Titel: | Die Fortschritte der chemischen Technologie der Textilfasern im ersten Halbjahr 1887; von Dr. Otto N. Witt. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 167 |
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Die Fortschritte der chemischen Technologie der
Textilfasern im ersten Halbjahr 1887; von Dr. Otto N. Witt.
(Schluſs des Berichtes S. 135 d. Bd.)
Witt, über Fortschritte der chemischen Technologie der
Textilfasern.
Ueber „weiſse Wollenfabrikate, die nicht
einlaufen“, bringt Romen's Journal 1887 Bd. 2
S. 47 eine Mittheilung, der zu Folge derartige weiſse Flanelle durch oft wiederholte
Wäschen in der Fabrikation am nachherigen Einlaufen verhindert werden sollen. Es ist
dem Verfasser wohl unbekannt gewesen, daſs es bereits längst ein patentirtes
Verfahren zur Erreichung des gleichen Zweckes durch Chloriren der wollenen Waare
gibt.
Das Centralblatt für Textilindustrie 1886 S. 420 gibt
ein Verfahren zum Bleichen von Wolle an, welches auf der Verwendung von saurem
Natriumhydrosulfit beruht und den Vortheil hat, daſs zum Bläuen benutzter Indigo in
Form des sehr dauerhaften Küpenblaus befestigt wird. Das Hydrosulfit wird aus der
concentrirten Lösung von 100 Th. Natriumbisulfit mittels 7 Th. Zinkstaub und 20 bis
30 Th. metallischer Zinkspäne in bekannter Weise bereitet und in möglichst frischem
Zustande verwendet, nachdem es auf 1 bis 4° B. verdünnt und mit Essigsäure
angesäuert worden ist. Die Wolle wird gut entfettet und gespült, dann durch Wasser
genommen, in welchem sehr fein vertheilter Indigo aufgeschlämmt ist, und
schlieſslich in die in einem gut schlieſsenden Gefäss enthaltene Hydrosulfitküpe
getaucht. Sobald eine gewaschene Probe das richtige Weiſs zeigt, wird die Waare
herausgenommen, gut gespült und gelüftet, durch ein kaltes ½ bis 1procentiges
Sodabad gekommen, nochmals tüchtig ausgewaschen, centrifugirt und bei 30 bis 35°
getrocknet.
R. Lloyd Whiteley hat Untersuchungen über die Form
angestellt, in welcher das Chrom aus Bichromatlösungen von der Wolle aufgenommen
wird (Textile Manufacturer 1887 S. 174). Wenn Wolle mit
Kaliumbichromat ohne Zusatz von Säuren behandelt wird, so nimmt sie dieses Salz auf,
ohne es zu Chromoxyd zu reduciren und hält es auſserordentlich fest zurück. Ist aber
Schwefelsäure zugegen, so kann eine Reduction der Chromsäure zu Chromoxyd constatirt
werden. Versuche, Reiche bei verschiedenen Temperaturen angestellt wurden, zeigten,
daſs olle das meiste Chrom aus siedenden Ansiedebädern aufnimmt und daſs auch das
nachfolgende Ausfärben mit Blauholz am besten im siedenden Bade erfolgt. Whiteley kommt zu dem Resultat, daſs das beste
Verhältniſs von Kaliumbichromat und Säure beim Ansieden dasjenige von 3 Proc. des
Salzes und 1 Proc. der Säure (auf das Gewicht Wolle bezogen) sei. Den Zusatz von
Weinstein, welcher von Färbern oft gemacht wird, erklärt der Verfasser als in der
Weise wirksam, daſs er das Chromat reducirt. (Die obige Arbeit geht von der
unrichtigen Voraussetzung aus, daſs zwischen der Chromsäure und dem Farbstoff keine
Wechselwirkung stattfindet. O. W.)
Ch. Topper hat eine werthvolle Arbeit über die
Beziehungen zwischen Blauholz und den Metallbeizen geliefert (Journ. Soc. Dy. Col. 1886). Blauholz, ohne jede Beize aufgefärbt, gibt
braune unbrauchbare Farben. Kaliumdichromat als Beize liefert das schönste Schwarz,
wenn es in der Menge von 3 Proc. des Stoffgewichtes verwendet wird. Zusatz von
Schwefelsäure verändert den Ton des Schwarz in bläulich, Oxalsäure in grünlich,
Weinsäure in purpurfarbig. Letztere wirkt somit am vortheilhaftesten. Das tieſste
Schwarz wird mit 80 Proc. Blauholz erhalten, mehr Holz liefert einen Bronzestich.
Natriumdichromat soll weniger vortheilhaft sein als Kaliumdichromat, und Chromalaun
liefert nur grau. Die Chromsalze sind immer vor, nie nach dem Blauholzbade zu
verwenden. Chromschwarz ist nicht sehr lichtecht. Blauholz mit Thonerde oder Zinn
auf Wolle fixirt erweist sich ebenfalls als licht-unecht. Am echtesten ist das aus
Blauholz mit Hilfe von Kupfervitriol und Weinstein oder Oxalsäure erhaltene Schwarz.
Der Zusatz von Calciumacetat zum Beizbade liefert dunklere Töne. Auch beim
Eisen-Blauholzschwarz empfiehlt sich ein Zusatz von Weinstein oder Oxalsäure und
Calciumacetat (!) Mit Uranacetat angesottene Wolle färbt sich im Blauholzbade grau
bis dunkelblau.
Miss Helen C. de S. Abbot hat die aus Indien stammende
Rinde der Leguminose Saraca indica Lin. untersucht und
in derselben bis zu 18 Proc. eines Farbstoffes gefunden, der sich mit Hämatoxjlin
identisch erwies. Saraca indica könnte daher vielleicht
als Ersatz des Blauholzes dienen (Textile Manufacturer
1887 S. 176).
Ueber die Farbmaterialien der La Plata Staaten hat Consul Baker in Buenos Ayres einen Bericht erstattet, aus dem sich ergibt (Textile Manufacturer 1886 S. 582), daſs die genannten
Länder einen groſsen Reichthum an derartigen Producten besitzen. Von Producten des
Thierreiches erwähnt der Verfasser die enormen Mengen von Rinderblut, welche zur
Darstellung von Albumin und zu anderen Zwecken in den Saladeros erhältlich sind.
Die Cochenilleschildlaus findet sich in groſsen Mengen auf dem überall zu Hecken
verwendeten Cactus. Sie wird an einigen Orten gesammelt, zerdrückt, zu kleinen
Kuchen geformt und getrocknet, um unter dem Namen „Grano“ verkauft zu
werden.
Verschiedene Indigoarten werden theils cultivirt, theils gedeihen dieselben wild.
Eine groſse Zahl von Pflanzen kommt vor, deren Abkochung gelb färbt. Eine
„Palala“ genannte Pflanze erzeugt ein glänzendes Orange.
Die Blüthen einer Zinniaart werden zum Färben eines Scharlach verwendet. Zu ähnlichen
Zwecken dient eine mit Alaun versetzte Abkochung gewisser Malven.
Die Wurzel einer Berberisart dient zum Gelbfärben, während ein Galium (wahrscheinlich
Galium hirsutum) Alizarin enthält und ähnlich wie bei uns die Krappwurzeln verwendet
wird. Sehr groſs ist die Anzahl der vorkommenden Gerbmaterialien, meist Früchten von
Acacia- und Caesalpiniaarten. Auch die Rinde von Acacia
cebil ist reich an Gerbstoff.
Die Rinde von Salix Humboldtiana und das Holz von Prosopis algarobbo Gries dienen zur Erzeugung
geschätzter kaffeebrauner Nuancen auf dem Nationalgewand, dem Poncho.
Verschiedene Hölzer werden aufgezählt, von denen das des Lapachobaumes (Tecoma asper Gries) das interessanteste ist. Dasselbe
enthält einen krystallisirbaren Farbstoff, die Lapachosäure, welche mit
verschiedenen Beizen auf Wolle und Seide gelbe bis braunrothe Färbungen liefert.
Ueber die Licht- und Walkechtheit neuerer Theerfarbstoffe sind in der Städtischen Webschule in
Mülheim am Rhein Versuche angestellt worden. Dieselben haben ergeben (Leipziger Monatsschrift für Textilindustrie 1887 S.
21), daſs die Walkechtheit des Alizarins und seiner Verwandten sehr groſs ist und
daſs sich auch die nachfolgenden Farbstoffe als echt in der Walke erwiesen:
Azoflavin, Naphtylaminbraun, die Höchster Ponceaux, Goldorange, Echtgelb, Bordeaux,
Tartrazin, Guineagrün, Höchster Neublau. Verblichen sind Victoriablau, Echtroth,
Säureviolett, Küpenblau. (?) Es wurde ferner constatirt, daſs die Walkechtheit bei
den meisten Anilinfarben mit zunehmender Tiefe der gefärbten Nuance abnimmt. Sehr
tief gefärbte Garne sind geneigt in der Walke zu „bluten“.
Das Echtroth E der Badischen
Anilin- und Sodafabrik ist ein billiger, durch Echtheit und Schönheit der
Färbung ausgezeichneter Azofarbstoff. Er ist in Wasser leicht löslich, färbt egal,
läſst sich mit anderen Farbstoffen combiniren und dürfte daher berufen sein, die
Orseille in der Färberei zu ersetzen. Man färbt im kochenden Bade unter Zusatz von
Glaubersalz und Schwefelsäure.
Das von der gleichen Firma erzeugte Säureviolett TB hat
die Eigentümlichkeit, sich mit Lichtgrün SF zu
schönblauen Nuancen zu combiniren, welche den Indigocarmin mit groſsem Vortheil
ersetzen können (Romen's Journal 1887 S. 18).
Eine sehr beachtenswerthe Neuheit auf dem Gebiete der Azofarbstoffe ist das der Actiengesellschaft für Anilinfabrikation in Berlin
patentirte und von dieser sowie der Badischen Anilin- und
Sodafabrik in den Handel gebrachte Wollschwarz. Dasselbe ist ein Einwirkungsproduct von
Diazoazobenzoldisulfosäure auf Paratolyl-β-Naphtylamin.
Es färbt sich aus einem mit Weinsteinpräparat angesäuerten Bade leicht und egal auf
Wolle an und liefert ein tiefes Schwarzviolett, welches durch Zusatz von Säuregelb
und etwas Grün in ein tiefes reines Schwarz sich verändert. Da der neue Farbstoff
äuſserst leicht aufgeht, so eignet er sich namentlich auch zur Färberei im Obermaier'schen Apparate. Die erhaltenen Färbungen sind
durchaus wasch- und walkecht und widerstehen auch dem Licht recht gut (Romen's Journal 1887 S. 33).
Liechti und Schwitzer haben schätzenswerthe Beiträge zum
Verhalten verschiedenartig gebeizter Wolle gegen Farbstoffe geliefert (Mittheilungen des Wiener technischen Gewerbemuseums
1886). Mit Thonerde gebeizte Wolle färbt sich in Alizarin schön, aber etwas
bräunlich roth, während Zinnbeize gelbe bis orange Nuancen liefert. Alizarinorange
färbt Thonerde bräunlich orange, Zinn ein sehr gelbes Orange. Alizarinblau liefert
mit beiden Beizen röthliche Blaus. Cöruleϊn gibt auf Thonerde ein Olive. Galleϊn auf
beiden Beizen ein Violett. Auſser diesen Farbstoffen sind noch einige natürliche,
zur Genüge bekannte aufgefärbt worden.
In der Färberei bürgert sich nach einer Mittheilung in Romen's Journal 1887 S. 17 das phosphorsaure Natron, welches von K und E. Albert in Biebrich a. Rh. in groſser Reinheit
fabricirt wird, mehr und mehr ein. Dasselbe ersetzt vollkommen das früher übliche
Natriumarseniat als Zusatz zu Farbbädern (namentlich bei Azofarbstoffen auf Wolle
und Abzugbädern für türkischroth gebeizte Baumwollstoffe). Auch als Zusatz zu
Appreturen wird das Salz warm empfohlen, es soll mit Vortheil die sonst
gebräuchlichen Magnesium- und Zinksalze ersetzen.
Ueber die Untersuchung gedruckter Farben auf dem Stoffe
hat A. Sansone im Textile
Manufacturer December 1886 und Januar 1887 eine ausführliche Arbeit
veröffentlicht, auf welche hier verwiesen sei.
Friedr. Goppelsröder hat in längerer Abhandlung auf den
Werth der
„Capillaranalyse“ für die Untersuchung von
Farbstoffgemischen hingewiesen (Romen's Journal Januar
1887). Taucht man in die Auflösung eines Farbstoffgemisches einen langen Streifen
Filtrirpapier, so steigen die verschiedenen Componenten des Gemisches in dem
Streifen zu verschiedener Höhe empor. Der Streifen kann dann zerschnitten werden und
die einzelnen Theile dienen zur Bestimmung der verschiedenen vorhandenen
Farbstoffe.
Die Gruppe der Azofarbstoffe mit direkter Affinität zur Baumwollfaser hat durch die
von Bender entdeckten, der Firma A. Leonhardt in Mühlheim a. Main patentirten Farbstoffe
aus Diamidostilbendisulfosäure und Aminen und Phenolen, über deren technische
Verwendung Romen's Journal, 1887 S. 19 einige
Mittheilungen macht, eine Bereicherung erfahren. Die Farbstoffe kommen als
„Hessischgelb“, „Curcumin“, „Brillantgelb“,
„Hessischpurpur“ im Handel vor und werden auf Baumwolle aus neutralem,
Kochsalz haltigem Bade, eventuell unter Zusatz von Türkischrothöl aufgefärbt.
Die Congofarben fangen jetzt an, auch für Wolle und Seide Beachtung zu finden.
Namentlich sind sie für gemischte Gewebe von Werth. C.
Bötsch in Wien gibt einige Recepte für ihre Verwendung als Druckfarben, von denen
einige hier wiedergegeben seien. (Nach der Leipziger
Monatsschrift für Textilindustrie, 1887 S. 124.)
Benzoazurin Dampfblau
Chrysamin Dampfgelb.
750g Wasser
750g Wasser
100g Weizenstärke
100g Weizenstärke
50g Benzoazurin G250g
Wasser
50g Chrysamin250g Wasser
kochen, kalt rühren, passiren.
kochen, kalt rühren, passiren.
Diese Farben werden auf präparirtes Zeug gedruckt und man erhält
Blau oder Gelb, durch Mischen Indigoblau bis Olive, durch Zusatz von Victoriablau B
oder Alkaliblau 6 B sehr hübsches Dampf blau. Man dämpft ½ bis 1 Stunde, je nach der
Schattirung. Die Farben halten alle gut, besonders diejenigen, wo Chrysamin
vorherrscht. Dieselben können auch für Schafwolle Verwendung finden.
In gleicher Weise lassen sich die schon erwähnten Stilbenderivate der Firma Leonhardt und Comp. in Mülheim a. Main anwenden. Die
nachfolgenden Recepte sollen sehr gute Resultate geben:
Brillantgelb als Dampffarbe auf Baumwolle.
Curcumin S als Dampffarbe auf Baum-
wolle.
500g
Wasser
500g25
bis 30g
Essigsäure 7° B.Brillantgelb
1l35g
WasserCurcumin S
100g
Weizenstärke
100g
Weizenstärke
kochen, kalt rühren.
kochen, kalt rühren.
½ Stunde bei 0at,5 dämpfen, waschen.
½ bis ¾ Stunde dämpfen, waschen.
Brillantgelb als Dampffarbe auf Schaf-
wolle, Seide, Halbseide, Halbwolle.
Curcumin S als Dampffarbe auf Wolle.
1l
Wasser
500g
Wasser
25 bis 30g
Brillantgelb
500g
Essigsäure
100g
Essigsäure 7° B.
30g
Curcumin S
50g
Türkischrothöl, neutrales
100g
Weizenstärke
25g
Glycerin
kochen, kalt rühren.
100g
Weizenstärke
½ Stunde dämpfen bei 0at,5 Druck,
kochen, kalt rühren.
waschen.
Eine Stunde dämpfen,
waschen.
Hessischgelb als Dampffarbe auf Baum-
wolle.
Hessischpurpur N, B oder D als Dampf-
farbe auf Wolle.
1l25 bis
30g
WasserHessischgelb
1l25 bis
30g
WasserHessischpurpur N, B oder D
100g
Weizenstärke
100g
Weizenstärke
kochen, kalt rühren,
kochen, kalt rühren.
50g
Türkischrothöl, neutrales
½ Stunde bei 0at,5 Druck dämpfen,
15g
Glycerin
waschen.
1 Stunde dämpfen, waschen,
trocknen.
In der Sitzung der Société industrielle de Mulhouse vom
27. Februar 1887 wurde eine Zuschrift des Herrn Casanovas verlesen, welche seitdem durch alle Fachblätter gegangen ist und
sich auf das Aetzen congoroth gefärbter Gewebe durch
essigsaures Zinn bezieht. Die Priorität dieses Verfahrens gebührt indessen Herrn Horace Köchlin, dessen Verfahren bereits in meinem
letzten Bericht beschrieben wurde (1887 264 341).
Von der Eigenthümlichkeit des Congorothes und seiner Verwandten, Baumwolle aus
alkalischer Lösung echt zu färben, kann eine hübsche Anwendung zur Erzeugung eines
neuen Artikels, bunter Reservagen unter Anilinschwarz
gemacht werden. Der üblichen, aus verdickter Natronlauge bestehenden Anilinschwarzreserve
brauchen bloſs die nöthigen Mengen Cellulose affiner Farbstoffe zugesetzt zu werden.
Als Beispiel diene das folgende Recept:
300g
gebrannte Stärke
1000g
Wasser
100g
Congoroth
150g
Syrup
werden zusammen gekocht und nach dem Erkalten mit
80g Natronlauge von
36° B.
versetzt und gedruckt. Bann wird mit Anilinschwarz
überwalzt und in gewöhnlicher Weise entwickelt. Nach dem Waschen und Seifen zeigt
sich eine rothe Zeichnung auf schwarzem Grunde (Textile
Manufacturer, 1887 S. 81.)
Die Versuche zur Bildung von Azofarbstoffen auf der
Faser nehmen trotz aller Nachtheile, welche diesem Verfahren anhaften, kein
Ende. Die Firma Read Hollidey and Sons in Huddersfield,
welche diesen Gegenstand besonders eifrig verfolgt, schlägt jetzt vor, Bleiseifen
auf dem Gewebe zu erzeugen; diese sollen die Eigenthümlichkeit haben, Naphtol aus
seinen alkalischen Lösungen aufzunehmen und zu fixiren. Die so vorbereitete Faser
färbt sich beim Eintauchen in die Lösung eines Diazosalzes. Von der Schwierigkeit in
der Verwendung der letzteren und den Nachtheilen bleihaltiger Gewebe ist nicht die
Rede. (Textile Manufacturer, 1887 S. 82.)
S. Dreyfuſs hat gefunden (Journ.
Soc. Dy. Col. 1887), daſs das Canarin
(Persulfocyan) sich durch Oxydation von Sulfocyanüren mittels Arsensäure in der
Wärme bildet. Er gründet darauf eine Druckmethode, welche darin besteht, daſs
Rhodansalze mit Arsensäure vermischt aufgedruckt werden. Das Gelb entwickelt sich
beim nachfolgenden Dämpfen.
Die unerschwinglich hohen Preise des als Verdickungsmittel unentbehrlichen Arabischen Gummis haben zur Wiederaufnahme von
Versuchen zur Darstellung eines Ersatzmittels geführt. Unter dem Namen
„Patent-Kleister-Gummi“ fabricirt Ed. Wonka
in Krinez, Böhmen, ein derartiges Product, welches aus Stärke dargestellt wird und
berufen erscheint, den arabischen Gummi vielfach zu ersetzen. Es wird in
verschiedenen Graden der Reinheit erzeugt, löst sich in kaltem Wasser im Verhältniſs
von 1 : 1 und bildet dann ein gutes Verdickungsmittel. Namentlich soll auch ein
Gemisch aus der Lösung dieses künstlichen Gummis mit Stärkekleister sich gut zur
Verdickung künstlicher Farbstoffe eignen. Auch im Wolldruck ist dieses Product
brauchbar. (E. Bötsch im Textile Colorist, 1887.)
Henry R. Procter hat (Textile
Manufacturer, 1887 S. 175) eine Untersuchung über die beste Methode der Tanningewichtsbestimmung in
Gerbmaterialien veröffentlicht, in welcher er die von Muntz
und Ramspacher (vgl. Muntz 1876 220 * 171) angegebene Methode in der Weise modificirt,
daſs er das filtrirte Extract des Gerbstoffes durch eine Schicht von 5g
Simand'schem Hautpulver filtrirt und dann gleiche
Volumina der ursprünglichen und der durch Hautpulver filtrirten Lösung in
Nickelschalen zur
Trockne verdampft. Der Unterschied im Gewicht des trockenen Rückstandes gibt den
Gehalt der Lösung an Tannin. Das Simand'sche Hautpulver
(1886 260 564) muſs natürlich frei von in Wasser
löslichen Bestandtheilen sein. Es wird zum Zweck der Filtration am besten in einem
Erdöllampencylinder untergebracht und durch Einstellen des Cylinders in eine Schicht
der zu untersuchenden Flüssigkeit erst mit dieser getränkt, ehe die eigentliche
Filtration beginnt. Der Fehler dieser, sowie der anderen gewichtsanalytischen
Methoden liegt darin, daſs auch Gallussäure in geringer Menge von thierischer Haut
aufgenommen und zurückgehalten wird und daſs in Folge dessen Tanninbestimmungen in
Gallussäure haltigen Materialien stets etwas zu hoch ausfallen.
R. H. Steel und H. Grandage haben gefunden (Romen's Journal, 1887 S. 27), daſs Tannin haltige
Flüssigkeiten in der Färberei weit besser ausgenutzt werden, wenn man ihnen gewisse
Salze zusetzt. Sie empfehlen den Zusatz von 10 bis 15 Proc. Chlornatrium, 2 Proc.
Salmiak und ½ Proc. Borax (auf das in der Lösung enthaltene Tannin bezogen).
Die Erfindung neuer Antimonbeizen ist modern geworden.
Das neueste derartige Product ist milchsaures Antimon, erzeugt durch Lösung
metallischen Antimons in mit Salpetersäure versetzter Milchsäure und nachfolgenden
Zusatz einer zur Bindung der überschüssigen Salpetersäure ausreichenden Menge von
Soda. (Englisches Patent Nr. 6070 vom Mai 1886.)
Ein bemerkenswerther neuer Farbstoff ist das Muscarin
der Firma Durand und Huguenin in Basel. Dasselbe ist
das Einwirkungsproduct von Nitrosodimethylanilin auf Diphenylnaphtylendiamin. Zu
seiner Verwendung werden die nachfolgenden Vorschriften gegeben. (Textile Manufacturer, 1887 S. 80.)
Zum Blaufärben von Baumwollgarn, auf 100k desselben:
Das Garn wird mit Eisenbeize (20k) gebeizt, zu deren Bereitung 12k
Eisenvitriol in 4k Wasser gelöst und mit 6k Salpetersäure oxydirt werden. Das Garn wird gut
gewaschen, dann in der Auflösung von 6k
Sumachextract angefärbt; das Tannin wird mit einem aus 5k Brechweinstein bereiteten Bade fixirt. Schlieſslich färbt man blau in
einem Bade aus 3k Muscarin (welches mit Essigsäure
angefeuchtet wurde) in 200l Wasser. Man geht kalt
ein und erhitzt allmählich zum Sieden.
Muscarinblau soll ziemlich echt sein. Ein schönes Grün wird erhalten, wenn man in
obiger Vorschrift das Muscarin zum Theil durch Auramin ersetzt; beide Farbstoffe
vertragen sich vorzüglich. Läſst man in obiger Vorschrift den grauen Eisenuntergrund
weg und fixirt bloſs mit gerbsaurem Antimon, so erhält man schön blaue Töne von der
Nuance des Methylenblaus.
Die Darstellung von Türkischrothöl direkt aus Oel
haltigem Samen hat sich Adolf Brunstein in Moskau patentiren lassen (D. R. P. Kl. 23 Nr. 37314 vom 12. Januar 1886). Die Samen werden
zerkleinert und mit Schwefelsäure von 60° B. zusammengerührt. Es ist fraglich, ob
dieses Verfahren zweckmäſsig ist.
Horace Köchlin hat über sein bekanntes Alizarinrothverfahren – Rouge de Wesserling – eine,
wenn auch unvollständige Mittheilung gemacht. Danach besteht die wesentlichste
Neuerung des Verfahrens in dem Zusatz von Zinnoxydulhydrat zu den
Alizarinfärbebädern. (Textile Manufacturer, 1887 S.
227.)
Die in Indien für die sogen. A'l-Färberei verwendete
Wurzel von Morinda citrifolia und M. tinctoria ist bezüglich ihrer Farbstoffe von Thorpe und Greenall untersucht worden. Die A'l-Färberei
ist eine Art Türkischrothverfahren, bei welchem die Weiſsbäder durch ein Gemisch aus
gepulvertem Ricinussamen, Pflanzenasche und Wasser ersetzt werden, in welches der zu
färbende Stoff wiederholt eingelegt und dann getrocknet und gewaschen wird.
Verschiedene Gerbmaterialien und Alaun dienen als Beize und die Morindawurzel
(Suranji) zum Färben. Schon Anderson hat diese Wurzel
untersucht und aus derselben ein Glukosid, Morindin,
C28H30O15, erhalten, welches in Zucker und Morindon zerfällt. Das Morindon ist sublimirbar und ein
Anthrachinonderivat, vielleicht ein Trioxymethylanthrachinon, C15H10O5. In seinen Eigenschaften zeigt es groſse
Aehnlichkeit mit Isopurpurin. (Textile Manufacturer,
1887 S. 226.)
In der seit Beginn dieses Jahres erscheinenden Zeitschrift
für die chemische Industrie beschreiben Liechti und
Ulrich die Wirkung von Nickelbeizen.
Nickelgebeizter Baumwollstoff färbte sich: mit Alizarin rothviolett, mit
Alizarinorange rothbraun, mit Alizarinblau S reinblau, mit Cörulëin gelbgrün, mit
Gallocyanin blauviolett, mit Galleϊn braunviolett, mit Kreuzbeerenextract lichtgelb.
Holzextracte färbten nicht an.
Recepte für Druckfarben auf Jute gibt der Textile Colourist, 1887 S. 36. Dieselben beweisen aufs
Neue, daſs die Affinität der Jute zu Farbstoffen weit ähnlicher der Wolle als der
Baumwolle ist. Die Jutegewebe sind vor dem Druck gut zu bürsten und zu
calandriren.
Dunkelbraun.
250g
Stärke
5l
Blauholzbrühe 4° B.
3g
Cerise
¼l
Tragantschleim
2k
British Gum
⅛l
Glycerin
werden zusammen verkocht und dann zu dem noch heiſsen
Gemisch
100g
Alaun
50g
Kupfervitriol
50g
Eisenvitriol
zugesetzt. Nach dem Erkalten kommen schlieſslich
noch
50g
salpetersaures Eisen von 40° B. hinzu.
Ein Roth wird erhalten, wenn man eine
aus
5l
dickem Tragantschleim
10k
British Gum
20l
Wasser
1l
Glycerin und
1l
Essigsäure 6° B.
bereitete Verdickung mit
30g
Ponceau und
5g
Oxalsäure
für jeden Liter versetzt. Selbstverständlich kann das
Ponceau durch andere Azofarbstoffe ersetzt werden.
Ein neues Bleichmittel hat sich R. Weiſs patentiren
lassen. Dasselbe wird erhalten durch Einleiten von Chlor in eine Auflösung von
Natrium- oder Kaliumaluminat. Eine genauere Beschreibung des Darstellungsverfahrens
ist in D. p. J. 1887 263 164 bereits gegeben.