Titel: | Verwendung des Eisens zur Errichtung von Gebäuden. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 10 |
Download: | XML |
Verwendung des Eisens zur Errichtung von
Gebäuden.
Mit Abbildungen auf Tafel 2.
Verwendung des Eisens zur Errichtung von Gebäuden.
Seit einer Reihe von Jahren ist die Bewegung der Preise der gebräuchlichen
Baumaterialien Holz und Eisen eine entgegengesetzte. Während das Holz, dessen Menge
durch die natürliche Entwickelung begrenzt ist, stetig im Preise steigt, hat das
Eisen, dessen Production beliebig und unbegrenzt vermehrt werden kann, einen ebenso
stetigen Preisrückgang gezeigt. Hierzu kam noch als beschleunigende Ursache die
weitere Entwickelung des Eisenhüttengewerbes, welche groſse Mengen von vorzüglicher
Güte mit einfachen Mitteln herzustellen gestattet. Diese Preisbewegung hat die
Wirkung gehabt, daſs die Verwendung von Eisen nunmehr auch da stattfindet, wo früher
der erhebliche Preisunterschied im Wege stand. Bei Brückenbauten und weit
überspannenden Bauwerken war ja schon seit langer Zeit Eisen bezieh. Stahl aus
statischen Gründen gar nicht mehr zu entbehren. Dahingegen konnte die Verwendung des
Eisens zum gewöhnlichen Häuserbau immer noch nicht zur Selbständigkeit durchdringen.
Die Erwägungen, welche der Verwendung entgegenstehen, ruhen auf der bedeutenden
Wärmeleitungsfähigkeit des Eisens, welche besondere Schutzconstructionen bedingt;
ferner auf der Notwendigkeit des öfteren Oelanstriches, welcher durch die
verhältniſsmäſsig leichte Oxydirbarkeit des Eisens verursacht wird. Vor Allem aber
war das mangelhafte architektonische Aussehen solcher eiserner Gebäude der
umfangreichen Einführung hinderlich. Die zu Bauten vielfach verwendeten gewellten
Bleche, die zur Architektur besonders ungeschickt sind, konnten dem gerügten
Uebelstande nicht abhelfen, machten vielmehr diesen Mangel geradezu auffallend. Auf
der anderen Seite haben jedoch die eisernen Gebäude wiederum erhebliche Vorzüge; sie
sind ziemlich unempfindlich gegen atmosphärische Einflüsse und unterliegen der
Zerstörung durch Feuer, Insekten, Hausschwamm u.s.w. nicht. Auch ist die Notwendigkeit des öfteren
Anstriches seit der Verwendung von verzinktem Eisen, welches nur unwesentlich
theurer als gewöhnliches Eisen ist, entweder beseitigt oder doch erheblich
verringert.
In der That scheinen auch die Bemühungen der Eisenfabrikanten, den Verbrauch des
Eisens dadurch zu steigern, daſs sie ihr Material mehr und mehr in den bürgerlichen
Bau einführen, von Erfolg zu sein. Die von dem Vereine
Deutscher Eisen- und Stahlindustrieller herausgegebene Mustersammlung von
EisenconstructionenTitel Scharowsky, Musterbuch für
Eisenconstructionen. bietet bereits einen so reichhaltigen Stoff,
daſs die Einzelconstructionen dem Bautechniker nur noch wenig Schwierigkeiten
bereiten möchten.
Bisher galt es als Regel, die Eisenconstruction möglichst zu verdecken. Im Gegensatze
hierzu sucht die Société anonyme des forges d'Aiseau
den Eisenconstructionen selbständige charakteristische Formen zu geben, und das
Material unverhüllt zu gebrauchen. Sie führt diesen Grundsatz durch, indem sie neben
geschickt angeordneten Formeisen gepreſste Platten von verzinktem Stahlblech
verwendet. Diese Platten erhalten unter der Presse die Form der gebräuchlichen
prismatisch behauenen Sandsteine, und lassen sich architektonisch sehr gut
verwenden, um so mehr als sie durch die gepreſste Form widerstandsfähiger werden.
Fig. 1
zeigt eine auf solche Weise gebildete, aus nur wenigen Plattenmustern bestehende
Fassade einer Werkstatt. Abgesehen von den Bogenstücken über den Fenstern sind nur
zwei Nietenmuster verwendet.
Den Aufbau der Wand zeigen die Fig. 2, 3, 4 und 5. Die Gesimsbänder
werden durch: ⊏-Eisen, die Pfosten aus ⊤-Eisen gebildet; zur Befestigung der Platten
dienen auſserdem horizontal gelegte durchlöcherte Guſsplatten. Die Ecken und
Anschlüsse der Innenwände werden durch Guſsstücke gebildet, welche Rippen nach der
Form der: ⊏-Eisen haben, so daſs sich die Gesimse ununterbrochen um das Gebäude
ziehen. Dergleichen Eckbildungen zeigen Fig. 6 bis 14 und zwar
Fig. 6,
11,
12 und
14 eine
äuſsere freie Ecke, Fig. 7, 8, 9, 10, 13 eine Ecke für den
Anschluſs einer Innenwand. Das obere Gesimse mit der angeschlossenen Regenrinne
zeigen Fig.
2, 15, 16, 17. Die Fuſsböden sind von Holz, die Decken dagegen auch aus Platten
gebildet, wie aus den Fig. 3 und 20 zu
ersehen ist. Einen weiteren Anschluſs der Innenwände zeigt Fig. 19, und der Thüre
Fig.
18. Im Uebrigen sind die Figuren wohl verständlich und bietet diese Bauweise
eine sehr beachtenswerthe Anregung zur weiteren Verwendung des Eisens. Material zum
Schütze gegen zu starke Wärmeleitung ist, Dank den Bemühungen, die Dampfkessel mit
einer wärmeschützenden Umhüllung zu versehen, hinreichend vorhanden, und wird es
nicht vieler Versuche bedürfen, die auf dem genannten Gebiete gemachten Erfahrungen
für den Gebrauch eiserner Gebäude zu verwerthen. Als sehr geeignet möchten sich hierfür die
neuerdings in kurzer Zeit beliebt gewordenen Linoleumfabrikate empfehlen.