Titel: | Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken. |
Autor: | St. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 123 |
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Neuere Verfahren und Apparate für
Zuckerfabriken.
(Patentklasse 89. Fortsetzung des Berichtes S. 82
d. Bd.)
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 7.
Neuere Verfahren und Apparate für Zuckerfabriken.
Rübensteuerbemessung in Osterreich-Ungarn nach dem
Erlaſs des Finanzministeriums vom 24. Mai 1887. (U.a. in Deutsche Zuckerindustrie 1887 Nr. 23 S. 672.)
Für die Betriebsperiode 1887/88 wird angeordnet:
Die für 1hl Rauminhalt der zu
Batterien verbundenen Diffusionsgefäſse und für jede Füllung derselben zu
versteuernde Menge frischer Rüben wird bemessen:
Bei Batterien aus mindestens 9 und höchstens 11
Diffusionsgefäſsen:
1. Mit 66kEntsprechend 3300k auf 1hl Rauminhalt bei 50 Füllungen in 24
Stunden. Im Vorjahr 1886/87 betrug der entsprechende Einheitssatz 58k, entsprechend 2900k auf 1hl bei 50 Füllungen., wenn die Diffusionsgefäſse derart
benutzt werden, daſs folgende Bedingungen vereint vorhanden sind:
a) Die Rübenschnitzel müssen bei der Einbringung in die
Diffusionsgefäſse in frischem Zustande sich befinden, dürfen also weder vorgewärmt,
noch sonstwie präparirt sein.
b) Die Füllung der Diffusionsgefäſse muſs ohne Anwendung irgend
einer die Dichte der Lagerung der Rübenschnitzel vergröſsernden Druck- oder
Stampfvorrichtung geschehen. Schaufel, Krücken und Rechen werden als Druck- oder
Stampfvorrichtungen nicht angesehen. Dagegen ist eine Verschluſsschraube an dem
oberen Klappdeckel dann als eine Druckvorrichtung zu behandeln, wenn sie bei
festgeschlossenem Deckel über den Bügel oder Deckel einschlieſslich des durch die
Höhe der Schraubenmutter bedeckten Theiles mehr als 20cm hervorragt.
c) Bei keiner Füllung eines Diffusionsgefäſses darf, nachdem die
Diffusion derselben bereits begonnen hat, nachgefüllt, das ist die Menge der
Rübenschnitzel vergröſsert werden.
2. Mit 99kIm Vorjahr 1886/87 entsprechend 87k., wenn die Diffusionsgefäſse derart benutzt werden, daſs von
den vorstehenden drei Bedingungen entweder jene unter a) oder jene unter b) nicht
vorhanden ist.
3. Mit 115kIm Vorjahr 1886/87 entsprechend 101k., wenn die Diffusionsgefäſse derart benutzt werden, daſs von
den vorstehenden drei Bedingungen gar keine vorhanden ist, oder jene unter a)
zugleich mit jener unter b) oder jener unter c) mangelt.
Bei Batterien aus weniger als 9 oder mehr als 11
Diffusionsgefäſsen je nach der Art der Benutzung mit den vorstehenden Sätzen erhöht
um je 25 Proc.
Auf Veranlassung von Dr. Stammer sind von J. Schmidt und Hänsch in
Berlin 2 neue Polarisationsinstrumente mit beschränkten
Scalen zur Anwendung für bestimmte Untersuchungen hergestellt worden, welche sich
auch durch niedrigen Preis auszeichnen und über welche Stammer (Zeitschrift des Vereins für Rübenzuckerindustrie 1887 Bd. 37 S.
476) Näheres mittheilt.
Beide Instrumente sind Halbschattenapparate, die in allen
optischen Theilen ebenso eingerichtet und ebenso sorgfältig ausgeführt sind, wie die
übrigen Instrumente der genannten Firma; der niedrigere Preis ist vorzugsweise
dadurch ermöglicht worden, daſs die Scala, d.h. also die Quarzkeile in ihrer
Ausdehnung beschränkt sind, dann aber auch zum Theil durch Vereinfachung der
äuſseren Ausstattung.
1) Das Rüben-Polarisationsinstrument
ist nur für die Untersuchung der Rüben, sowohl für die
Untersuchungen in der Fabrik, wie für den Ankauf und für Mutterrüben-Auswahl
bestimmt und besitzt eine nur bis 35° reichende Scala.
Das Instrument dient demnach für jede Art der Bestimmung des
Zuckers in der Rübe nach dem Gewicht und eignet sich ganz besonders auch für die von Stammer empfohlene, kürzeste und einfachste Alkoholbreipolarisation. Es ist damit besonders dem Ankauf nach Zuckergehalt der Weg geebnet und die
verbreitetste Anwendung möglich gemacht. Man hat nur den, mittels der Schnitzel- oder der Rübenmühle von Suckow in Breslau (s. Stammer's Lehrbuch der Zuckerfabrikation, 2. Auflage, Braunschweig, Vieweg S. 137 und 453) geschliffenen Brei
im Verhältnisse des Normalgewichtes zu 100cc,6 mit
Alkohol zu vermischen, um ohne Weiteres durch Filtriren die in die
Polarisationsröhre zu füllende klare Lösung zu erhalten, und unter den bekannten
Vorsichtsmaſsregeln unmittelbar den Zuckergehalt in der Scala abzulesen. Es fallen
diese Ablesungen stets zwischen 10 und 25° der Scala und es hat also hierfür die so
kostspielige Herstellung der langen Quarzkeile keinerlei Nutzen.
Das Instrument kostet einschlieſslich zweier Beobachtungsröhren
nur 130 M.
Dasselbe Instrument wird auch für Röhren von doppelter Länge,
nämlich von 400mm hergestellt (Preis 180 M.) und
dient zur genaueren Zuckerbestimmung in Zucker armen Flüssigkeiten und Rückständen
aller Art, besonders auch zur Untersuchung ausgelaugter Schnitzel nach der von Stammer empfohlenen neuen Methode (Geschliffene
Schnitzel und Bleiessig. Zeitschrift des Vereins für
Rübenzuckerindustrie, 1884 Bd. 34 S. 69).
2) Das Zucker-Polarisationsinstrument. Jeder Chemiker weiſs, daſs namentlich
solche Zucker, welche Ablesungen zwischen 98 und 100 bedingen, mehr Schwierigkeiten
für die Bestimmung bedingen, als unreinere, und Jeder wird wohl das Bedürfniſs
empfunden haben, die Zehntelprocente mit gröſserer Sicherheit einzustellen und
abzulesen. Das hier in Rede stehende Instrument wird aber, nicht allein bei den hoch
polarisirenden, sondern überhaupt bei allen Zuckern von 80 bis 100 Proc. Gehalt eine
groſse Erleichterung der Einstellung und viel gröſsere Genauigkeit und Sicherheit in
der Ablesung als die bisherigen bieten.
Dabei ist auch hier der Preis ein niedriger; derselbe beträgt
einschlieſslich Kasten und 2 Röhren von 400mm 180
M.
Das erstrebte Ziel (der gröſseren Grade) ist durch eine
auſserordentlich einfache und erfolgsichere Zusammenstellung erreicht worden.
Wenn man nämlich die normale Lösung eines Zuckers (von 26g,048 zu 100cc)
anstatt in einer Röhre von 200mm, in einer solchen
von 400 der Beobachtung im Polarisationsinstrument unterzieht, so wird dieselbe, bei
100 Proc. Gehalt des Zuckers 200°, bei 90 Proc. Gehalt 180° polarisiren u.s.w., d.h.
es wird jedes Procent durch einen Scalentheil von zwei statt von einem Grad
angezeigt werden. Hiernach ist das neue Instrument für die Beobachtung normaler
Zuckerlösungen in der doppelten Röhre eingerichtet und
hat eine Theilscala, auf welcher jeder Grad genau die doppelte Ausdehnung wie bei
den gewöhnlichen Instrumenten besitzt und dabei die richtige Procentanzeige trägt,
so dals nicht einmal die Division durch 2 zur Rückrechnung nöthig wird.
Es ist die Verdoppelung der Gradlängen also nicht durch dünnere
Quarzkeile, und auch nicht durch die Abänderung (Verdoppelung der Concentration) der
Zuckerlösung, sondern dadurch möglich gemacht, daſs die Flüssigkeitslänge (in der
Röhre) verdoppelt wird.
Daher die groſse Schärfe und Genauigkeit sowohl der Einstellung,
wie auch an der Ablesung. Die Einstellung erfolgt ohne Hin- und Hertasten, sowie
immer übereinstimmend, auf 0,1 Proc., so daſs man nie im Unklaren darüber bleibt,
welche von den beiden, um ein Zehntel Procent verschiedenen Stellungen man zu nehmen
hat. Abweichungen zwischen mehreren Beobachtungen, wie sie jetzt in Folge der
Kleinheit der Grade nur zu häufig vorkommen, sind ausgeschlossen, und auch dem
Ungeübten ist der Unterschied im Sehfelde je nach der einen oder anderen Einstellung
sofort auffallend.
Ueber die Lage der Sorghumzuckerindustrie in den Vereinigten
Staaten von Amerika bringen wir zusätzlich zu unseren früheren
Mittheilungen (vgl. 1887 265 557) folgende Angaben nach
Deutsche Zuckerindustrie 1887 Nr. 28 S. 735.
Die Erwartungen, welche die Sorghumrohrpflanzer an die Experimente von Wiley, Professor bei der Ackerbaubehörde in Washington, auf billige und lohnende Weise
Sorghumzucker herzustellen, knüpften, haben sich nicht erfüllt. Statt der früheren
hoffnungsvollen Stimmung ist eine völlige Muthlosigkeit eingetreten, und die
Pflanzer sind nunmehr davon überzeugt, daſs sich die Fabrikation von Sorghumzucker
niemals rentiren,
sondern im Gegentheil von pekuniären Verlusten begleitet sein wird. Man kann mit
Sicherheit annehmen, daſs Sorghumrohr nur noch angebaut werden wird, um daraus Syrup
zu machen oder es als Viehfutter zu verwerthen. Diejenigen, welche sich mit der
Herstellung von Sorghumsyrup befassen, sind mit der Geschäftslage zufrieden und
behaupten, daſs die Nachfrage nach ihren Fabrikaten im J. 1886 eine lebhafte und die
Preise hoch genug waren, um ihnen einen genügenden Gewinn zu sichern. Ferner gibt es
erfahrene Farmer, welche ihrem Vieh neben anderem Futter auch mäſsige Quantitäten
von Sorghumrohr geben, da das Vieh letzteres gern friſst und dabei gut gedeiht.
Als Gründe des Fehlschlagens der Versuche, Zucker aus Sorghumrohr zu gewinnen, werden
von Wiley mangelhafte Maschinerien, mangelhaftes
Material und auſserdem verschiedene Mängel in den angewendeten Verarbeitungsmethoden
(Diffusionsprozeſs und Carbonatationsprozeſs) bezeichnet. Daſs aber die
Sorghumpflanze guten Zucker liefern kann, und daſs bei verbesserten Maschinen und
mit besserem Material das Product auch finanziell gute Ergebnisse liefern wird,
glaubt derselbe in sichere Aussicht stellen zu dürfen. Er hält deshalb dafür, daſs
man auf Grund der gewonnenen Erfahrungen weiter arbeiten soll und daſs das
Ackerbaudepartement fortfahren muſs noch weitere Versuche mit der
Sorghumzuckerpflanze zu machen.
Zeitungsnachrichten zu Folge sind denn auch bereits für das nächste Finanzjahr wieder
300000 M. vom Ackerbaudepartement für die Weiterführung der Experimente in Ausgabe
gestellt worden.
Auf den Sandwichs-lnseln sind nach „Thrums Almanach“ für 1887 (Deutsche
Zuckerindustrie 1887 Nr. 25 S. 738) 55 Zuckerfabriken in Thätigkeit,
auſserdem gibt es 29 Pflanzungen, auf denen Rohr gebaut aber nicht gemahlen wird.
Dieselbe Anzahl bestand schon vor drei Jahren, aber die Leistungsfähigkeit der
Fabriken ist durch Verbesserung der Betriebseinrichtungen derart gestiegen, daſs
jetzt das Rohr von einer um 40 Proc. vergröſserten Anbaufläche verarbeitet werden
kann.
A. Herzfeld berichtete in der Deutschen Zuckerindustrie, 1887 Nr. 20 S. 579 mit einer Berichtigung Nr.
21 S. 611 über einen Vergleich der Süſsigkeit von
Stärkezucker und Rohrzucker. Es ist allgemein bekannt, daſs der Rohr-
bezieh. Rübenzucker süſser ist als der Stärkezucker, doch sind keine älteren
Versuche bekannt, welche das Verhältniſs der Süſsigkeit an chemisch reinen Producten
festzustellen versuchen. Von Theodor Schmidt wurden
daher im Vereinslaboratorium mit reinem Traubenzucker (Glycose, Stärkezucker) und
chemisch reinem Zucker diese Vergleiche in der Weise durchgeführt, daſs 20proc.
Lösungen von beiden Zuckerarten hergestellt wurden und die süſsere Rohrzuckerlösung
so weit mit Wasser verdünnt wurde, bis ihre Süſsigkeit der der Stärkezuckerlösung
gleich erschien. Um ein möglichst objektives Resultat zu erhalten, wurden die
betreffenden Kostversuche von sämmtlichen Praktikanten des Vereinslaboratoriums
ausgeführt, ohne daſs dieselben jedoch Kenntniſs davon erhielten, ob ihnen Stärke-
oder Rohrzuckerlösung vorgesetzt wurde.
Das Resultat war folgendes:
Zucker
Stärkezucker
15 proc. Lösung süſser als
20 proc. Lösung
14 proc. Lösung süſser als
20 proc. Lösung
13 proc. Lösung weniger süſs als
20 proc. Lösung
13,1 proc. Lösung ebenso süſs als
20 proc. Lösung
Nach diesen Versuchen ist mithin das Süſsigkeitsverhältniſs des Rohr- oder
Rübenzuckers zu dem des reinen Stärkezuckers gleich 153 zu 100 oder 1,53 Th.
Traubenzucker vermögen die gleiche Wirkung hervorzubringen wie 1 Th. Rohrzucker.
Die Frage, wie tief man die Rübensaat unterbringen
solle, ist durch Untersuchungen P. Graſsmann's,
übereinstimmend mit den Erfahrungen der Praxis beantwortet worden (Zeitschrift für die Rübenzuckerindustrie 1887 Bd. 37
S. 439), daſs jedem Landwirthe zu empfehlen sei, die Rübenknäule (normale
Verhältnisse vorausgesetzt) nicht flacher als 1cm,5 und nicht tiefer als 2cm einzusäen.
E. v. Proskowetz in Kwassitz,
Mähren, hat eigenthümliche Beobachtungen über die Veränderlichkeit der Rüben gemacht (Zeitschrift
für Rübenzuckerindustrie 1887 Bd. 37 S. 447). Derselbe säete 1885 die Samen
einer einzelnen Mutterrübe aus, welche bei einem Gewicht von 185g einen Zuckergehalt von 20,1 Proc. der Rübe
aufzuweisen hatte. Die erhaltenen 404 Rüben wurden nach ihrer Ueberwinterung im März
1887 einzeln auf Gewicht und Zuckergehalt (Procente des Rübengewichtes, Stammer'sche
Alkoholbreimethode) untersucht, und lieferten dabei Gewichte zwischen 60 und 540g und zeigten Zuckergehalte zwischen 11 und 17,5
Proc. Verfasser stellt die gefundenen Zahlen wie folgt zusammen:
a) Körpergewicht.
54
Rüben
wogen
zwischen
60
und
90g,
polarisirten im Durchschnitt 14,1(min. 11,1 bis
max. 17,3)
108
„
„
„
100
„
140
polarisirten im Durchschnitt 13,9(min. 10 bis max.
17,2)
95
„
„
„
150
„
190
polarisirten im Durchschnitt 14,2(min. 11,2 bis
max. 17,5)
51
„
„
„
200
„
240
polarisirten im Durchschnitt 14,2(min. 11,3 bis
max. 16,6)
35
„
„
„
250
„
290
polarisirten im Durchschnitt 14,6(min. 11,4 bis
max. 17,5)
34
„
„
„
300
„
340
polarisirten im Durchschnitt 14,0(min. 11,9 bis
max. 16,1)
12
„
„
„
350
„
390
polarisirten im Durchschnitt 13,6(min. 11,8 bis
max. 15,4)
4
„
„
„
400
„
440
polarisirten im Durchschnitt 14,3(min. 11,9 bis
max. 15,2)
8
„
„
„
450
„
490
polarisirten im Durchschnitt 13,8(min. 10,3 bis
max. 17,4)
3
„
„
„
500
„
540
polarisirten im Durchschnitt 13,1(min. 12,3 bis
max. 14,4)
Nimmt
man
die
„kleinen“
(60 bis 140g)
zusammen, so hatten diese im Durch-schnitt 14 Proc. Zucker in
der Rübe
„
„
„
„mittleren“
(150 bis 400g)
zusammen, so hatten diese im Durch-schnitt 14,12 Proc. Zucker
in der Rübe
„
„
„
„groſsen“
(400 bis 540g)
zusammen, so hatten diese im Durch-schnitt 13,73 Proc. Zucker
in der Rübe.
Die besten Rüben scheinen sonach die mittleren, d.h. normalen.
b) Zuckergehalt.
5
Rüben
polarisirten
unter
11 Proc. und sie hatten ein
Durch-schnittsgewicht von 200g (110
bis 470)
24
„
„
zwischen
11 bis 12 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 190g (80 bis
420)
52
„
„
„
12 bis 13 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 180g (60 bis
500)
100
„
„
„
13 bis 14 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 190g (60 bis
490)
127
„
„
„
14 bis 15 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 187g (60 bis
500)
68
„
„
„
15 bis 16 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 194g (80 bis
440)
19
„
„
„
16 bis 17 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 172g (60 bis
310)
9
„
„
„
17 bis 17,5 Proc. und sie hatten ein Durch-schnittsgewicht von 200g (90 bis
480).
Die hieraus abgeleiteten Folgerungen sind mancherlei Art- sie beziehen sich nicht
allein auf die Erscheinungen des Rübenwachsthums, sondern auch auf die Probenahme
behufs Rübenuntersuchungen- jedenfalls aber ist eine Fortsetzung der Versuche in der
angedeuteten Richtung von groſsem Interesse.
Ein eigentümlicher, von den bisher üblichen ganz verschiedener Verdampfapparat für die Concentrirung der
verschiedensten Lösungen, wie Rohr- und Rübensaft, Süſswasser der Raffinerie,
Fleischextract, Farbholzextract, Milch, Fruchtsäfte, kaustische Laugen, Leimlösung
u.s.w. ist unter dem Namen Yaryan-Verdampfapparat nach
amerikanischen Quellen beschrieben worden (Zeitschrift für
Rübenzuckerindustrie 1887 Bd. 37 * S. 459).
Der Apparat ist sehr vieler Abänderungen fähig, bleibt aber stets gleichbedeutend mit
dem ursprünglichen Amerikanischen Patent Nr. 300185 vom 10. Juni 1884.
Er eignet sich besonders für groſse Flüssigkeitsmengen, indem er viel weniger
Aufstellungskosten, Fundamente, Gebäulichkeiten u.s.w. beansprucht, als die
üblichen. Von den zahlreichen sonstigen Vorzügen des neuen gegenüber den alten
Apparaten sei nur erwähnt, daſs er bei schäumenden Flüssigkeiten weniger zum
Mitreiſsen neigt, daſs er vollkommen selbstthätig in der Speisung wie in der
Entleerung ist, daſs er nur Rückdampf mit weniger als einem Pfund Rückspannung
bedarf und daſs er aus verzinntem Kupfer oder aus Eisen mit Porzellanüberzug
hergestellt werden kann, so daſs auch die empfindlichsten Stoffe darin ohne
Benachtheiligung des Geschmackes verdampft werden können.
Ferner ist hervorzuheben, daſs die Erhitzung der verdampfenden Flüssigkeit nur eine Minute
gegenüber stundenlanger Dauer in den älteren Apparaten währt, daſs die Schlangen
keinen Ueberzug annehmen und leicht durch Dampf gereinigt werden können und daſs der
Apparat weniger kostet als irgend ein bekannter von gleicher Leistungsfähigkeit,
während letztere durch Vermehrung der Zahl der Schlangen beliebig erhöht werden
kann.
Endlich wird darauf aufmerksam gemacht, daſs die Höhe der Flüssigkeit in den älteren
Apparaten die Wirkung der Luftleere bemerklich vermindert, während bei dem neuen nur
eine verschwindend dünne Schicht im Kochen erhalten zu werden braucht. Während bei
den gewöhnlichen Verdampfapparaten unter Anwendung von 3 pfundigem Dampf die
Temperatur am Grunde des 1. Körpers stundenlang niemals unter 99° beträgt, kommt
dieselbe bei dem neuen System nicht auf 93° und dies nur kaum eine Minute lang.
Die Schlangen bestehen aus doppelten Röhren, d.h. einer inneren
von Kupfer und einer äuſseren von Eisen, welche so unter einander verbunden sind,
daſs zwei fortlaufende Schlangen entstehen; die innere, kupferne nimmt selbstthätig
die zu verdampfende Flüssigkeit auf und steht mit der Luftpumpe in Verbindung, die
auſsere, ringförmige, zwischen der kupfernen Röhre und dem eisernen Mantel ist für
den Heizdampf bestimmt. (Fig. 1 Taf. 7.)
Sobald die Flüssigkeit in der inneren Röhre kocht, treibt sie der
entwickelte Dampf in fein zertheiltem Zustande vorwärts bis zum Abscheider, worin
Dampf und Flüssigkeit von einander geschieden werden; der Dampf geht zum Condensator
der Luftpumpe, die concentrirte Flüssigkeit wird durch eine Abfluſsröhre abgesaugt
und nach einer beliebigen Stelle der Anlage geschafft. Auch bei schäumigen
Flüssigkeiten findet eine vollkommene Trennung statt und es kommt kein Ueberreiſsen
des sich alsbald niederschlagenden Schaumes vor.
Die Preise für solche einfach wirkenden Verdampfapparate sind
für
eine Schlange,
Leistungsfähigkeit
675l
stündlich
6000
M.
zwei Schlangen,
„
1350l
„
8000
"
drei Schlangen,
„
2025l
„
9600
"
u.s.w. jede weitere
Schlange 1600 M.
Die Apparate mit mehrfacher Wirkung sind nach demselben Prinzip
wie die gewöhnlichen eingerichtet; bei diesen herrscht in dem ersten Körper die
höchste Temperatur und es ist ein Uebelstand, daſs die Flüssigkeit derselben sehr
lange Zeit hindurch ausgesetzt bleibt. Dies ist bei dem neuen System nicht der Fall,
da die Flüssigkeit rasch durch den ersten Körper hindurch befördert wird.
Die Fig. 2 und 3 Taf. 7
zeigen einen Zweikörper im Vorder- und Seitenaufriſs.
Wenn der verarbeitete Stoff durch eine Temperatur von 100° nicht benachtheiligt
wird, sollte man den ersten Körper ohne Luftverdünnung und mit direktem Dampf
betreiben; der Apparat erhält dadurch gröſsere Leistungsfähigkeit. Wenn aber die
Temperatur von 100° einen nachtheiligen Einfluſs hat, so verarbeitet man im ersten
Körper bei 15, im zweiten bei 27'' Leere. Es können
dann die Röhren in beliebiger Zahl genommen werden, wie z.B. 4 im ersten und 6 im
zweiten Körper; eine Beschränkung findet in dieser Beziehung nicht statt, und keine
Einrichtung kommt dieser gleich, wenn sehr dünne Flüssigkeiten sehr weit eingedampft
werden sollen. So werden z.B. Leimlösungen von 1½° B. in einer ununterbrochenen
Arbeit, bei fortwährendem Zu- und Abfluſs auf 16 oder 200 B. eingedampft, was kein
anderer Apparat zu leisten vermag.
Preise für Zweikörper, fertig zur Arbeit bereit, einschlieſslich
eisernem Gestell:
Zwei Schlangen,
Leistungsfähigkeit
675l
stündlich
7200
M.
drei Schlangen,
„
1350l
„
10000
„
fünf Schlangen,
„
2250l
„
12000
„
sieben Schlangen,
„
3150l
„
16000
„
Jede weitere Schlange
2000 M.
Die Fig. 4 bis 10 Taf. 7
stellen Grund- und Aufriſs, Seitenansicht und Einzelheiten eines Dreikörpers nach dem in Rede stehenden System dar. Ein
solcher wird namentlich empfohlen, wenn es sich darum handelt, groſse Mengen sehr
verdünnter Lösungen, wie Süſswasser u. dgl. einzudicken. Es stellt diese besondere
„Columbiad“-Form eine Abänderung des Systems der Verdampfung in
Doppelröhren insofern dar, als statt der Schlangen gerade Röhren vorhanden, welche
in einem Cylinder vereinigt sind und eine gemeinsame Entleerung in einem
gemeinschaftlichen Abscheider haben. Jede Röhre wird einzeln, aber alle gleichmäſsig
gespeist. Sie bestehen aus Kupfer, bei kaustischen Lösungen aus Stahl, alles Uebrige
aus Eisen. Für Zuckerlösungen werden alle damit in Berührung kommenden Theile mit
Porzellan überzogen.
Der vollständige Verdampfapparat ruht auf einem eisernen Gestelle
und nimmt einen Raum von 14. 19 auf 12 Fuſs ein. Preise nach Uebereinkunft.Anfragen an Dr. Springmühl, London E. C.
Camomilestreet 10. Der Apparat ist Eigenthum der Yaryan Manufacturing Company in Toledo, Ohio.
Der Yaryan-Verdampfapparat ist kein Versuch, sondern er
hat schon die allerschwersten Proben ausgehalten, und sich in 20 (in unserer Quelle
namhaft gemachten) Fabriken, u.a. in der Standard Sugar
Refinery in Boston bewährt.
Von letzterer namentlich wird derselbe als ein vollständiger Erfolg bezeichnet und
berichtet, daſs er 1127 Cubikfuſs Süſswasser von 5° B. und 54° binnen 3 Stunden 30
Minuten auf 210½ Cubikfuſs von 28,5° B. und 49° eingedampft habe, entsprechend einer
Wasserverdampfung von 8806l in der Stunde.
Luftleere im ersten Körper 6, im letzten 27 Zoll.
Auch Vier- und Fünfkörper können aufgestellt werden, und es lassen sich sogar in den
verschiedenen Körpern verschiedene Flüssigkeiten eindampfen. Das Condensationswasser
ist vollkommen frei von Zucker und stellt reines destillirtes Wasser dar.
Es wird ferner angegeben, daſs bei dem ununterbrochenen Zu- und Abfluſs nie mehr als
22l,5 Flüssigkeit in einem Apparat (Körper?)
enthalten seien; die eintretende Flüssigkeit kocht sofort und die Dämpfe reiſsen sie
mit fort, so daſs die ganze Oberfläche der Röhren fortwährend von der zur Bewegung
gezwungenen Flüssigkeit bespült wird.
Fig. 1., Bd. 266, S. 130
Die Einrichtung des filtrirenden Theiles des mechanischen Filters von E. de Buck (vgl. 1887 263 *
189), welche durch die bisherigen Angaben nicht deutlicher geworden war, ist in Textfig. 1 nach der Patentbeschreibung (* D. R. P.
Nr. 38 842 vom 24. August 1887) dargestellt.
In die Löcher im Filtertisch B (vgl. die Darstellung an
der oben angeführten Stelle) sind die conischen Rohre b
so eingesetzt, daſs deren obere engere Enden mit der Oberfläche des Tisches B in einer Ebene liegen und so in ihrer Gesammtheit
eine groſse Filterfläche bilden. In die Filterrohre b
sind mehrere auf einander liegende Filzscheibchen eingetrieben, derart, daſs das
oberste Scheibchen stärker zusammengedrückt und seine Textur feiner wie die der
darunter liegenden Scheibchen ist, wodurch die Filtrirung stufenweise vor sich
geht.
Krystallisationsgefäſse für Kandiszucker von M. M. Rotten in Berlin (*
D. R. P. Nr. 38678 vom 9. Juli 1886). Bringt man die Kandisfüllmasse, aus welcher
der Kandiszucker auf Fäden auskrystallisiren soll, in Krystallisationsgefäſse
gewöhnlicher Art, welche in einer conisch nach unten convergirenden Form angefertigt
werden, so setzt sich nicht nur am Boden, sondern auch gröſstentheils an den
Seitenwandungen der Gefäſse ein groſser Theil der Krystalle an, welche ein
minderwerthiges Product geben, und man erhält an den eingehängten Fäden nur etwa ein
Drittel des auskrystallisirten Productes in vollständiger Prima-Qualität.
Bei eingehenden Versuchen wurde nun gefunden, daſs dieses ungünstige Resultat dem
Umstände zuzuschreiben ist, daſs bei der Kristallisation die in Folge ihrer Schwere
sich stets nach abwärts bewegende Zuckersubstanz die in der Regel geneigt stehenden
Wände trifft, hier haften bleibt und die Entstehung der minderwerthigen
Kandiszucker-Qualität veranlaſst.
Die vorliegende Erfindung bezweckt, diesen Uebelstand dadurch zu
heben, daſs der niederfallenden Zuckersubstanz keine Gelegenheit gegeben wird, an
solchen Seitenwänden anhaften zu bleiben. Dieser Zweck wird dadurch erreicht, daſs
den Krystallisationsgefäſsen, wie die Fig. 11 bis 14 Taf. 7
zeigen, eine derartige Form gegeben wird, daſs jede von der Einfüllstelle nach
abwärts gezogene vertikale Linie keine Seitenwandung, sondern nur die Bodenfläche
des Krystallisationsgefäſses trifft. Dieser Anforderung kann durch die in Fig. 11 und
12
gezeichnete Form des Krystallisationsgefäſses mit conisch nach unten zu
divergirenden Seitenwänden S genügt werden, wobei die
Bodenfläche B des Gefäſses entweder, wie gezeichnet,
rund sein oder auch jede andere beliebige viereckige, oder sonstwie gestaltete
Querschnittsform besitzen kann. Das gesammte krystallinische Product wird sich an
den horizontal gespannten Fäden F ablagern, während an
den Seitenwänden S keine Ablagerung stattfinden
kann.
Auſser an den horizontal gespannten Fäden F findet noch eine Ablagerung des Zuckers an den Böden statt, und haftet
diese Ablagerung so fest, daſs dieselbe bei den gerade liegenden Böden nicht
herauszubringen ist.
Aus diesem Grunde müssen die Böden der
Kandis-Krystallisationsgefäſse gebogen sein, und zwar:
1) Entweder, wie in Fig. 11 dargestellt,
mit der Wölbung des Bodens nach innen (d). In der Mitte
dieses Bodens befindet sich die angenietete Nase f.
Zum Abbrechen der auf dem Boden haftenden Zuckerkruste wird nun
ein eiserner Bügel auf den Bordflansch c aufgesetzt,
welcher in der Mitte eine Schraube führt.
Diese Schraube greift mit ihrem untersten Ende in die Nase f ein. Man zieht nun diese Schraube ein wenig an, so
daſs sich die Wandung des Bodens d etwas nach auſsen
biegt, und bricht auf diese Weise die Zuckerkruste ab.
Oder 2), wie in Fig. 13 dargestellt,
mit der Wölbung des Bodens nach auſsen (e).
Auf diesen nach auſsen gewölbten Boden wird dann ein leichter
Druck ausgeübt, so daſs die Zuckerkrusten im Boden abbrechen und herausfallen.
c ist ein Bordflansch, der länger ist
als die Wölbung e, so daſs das Gefäſs aufrecht gestellt
werden kann.
Zur Erreichung des erwähnten Zweckes ist die geradlinige Form der
Seitenwände S nicht erforderlich, es kann jede andere
krumme Erzeugungslinie gewählt werden, beispielsweise die in Fig. 13 und 14
dargestellte, wenn nur diese Krümmung eine derartige ist, daſs, wie bereits erwähnt,
von der Einfüllstelle vertikal nach abwärts gezogene Linien die Seitenwandungen
nicht treffen.
Das Verfahren von A. Wendtland zur Gewinnung von Strontiumcarbonat aus den Rückständen der
Strontianitverarbeitung in Zuckerfabriken, dessen Grundzüge früher mitgetheilt
worden sind (vgl. 1887 263 96), ist seither in Deutschland patentirt und in der Patentschrift (* D. R.
P. Kl. 75 Nr. 38013 vom 6. April 1886) genauer beschrieben und durch Abbildung der
erforderlichen Apparate erläutert worden. Die Beschreibung gibt alle Einzelheiten zu
den früheren allgemeiner gehaltenen Andeutungen, es stellt sich aber das Verfahren
als sehr umständlich für den Nebenbetrieb bei Zuckerfabriken dar, welche diesen
Zweig der Strontianwiedergewinnung hiernach wohl besser besonderen chemischen
Aufbereitungsanstalten überlassen dürften.
Krystallisation mittels Unterleitung nach L. Wulff in Gadebusch
(Textfigur 2 bis 6). Wir sind gewohnt, in Flüssigkeiten die heiſsen Theilchen wegen ihres
geringeren specifischen Gewichtes emporsteigen zu sehen. Anders gestalten sich die
Verhältnisse bei Flüssigkeiten, welche während der Abkühlung Krystalle abscheiden.
Hier gehen nämlich zwei Vorgänge neben einander vor sich, und je nachdem der eine
oder der andere vorherrscht, erhält die Flüssigkeit beim Abkühlen ein geringeres
oder höheres specifisches Gewicht. Beim Abkühlen nimmt von Grad zu Grad das
specifische Gewicht der Theile zu (sowohl des Wassers als der gelösten Substanz);
dafür nimmt aber auch bei fallender Temperatur im gleichen Quantum Lösung die Menge
des gelösten, sich durch Abkühlung ausscheidenden Körpers ab, der ja ein höheres
specifisches Gewicht besitzt. Der erste Vorgang allein bringt eine Vergröſserung des
specifischen Gewichtes mit sich, während der letztere allein eine Abnahme des
specifischen Gewichtes bedingt. Bei sehr schwer löslichen Substanzen und bei
solchen, die mit steigender Temperatur wenig mehr in Lösung gehen (z.B. Kochsalz),
ist der Einfluſs der Temperaturcontraction vorwiegend, d.h. die heiſsen,
concentrirteren Lösungen sind specifisch leichter als die kalten, minder
concentrirten. Bei den meisten Lösungen der chemischen Praxis, aus denen durch
Abkühlung Krystalle gewonnen werden, überwiegt der Einfluſs der mit der Temperatur
wachsenden Löslichkeit, d.h. die heiſsen, concentrirteren Lösungen sind specifisch
schwerer als die abgekühlten Lösungen.
Wasser, welches einen Hauptbestandtheil aller Lösungen ausmacht, dehnt sich von 20°
bis 100° um 0,0414 aus. Für jeden Grad nimmt das Gewicht eines Liters Wasser also um etwa 0g,5 ab. Selbst unter der Voraussetzung, daſs die
Ausdehnung der Lösungen etwas stärker als die des Wassers ist, muſs das specifische
Gewicht einer Lösung über 1,5 liegen, damit bei einer Erwärmung von 1° 1l der Flüssigkeit 1g leichter wird. Diese Verminderung des specifischen Gewichtes wird aber
bei dem specifischen Gewicht des Salzes = 2 schon ausgeglichen, wenn für 1° 2g mehr im Liter löslich sind. Beim specifischen
Gewicht = 3 wird schon durch 1g,5, die im Liter
für 1° mehr löslich sind, die Ausdehnung compensirt.
In Anschluſs an diese bisher nicht genügend berücksichtigten Verhältnisse wird es
möglich, Lösungen oder Zuckersäfte von mehreren auf einander folgenden Darstellungen
in einem Gefäſs zur Krystallisation zu bringen, ohne daſs die neuen Lösungen sich
mit den alten mischen. Die neuen Zuckersäfte sind nämlich unter die schon theilweise
abgekühlten Säfte zu leiten. Da sie specifisch schwerer sind, so verdrängen sie die
vorhandenen Säfte nach oben. Zu Anfang der Krystallisation füllt man den unteren
Theil der Apparate mit Zusatzkrystallen und leitet dann die Lösung hinzu. Am
rationellsten ist es, die Säfte in einem heizbaren Reservoir aufzufangen und von
diesem continuirlich in den Abkühlungskrystallisator zu leiten. Es genügt aber auch,
die Lösungen in kleinen Portionen nachzugieſsen. Bringt man groſse Portionen von
Zeit zu Zeit nach, so treten leicht Unregelmäſsigkeiten in der Krystallisation ein,
und es ist dies zu vermeiden. Die Methode dürfte als „continuirliche
Unterleitung“ zu benennen sein. Da die Säfte in systematischer Weise durch
die neu zuströmenden Säfte verdrängt werden, so ist die Methode als eine Art der
Krystallisationsmethoden in Bewegung anzusehen.
Fig. 2., Bd. 266, S. 133
Fig. 3., Bd. 266, S. 133
Fig. 4., Bd. 266, S. 133
Fig. 5., Bd. 266, S. 133
Fig. 6., Bd. 266, S. 133
Einige Angaben aus Versuchen dürften mit Rücksicht darauf, daſs die hier angeregten
Verhältnisse in einem gewissen Widerstreit mit den herrschenden Ansichten stehen,
hier am Platze sein. Der Versuchsapparat bestand aus einem schlank prismatischen
Blechgefäſs, welches unten, wie die Apparate in Textfig.
2 und 6, in eine Pyramide auslief. Der
prismatische Theil des Apparates war mit Plattenstellagen, wie in
Fig. 4 und
5
angefüllt. Durch ein inneres Zuleitungsrohr, das wie in Fig. 3 unten mit einem
Rührwerk versehen war, wurden die Flüssigkeiten in kleinen Portionen nachgefüllt. In
verschiedenen Höhen wurden Thermometer angebracht, welche die Temperatur der Lösung
anzeigten.
Bei einem Vorversuche mit diesem Apparate zeigte sich, daſs, wie bereits bekannt,
kaltes Wasser sich ohne erhebliche Vermischung unter heiſses Wasser lagern läſst und
erst allmählich eine Ausgleichung der Temperatur in den verschiedenen Schichten
eintritt.
Versuch I. Unter kaltes Wasser mit normaler
Dichtigkeitsvertheilung (d.h. das dichtere, kühlere Wasser unten) von
15,2°–14,8°–14,5°–11,5° wurde Wasser von 23°, 28°, 35°, 42, 48°, 57°, 62°, 67°, 77°,
80° geleitet, Das warme Wasser vertheilte sich durch den ganzen Apparat, und zwar
sehr unregelmäſsig, so daſs unter 30 Ablesungen nur eine mit normaler
Dichtigkeitsvertheilung war, nämlich 38,5°–38,5°–38,5°–37,6°, als Wasser von 77°
zugeleitet wurde. Vollständig umgekehrt war die Lagerung in vier Ablesungen, wie
z.B. nach dem Nachgieſsen des Wassers von 42°: 20°–22,1°–26°–26,7°, während in 25
Fällen sich halb regelmäſsige, halb unregelmäſsige Vertheilungen ergaben.
Versuch II. Der leere Apparat wurde mit Alaunlösung von 70°
langsam angefüllt. Während die Temperatur der verdrängten Luft durchweg anormale
Vertheilung zeigte, waren die Temperaturen der Alaunlösung (65 Temperaturen in 19
Ablesungen) fast alle normal nach der Dichtigkeit vertheilt, d.h. die heiſsen noch
nicht auskrystallisirten oder weniger auskrystallisirten Lösungen lagen unter den
kälteren. Nur in zwei Reihen war bei einer Unregelmäſsigkeit der Zuleitung je eine
niedrigere Temperatur unter einer höheren gelagert. Es fand also die gleiche
regelmäſsige Verdrängung wie beim Vorversuche statt. Die Plattenstellagen im Apparat
waren schlieſslich mit schönen, kleinen Alaunkrystallen gleichmäſsig besetzt.
Zum rationellen Betrieb dieser Unterleitung gehören
Krystallisationsgefäſse von besonderer Einrichtung. Allen Modificationen ist
gemeinsam, daſs bei ihnen das Zuleitungsrohr für die neuen Säfte an der tiefsten
Stelle des Apparates mündet. Je nach der Lage des Zuleitungsrohres sind zwei Reihen
von Modificationen zu unterscheiden. Das Zuleitungsrohr mündet von auſsen, oder es
befindet sich im Inneren der Apparate.
Die rationellste Zuleitung findet in Gefäſsen statt, die sich nach
unten verengen. Dies kann durch zwei Vorrichtungen erreicht werden. Entweder legt
man den Boden der Krystallisationsgefäſse schräg oder man läſst das Gefäſs sich
unten conisch (bei kreisförmigem Querschnitt) oder pyramidal (bei ebenflächigen
Seitenflächen) zuspitzen. Bei genügend hohen Gefäſsen und bei geringen Säften kann
auch der Boden der Gefäſse horizontal gelegt werden.
Das hier angegebene Verfahren und die dazu zu verwendenden Apparate sind Gegenstand
der Patentirung (* D. R. P. Nr. 38893 vom 16. December 1885) und es sind dieselben,
ebenso wie die Art der Ausführung dieser gewiſs eigenthümlichen Krystallisation in
der Patentschrift ausführlich beschrieben. An den mannigfachsten Anwendungen der
sinnreichen, ganz neue Gesichtspunkte eröffnenden Arbeitsweise in den
verschiedensten Zweigen der chemischen Industrie ist wohl nicht zu zweifeln.
St.