Titel: | Ueber Kerosin-Lampen; von M. Alibegow und W. Dolinin. |
Autor: | L. Jawein |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 223 |
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Ueber Kerosin-Lampen; von M. Alibegow und W. Dolinin.
Alibegow und Dolinin, über Kerosin-Lampen.
In Ruſsland bestehen, von einer Ausnahme abgesehen, keine Lampenfabriken und der
Bedarf an Lampen muſs daher aus dem Auslande gedeckt werden. Die meisten Lampen
werden aus Berlin bezogen; dieselben sind aber alle zum Brennen von amerikanischem
Kerosin eingerichtet und erweisen sich öfters als untauglich für russisches Kerosin.
In der ätzten Zeit sind nun die verschiedensten Lampen in den Handel gedacht worden,
ohne daſs zur Beurtheilung über deren Tauglichkeit für russisches Leuchtöl irgend
welche Daten vorhanden wären. Verfasser hatten es sich daher zur Aufgabe gestellt,
möglichst viele der jetzt in Petersburg benutzten Kerosinlampen in Bezug auf ihre
Construction, Leuchtkraft, den Verbrauch an Kerosin und zugleich auf die
Feuergefährlichkeit einer Untersuchung zu unterwerfen. Sie prüften 27 Lampen, von
denen die folgenden Lampen 14 Linien-Brenner (14''')
waren: Mondbrenner von Schuster und Bär und von Wut und Wessel, Special-, Brillant-, Victoria-, Baku-,
Herkules- und Mitrailleusen-Brenner, je einen Brenner von Kumberg mit und ohne Brennscheibe und mit einer Verengung des Glases, einen gewöhnlichen,
einen Kosmos- und 2 Kordig'sche Brenner; sodann die
folgenden 10'''-Rundbrenner: einen gewöhnlichen, einen
Kosmosbrenner und einen von Kumberg; einen Flachbrenner
von 14''' und einen ebensolchen von Kobozew, zwei Duplex- und zwei Flachbrenner von 10'''; die mechanische Lampe von Hitschkoks und Flachbrenner von 7''' und 5'''. Zum Brennen diente meistens Nobel'sches Kerosin von 0,822 spec. Gew. bei 15° und
einer Entflammungstemperatur von 29° im Apparat von Abel-Pensky; die Destillation ergab folgende Zusammensetzung: 12,5 Proc.
bis zu 150° siedender Producte, 30,25 Proc. bis 200°, 34,0 Proc. bis 250°, 9,35 bis
270° und 13,9 Proc. über 270°. Auſserdem wurde in den aufgezählten Lampen, um deren
Brauchbarkeit für schwere Mineralöle zu prüfen, auch die sogen. Pyronaphta von Ragosin untersucht. Das specifische Gewicht dieses
Oeles betrug 0,858 bei 15° und die Zusammensetzung 1,20 Proc. bis 170°, 3,49 Proc.
bis 220°, 15,72 Proc. bis 250°, 23,34 Proc. bis 270°, 41,03 Proc. bis 300° und 15,12
Proc. höher siedender Antheile. Die erste Bestimmung geschah immer erst nach 5
Minuten langem Brennen, nachdem der Docht möglichst hoch aufgeschraubt worden war.
Zum Messen der Lichtstärke im Bunsen'schen Photometer diente eine Stearinkerze, von
der 4 ein russisches Pfund ausmachten, und die 1,066 Spermazetkerzen gleichkam. Die
Länge der Kerzenflamme betrug 45mm. Jede Lampe
wurde 7 bis 8, zuweilen auch 9 bis 10 Stunden lang brennen gelassen stündlich
gewogen unter gleichzeitiger Bestimmung der Lichtstärke und aus den erhaltenen Daten
dann das Mittel genommen. Die Resultate ihrer Untersuchung, die in zahlreichen
Tabellen veranschaulicht sind, fassen Alibegow und Dolinin folgendermaſsen zusammen:
In allen untersuchten Lampen brannte das Kerosin besser als die Pyronaphta, eine
Ausnahme machten jedoch der Kumberg'sche 10'''-Rundbrenner und der 14'''-Kosmosbrenner.
Unter der Annahme, daſs ein Brenner als tauglich angesehen wird, wenn er bei 14''' Dochtbreite 10 Lichtstärken gibt und 4g Kerosin in 1 Stunde auf jede Lichtstärke
verbraucht und ein 10'''-Brenner bei demselben Kerosin
verbrauch 8 Lichtstärken entwickelt, müssen von den 27 Lampen 15 als zum Brennen von
russischem Kerosin geeignet angesehen werden. Es sind das die mit Brennscheibe
versehenen 14'''-Brenner: Herkules, Mond der beiden
oben genannten Fabriken, Special und Kumberg, die 14'''-Brenner ohne Brennscheibe von Kumberg
(Phenomen) und Kordig, der Flachbrenner Duplex von
14'''; sodann die 10'''-Rundbrenner von Kordig, Kosmos und der
gewöhnliche Rundbrenner und die 10'''-Flachbrenner
Duplex und Hitschkoks; endlich die 7'''- und 5'''-Flachbrenner.
Für die Pyronaphta erwiesen sich gleichfalls 15 Lampen als brauchbar, und zwar unter
der Annahme, daſs bei einem Verbrauche von 4g,5
Pyronaphta in der Stunde 9 und 6 Lichtstärken bei 14 bezieh. 10 Linien Dochtbreite
erhalten werden.
Die in Bezug auf ihre Leuchtkraft und den Verbrauch an Kerosin als gut befundenen
Lampen stellten sich hinsichtlich der Feuergefährlichkeit als ungenügend heraus, da
eine zu starke Erwärmung des Kerosins im Behälter beobachtet wurde.
Die Rundbrenner entwickelten alle bei geringerem Verbrauch an Kerosin eine gröſsere
Lichtstärke als die Flachbrenner. Bei der Pyronaphta ist dieser Vortheil der
Rundbrenner kaum zu bemerken. Die mit einer Brennscheibe versehenen Brenner brannten
im Allgemeinen besser als diejenigen ohne dieselbe; besonders zu bemerken war dieser
Unterschied beim Kerosin, weniger bei der Pyronaphta. Die Rundbrenner von 10''' brannten besser, als die von 14''' derselben Construction.
Das specifische Gewicht des Kerosins bleibt beim Brennen der Lampen unverändert. Die
Ansicht, daſs die flüchtigeren Bestandtheile des Kerosins zuerst vom Dochte
aufgesogen werden und zur Verbrennung gelangen, während im Lampenbehälter ein
schwereres Oel zurückbleibt, ist also nicht stichhaltig.
In den Lampen mit Brennscheibe findet eine stärkere Erwärmung des Kerosins statt als
in denen ohne Scheibe und am bedeutendsten ist die Temperatursteigerung in den
Lampen mit Flachbrenner. Das Maximum des Unterschiedes in der Temperatur der Luft
und der des Kerosins im Lampenbehälter tritt im Allgemeinen vor der sechsten
Brennstunde ein, worauf die Temperatur constant bleibt oder abzunehmen beginnt. Für
nicht feuergefährlich halten Verfasser ein Kerosin, dessen Entflammungstemperatur
bei 35° im Apparate von Abel-Pensky liegt, jedoch unter
der Annahme, daſs die Lufttemperatur nicht über 25° steigt.
Kerosinlampen sind jetzt das billigste Beleuchtungsmaterial in Petersburg. Ein
russisches Pfund (= 409g,5) Kerosin kostet kaum 3
Kopeken (= 5½ Pfennig). Rechnet man die Kosten der Kerosinbeleuchtung als Einheit,
so belaufen sich die mittels Pyronaphta auf 1,5 und mittels Leuchtgas auf 3Wenn 1000 Cubikfuſs Gas 2 Rubel 60 Kopeken kosten, was dieses Frühjahr der
Fall war; jetzt (September) ist der Preis des Leuchtgases auf 1 Rubel 60
Kopeken gesunken., die elektrische Beleuchtung (von Siemens) kommt auf 7,3 und die mit Stearinkerzen auf
22,9 Kopeken zu stehen (vgl. auch S. Lamansky 1887 265 565).
Zu der vorliegend in kurzem Auszuge mitgetheilten Arbeit
veröffentlicht Prof. K. Lissenko im Berg-Journal, Juli 1887 S.
493 eine sehr sachgemäſse Kritik, in der er darauf hinweist, daſs
photometrische Bestimmungen unter Berücksichtigung des Kerosinverbrauches nicht
genügen, um über den Werth einer Lampe ein Urtheil fällen zu können, denn selbst
wenn nur mittlere Daten in Betracht gezogen werden, so stimmen die Resultate
verschiedener Beobachter selten überein. Er selbst habe daher, trotz zahlreicher
Beobachtungen am Photometer, bis jetzt nichts von seinen photometrischen Resultaten
veröffentlicht. Sehr schwierig ist es schon, eine gleich bleibende Flamme der
Normalkerze, die zum Vergleichen dient, zu erhalten; sodann hängt die Lichtstärke
von der Höhe der Flamme über dem Niveau des Leuchtöles in der Lampe, von der
Beschaffenheit des Dochtes, der Bildung eines Anfluges u.s.w. ab, alles Umstände, die von Alibegow und Dolinin bei
ihren Beobachtungen zu wenig in Betracht gezogen worden sind; ihre
Schluſsfolgerungen dürften daher nur mit Vorsicht aufzunehmen sein.
L.
Jawein.