Titel: | Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. |
Autor: | St. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 82 |
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Neuere Verfahren und Apparate für
Zuckerfabriken.
(Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes Bd.
265 S. 552.)
Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
Ueber Ergebnisse des Rübenanbaues unter dem Einfluſs der
Untergrund-Düngung berichtet Dr. C. Stammer in
der Zeitschrift des Vereins für die Rübenzucker-Industrie
des Deutschen Reiches 1887 Bd. 37 S. 328. Zu den in Frankreich ausgeführten
Versuchen diente ein Feld von 5ha Oberfläche, auf
welchem 5 Feldchen A bis E in folgender Weise auf verschiedene Art hergerichtet
wurden. Das Feldchen A wurde nur gepflügt, die Feldchen B bis E aber unmittelbar
hinter dem Pfluge mit dem Derome'schen Untergrundpflug
auf 35cm gelockert und zugleich die verschiedenen
Dünger dem Untergrund einverleibt. Dies geschah im April; beim Feldchen A wurde der
Untergrund nicht berührt. Im Mai wurde das ganze Feld gleichmäſsig mit der Derome'schen verbundenen Säe- und Düngerstreu-Maschine
besäet und mit Oberdüngung versehen, welche in den Reihen unter den Samen
untergebracht wurde. Die Oberdüngung bestand aus einem sogen. vollständigen Dünger,
nämlich aus einem Gemisch von Knochen-Superphosphat, Chilisalpeter und Kalisalz.
Aufgebracht wurden 1000k auf 1ha. Diese Düngung war allen 5 Feldchen
gemeinschaftlich. Auſserdem erhielten Feldchen B bis E folgende Düngungen im
Untergrund:
B: Mechanischer Dünger aus gleichen Theilen Steinkohlenasche und zerfallenem Kalk.
Gegeben wurden 14000k auf 1ha. C: Vollständiger Dünger, von derselben
Zusammensetzung wie der zur Oberdüngung angewandte. Gegeben wurden 500k auf 1ha, die
vorher behufs gleichmäſsiger Vertheilung mit etwa 5000k Bauschutt gemischt worden waren. D: Aufgeschlossenes Knochenmehl, mit 3
Proc. organischem Stickstoff, 10 Proc. citratlöslicher Phosphorsäure, 500k auf 1ha,
gemischt mit Bauschutt wie C. E: Rohes Ammoniaksalz, Nebenproduct der Gasfabriken,
mit 5 bis 6 Proc. Ammoniakstickstoff. Dieses Ammoniaksalz gilt in Folge des Gehaltes
an Theer und brenzlichen Stoffen als direkt den Pflanzen schädlich, hat aber hier
sich als sehr vortheilhaft gezeigt.
In der auf S. 83 stehenden Uebersicht sind die Zahlen aus den betreffenden Berichten
zusammengestellt und die Berechnung nach deutschen Maſsen hinzugefügt. Weitere
Versuche müssen abgewartet werden, ehe eine Erklärung oder gar Verallgemeinerung
gewagt werden darf. Der im Gebrauch bewährte Derome'sche Untergrund-Düngerpflug kann von der Maschinenfabrik Bölte in Aschersleben bezogen werden.
Eine, wie es scheint, wesentliche Verbesserung an allen
Osmoseapparaten empfahl Heinrich Schneider (Organ
des Centralvereins für Rübenzucker-Industrie in der österreichisch-ungarischen
Monarchie 1887 S. 251) in Folge der Wahrnehmung von Erscheinungen, deren
Auftreten wohl mehrfach beobachtet, bisher aber unrichtig oder gar nicht erklärt
worden ist.
Düngung
Geldwerth
derzusätzlichen(Untergrund-)Düngung
Ernte anRübenwurzelnvom
ha
Centner Rübenvom Morgen
Saft
Proc. Ball.
Proc. Zucker
Reinheit
Francs
k
Allgemeine Düngung mit 1000 k
auf dasHectar »vollständigem Dünger«, gleich-zeitig mit dem
Samen ausgestreut undunter demselben untergebracht.
A) Ohne Untergrund-Düngung
–
47000
235
15,6
12,91
82,7
B) Mechanische Untergrund-Düngung (Kalk und
Steinkohlenasche)
50
47500
237,5
15,9
13,04
82
C) Untergrund-Düngung, 500 k auf das Hectar, »vollständiger
Dünger« (mit 5,5 Proc. Salpetersäurestick- stoff,
1 Proc. organischem Stick- stoff, 7 Proc. citratlöslicher
Phos- phorsäure, 4,5 Proc. Kali)
105
57500
287,5
15,9
13,17
82,8
D) Untergrund-Düngung mit 500 k auf das Hectar
aufgeschlossenem Knochenmehl (mit 3 Proc. orga- nischem
Stickstoff, 10 Proc. citrat- löslicher Phosphorsäure)
60
51000
255
15,7
12,10
77
E) Untergrund-Düngung mit 500 k rohem ammoniakalischem
Dünger auf das Hectar (mit 5 bis 6 Proc.
Ammoniak-Stickstoff)
30
51500
257,5
17,0
14,28
84
Die Thatsache, daſs zwei neben einander stehende Osmogene, welche mit Wasser aus
einem und demselben Behälter, und Melasse, welche ebenfalls aus einem Behälter
entnommen wurde, gespeist waren, also unter vollkommen gleichen Umständen und bei
gleicher Concentration der austretenden Flüssigkeiten ungleiche Resultate in Bezug
auf die Reinheit der Ausläufe lieferten, welche Resultate auch nach dem Wechseln der
Papiere aus einem Osmogen in das andere unverändert blieben, war als Beweis dafür,
daſs die Ursache der Differenzen in den Osmogenen selbst bezieh. in der Construction
und Stellung der Rahmen und der darin angebrachten Querleisten liegen muſs,
angeführt worden. Aus mehrfachen Gründen ist die vollkommen gleichmäſsige Bewegung
des Inhaltes der Melassekammern in allen Theilen und an allen Stellen in der
Melassenzelle eine der Hauptbedingungen, die an einen Osmoseapparat gestellt werden
sollen, um eine möglichst günstige Wirkungsweise des Osmogens erwarten zu
lassen.
Die durch Dialyse gereinigten und verdünnten Antheile Melasse, welche der Wasserzelle
am nächsten waren, werden das Bestreben haben, auf dem kürzesten Wege in die Höhe zu
steigen, was auch bis zum ersten Hinderniſs, den die unterste Leiste bildet,
stattfinden kann, Durch den in allen Kammerabtheilungen sich wiederholenden Vorgang
werden aber die leichtesten und zugleich specifisch reinsten Partien des
Melassezelleninhaltes die höchsten Stellen der einzelnen Abtheilungen einnehmen, und
schon bei der horizontalen Lage der Leisten wird sich unter diesen, wenn auch nur
eine dünne Schichte der am meisten gereinigten Melasse ansammeln, welche dem
osmotischen Prozesse länger ausgesetzt bleibt als andere Theile des Zelleninhaltes.
Im Fabrikbetriebe wird aber eine vollkommen horizontale
Lage der Rahmenleisten nie oder nur ausnahmsweise vorkommen, obschon in Folge der
nicht absolut genauen
Construction der Rahmen selbst oder etwas geneigter Stellung des Osmogengestelles
oder aus anderen Ursachen Thatsache ist, daſs eine gröſsere Zahl der Rahmenleisten
sogar eine mehr oder weniger verkehrt geneigte Lage einnehmen. Durch eine solche
schiefe Stellung der Leisten, in Folge welcher dann die Verbindungsöffnungen der
Kammerabtheilungen tiefer zu liegen kommen als die entgegengesetzten Enden der
Leisten, entstehen unter diesen jene schädlichen Räume, welche durch ihre Wirkung
unter Umständen den ganzen Osmoseeffect so beeinflussen können, daſs die Resultate
entschieden unbefriedigend ausfallen und gegen die ganze Osmose Miſstrauen erwecken
können. In einem jeden solchen schädlichen Räume – welcher von der unteren Seite der
Leiste, der horizontalen, die Verbindungsöffnung einzelner Kammerabtheilungen
tangirenden Ebene und den Papierwänden eingeschlossen ist und den höchsten Ort in
jeder Melassezellenabtheilung einnimmt – sammeln sich diejenigen Antheile Melasse,
welche am längsten der Dialyse unterworfen waren, und welche als die specifisch
leichtesten aus diesem Räume nicht entweichen können und dem osmotischen Prozesse
ununterbrochen ausgesetzt bleiben. Es entstehen aus diesem auf ein und dieselbe
Menge Melasse einwirkenden dialytischen Prozeſs Osmoseabwässer, deren Quotienten
unter Umständen die Reinheit des Syrups selbst erreichen können, und welche dann mit
jenem von normalen osmotischen Flächen stammenden Wasser vor dem Austritt gemischt
die Quotienten desselben und dadurch auch die Verluste auf eine unrichtige Höhe
bringen können.
Da weiter der Inhalt dieser schädlichen Räume durch Diffusion der unmittelbar sich
berührenden Schichten in der Melassenzelle sich zwar langsam, aber ununterbrochen
erneuert, so daſs immer frische Zuckermoleküle der erschöpfenden Einwirkung des
Wassers ausgesetzt werden, so bilden diese oben beschriebenen Stellen eine nie
versiegende Quelle der Verluste, welche sehr oft in der ungünstigen Beschaffenheit
des Papiers gesucht werden und den Nutzen der Osmose stark beeinflussen können.
Nebst diesen abnormen Verlusten und dem nicht minder wichtigen Nachtheil, daſs der
Grad der Reinigung, welcher aus dem Quantum der ins Wasser übergegangenen
Trockensubstanz unter günstigeren Verhältnissen sich ergeben müſste, stark
vermindert wird, verursacht die Entstehung der oben erwähnten schädlichen Räume eine
nicht unbedeutende Verminderung der Leistungsfähigkeit der ganzen Osmoseapparate als
natürliche Folge.
Diese Nachtheile können durch richtige Einrichtung der Osmoserahmen bezieh. richtige Lage der Rahmenrippen bedeutend vermindert
werden. Dieses geschieht dadurch, daſs die Oeffnungen, welche die Verbindung
zwischen den einzelnen Kammerabtheilungen bilden, immer die höchsten Orte derselben
einnehmen, d. i. daſs jede Leiste mit der Verbindungsöffnung unter allen Umständen nach aufwärts
gerichtet bleibt, bei welcher Lage das früher erwähnte Aufsteigen der leichtesten
und reinsten Antheile des Melassezelleninhaltes bis zum Austritt stattfinden kann,
wodurch eine gleichmäſsige Bewegung der Melasse hervorgerufen wird, und in Folge
dessen nicht nur die Wasserquotienten vermindert, sondern auch die Reinigungswirkung
und die Leistungsfähigkeit der osmotischen Fläche nicht unbedeutend erhöht
werden.
Gegenüber den neueren vielfach anfechtbaren Mittheilungen über den Stand der Sorghozucker-Industrie in den Vereinigten
Staaten und den darüber erhobenen Streitigkeiten beansprucht der folgende
unparteiische Bericht von C. Hardinge, welcher auf amtlicher Quelle beruht, besondere Beachtung (Sugar cane 1887 Nr. 210 Bd. 19 S. 20).
Die Gewinnung von verkäuflichem Zucker aus Sorgho und Mais hat bis jetzt eine
thatsächliche Wichtigkeit für den Handel nicht erreicht, da die Gesammtgewinnung in
den Vereinigten Staaten in den letzten 10 Jahren nach der Ansicht des Statistikers
des landwirtschaftlichen Amtes nicht 5 Millionen Pfund (2232t) überschritten hat. Im J. 1884 waren mehrere
Fabriken mit der Darstellung von krystallisirtem Zucker aus Sorgho und Mais
beschäftigt und die Ergebnisse derselben sind nach dem amtlichen Bericht
zusammengestellt:
Die Fabrik in Hutchinson (Kansas), welche 1883 unter Prof. Swanson's Leitung als die best eingerichtete und am besten arbeitende
galt, stellte in dem genannten Jahre 200000 Pfd. Zucker dar, was man als Lösung der
Sorghozuckerfrage ansah, wobei aber die Unkosten die Einnahmen überschritten, so
daſs die Gesellschaft die Zahlungen einstellte. Der Abschluſs für 1884 lautete:
1)
Acres Sorghorohr verarbeitet (100 nur für Syrup,700 für
Syrup und Zucker)
800
2)
Verarbeitete Tonnen Rohr
6100
3)
Erzeugter Zucker, Pfund
250000
4)
Erzeugter Syrup, Gallons1 Gallon =4l,5 = etwa 11
Pfd.
50000
5)
Durchschnittlicher Zuckerertrag aus 1t Rohr, Pfund
47
6)
Durchschnittlicher Syrupertrag aus 1t Rohr, Gallons
7
7)
Arbeiter, täglich 10stündige Arbeit
22
8)
Anfang der Arbeit
22. August
9)
Schluſs „ „
30. Oktober
10)
Kosten für 1t Rohr, zur
Fabrik geliefert
1,50 Doll.
11)
Erhaltener Preſssaft
40 Proc.
12)
Erforderliches Betriebskapital
20000 Doll.
Prof. Swanson bemerkt in einem Briefe an das
landwirtschaftliche Amt: „Bei den gegenwärtigen niedrigen Preisen kann die
Sorgho-Industrie kaum bestehen- wenn aber in Folge einer günstigen Gesetzgebung
die Preise sich um ½ bis 1 Cent das Pfund erheben können, oder wenn eine
entsprechende Staatshilfe auf so lange erzielt werden kann, bis Maschinen und
Verfahren vervollkommnet sind, so ist bestimmt zu hoffen, daſs die Sorgho-Industrie
auf fester Basis ruhen und zum Reichthum und Wohlergehen des Landes beitragen
werde.“
Eine andere Fabrik ist die in Sterling (Kansas) unter der Leitung von Prof. Scovell; trotz aller möglichen Verminderung der
Erzeugungskosten muſste dieselbe nach der Arbeit 1884 in Folge der niedrigen Preise
den Betrieb einstellen, welcher erst bei sehr verbesserten Marktverhältnissen wieder
aufgenommen werden soll.
Folgende Angaben über die Geschäfte sind gemacht worden:
1)
Acres Sorghorohr verarbeitet
1000
2)
Verarbeitetes Rohr
7100t
3)
Preis für 1t abgeliefertes
Rohr
2 Doll.
4)
Erzeugter Zucker
169000 Pfd.
5)
Erzeugter Syrup
75000 Gall.
6)
Zahl der Arbeiter
50 bis 60
7)
Kosten der Verarbeitung von 1t Sorgho auf Zucker und Syrup
1,10 Doll.
8)
Ausgepreſster Saft
50 bis 60 Proc.
9)
Anfang der Arbeit
1. September
10)
Schluſs „ „
31. Oktober
11)
Erforderliches Betriebskapital
20000 Doll.
Die Fabrik in Ottawa (Kansas), welche vollständig eingerichtet war und unter Parkison gut arbeitete, ergab für 1884 Folgendes:
1)
Acres Rohr
600
2)
Tonnen Rohr
6100
3)
Preis für 1t Rohr
2 Doll.
4)
Zucker von 1t Rohr
30 Pfd.
5)
Syrup von 1t Rohr
5 Gall.
6)
Verbrauchte Kohlen auf 1t
3,35 Doll.
7)
Anfang der Arbeit
1. September
8)
Ende „ „
6. November
9)
Ausgepreſster Saft
40 Proc.
10)
Nothwendiges Betriebskapital
20000 Doll.
Demnach stellt sich die Gesammtarbeit der drei gröſsten Fabriken im Staate Kansas,
dessen Boden und Klima sich als besonders geeignet für die Entwickelung der
Zuckerindustrie erwiesen hat, in folgenden Zahlen dar:
1)
Acres Rohr
2400
2)
Tonnen Rohr
19300
3)
Werth des Rohres
38600 Doll.
4)
Erzeugter Zucker
602000 Pfd.
5)
Erzeugter Syrup
155000 Gall.Etwa 1705000 Pfund.
6)
Betriebskapital
60000 Doll.
Die Zucker wurden im Groſshandel zu 5 bis 6¾ Cent das Pfund, die Syrupe zu 15 bis 30
Cent die Gallone verkauft.
Es werden noch sechs kleinere Fabriken bezeichnet, welche meist mit Schaden
gearbeitet haben. Von allen Fabriken, welche im J. 1884 Zucker aus Sorgho
darstellten, sind jetzt nur noch zwei im Betriebe, nämlich die in Rio Grande
(Jersey) und die in Fort Scott (früher in Ottawa), in welcher letzteren Versuche
unter Dr. Wiley fortgesetzt werden (vgl. den Bericht 1887
265 557). Im Ganzen sind im J. 1884 in allen Fabriken
zusammen rund etwas über 1 Million Pfund Zucker dargestellt worden. Vergleicht man
diese Menge mit dem jährlichen Verbrauch an Rohrzucker in den Vereinigten Staaten,
nämlich 1170000t (1885), so zeigt sich klar, daſs
die Sorgho-Industrie noch keineswegs Handelswichtigkeit erlangt hat und daſs von
einem Wettbewerb des Sorgho mit dem Zuckerrohr noch nicht die Rede sein kann, so
groſse Hoffnungen das landwirtschaftliche Amt auch für die Zukunft unterhalten
mag.
Nach Ansicht Wiley's lassen sich die Ursachen, weshalb
sich die Sorgho-Industrie noch immer in einer zweifelhaften Lage befindet, wie folgt
bezeichnen:
1) Die Schwierigkeiten in der Pflanze selbst sind stets unterschätzt worden. Nach dem
Mittel verschiedener Jahre kann man jetzt sagen, daſs der Saft, wie er von den
Walzen abflieſst, nicht mehr als 10 Proc. Zucker enthält, während mindestens 4 Proc.
andere feste Stoffe darin gelöst sind, so daſs sich dieser Saft nur äuſserst schwer
verarbeiten läſst.
2) Die chemische Seite der Arbeit ist noch kaum bekannt und bedarf sehr der
Entwickelung.
3) Die für den Sorgho am besten passende Gegend ist weitaus nicht so ausgebreitet,
wie man anfangs annahm, und es müssen Untersuchungen angestellt werden, um
festzustellen, wo die günstigsten Vorbedingungen vorhanden sind.
4) Die durch die ungünstigen Handelsverhältnisse verursachten niedrigen Preise haben
Schaden und Verluste auch da gebracht, wo alle sonstigen Bedingungen günstig
waren.
5) Endlich war die mechanische Seite der Saftverarbeitung sehr unvollkommen, da die
in den Mühlen gebrauchten Maschinen dem beabsichtigten Zweck nicht entsprachen.
Der Zucker- und Markgehalt der Zuckerrüben im zweiten Jahre
ihres Wachsthums ist von E. v. Proskowetz jun.
(Kwassitz, Mähren) einer eingehenden Untersuchung unterworfen worden. (Ausführlicher
Bericht: Zeitschrift für Zucker-Industrie in Böhmen
1887 Bd. 11 S. 151; Auszug in: Zeitschrift des Vereins für
die Rübenzucker-Industrie des Deutschen Reiches 1887 Bd. 37 S. 309.)
Leplay hat bekanntlich angegeben, daſs der Zucker in der
Rübe im zweiten Jahre ihres Wachsthums noch vor Eintritt der Samenreife fast ganz
und jedenfalls bei der Samenreife ganz verschwunden sei. Dies hat v. Proskowetz 1884 näher zu prüfen begonnen. Die nach
Stammer's Alkoholbreimethode angestellten
Untersuchungen ergaben, daſs reife, Ausgewachsene Samenrüben nicht nur nicht
zuckerfrei sind, sondern sogar Zuckermengen enthalten, welche bei 15 Versuchsreihen
zwischen 0,85 und 1,30 Proc. der Rübe wechselten, bei zwei Reihen aber sich auf 4,20
und 4,65 Proc. erhoben. Im J. 1885 wurden die Versuche mit Rüben der Spielart Vilmorin blanche améliorée wiederholt, und zwar mit
solchen, welche früher einzeln auf ihren Zuckergehalt untersucht worden waren. Es
zeigten sich bei diesen Rüben, welche dergleichen Spielart angehörten und unter
gleichen Verhältnissen gewachsen waren, sehr bedeutende Unterschiede: Die
Gewichtszunahme betrug 5 bis 127 Proc. die Zuckerabnahme 76,2 bis 98,4 Proc., der
Zuckergehalt 0,30 bis 4,75 Proc. ohne jede Regelmäſsigkeit.
Es folgt hieraus u.a., daſs nur die Untersuchungen einzelner vom ersten Jahre her
bekannter Rübenpflanzen, nicht diejenigen von Durchschnittsproben richtige
Aufschlüsse zu geben vermögen. Im J. 1886 wurde demnach eine groſse Anzahl
ausgetragener Samenrüben einzeln studirt. Von 12000 einzeln nach der
Alkoholbreimethode geprüften Rüben der Vilmorinspielart wurden 160 annähernd gleiche
Individuen unter verschiedenen Düngungsverhältnissen ausgepflanzt und im Herbst
folgendes Ergebniſs der 5 Feldchen erhalten:
Abnahme an Zucker.Procente des ursprüng-lich
vorhandenen
Zunahme anGew. Proc.
1) Ungedüngt
68,2
54
2) Osmosewasser
76
59
3) „ und Phosphat
75
51
4) Chilisalpeter „ „
81
71
5) Stalldünger
65
59
Der Zuckergehalt betrug zwischen 2,5 und 5,7 Proc.
Gleichen Zuckergehalten im Frühjahr standen keine ebensolche im Herbst gegenüber;
ebenso wenig glichen Wurzelgewichte im Frühjahr den entsprechenden im Herbst.
Es ergibt sich jedenfalls, daſs bei der Abgabe des Zuckers die Einzelveranlagung der
Pflanzen ebenso wichtig ist, wie bei der Zuckeranhäufung im zweiten Jahre.
Nach einer Mittheilung von Duclaux an die französische
Akademie der Wissenschaften (Comptes rendus 1887 Bd.
103 S. 881) erleidet der Zucker eine merkwürdige
Umsetzung unter dem Einflüsse des Sonnenlichtes.
Duclaux fand, daſs im Allgemeinen das Licht der Sonne (manchmal von ihrer
Wärme unterstützt, jedoch nicht immer) in demselben Sinne wie gewisse Mikroben
wirkt, indem es wie diese die complicirt gebauten chemischen Moleküle in einfachere
Atomgruppen auflöst. Regelmäſsige Producte dieser Einwirkung sind Wasser und
Kohlensäure, neben welchen beiden Substanzen jedoch andere noch verbrennliche, aber
unter den Bedingungen, unter denen sie entstehen, ziemlich stabile Verbindungen
auftreten. Diese Producte der Sonnenwirkung, welche aus einer groſsen Anzahl
verschiedener Körper gebildet werden, sind bald vorübergehender, bald bleibender
Natur, sie sind fast stets identisch mit den entsprechenden Producten der
Fermentwirkung. Die Verbrennung des Zuckers durch die Sonne liefert uns ein Beispiel
für die Uebereinstimmung in der Wirkung der Fermente mit der des Sonnenlichts. Die
Saccharose ist bekanntlich, so lange sie nicht invertirt ist, den Mikroben gegenüber
beständig:, dieselbe wird auch unter der Bestrahlung der Sonne in neutraler oder
alkalischer Lösung, wie während dreier Sommermonate beobachtet wurde, nicht
angegriffen. In schwach saurer Lösung wird Rohrzucker auch bei Anwesenheit
organischer Säuren durch Licht und Wärme der Sonne zwar leicht invertirt, aber die
einmal entstandene Glucose wird nicht weiter zersetzt, so lange die Flüssigkeit
schwach sauer ist.
In alkalischer Lösung zersetzt sich dagegen die Glucose an der Sonne mit groſser
Schnelligkeit, und zwar bleibt bei Anwendung der fixen Alkalien die Reaction bei der
vorübergehenden Bildung der wohlbekannten braunen Producte stehen, die der
Verwandlung in Huminsubstanzen vorher gehen, wohingegen mit Ammoniak die Flüssigkeit
klar und ungefärbt bleibt. Aber in allen Fällen ist der Vorgang in der Hauptsache
der gleiche. Es findet nämlich bei Luftzutritt eine Sauerstoffabsorption statt und
es bildet sich, auſser den Oxydationsproducten, deren beständigste die Kohlensäure,
Oxalsäure, Ameisensäure und Essigsäure sind, ein Reductionsproduct, der gewöhnliche
Alkohol Die Menge dieses Körpers, im Mittel 3
Proc., kann 5 Proc. vom Gewichte des Zuckers erreichen und mit der zugleich
entstandenen Kohlensäure stellt er ungefähr 10 Proc. des verschwundenen Zuckers dar.
Die Zersetzung des Zuckers durch die Sonnenwirkung ähnelt aber insofern noch mehr
derjenigen durch die alkoholische Gährung, als auch erstere bei Abwesenheit des
freien Sauerstoffs vor sich gehen kann, also aus einer inneren Verbrennung zu
erklären ist, deren Gleichung der von Lavoisier für die
Gährung aufgestellten analog ist. Eine alkalische Glucoselösung erleidet nämlich im
luftleeren Räume, wenn auch langsamer, dieselben Verwandlungen wie an der Luft,
indem auch dabei ein Theil des Zuckers in Alkohol und Kohlensäure übergeht. Ebenso
wie die Fermente vermag auch die Sonnenwirkung nicht bloſs aus Glucose, sondern auch
aus anderen Körpern Alkohol zu erzeugen, wie z.B. aus Lactose und Lactaten.
St.