Titel: | Elektrische Beleuchtung von Eisenbahnzügen. |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 456 |
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Elektrische Beleuchtung von
Eisenbahnzügen.
Elektrische Beleuchtung von Eisenbahnzügen.
Auf der Main-Neckar-Bahn verkehrt nach dem Gastechniker 1887 Bd. 8 S. 135 zwischen Frankfurt a. M.
und Heidelberg seit dem 7. Mai d. J. ein elektrisch beleuchteter Zug. Die Speisung
der in den Wagen befindlichen Glühlampen Bernstein: I.
Klasse 10 Kerzen, II. Klasse 5 Kerzen, III. Klasse 3 bis 5 Kerzen stark geschieht
durch Stromsammler (Accumulatoren), und zwar sind zwei Sammelbatterien (System de Khotinsky) angeordnet. Die eine derselben wird
während der Fahrt geladen, indem durch eine Riemen Verbindung mit der Wagenachse die
Welle der im Gepäckwagen untergebrachten Dynamomaschine in Umdrehung versetzt wird.
Erst wenn die Fahrgeschwindigkeit eine gewisse Gröſse erreicht hat, wird durch eine
sinnreiche Vorrichtung die Verbindung der Maschine mit dem Stromsammler selbstthätig
hergestellt und in gleicher Weise aufgehoben, sobald die Zuggeschwindigkeit unter
die bestimmte Grenze sinkt. Während der Aufenthalte auf den Stationen und während
des An- und Abfahrens kann daher keine Entladung des Sammlers in die Maschine und
dadurch Kraftverlust stattfinden. Die zweite Sammelbatterie speist während dieser
Zeit die Glühlampen; da dieselbe mit der Dynamomaschine nicht in Verbindung ist, so
ergibt sich ein auſserordentlich ruhiges und angenehmes Licht, Wenn die Spannung in
Folge der Entladung unter eine gewisse Grenze sinkt, so genügt eine einfache
Umschaltung, um nun diese Batterie mit der Dynamomaschine, dagegen die frisch
geladene Batterie mit den Lampen in Verbindung zu bringen. Die An- und Abkuppelung
der Wagen macht keine Schwierigkeit; sinnreiche Vorkehrungen verhindern durch
Einschalten gröſserer oder geringerer Widerstände eine übermäſsige Stromstärke
während des Ladens und ermöglichen es, das Aushängen bezieh. Einschieben von Wagen
zu bewirken, ohne daſs Störungen eintreten. Die Einrichtung ist von der Elektrotechnischen Fabrik in Cannstatt
hergestellt.Vgl. Stock 1885 257
118.
Die elektrische Beleuchtung auf der Glasgower unterirdischen
Eisenbahn wird auf sehr einfache und zweckmäſsige Weise bewirkt. Der Strom
wird durch eine Dynamomaschine auf einer Station erzeugt; die eine Leitung bilden
die gewöhnlichen Schienen, die andere eine dritte, in der Mitte liegende. Die
mittlere Schiene, welche die ganze Länge des Tunnels entlang läuft, besteht aus
einem ⊤-Eisen, welches 4 oder 5 Zoll hoher steht als die
gewöhnliche Linie und zwar auf Isolatoren aus glasirtem Thon. Unter jedem Wagen sind
in entsprechender Höhe zwei horizontale Contactscheiben von Guſsstahl angebracht.
Von diesen führen Drähte zu je zwei Glühlampen für jede Wagenabtheilung; nur die
eine der Lampen brennt, während die andere automatisch sich entzündet, wenn die
erstere versagt. In Folge dieser Anordnungen entzünden sich die Lampen beim
Eintritte und verlöschen beim Austritte, leuchten eben sowohl, wenn der Zug in
Bewegung ist, als wenn er steht. Da keine Verbindung zwischen den einzelnen Wagen
besteht, so können dieselben beliebig ein- und ausrangirt werden.
Auf der Connecticut-River-Eisenbahn (Nordamerika) ist
ferner nach der Oesterreichischen Eisenbahn Zeitung,
1887 Nr. 20 S. 315 kürzlich ein Personenzug behufs Versuchen mit einer Einrichtung
zur elektrischen Beleuchtung der Wagen versehen worden, bei welchem die
Dynamomaschine, die sich im Gepäckwagen befindet, von der Achse des Wagens getrieben
wird. Um jedoch eine gleichförmige Bewegung der Lichtmaschine trotz der wechselnden
Geschwindigkeit des Wagens zu erzielen, ist ein besonderer
Geschwindigkeits-Regulator eingeschaltet; ebenso ist für die Fälle, wenn der Wagen
sich im Stillstande befindet, vorgesorgt, daſs in jedem Wagen genug
Elektricitätsmenge aufgespeichert wird, welcher Vorrath immer ergänzt wird, sobald
der Wagen wieder in Lauf gesetzt wird. Die Verbindung der einzelnen Wagen erfolgt
durch eine automatische Kuppelung. In jedem Wagen befinden sich 10 Lampen im Inneren
und eine auf jeder Plattform.
Auf der Boston- und Albany-Eisenbahn ist ein Zug mit
elektrischer Beleuchtung installirt worden, bei welcher Julien-Accumulatoren in Anwendung sind. Dieser Zug verkehrt nunmehr
regelmäſsig zwischen New-York und Boston.
Die umfassendste Anwendung des elektrischen Lichtes dürfte die Compagnie internationale des Wagons-Lits durchgeführt
haben, welche ihre Restaurationswagen mittels der Batterie Desruelles beleuchtet. Diese Gesellschaft hat zuerst in Frankreich das
Oelgas durch die elektrische Beleuchtung ersetzt, namentlich von
Gesundheitsrücksichten geleitet. Wie in dem Génie civil
1887 * S. 181 ausführlich dargestellt wird, kommen in den verschiedenen Abtheilungen
jedes Wagens 21 Lampen zur Verwendung, 19 zu 5 Kerzen und in den Waschräumen 2 zu
2,5 Kerzen. Die Batterie ist eine Kohle-Zink-Batterie mit zwei Flüssigkeiten, hat
nur 0,07 Ohm inneren Widerstand bei 2,19 Volt elektromotorischer Kraft; gewöhnlich
läſst man sie mit 6 bis 8 Ampère arbeiten und da vermag sie 200 Ampère-Stunden zu
liefern (vgl. Stroudley 1886 260 332).