekommen, daſs
noch ein anderes Zucker bildendes Ferment auſser der Diastase vorhanden sein müsse.
Aus seinen zu diesem Zwecke angestellten Untersuchungen glaubt Verfasser das
Vorhandensein eines Dextrose bildenden Fermentes in den ungekeimten Getreidekörnern annehmen zu
müssen und hat dasselbe Glycase genannt. Die Glycase
ist in den trockenen Körnern nur wenig entwickelt, kommt aber beim Einweichen der
Körner in kaltem Wasser zur Ausbildung. Es enthält dann das Weichwasser Glycase,
allerdings nur in geringer Menge, der gröſste Theil bleibt im festen Korn zurück.
Verfasser führte seine Versuche sowohl mit roher Stärke, wie mit Kleister aus, unter
Zusatz von Maismehl und verschiedenen Mengen Malz. Bei Anwendung von viel Malz fand
eine schnelle Umwandlung des Kleisters unter Bildung von Dextrin und Maltose statt;
bei Anwendung von sehr wenig Malz dagegen erfolgte die Verflüssigung des Kleisters
nur langsam, lieferte aber nach und nach eine an Dextrose reiche Würze. Bei den
Versuchen mit roher Stärke erfolgte die Ueberführung in den löslichen Zustand
merklich langsamer, die Zuckerbildung aber viel energischer. Läſst man auf rohe
Stärke nicht Malz, sondern ungekeimtes Getreide einwirken, so ist die Auflösung der
Stärke eine viel langsamere; es bildet sich aber ausschlieſslich Dextrose. Durch
Zusatz einer sehr geringen Menge Malz läſst sich dieser Prozeſs wesentlich
beschleunigen.Ueber die Einwirkung der Diastase auf Stärke.
Von H. T. Brown und G.
H. Morris (vgl. 1886 259 369).Ueber die Herstellung und Verwendung von
Maltosesyrup. (Vgl. 1886 259
511.)
Eine neue Zuckerart haben Clifford Richardson und C. A. Crampton (Berichte
der deutschen chemischen Gesellschaft, 1886 S. 1180) bei Untersuchung der
in der Walzenmüllerei isolirten Keime des Weizens in denselben gefunden. Die
Weizenkeime enthielten 15 bis 18 Proc. an Zucker. Derselbe besteht zu 80 bis 90
Proc. aus Rohrzucker, auſserdem aber aus einer Zuckerart, welche nur in amorphem
Zustande erhalten werden konnte, und welche in ihren Eigenschaften mit keinem
bekannten Zucker übereinstimmte. Derselbe zeigte ein stark rechtsdrehendes Vermögen,
wirkte vor der Inversion nicht reducirend und war nicht gährungsfähig, wurde aber
augenscheinlich durch Invertose der Hefe in reducirenden Zucker verwandelt.
Reservenährstoffe der Pilze. L. Errara hat ebenso wie in
höheren Pflanzen auch bei den Pilzen eine Aufspeicherung von Reservenährstoffen,
besonders von fettem Oele und Glycogen gefunden. Auch in der Hefe konnte er
letzteres nachweisen, und zwar in um so gröſserer Menge, je lebhafter die
Entwickelung der Hefe war. Er nimmt daher an, daſs die Hefe im Stande ist, aus dem
ihr dargebotenen Zucker Glycogen zu erzeugen und in sich aufzuspeichern, und findet
darin auch eine Erklärung für die Selbstgährung der Hefe bei Züchtung derselben in
destillirtem Wasser, bei welcher die Hefe das aufgespeicherte Glycogen zersetzt. (Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1885 Bd. 9 S. 69.
Daselbst nach Comptes rendus, 1885 Bd. 101 S. 253 und
391.)
Eine saure Gährung des Traubenzuckers ist von Boutroux beobachtet. (Wochenschrift für Brauerei, 1886 Bd. 3 S. 611. Daselbst nach Comptes
rendus, 1886 Bd. 102 S. 924 und 1038.) Dieselbe ist
durch einen Mikrokokkus veranlaſst, welcher dem vom
Verfasser M. oblongus benannten ähnlich ist. Die dabei
entstehende Säure, welche Verfasser Oxygluconsäure
nennt, und welcher er die Formel C12H12O16 gibt, ist
nicht identisch mit der durch den M. oblongus gebildeten Zymogluconsäure. Dagegen
soll nach Maumené die Oxygluconsäure identisch sein mit
einer von ihm durch Einwirkung sehr verdünnter Salpetersäure auf Zucker erhaltenen
und Acide hexépique genannten Säure.
Beiträge zur Kenntniſs der Stärkegruppe. Von F. W. Dafert. Verfasser hatte in einer früheren Arbeit
(Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1884 Bd. 13 S.
766) über eine Stärkeart aus Oryza glutinosa Loureiro
berichtet, welche ein in vieler Beziehung, besonders im Verhalten gegen Jod, von der
Reisstärke abweichendes Verhalten zeigte. Aehnliche Eigenschaften zeigte eine aus
Hirsekörnern (Panicum miliaceum L. v, candidum
glutinosum) hergestellte Stärke. Dieselbe färbt sich mit Jod gelbbraun bis
rothbraun, durch einen Ueberschuſs von Jod tritt keine Schwarzfärbung, sondern nur
Braunfärbung ein. Die Gegenwart Dextrin Artiger Stoffe war ausgeschlossen, da der
wässerige Auszug keine Jodfärbung zeigte. Auch der aus der Stärke gewonnene Kleister
gab mit wenig Jod eine rothviolette, mit mehr eine braunrothe und endlich braune
Färbung, welche durch weiteren Zusatz von Jod nicht verändert wurde. Diese
Beobachtung beweist, daſs es also auch Stärkearten gibt, welche mit Jod keine
Blaufärbung zeigen, und dieses eigenthümliche Verhalten ist um so auffallender, als
Stärke aus Panicum miliaceum L. v. candidum Koern., welche botanisch von der
ersteren durchaus nicht zu unterscheiden war, die normale Blaufärbung mit Jod ergab.
Diese Wahrnehmungen, welche Verfasser in den Landwirthschaftlichen Jahrbüchern, 1885 Bd. 14 S. 837 mittheilte, gaben
die Veranlassung zu weiteren eingehenden Untersuchungen über die Stärkegruppe (Landwirthschaftliche Jahrbücher, 1886 Bd. 15 S. 259),
welche in der Hauptsache zu folgenden Ergebnissen führten:
1) Die Klebreisstärke (Erythroamylum) unterscheidet sich von der
gewöhnlichen Reisstärke dadurch, daſs die Granulöse
durch Erythrogranulose ersetzt ist, während anscheinend
die sogen. Cellulose in beiden Fällen dieselbe ist. Die
Erythrogranulose hält Verfasser für identisch mit
Erythrodextrin. Verschiedenheiten im Drehungsvermögen, im Reductionsvermögen, in der
Löslichkeit und im Verhalten gegen Diastase und Reagentien veranlassen den Verfasser
zu der Annahme, daſs die gewöhnliche Granulöse und die
Erythrogranulose als chemisch verschiedene Körper oder Körpergemische
und nicht als physikalische Modificationen aufgefaſst
werden müssen.
2) Die ganze Erscheinungsform des Erythroamylums legt dem Verfasser den Gedanken nahe, daſs dasselbe nicht
unmittelbar gebildet, sondern durch Einwirkung von Fermenten aus Amylum bezieh. die
Erythrogranulose aus granulöse gebildet wird. Wenn diese Annahme richtig ist, so müssen noch
andere Fermente als nur die Diastase in Thätigkeit treten, da diese die „Celluloseschicht“ der Reisstärkekörner nicht
oder kaum zu durchdringen vermag, oder es müssen im Stärkekorn selbst Fermente
diastatischer Natur wirksam werden, oder endlich, es müssen schon während der Zeit der
Bildung des Erythroamylums ähnliche Fermente vorhanden sein.
3) Das vom Verfasser festgestellte Auftreten einer
Erythroamylumart in der Klebhirse, sowie seine weiter darüber angestellten Versuche
führen ihn zu der Annahme, daſs die Stärkekörner höchst wahrscheinlich in
unbestimmten und wechselnden Verhältnissen eine ganze Reihe von Substanzen
enthalten, welche je nach der Menge, in der sie auftreten, die Eigenschaften der
Stärke (z.B. das Verhalten gegen Jod) beeinflussen: Granulöse, Dextrine, Zucker u.s.w.
Verfasser berichtet noch über mehr praktische Versuche, welche sich auf den Einfluſs
der Stärke in den Mehlen für die Backfähigkeit derselben richteten, worauf wir hier
jedoch nicht weiter eingehen können.
Zum Schlusse theilt Verfasser Erwägungen theoretischer Art über die Stärkegruppe mit,
zu welchen ihn seine eigenen Versuche im Vereine mit bereits bekannten führen. Auf
Grund dieser Annahmen glaubt Verfasser, die Stärke nicht als ein chemisches
Individuum ansehen zu können, er ist vielmehr der Ansicht, daſs dieselbe als eine
zusammengesetzte Substanz angesehen werden müsse, und würden ihre Bestandtheile etwa
folgende sein:
a) Stärkekörper.
1) Stärkecellulose: Nicht genauer
untersuchtes Gemenge mindestens zweier chemischer Verbindungen. Sie färbt sich mit
Jod braun, ist in kaltem und heiſsem Wasser unlöslich, geht aber durch letzteres zum
Theile in Granulöse über. Diastase ist unwirksam.
2) Granulöse: Unter verschiedenen
Namen (Amidulin, lösliche Stärke, Amylodextrin u.s.w.) rein oder unrein beschrieben,
färbt sich mit Jod blau, ist in kaltem Wasser sehr schwer, in kochendem dagegen
leicht löslich. Durch Diastase entsteht Dextrin und Zucker. αD = + 198°. Reduction 0 oder fast 0.
3) Dextrin: Durch Jod nicht gefärbt.
In kaltem und heiſsem Wasser leicht löslich. Geht durch Diastase in Zucker über. αD = + 180°. Scheint schwaches Reductionsvermögen zu
besitzen.
b) Zucker. c) Proteïnkörper, Amide u. dgl. d) Fett. e) Asche.
Mit anderen Worten: Die Stärke ist ein organisirtes, mehr oder
weniger wechselndes Gemenge einer groſsen Anzahl chemischer Verbindungen. Der
Hauptmenge nach besteht sie aus Stärkekörpern, die unter einander, wenigstens zum
Theile, chemisch verschieden sind. Daneben mögen auch physikalische Modificationen
einzelner Stärkekörper auftreten.
Nach dieser Anschauung erscheint dem Verfasser auch der alte Streit um die Formel der
Stärke als ein müſsiger. Die Stärke hat gar keine Formel. Die Stärkesorten sowohl
derselben als auch verschiedener Herkunft haben nicht immer die gleichartige
Zusammensetzung; es kann nicht nur der Gehalt an Asche schwanken, sondern auch die
Stärkekörper selbst können in ihrem Verhältnisse wechseln. Dagegen wäre zu
untersuchen, welche Formel z.B. der Granulöse zukommt,
ob dieselbe in den verschiedenen Stärkesorten in derselben Menge auftritt, ob sie
gar je nach ihrem Ursprunge verschieden ist u.s.w. Verfasser will daher den Begriff
der „Chemie der Stärke“ fallen lassen und an
seine Stelle die „Chemie der Stärkekörper“
gesetzt haben.
Ueber Reisstärke und einige Untersuchungen über
Stärkecellulose, sowie über ein darin gefundenes Fett. Von Livio Sostegni (Biedermann's Centralblatt
1886 Bd. 15 S. 638). Der
Umstand, daſs das Verhältniſs von Stärke zu der durch Einwirkung von Säuren daraus
gebildeten Dextrose von verschiedenen Forschern verschieden angegeben wird (90 :
100, 100 : 111, 99 : 108), und dem entsprechend auch verschiedene Formeln für die
Stärke angenommen werden, veranlaſste den Verfasser zur nochmaligen Prüfung dieser
Frage. Er verwendete zu seinen Versuchen reine Reisstärke. Die Ueberführung in
Dextrose geschah nach Sachse (Ueber Vorsichtsmaſsregeln
bei diesem Verfahren 1887 265 284), die Bestimmung des
Zuckers nach Allihn. Im Mittel aus 11 Bestimmungen
erhielt Verfasser ein Verhältniſs von Stärke zu Dextrose wie 93,2 : 100, während Salomon 93,5 : 100 gefunden hat.
Verfasser untersuchte nun weiter die Substanz, welche beim Auflösen von Stärke durch
verdünnte Säuren oder durch Fermente zurückbleibt, und welche meistens für Cellulose
gehalten wird. Er fand, daſs etwa ⅕ dieser Substanz aus Fett und zwar gröſstentheils
aus freien Fettsäuren besteht. Die durch Extraction mit Aether von diesem Fette
befreite Substanz enthält 1 bis 1,5 Proc. Asche und unterscheidet sich von Cellulose
wesentlich; denn sie löst sich in 2procentiger Kalilauge auf und wird aus dieser
Lösung durch Essigsäure als amorphe Substanz gefällt, welche sich an der Luft braun
färbt. In 10procentiger, bei längerem Kochen auch in 5procentiger Salzsäure löst sie
sich fast vollständig, jedoch unter Zersetzung. Mit 4procentiger Salzsäure liefert
sie ebenso wie Stärke eine Substanz, welche Fehling'sche Lösung reducirt; das Verhältniſs zur gebildeten Dextrose ist aber
98 oder 99 : 100. Nach diesen Beobachtungen ist also die Stärkecellulose als
einfache Cellulose zu betrachten.
Ueberführung der Glucose in Dextrine.Zur Kenntniß der Lävulose. Von A. Herzfeld und H.
Winter (vgl. 1886 260 239). Benutzung der bei der Spiritusherstellung
auftretenden Kohlensäure. Von C. A.
Fawsitt (vgl. 1886 260
46). Von E. Grimaux und L. Lefèvre (Zeitschrift für Spiritusindustrie 1886 Bd.
9 S. 435. Daselbst nach Comptes rendus 1886 Bd. 103 S.
146). Die Verfasser haben Dextrine aus Dextrose durch Einwirkung von verdünnter
Salzsäure dargestellt, indem sie das achtfache Gewicht Salzsäure von 1,026 spec.
Gew. einwirken lieſsen, die Lösung auf dem Wasserbade im Vacuum abdestillirten und
die zurückbleibende syrupartige Masse durch fractionirte Fällung mit 90procentigem
Alkohol reinigten. Sie erhielten ein weiſses Pulver, welches neben Dextrin noch
vergährbaren Zucker enthielt. Nachdem letzterer durch Gährung mit Bierhefe entfernt
war, blieb eine Substanz zurück, welche nach dem Trocknen ein Reductionsvermögen von
17,8 und ein Drehungsvermögen von αD = + 97,48° besaſs.
Das so gewonnene Dextrin wird durch Jod nicht gefärbt, durch Malzauszug nicht
verändert, durch 2procentige Schwefelsäure auch nach 20stündigem Kochen nicht
vollständig in Zucker übergeführt. Die bei der Darstellung des Dextrins zurückbleibenden alkoholischen
Flüssigkeiten enthalten noch stärker reducirende Dextrine, ferner gährungsfähigen
Zucker, welch letzterer aus Glucose und wahrscheinlich auch Maltose besteht.
Ueber die Zusammensetzung des Cognacs hat C. A. Ordonneau (Biedermann's Centralblatt 1886 S. 562; daselbst nach Comptes
rendus, 1886 Bd. 102 S. 217) Untersuchungen angestellt, welche zu dem
Resultate führten, daſs der Unterschied im Geschmacke zwischen Weinbranntwein und
demjenigen aus anderen Rohmaterialien nur durch die Art der zur Gährung verwandten
Hefe bewirkt wird. Verfasser fractionirte 3hl
eines 25 Jahre alten Cognacs. Der Vorlauf enthielt Aldehyd, Essigäther und Acetal
mit Spuren von Propion- und Buttersäureäther. Der Nachlauf lieferte etwa 1200g eines Productes, welches das eigenthümliche
Aroma des Cognacs besaſs. Durch zahlreiche Destillationen konnte Verfasser aus 1hl Cognac folgende Körper abscheiden:
Essigsäurealdehyd
3,0g
Essigäther
35,0
Acetal
35,0
Normaler Propylalkohol
40,0
„ Butylalkohol
218,6
Amylalkohol
83,8
Hexylalkohol
0,6
Heptylalkohol
1,5
Propionsäure-, Buttersäureäther u.s.w.
3,0
Oenanthyläther etwa
4,0
Amine
4,0
Beachtenswerth ist die Gegenwart von 218g,6 bei 116
bis 118° siedendem normalem Butylalkohol:, ferner ist zu beachten, daſs der
Amylalkohol in der Menge von etwa 80g pro
Hektoliter dem Cognac keinen unangenehmen Geschmack verleiht. Der normale Butylalkohol scheint ein regelmäſsiges Product
der Gährung zu sein, welches durch die Weinhefe erzeugt
wird. Bei der Gährung mit Bierhefe dagegen wird nur Isobutylalkohol gebildet; es gelang dem Verfasser weder
bei der Destillation von Industriebranntwein aus Mais, noch aus Zucker oder
Kartoffeln auch nur eine Spur von normalem Butylalkohol nachzuweisen. Bei der
Vergährung von Melasse durch Weinhefe dagegen wurde aus
dem gebildeten Alkohol durch Destillation ein angenehm riechendes Oel abgeschieden,
welches normalen Butyl- und Amylalkohol enthielt. Auf
Grund dieser Untersuchungen macht Verfasser den Vorschlag, um aus Zucker haltigen
Substanzen einen Alkohol von gutem Geschmack zu erhalten, die Maische mit Weinhefe anzusetzen. Bei einer Prüfung dieses
Verfahrens in der Praxis wurden unter Anwendung gewöhnlicher Destillationsapparate
ausgezeichnete Alkohole erhalten.
Morgen.