Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Fundstelle: | Band 265, Jahrgang 1887, S. 460 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Schluſs des Berichtes S. 410 d.
Bd.)
Morgen, über Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
VIII. Allgemeines und
Theoretisches.
Ueber die zulässigen Fehler bei geaichten Alkoholometern
bringt die Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 Bd.
9 S. 472 in einem mit W. unterzeichneten Aufsatz sehr
beachtenswerthe Mittheilungen, denen wir das Folgende entnehmen. Die gesetzlich
zulässigen Fehlergrenzen betragen:
An der Alkoholo-meterscala
An der Thermo-meterscala
Für Normal-Thermo-Alkoholo- meter, deren Alkoholscala
in 1/5 oder 1/10 Proc. getheilt ist.
± 0,1 Proc. Trll.
± 0,18°
Für Thermo-Alkoholometer, de- ren Alkoholscala in ½
Proc. getheilt ist.
± 0,25 Proc. Trll.
± 0,37°
Hiernach können bei Instrumenten mit der noch zulässigen Fehlergrenze Differenzen
entstehen, welche in extremen Fällen bei den Normal-Thermoalkoholometern 0,32 Proc.,
bei den nur in ½ Proc. getheilten Alkoholometern bis zu 0,74 Proc. betragen können.
Verfasser warnt daher bei der Abnahme des Spiritus, die gewöhnlich geaichten
Alkoholometer zu benutzen, da die Sicherheit der richtigen Abnahme bei den
Normal-Alkoholometern eine bedeutend gröſsere ist, besonders auch dadurch, daſs für
diese Instrumente der zulässige Fehler an der Thermometerscala innerhalb viel
engerer Grenzen liegt. Verfasser macht weiter auf eine Notiz in den Mittheilungen der Kaiserl. Normalaichungscommission
(Nr. 2), welche sich auf Thermoalkoholometer für Alkohol arme Flüssigkeiten bezieht,
aufmerksam. In dieser wird gesagt, daſs diese Instrumente Scalen von 0 bis 50, oft
sogar bis 60 Proc. haben, wodurch die Apparate unhandlich werden. Es wird darauf
hingewiesen, daſs den Scalenangaben von 0 bis 10, selbst bis 15 Proc. jede Bedeutung
für den Verkehr fehlt, daſs ferner die Prüfung der Scalenangabe unter 10 Proc. bei
der Aichung in der Regel unterbleibt. Es wird daher empfehlenswerth sein, diesen
Instrumenten nur eine Scaleneintheilung von 10 bis 50 Proc. zu geben.
Zur Spiritusablieferung. Einer eingehenden Erörterung
dieser Frage, welche Wittelshöfer in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 512
gibt, entnehmen wir das Folgende. Bei dem jetzt üblichen Modus der
Spiritusablieferung nach dem Volumen wird zwar die wahre Stärke des Spiritus berücksichtigt, nicht aber das Volumen desselben; es wird daher die Abrechnung nach wahrer Stärke, aber nach scheinbarem Volumen vorgenommen, weil einerseits wohl die Stärke, nicht aber das Volumen auf die
Normaltemperatur reducirt wird. Ueberall da, wo die Ablieferungstemperaturen unter
der Normaltemperatur liegen – und dieses ist die Mehrzahl der Fälle – wird daher
mehr Spiritus geliefert als bezahlt. Es ist dieses also ein Ablieferungsmodus,
welcher überhaupt gar nicht angethan ist, das wirkliche Quantum der Waare, welches
zur Ablieferung steht, in Rechnung zu ziehen. Diese Uebelstände lassen sich auf
zweierlei Weise beseitigen. Einmal durch Einführen eines Verfahrens, welches die
Festsetzung des richtigen Volumens gestattet. Hierzu ist nur nothwendig eine
nochmalige Ablesung der Temperatur des Spiritus in den Fässern. Alsdann kann man mit
Hilfe von Tabellen, welche sich in der Sammlung von
alkoholometrischen Reductions- und Hilfstabellen, herausgegeben von der Kaiserl.
Normalaichungscommission, Berlin 1871, ferner auch im Kalender für landwirthschaftliche Gewerbe finden, aus
dem scheinbaren Volumen das wirkliche Volumen berechnen. Ein zweites Mittel, um den
genannten Uebelstand zu beseitigen, bietet der Spiritushandel nach Gewicht. Hierbei
muſs jedoch die Umrechnung auf Grund der wahren und
nicht der scheinbaren Stärke des Spiritus erfolgen. Da
hierüber vielfach Unklarheit herrscht, ist dieser Punkt wohl zu beachten, und bei
Geschäftsabschlüssen empfiehlt es sich, die Art der Berechnung genau und
unzweifelhaft festzustellen. Ein anderer Punkt, welcher beim Gewichtshandel zu
berücksichtigen ist, ist die Frage nach den Tabellen, welche bei der Berechnung
benutzt werden sollen. Hauptsächlich in Gebrauch sind die Tabellen von Meves und die von Conradi,
letztere herausgegeben im Auftrage des Preuſsischen
Finanzministeriums und bei der Steuerabfertigung im Gebrauche, ferner die
Tabellen der Kaiserl. Normalaichungscommission. Wie
sehr diese Tabellen unter einander differiren, zeigt Verfasser an einer
Zusammenstellung. In dieser geben die Tabellen von Meves bei den Alkoholstärken von 80 bis 95 Proc. für 500k Nettogewicht das Volumen um durchweg 0l,6 zu niedrig an. Die Conradi'schen Tabellen zeigen in 6 Fällen zu Gunsten der Ablieferer eine
durchschnittliche Differenz von 0l,2, in 9 Fällen
zu Ungunsten der Ablieferer eine solche von 0l,5.
Verfasser führt noch weitere, ähnliche Beispiele an und empfiehlt dann den
Interessenten, weder die Meves'schen noch die Conradi'schen Tabellen, sondern stets die amtlichen
bezieh. die im Kalender für landwirthschaftliche
Gewerbe enthaltenen bei der Berechnung zu Grunde zu legen. Verfasser macht
ferner darauf aufmerksam, daſs die Conradische Sammlung
unter Nr. 1 eine Tabelle zur Ermittelung der wahren Alkoholstärke bei 15,5° enthält,
welche mit den jedem Alkoholometer beigegebenen Reductionstabellen nicht
übereinstimmt. Eine scheinbare Stärke von 85 Proc. entspricht z.B. nach den
Reductionstabellen bei 2,5° = 88,5, bei 6,2° = 87,5, während Conradi für die Temperaturen zwischen 2,5 und 6,2° nur die eine Angabe von
88 macht.
Studien über Diastase. Von C. J.
Lintner. Die vom Verfasser in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1886 Bd. 9 S. 495 und 503 (daselbst nach dem Journal für praktische Chemie, neue Folge 1886 Bd. 34
S. 378) veröffentlichten Untersuchungen über Diastase
haben ausschlieſslich die Isolirung und Reinerhaltung der Diastase, sowie die Ermittelung ihrer Zusammensetzung und chemischen Eigenschaften
zum Gegenstande, während der Verfasser Untersuchungen über die fermentative Wirkung
der isolirten Diastase einer späteren Veröffentlichung vorbehält. Zum Studium der
Diastasewirkung verwendete man bisher ausschlieſslich Malzextract. Da ein Einfluſs der im Malzextract enthaltenen sonstigen
Bestandtheile auf die Wirkung der Diastase nicht ausgeschlossen ist, so richtete
Verfasser sein Augenmerk zunächst auf die Isolirung des Fermentes, um dann an diesem
die Eigenschaften desselben näher zu studiren. Als Kriterium für den Werth der
angewandten Darstellungsmethode, sowie für die Reinheit des gewonnenen Productes
diente die quantitative Prüfung der fermentativen Wirkung desselben. Ein Verfahren
zur Bestimmung der Diastasewirkung ist bekanntlich zuerst von Kjeldahl ausgearbeitet und später von Lintner verbessert. In Betreff dieses Verfahrens
verweisen wir auf ein Referat in dieser Zeitschrift 1886 259 335. Um einen geeigneten Ausdruck für die Diastasewirkung zu finden,
setzt Verfasser das Fermentativvermögen der gefällten Diastase = 100, wenn von einer Lösung, enthaltend 0g,1 Diastase in 250cc Wasser 0cc,3 ausreichend waren, um in
10cc einer 2procentigen Stärkelösung bei
gewöhnlicher Temperatur und bei 1 Stunde Einwirkungsdauer so viel Zucker zu
erzeugen, um 5cc
Fehling'sche Lösung zu reduciren.
Gewinnung der Diastase.
Verfasser unterwarf die bisher zur Gewinnung der Diastase in Vorschlag gebrachten
Methoden einer eingehenden Prüfung. Es kamen hierbei hauptsächlich folgende
Methoden in Betracht: Extraction mit Wasser und Glycerin, Fällen des Extractes
mit Alkohol, entweder direkt oder nach vorherigem Erhitzen auf 70°, Fällung der
Diastase durch Erzeugung voluminöser Niederschläge (Calciumphosphat), Fällen mit
Kochsalz u.s.w. Die nach diesen verschiedenen Verfahren erhaltenen Präparate
zeigten folgendes Fermentativvermögen = F:
F
Erwärmen auf 70°
3,4
Ohne Erwärmen mit Alkohol gefällt
26,6
Methode von v. Wittich (Archiv
für Physiologie. Heft 2 S. 107, Heft 3 S. 339 bis
352)
9,2
Fällung mit Kochsalz
17,8
Dagegen wurde ein sehr günstiges Resultat durch einfache Extraction mit Wasser
und Fällung mit Alkohol erzielt, denn die nach diesem Verfahren erhaltene
Diastase zeigte ein Fermentativvermögen von 96. Auf Grund dieser Versuche gibt
Verfasser folgende Vorschrift zur Gewinnung wirksamer Rohdiastase:
1 Th. Gerstengrünmalz oder abgesiebtes Luftmalz wird mit 2 bis
4 Th. 20procentigen Alkohols 24 Stunden oder länger digerirt; der Alkoholzusatz
gestattet eine längere Extraction, da er eine sonst leicht eintretende Säuerung
verhindert. Das abgesaugte Extract wird mit dem 2fachen, höchstens 2½fachen
Volumen absoluten Alkohols gefällt. Es ist nicht gut, mehr Alkohol zur Fällung
zu verwenden, da sonst nur noch schleimige Substanzen mit wenig Diastase gefällt
werden. Etwas Diastase bleibt allerdings im Alkohol gelöst, die Menge ist aber
so gering, daſs deren Gewinnung nicht verlohnt. Der Niederschlag scheidet sich
beim Umrühren in gelblichweiſsen Flocken ab, die sich rasch zu Boden setzen. Die
über dem Niederschlage stehende Flüssigkeit wird abgegossen, während man
ersteren auf ein Filter bringt und den Alkohol möglichst rasch absaugt. Alsdann
behandelt man den Filterrückstand in einer Reibschale mit absolutem Alkohol,
filtrirt wieder unter Auswaschen mit absolutem Alkohol, behandelt den
Niederschlag in der Reibschale mit Aether und stellt denselben nach dem
Absaugen, um ihn zu trocknen, ins Vacuum über Schwefelsäure. Die gründliche
Entwässerung mit Alkohol und Aether ist nöthig, um die Diastase als lockeres,
gelblichweiſses Pulver von kräftiger Wirksamkeit zu erhalten. Bei unvollkommener
Entwässerung färbt sich das Präparat unter der Luftpumpe dunkel und nimmt eine
horn-artige Beschaffenheit an, wobei es an Wirksamkeit verliert. Auch bei noch
so langem Stehen im Vacuum über Schwefelsäure hält die Diastase geringe Mengen
von Alkohol zurück, die erst durch Trocknen bei 105° entfernt werden können. Da
hierbei jedoch die Wirksamkeit des Fermentes vermindert wird, so darf ein
solches Trocknen bei denjenigen Proben, welche zur Bestimmung des
Fermentativvermögens dienen sollen, nicht stattfinden. Die gefällte Diastase
wird nur schwer von Wasser benetzt und muſs daher vor ihrer Verwendung stets mit
wenig Wasser in der Reibschale angerieben werden.
Versuche zur Reinigung der Diastase und zur Ermittelung
ihrer Zusammensetzung und chemischen Eigenschaften.
Als wesentlichstes Mittel zur Reinigung diente wiederholtes Auflösen in Wasser
und Fällen mit Alkohol, ferner zur Entfernung der Aschenbestandtheile die
Dialyse. Von der von Loew (Archiv für Physiologie
1882 S. 203) in Vorschlag gebrachten Anwendung von Bleiessig muſste Abstand
genommen werden, da Versuche zeigten, daſs durch Bleiessig eine tief
eingreifende Veränderung der Diastase stattfindet, indem das Fermentativvermögen
von 96 auf 25 herabging.
Es wurde daher allein die wiederholte Fällung mit Alkohol in
Anwendung gebracht und zwar in der Weise, daſs der Niederschlag jedesmal nach
längerem Stehen unter Alkohol und Waschen mit Aether getrocknet wurde. Hierdurch
wurde bezweckt, die eiweiſsartigen Stoffe unlöslich zu machen. Bei der
erstmaligen Fällung mit Alkohol fällt unter Umständen eine beträchtliche Menge
Stickstoff freier Extractstoffe mit, welche Fehling'sche Lösung reduciren (Dextrin artige Körper). Durch
wiederholte Fällung können diese Substanzen entfernt werden. Die von ihnen
befreite Diastase reducirt weder direkt noch nach dem Behandeln mit Salzsäure
Fehling'sche Lösung. Die auf dem Wasserbade
eingedampfte Lösung färbt sich nicht mehr braun. Sehr hartnäckig werden die
Aschenbestandtheile (neutrales Calciumphosphat) zurückgehalten. Frisch gefälltes
Ferment enthält 16 Proc. Asche, nach 6 maliger Fällung noch 10 Proc. Durch
Dialyse kann der Gehalt auf 5 Proc. reducirt werden. Zwischen der
Diastasewirkung und dem Stickstoffgehalte bestehen interessante Beziehungen. Ein
Präparat mit F = 24 hatte 5,1 Proc. N, nach zweimaliger Fällung war F = 3,43 und N = 7,5
Proc. Ein anderes Präparat zeigte F = 71 und hatte
8,89 Proc. N. Ein Präparat aus Grünmalz mit F = 96 enthielt 8,3 Proc. N; dasselbe zweimal gefällt zeigte F =
100 und 9,06 Proc. N. Dieses Präparat, der Dialyse
unterworfen und nochmals gefällt, behielt das gleiche Fermentativvermögen,
während der Gehalt an Stickstoff sich auf 9,9 Proc. erhöhte (in Folge der Verminderung des
Aschengehaltes von 10,6 auf 4,79 Proc). Auf Asche freie Substanz berechnet
betrug der Gehalt an N = 10,41 Proc. Diese Versuche
beweisen, daſs die Diastase ein Stickstoff haltiger Körper ist, und daſs das
Fermentativvermögen der rohen Präparate um so höher ist, je Stickstoff reicher
dieselben sind. Ein Gehalt von 10,41 Proc. N für
die Asche freie Substanz scheint aber der höchste zu sein, welcher durch
Reinigung von Rohdiastase zu erreichen ist.
Hieraus geht aber hervor, daſs die Diastase ein Körper ist, welcher nicht den
gleichen Stickstoffgehalt besitzt wie die Eiweiſskörper. Denn wäre dieses der
Fall, so hätte die Diastase mit 10,41 Proc. N noch
etwa 34 Proc. stickstofffreier Stoffe enthalten müssen, deren Abwesenheit sich
jedoch dadurch kund gab, daſs das Präparat, selbst nach dem Kochen mit
Salzsäure, Fehling'sche Lösung nicht reducirte. Es
konnte daher, auch in Anbetracht des hohen Fermentativvermögens, das vorliegende
Präparat als sehr rein angesehen werden. Die Elementaranalyse desselben
ergab:
C
= 44,33
Proc.
H
= 6,98
„
N
= 8,92
„
S
= 1,07
„
O
= 32,91
„
Asche
= 4,79
„
Auf Asche freie Substanz berechnet:
C
= 46,66
Proc.
H
= 7,35
„
N
= 10,41
„
S
= 1,12
„
Die Zusammensetzung der Diastase weicht daher wesentlich von derjenigen der
Eiweiſskörper ab, wie dieses auch bei anderen Fermenten (Pankreasferment,
Invertin, Emulsin) der Fall ist. Man muſs daher annehmen, daſs die chemischen
Fermente (die Enzyme) eine besondere Klasse von Proteinsubstanzen darstellen;
denn zu den Proteinstoffen muſs man sie, sowohl wegen ihres chemischen, als
physikalischen Verhaltens rechnen. Die Diastase gibt fast alle Reactionen der
Eiweiſskörper, nicht aber die für Peptone so charakteristische Biuretreaction.
Dagegen zeigt die Diastase gegen Guajaktinktur und
Wasserstoffsuperoxyd eine sehr
charakteristische Reaction, welche kein Proteinkörper gibt; diese Reaction
scheint, in bestimmter Weise ausgeführt, für die Diastase ganz besonders charakteristisch zu sein.
Die vom Verfasser aus Luftmalz oder Grünmalz dargestellten Präparate zeigten
folgende Reactionen:
Mit Fehling'scher Lösung weder
direkt, noch nach dem Kochen mit Salzsäure Reduction, während Rohdiastase
reducirend wirkt.
Beim Kochen der wässerigen Lösung
Trübung oder Ausscheidung von Flocken, ebenso auf Zusatz von Salzsäure; letzterer Niederschlag verschwindet beim
Verdünnen, löst sich in Natronlauge.
Durch Essigsäure Niederschlag, im
Ueberschuſs löslich.
Mit Sublimat, Bleiessig,
Essigsäure und Ferrocyankalium
Niederschläge.
Mit Salpetersäure und mit Millon's Reagens Eiweiſsreaction.
Trockene Diastase mit wenig rauchender
Salzsäure gelinde erwärmt gab eine intensive Violettfärbung.
In Betreff der Guajakreaction sei
Folgendes bemerkt. Dieselbe ist bekanntlich zuerst von Schönbein (Archiv für Physiologie, 1868 S. 367) aufgefunden und als charakteristisch
für alle Fermente bezeichnet. Verfasser fand, daſs die Reaction weit
empfindlicher ist, wenn man statt der wässerigen eine alkoholische Guajaklösung verwendet, welche man einfach durch Lösen
einiger Körnchen Guajakharz in absolutem Alkohole erhält. Die Lösung muſs stets
frisch bereitet werden, da sie bei längerem Aufbewahren an Empfindlichkeit
verliert. Zu 1 bis 2cc der Lösung setzt man
einige Tropfen käufliches Wasserstoffsuperoxyd; entsteht hierdurch eine Trübung,
so fügt man so viel Alkohol hinzu, bis dieselbe verschwindet. In dieser Lösung
entsteht auf Zusatz eines Tropfens einer Diastaselösung (0g,1 Diastase auf 200cc) sofort eine intensive Blaufärbung.
Entscheidend ist die Reaction nur, wenn sie innerhalb weniger Minuten auftritt.
(Vgl. Baranetzky: Die stärkeumbildenden Fermente in den
Pflanzen. Leipzig 1878 S. 8.) Lösungen von Lab, Speichel, Pepsin,
Invertin gaben unter den gleichen Bedingungen keine Blaufärbung. Die Reaction
bleibt aus, wenn die Diastaselösung kurze Zeit gekocht oder ihr Säure oder
Alkali zugesetzt wurde, also unter den gleichen Bedingungen, bei denen sie auch
ihre fermentativen Eigenschaften einbüſst. Mit der Guajakreaction können die
geringsten Mengen von Diastase nachgewiesen werden, so im Weichwasser von
Gerste, Mais, Weizen u.s.w. Der bei der Reaction auftretende blaue Farbstoff ist
löslich in Aether, Benzol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff und kann durch diese
Lösungsmittel der Alkohollösung leicht entzogen werden.
Die groſse Aehnlichkeit der Diastase in ihren Eigenschaften mit den
Eiweiſskörpern, ferner das Auftreten der Diastase in groſser Menge bei der
Keimung, also einem Oxydationsprozesse, legt die schon von Hüſner für die Entstehung der Fermente überhaupt
ausgesprochene Vermuthung, daſs auch die Diastase ein Oxydationsproduct der
Eiweiſsstoffe ist, nahe. Von welchen Proteinstoffen dieselbe abstammt, ist noch
nicht ermittelt. Daſs nicht alle Proteinstoffe gleich geeignet sind, Diastase zu
erzeugen, geht aus der Thatsache hervor, daſs die proteinreichsten Getreidesamen
bei der Keimung nicht auch am meisten Diastase liefern.
Ueber eine neue Art der Anwendung der Diastase in der
Brennerei und ihre Verwendung für die Praxis. Von Georges Porion (Bulletin de la Société industrielle du
Nord de la France, 1886 S. 91 ff.). Bisher ist es immer das Bestreben
gewesen, durch Einwirkung der Diastase bei 60 bis 70° auf Stärkemehl in
kürzester Zeit die gröſstmögliche Menge von gährungsfähigem Zucker zu erzeugen.
Dieses entspricht nicht dem Vorgange, wie er bei der Keimung stattfindet, wo
sich der diastatische Prozeſs dem Lebensprozesse der Pflanze unterordnet und
sich die Umbildung von Stärke in Zucker nur allmählich, und zwar in dem Maſse
vollzieht, als der Zucker von der Pflanze verbraucht wird. Durch einen Versuch
läſst sich dieser Vorgang nachahmen. Diastase wirkt auf unveränderte Stärke
nicht zuckerbildend ein, wohl aber wenn man Hefe zusetzt; letztere ersetzt hier
die Pflanze, indem sie durch Alkoholbildung den Zucker verzehrt und dadurch eine
Anhäufung des Zuckers, durch welche die Wirkung der Diastase gehemmt wird,
unmöglich macht. Analogien für diesen Vorgang finden sich vielfach, – die
alkoholische Gährung, ebenso die Milchsäuregährung hören auf, wenn eine
bestimmte Menge der Gährungsproducte sich gebildet hat, beginnen aber nieder,
sobald diese entfernt werden. So kann man auch Stärke vollständig durch Diastase
in Zucker umwandeln, wenn man den gebildeten Zucker durch Dialyse
entfernt, (Ueber den Nachtheil, der durch Thätigkeit von Fermenten gebildeten
Producte auf die Wirksamkeit der Fermente vgl. auch unser Referat über Wirkung
von Diastase und Invertin von Müller-Thurgau, S.
324 d. Bd.) Aus diesen Beispielen ist es auch klar, daſs eine vollständige
Umwandlung der Stärke in Zucker in einem einzigen Prozeſs kaum möglich ist, da
die Diastase auf das gleichzeitig gebildete, nicht gährungsfähige Dextrin erst
dann einzuwirken vermag, wenn der die Wirkung hemmende Zucker durch die Gährung
entfernt ist. In der Praxis sucht man die schädliche, zu groſse Anhäufung von
Zucker vielfach durch Verdünnen zu beseitigen. Trotzdem die Diastase für sich
allein, ohne gleichzeitige Thätigkeit eines anderen Organismus, durch welchen
der gebildete Zucker entfernt wird, nur wenig auf Stärke einzuwirken vermag,
kann man doch eine möglichst gute Umbildung erreichen, wenn man die Stärke
verkleistert und dadurch der Diastase zugänglicher macht, und wenn man
andererseits groſse Mengen Diastase und zwar lange Zeit einwirken läſst.
Verfasser zeigt nun, daſs derselbe Erfolg aber auch auf andere Art zu erreichen
ist, nämlich dadurch, daſs man die Diastase nur bei der
Gährungstemperatur und gleichzeitig mit Hefe einwirken läſst. Durch die
Hefe wird der gebildete Zucker entfernt, dadurch die Diastase immer wirksam
erhalten, andererseits durch die niedrige Temperatur eine Schwächung der
diastatischen Kraft vermieden. Führt man zwei Versuche unter sonst ganz gleichen
Bedingungen aus, indem man Malz und Bierhefe mischt, das eine Mal, nachdem man
die Stärke des Malzes durch Erwärmen auf 60° verkleistert hat, das andere Mal
ohne Verkleisterung, so erhält man die gleiche Ausbeute an Alkohol.
Verfasser führt nun einen Versuch an, bei welchem 275k Mais mit der vierfachen Menge Wasser bei
100° verkleistert, auf Gährungstemperatur abgekühlt, mit 4k Bierhefe und 375g (= 0,13 Proc. der angewandten Menge Mais) Malz versetzt wurden. Es
wurden erhalten 58l Alkohol = 21 Proc. der
angewandten Maismenge. Bei diesem Versuche ist allerdings etwa ⅓ der Stärke
nicht in Alkohol, also auch nicht in Zucker übergeführt worden. Man könnte nun
meinen, daſs die zu geringe Menge Diastase die Schuld trägt. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Zwei weitere Versuche, welche der Verfasser zur Entscheidung
hierüber ausführte, zeigten, daſs bei Verwendung von 0,15 Proc. des
Maisgewichtes an Malz 88,69cc Alkohol, bei
Verwendung der doppelten Menge (also 0,30 Proc.) nur 90,93, also nur 2cc mehr Alkohol erhalten wurden. Die Ursache
für den ungünstigen Erfolg des oben angeführten Versuches ist darin zu suchen,
daſs die Anhäufung von Alkohol und Säure, welche bei der Gährung gebildet
wurden, die Wirkung der Diastase abgeschwächt haben.
Verfasser schlieſst daraus, daſs die Menge des zu gewinnenden Alkohols weniger
von der angewandten Menge Diastase, als von den Bedingungen, unter denen
letztere zur Anwendung kommt, abhängig sein wird. Da die Wirkung der Diastase,
wie oben gezeigt, durch gleichzeitige Einwirkung von Hefe erleichtert wird,
macht Verfasser den Vorschlag, die Wirkung der Diastase in den Gährbottich zu
verlegen, also Zuckerbildung und Gährung sich gleichzeitig und neben einander
vollziehen zu lassen.
Ein solches Verfahren würde natürlich Veränderungen in der Zubereitung der
Rohmaterialien bedingen, welche jedoch einfacher Natur sein würden. Das
Verfahren brächte auſser einer Malzersparniſs eine Ersparniſs an Material, sowie
an Wärme und bewegender Kraft mit sich. Im Groſsen würde sich die Methode im
Wesentlichen etwa in folgender Weise gestalten:
Der Mais wird in ganzen Körnern
in einem geeigneten Apparate (etwa wie der Macerationsapparat von Champonnois) mit der dreifachen Menge heiſsen
Hassers auf 100° erhitzt und 5 bis 6 Stunden bei nicht unter 95° stehen
gelassen. Dabei verändert sich das Aeuſsere des Kornes nicht, die Stärke wird
jedoch vollständig verkleistert, indem das Wasser bis in das Innere des Kornes
eindringt. Die gebildete Flüssigkeit läſst man abflieſsen. Dieselbe enthält
Stärkemehl und einige Maiskörner. Sie kann entweder direkt in den Gährbottich
gelassen werden, oder aber besser zum Dämpfen neuer Mengen Mais Verwendung
finden. Den gedämpften Mais läſst man abtropfen und auf geeigneten Vorrichtungen
in flacher Schicht ausgebreitet abkühlen, was in etwa 45 Minuten bis auf die
Temperatur der Umgebung stattfindet. Durch Umschaufeln und Luftcirculation kann
die Abkühlung noch beschleunigt werden. Alsdann wird der gedämpfte Mais in
geeigneten Quetschvorrichtungen zerkleinert, was, da das Korn weich ist, nur
wenig Kraftaufwand erfordert. Die so bearbeitete Masse kommt unter Zusatz von
Wasser (lauwarm oder kalt, je nach der Jahreszeit) in den Gährbottich, der Malz
und Hefe bereits enthält. Die Menge des Wassers ist verschieden, je nachdem man
dick oder dünn maischen will. Durch geeignete Vorrichtung wird die Masse im
Gährbottich durchgemischt. Auf 100k Mais gibt
man 2 bis 3k Bierhefe und etwa 5k Malz; doch hat Verfasser bei sehr gutem Malz
auch schon mit 3k befriedigende Ausbeute
erhalten.
Ebenso wie Mais lassen sich alle anderen Körner verarbeiten,
nur ist, je nach der leichteren Durchdringbarkeit der Körner für Wasser, die
Dämpfzeit eine verschiedene. Während Mais 5 bis 6 Stunden gedämpft werden muſs,
genügt für Gerste, Roggen, Weizen 1 Stunde, für Dari ¾ Stunden, für Reis ¼
Stunde. Auch Kartoffeln lassen sich in gleicher Weise verarbeiten, aber nur
unter Anwendung von Dampf, ohne Wasserzusatz; die Dauer der Operation beträgt
etwa 1 Stunde. Vorzüge des Verfahrens sind: Geringer Malzverbrauch, Ersparniſs
an bewegender Kraft und Wärme, Verwendung einfacher, nicht kostspieliger
Apparate. Die Erträge an Alkohol sind dieselben, eher noch bessere, als nach dem
gewöhnlichen Verfahren.
Verfasser hebt noch hervor, daſs sich sein Verfahren hauptsächlich für
landwirthschaftliche Brennereien eignen würde, und daſs sich dasselbe leicht mit
der Zuckerfabrikation vereinigen lieſse, indem Apparate der letzteren (z.B. der
Macerateur zum Dämpfen) dabei Verwendung finden könnten. Daſs sich dieses auf
französische Verhältnisse bezieht, brauchen wir wohl nicht hervorzuheben.
Morgen.