Titel: | Ueber C. Bach's Versuche zur Klarstellung der Bewegung selbstthätiger Pumpenventile. |
Autor: | H. Gollner |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 356 |
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Ueber C. Bach's Versuche zur Klarstellung der Bewegung selbstthätiger Pumpenventile.
(Schluſs der Abhandlung S. 305 d. Bd.)
Mit Abbildungen.
Bach's Versuche über selbstthätige Pumpenventile.
Von besonderem Interesse sind die in den Drucklinien der gewöhnlichen und
verschobenen Kolbendiagramme wahrgenommenen Pressungsänderungen, wenn empfindliche
Indicatorfedern zur Anwendung gekommen sind sowie dem Schreibstifte Gelegenheit
gegeben war, frei ausschwingen zu können und wenn endlich verminderte
Ventilerhebungen eingeleitet waren. Entsprechend der Mitte des Kolbenhubes wurde eine Vermehrung
der Pressung im Pumpencylinder eben in Folge der Hubverminderung des Ventiles
wahrgenommen, welche sich am Ende des Kolbenhubes rasch wiederholte, wie die
Diagramme S. 360 erkennen lassen. Die rasche Pressungsänderung am Ende des
Kolbenhubes ist auf den rascheren, weniger allmählichen Ventilschluſs in Folge der
Ventilhubbegrenzung zurückzuführen, wodurch gewissermaſsen eine Pufferwirkung seitens des Wassers gegen das sinkende
Ventil entsteht, welche eine Erhöhung der Wasserpressung zur Folge hat. Die zum
Nachweise der durch die Hubänderungen der Ventile hervorgerufenen neuen
Pressungsverhältnisse im Inneren des Pumpencylinders gelieferten zahlreichen
gewöhnlichen und verschobenen Kolben- und Ventildiagramme, welch letztere Diagramme
insbesondere auch die einzelnen Abschnitte der Ventilbewegung mit besonderer Schärfe
verfolgen lassen, liefern ein bisher völlig unbekanntes Material für das Studium der
Bewegungsverhältnisse der Ventile, welches hierdurch eine wesentliche Förderung und
Aufklärung erfahren hat.
Der Einfluſs der Sitzbreite (b) eines einfachen
Hubventiles auf die Ventilbelastung, Ventilerhebung und die eigentliche
Ventilbewegung wurde bisher auch nicht klar erkannt; nur betreffend die
Dichtungsfähigkeit des breitsitzigen Ventiles lagen im Allgemeinen bestimmte,
allerdings ungünstige Erfahrungen vor, die sehr wohl begründet und auch sofort
erklärlich sind, wenn auf die Schwierigkeit des sicheren dichtenden Schliffes eines
breitsitzigen Ventiles hingewiesen wird. Zur Klarstellung der erstgenannten
Verhältnisse hat der Verfasser eine vergleichende Sonderstudie mit dem ebensitzigen
Ventile von 5 und 12mm Sitzbreite durchgeführt und
auf Grund der Ergebnisse derselben erkannt, daſs das breitsitzige Ventil eine
wesentlich höhere Ventilbelastung erfordert, als das Ventil mit 5mm Sitzbreite, wenn der stoſsfreie Schluſs
vorausgesetzt wird. Hinsichtlich der Ventilbewegung lieſs sich aus den bezüglichen
Diagrammen sofort erkennen, daſs a) das normalsitzige Ventil sich rascher erhebt als das breitsitzige; b) daſs das
letztere Ventil sich unter gleichen Umständen höher
erhebt; c) daſs ferner auch durch die Beschränkung des Hubes des breitsitzigen
Ventiles eine stärkere Pressungsänderung im Cylinderinneren entsteht, welche eben
durch eine lebhaftere Pufferwirkung des Wassers gegen das rasch sich senkende Ventil
hervorgerufen wird.
Mit Rücksicht auf die nachgewiesenen Folgen der Anwendung breitsitziger Ventile und
mit besonderer Rücksicht auf die mangelhafte Dichtungsfähigkeit derselben bestätigt
sich die Erfahrung, daſs breitsitzige einfache Hubventile in jeder Hinsicht im
Nachtheile gegen die normalsitzigen Ventile derselben Art sind und unter
Voraussetzung von metallischen Dichtungsflächen nicht zur Anwendung kommen
sollen.
Endlich hat es der Verfasser unternommen, auf dem Versuchswege die Gröſse des sogen.
Ventilüberdruckes nachzuweisen. Bekanntlich herrscht über die Ursache wie Gröſse des
Ventildruckes, über den Einfluſs der Ventilbeschaffenheit, der Art der
Dichtungsfläche des Ventiles selbst, endlich über den Einfluſs des
Bewegungszustandes des Wassers über dem Ventile u.s.f. auf die Gröſse des
Ventilüberdruckes eine völlige Unsicherheit und Unklarheit, daher es auch möglich
war, daſs über die Bedeutung dieser wichtigen Gröſse völlig entgegenstehende
Meinungen geltend gemacht und vertreten werden konnten.
Die Thatsache, daſs durch Behandlung des Indicatorhahnes zum Zwecke des Indicirens
der Pumpe jener Linienzug im Kolbendiagramme, welcher sich zu Beginn der
Druckperiode derselben ausbildet, in sehr mannigfaltigen Gestaltungen erhalten
werden kann, also der sogen. Ueberdruck (auch Hornpressung genannt) entweder
nachgewiesen oder auch zum Verschwinden gebracht werden kann, liefert den Beweis,
daſs, wie der Verfasser schon an früherer Stelle nachgewiesen hat, der thatsächliche
Ueberdruck auf gewöhnlichem Wege nicht nachgewiesen werden kann und um so weniger,
als der gewöhnliche Indicator bei Pressungsänderungen dem „Nacheilen“
unterliegt, in Folge dessen das normale Kolbendiagramm der Pumpe nicht für die
Auffindung der vielumstrittenen Gröſse verwerthet werden kann.
Der Verfasser hat nach Erkenntniſs der rechtzeitigen Anzeige des Indicators, ferner
nach Klarstellung der Verhältnisse, daſs es auf dem rechnungsmäſsigen Wege derzeit
nicht möglich ist, die einschlägige Aufgabe zu lösen, mit Glück den Versuchs weg
betreten, um den Ventilüberdruck, welcher sachgemäſs nur einen Augenblick zur
Wirkung kommen kann, d. i. um die Gröſse (pu – p0
) sicher zu stellen. – Bei Durchführung der
diesbezüglichen Versuche muſste in erster Linie darauf Bedacht genommen werden, daſs
die Indicatorfeder sofort die augenblicklich herrschende Pressung im Inneren des
Pumpencylinders ungeändert Aufzunehmen geeignet ist, daſs also zwischen der
wirksamen Ventil-Pressung und der Federpressung des Indicators kein Unterschied
bestehe. Dies vorausgesetzt, gelang es weiter dem Verfasser, durch einen ebenso
einfachen wie praktisch sicheren Kunstgriff jene Pressung, welche zum Oeffnen des
Ventiles nothwendig ist, sicher zu stellen. Derselbe besteht in Anwendung einer
Gabel aus Stahl, bei welcher etwa die obere Fläche der Gabelflügel geneigt gegen
deren untere Fläche ausgeführt sind, so daſs also dieselben eine keilförmige Gestalt
erhalten. Die Einschiebung dieser Gabel zwischen Indicatorcylinderdeckel und dem
Kopfe der Kolbenstange des Indicators erlaubt jene gröſste Pressung im Pumpenblinder
mit völlig ausreichender Schärfe zu ermitteln, welche bei Beginn der Druckperiode
der Pumpe zur Eröffnung des Druckventiles nothwendig ist. Der Verfasser hat die
einschlägigen Versuchsergebnisse durch die Kolbendiagramme, welche während jener
Versuche genommen wurden, in tadelloser Weise überprüfen können.
Es ist klar, daſs durch die angedeutete Anwendung der Keilgabel eine künstliche
Pressung auf die Indicatorfeder ausgeübt wird und daſs durch entsprechende
Einstellung derselben Keilgabel jene begehrte gröſste Pressung im Pumpencylinder
sicher gestellt werden kann durch die Beobachtung der Bewegungen des
Indicatorgestänges während des künstlich hervorgerufenen Pressungszustandes der
Feder. Sobald das Indicatorgestänge bei eingeführter Keilgabel keinerlei Zuckungen
vollführt, so ist das Gleichgewicht zwischen der gröſsten Cylinderpressung und
Federpressung erreicht und letztere das Maſs der ersteren. Die Kolbendiagramme Fig. 5, 6 und 8 führen die einzelnen Versuchsabschnitte zum Zwecke
der Messung von (pu)
klar vor Augen. Auch für Lösung dieser Aufgabe erweist sich die Anwendung und
Ausnutzung des gewöhnlichen und verschobenen Kolbendiagramm es als höchst
ersprieſslich.
Das Hauptergebniſs dieser Sonderstudie liegt in dem Nachweise, daſs a) ein
Ventilüberdruck besteht, der für Ventile mit breiter
Sitzfläche wesentlich gröſser als für gleichartige
Ventile mit geringer Sitzbreite ist; b) daſs die Gröſse des Ventilüberdruckes von
der Anfangsbeschleunigung des Pumpenkolbens abhängt und überhaupt eine sehr
bedeutende sein kann, daſs ferner dieselbe im Allgemeinen veränderlich ist und bei
ungeänderten Ventilen vom Zustande desselben überhaupt, sowie von jenem ihrer
Dichtungsflächen insbesondere u.s.f. abhängig ist.
Die bisher in Betracht gezogenen praktisch-wissenschaftlichen Studien zum Zwecke der
Klarstellung der Pressungs- und Bewegungsverhältnisse von Pumpenventilen beziehen
sich auf das einsitzige Hubventil mit normaler Sitzbreite und Oberführung in
Anwendung als Druckventil.
Der Verfasser hat nunmehr auch die gleichzeitigen Untersuchungen auf das Tellerventil
mit Unterführung, ferner auf das Kegelventil mit ebener Unterfläche und oberer
Führung, endlich auf das Kegelventil mit kegelförmiger Unterfläche und Oberführung
ausgedehnt und erledigt. Als wesentliche Ergebnisse derselben wären anzuführen:
a) Das ebensitzige Ventil mit Unterführung steigt anfänglich viel rascher, als das
ebensitzige Ventil mit ebener Unterfläche und Oberführung, es erfordert einen
gröſseren Ueberdruck, eine gröſsere Belastung.
b) Das Kegelventil mit ebener Unterfläche und Oberführung hebt sich nur auf etwa ⅓
der Höhe, auf welche das ebensitzige Tellerventil mit ebener Unterfläche und
Oberführung unter sehr nahe gleichen Umständen; es schlieſst nicht stoſsfrei ab,
während das letztere Ventil ohne Stoſs abschlieſst. Der Schluſs des ersteren
Ventiles ist noch rechtzeitig, aber nicht stoſsfrei; dieser rechtzeitige
Ventilschluſs bleibt bei willkürlicher Vergröſserung der Ventilerhebung erhalten;
der nachtheilige Einfluſs der Beschränkung des Hubes für ebensitzige Tellerventile
mit Oberführung besteht auch für das Kegelventil; die Beziehungen zwischen den
Umdrehungszahlen und Kolbenhüben unter Voraussetzung des rechtzeitigen und
stoſsfreien Schlusses des ebensitzigen Ventiles treffen zu für die Kegelventile bei
rechtzeitigem, aber nicht mehr stoſsfreiem Schlusse derselben.
c) Das Kegelventil mit kegelförmiger Unterfläche und Oberführung verhält sich im Wesentlichen so wie das unter b) hervorgehobene
Ventil.
Nicht zu übersehen sind endlich die Ergebnisse jener Sonderversuche, die seitens des
Verfassers zur Sicherstellung des Einflusses der Weite des Ventilgehäuses und der
Höhenlage des Abfluſsrohres desselben Gehäuses gegenüber dem Druckventile erledigt
wurden. In diesen beiden Richtungen wurde sicher gestellt, daſs die Ventilbelastung
abhängig von der Weite des Ventilgehäuses ist und diese beide Gröſsen sich im
umgekehrten Verhältnisse ändern; daſs dasselbe Ventil in einem engeren Gehäuse höher
steigt und innerhalb gewisser Grenzen der stoſsfreie Schluſs eines Ventiles durch
Erweiterung von dessen Gehäuse wieder erreicht werden kann. Hinsichtlich der
erwähnten Höhenlage der Abfluſsöffnung aus dem Ventilgehäuse hat sich das
wesentliche Versuchsresultat ergeben, daſs die Grenze des rechtzeitigen
Ventilschlusses von der Höhenlage der Abfluſsöffnung gegen die Ventilplatte nicht
wesentlich abhängig ist.
d) Die Hauptgesetze betreffend die Bewegung und den Ueberdruck der Druckventile, betreffend die Beziehungen zwischen
Umgangszahlen, Kolbenhüben, die Grenze des stoſsfreien Schlusses für dieselben
gelten auch im Allgemeinen für die gleichartigen Ventile, wenn sie als Saugventile Anwendung linden.
Ueberblickt man das von dem Verfasser nach einjährigem Bemühen bewältigte
Versuchsmaterial, die Methoden zur Gewinnung und Ausbeute desselben, ferner die
Endergebnisse und deren Nachweise wie Ueberprüfung, so muſs von Jedem, welchem die
Schwierigkeiten der Einleitung wie Durchführung derartiger
praktisch-wissenschaftlicher Versuche bekannt sind, anerkannt werden, daſs dem
Verfasser eine auſserordentliche, sowohl für die theoretische Maschinenlehre als
auch für den constructiven Maschinenbau bedeutungsvolle Leistung gelungen ist, durch
welche nicht nur zur Aufklärung und Sicherstellung nicht weniger, bisher gar nicht
klar erkannter Erscheinungen und innerer Vorgänge beim Betriebe von Pumpen mit
selbstthätigen Ventilen Wesentliches geliefert wurde, durch welche Studie aber auch
auf dem einzig richtigen Wege des wissenschaftlichen Versuches allgemeine Gesetze über die Bewegungs- und Pressungsverhältnisse
der bezeichneten Ventile erforscht wurden, deren Bedeutung überhaupt und Anwendung,
innerhalb der Grenzen des angegebenen Versuchsgebietes, gesichert, deren Auffindung
als ein wesentlicher Fortschritt für die theoretische wie constructive Behandlung
der Pumpen bezeichnet werden muſs.
Figuren zu Bach's „Versuche zur
Klarstellung der Bewegung selbstthätiger Pumpenventile“:
Fig. 1, gewöhnliches
Ventildiagramm; s = 0m,20; A rasche Erhebung, B Anlegen gegen die Hubbegrenzung, C Schlag und verspäteter Schluſs.
Fig. 2, gewöhnliches
Ventildiagramm; s = 0m,140; A rasche Erhebung, B höchste Lage des Ventiles, C nicht stoſsfreier Schluſs.
Fig. 3, verschobenes
Ventildiagramm; s = 0m,100; c stoſsfreier Schluſs des
Ventiles.
Fig. 1., Bd. 265, S. 360Fig. 2., Bd. 265, S. 360Fig. 3., Bd. 265, S. 360Fig. 4., Bd. 265, S. 360Fig. 5., Bd. 265, S. 360Fig. 6., Bd. 265, S. 360Fig. 7., Bd. 265, S. 360Fig. 8., Bd. 265, S. 360Fig. 4, verschobenes Ventildiagramm; s = 0m,150; c Ventilschlag.
Fig. 5, gewöhnliches
Kolbendiagramm, mit Fig. 6, verschobenes
Kolbendiagramm; d Pressungserhöhung in Folge
Pufferwirkung des aufströmenden Wassers gegen das rasch sinkende Ventil.
Fig. 7, gewöhnliches
Ventildiagramm; Hub des Ventiles begrenzt. D1D1 bezieh. D2
D2.
Fig. 8, verschobenes Kolbendiagramm
mit Darstellung der einzelnen Versuchsabschnitte behufs endlicher Bestimmung des
Ventilüberdruckes; nn = Linie der gröſsten
Ventilunterpressung; gg atmosphärische Linie.
Prof. H. Gollner.