Titel: | Zu dem Einflusse der Phosphorverbindungen auf Eisen; von Leop. Schneider. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 378 |
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Zu dem Einflusse der Phosphorverbindungen auf
Eisen; von Leop. Schneider.Nach vom Herrn Verfasser gefälligst eingesendetem Sonderabdruck aus der Oesterreichischen Zeitschrift für Berg- und
Hüttenwesen, 1887 Bd. 35.
Einfluſs der Phosphorverbindungen auf Eisen.
Der Phosphor macht sich im Eisen bekanntlich dadurch bemerkbar, daſs er eine
Verringerung der Festigkeit des Metalles bewirkt. Diese schädliche Wirkung eines
bestimmten Phosphorgehaltes ist bei verschiedenen Eisensorten sehr ungleich und
hauptsächlich abhängig von der Art, nach welcher das Eisen erzeugt wurde. So
bewirken z.B. bei den härtesten Stahlsorten 0,03 bis 0,06 Proc. Phosphor schon eine
wesentliche Verminderung der Festigkeit, während bei Schmiedeeisen, besonders nach
häufiger Bearbeitung mit dem Hammer, selbst die zehnfache Menge noch keine
auffallende Verringerung der Festigkeit verursacht.Alle Angaben über die Menge des Phosphors, welche die verschiedenen
Eisensorten enthalten können, ohne Kaltbruch zu zeigen, stammen aus früheren
Jahren und sind durchgehends etwas zu niedrig, nachdem in letzter Zeit von
verschiedenen Analytikern nachgewiesen wurde, daſs die früher allgemein
übliche Bestimmungsmethode des Phosphors fehlerhaft ist. Deshalb schlägt Eggertz vor, die Angaben über Phosphorgehalt
aus früheren Jahren um ¼ zu vergröſsern. Für diese auffallende Erscheinung in der Wirkung des Phosphors auf Eisen
gibt B. W. CheeverTransaction of the American Institute of Mining
Engeneers, Oktober 1886 Iron, 1887
S. 252. eine neue Erklärung, wonach die Verschiedenartigkeit des Einflusses bestimmter
Phosphormengen dadurch hervorgerufen werde, daſs der Phosphor im Eisen in 2
Verbindungsformen, als Phosphat und Phosphid, enthalten sei, welche naturgemäſs verschieden
auf die Eigenschaften des Eisens influiren.
Diese Erklärung stützt sich auf die analytischen, von Cheever erhaltenen, in der nachfolgenden Tabelle zusammengestellten
Resultate, welche die Aufmerksamkeit des Eisenhüttenchemikers in hohem Grade zu
erregen geeignet sind.
Die Untersuchungen wurden in der Weise vorgenommen, daſs man gewogene Mengen Eisen
kalt mit ammoniakalischer Kupferchloridlösung behandelte, bis alles Eisen gelöst
war, den Rückstand, ohne zu waschen, abfiltrirte und mit 100cc einer concentrirten, schwach ammoniakalischen
Lösung von oxalsaurem Ammoniak digerirte oder 5 Minuten lang mit 1procentiger
Salzsäure schüttelte und die in Lösung gegangene Phosphorsäure bestimmte.
Bei Durchsicht der folgenden Tabelle ergibt sich auffallender Weise, daſs bei
mehreren Eisensorten die als Phosphat angegebene Phosphormenge jene dem Phosphid
entsprechende bedeutend übersteigt. Demgemäſs wäre bei der Prüfung von Stahlsorten
auf ihren Phosphorgehalt die Frage nach der chemischen Bindung des Phosphors von
ebenso groſser Wichtigkeit als die Bestimmung des Phosphorgehaltes selbst.
Ferner könnte an der Hand dieser Resultate den in neuerer Zeit durch den basischen
Prozeſs erzeugten Stahlsorten bei gleichem Phosphorgehalt von vornherein bessere
Qualität zugesprochen werden. Abgesehen von der Bestimmungsmethode des Phosphates
widersprechen diese Ergebnisse auch mehreren aus der Praxis entnommenen Thatsachen,
weshalb dieselben unwahrscheinlich genannt werden können.
Kohlenstoff
Mangan
Silicium
Gesammt-Phosphor-gehalt
Phosphor alsPhosphat
Phosphor alsPhosphid
Procente desPhosphorsals Phosphat
Roheisen
–
–
2,30
1,40
0,04
1,37
2,85
Roheisen
–
–
–
1,40
0,072
–
5,14
Roheisen (schottisches)
–
–
3,60
0,85
Spuren
–
–
Stabeisen
–
–
–
0,135
0,102
0,028
75,55
Stabeisen
–
–
–
0,135
0,103
0,036
76,30
Stabeisen
–
–
–
0,135
0,096
0,038
71,11
Bessemereisen
0,35
1,11
0,045
0,108
0,052
–
48,61
Bessemereisen
0,35
1,11
0,045
0,108
0,050
0,058
46,48
Bessemereisen
0,08
0,30
0,093
0,073
0,017
0,048
23,28
Bessemereisen
0,08
0,30
0,093
0,073
0,02
–
27,40
Shetfield-Schienenstahl
0,52
1,30
0,132
0,085
0,026
–
30,60
Clapp-Griffith-Stahl
–
–
–
0,42
0,30
–
71,42
Clapp-Griffith-Stahl
–
–
–
0,42
0,335
–
80,00
Clapp-Griffith-Stahl
–
–
–
0,175
0,136
–
77,71
Tiegelguſsstahl
0,07
–
0,21
0,067
0,036
–
53,73
Tiegelguſsstahl
0,07
–
0,21
0,067
0,028
–
41,80
Auf Grund dieser Resultate kommt man z.B. dazu, die bei Kaltbruch stets beobachtete
krystallinische Structur des Eisens und die daher durch mechanische Bearbeitung
gefundene Abhilfe als auf irriger Beobachtung beruhend anzusehen.
Desgleichen ist die chemische Zusammensetzung der beim Puddelprozeſs sich bildenden
Schlacke nicht mit diesen Angaben in Einklang zu bringen. Der Phosphorgehalt der
Puddelschlacken schwankt vom Beginne des Prozesses bis zum Ende nicht bedeutend.
Derselbe beträgt bei jenen Schlacken, welche zum Schlüsse beim Lupenmachen abfallen,
vielfachen Untersuchungen nach, im Maximum etwa 1 bis 2 Proc. Sollte daher jener
Phosphor, welcher im Puddelstahl bis zu 0,3 Proc. noch als unschädlich gefunden
wurde, beigemengter Schlacke angehören, so würde dieses einer ganz unmöglichen
Menge, etwa 15 bis 20 Proc. entsprechen.
Daſs ein Theil des Phosphors im Stahl von der beigemengten Schlacke herrührt, daher
als Phosphat in demselben enthalten ist, kann wohl mit Sicherheit angenommen werden.
Der Menge und Zusammensetzung der Schlacke entsprechend dürfte jedoch dieser
Phosphorgehalt nur in den seltensten Fällen mehr als wenige Hundertelprocente
betragen, weshalb derselbe gewöhnlich bei den Prüfungen des Stahles nicht weiter
berücksichtigt wird.
Nicht minder gewichtige Bedenken machen sich gegen den von Cheever eingehaltenen analytischen Gang zur Untersuchung des Eisens auf
Phosphor geltend, welcher sich auf die Annahme stützt, daſs einerseits die im Eisen
enthaltenen kleinen Mengen von Phosphid der Einwirkung von Kupferchlorid vollkommen
widerstehen, und daſs andererseits durch 5 Minuten andauernde Behandlung mit 1
procentiger Salzsäure oder durch Einwirkung einer ammoniakalischen
Ammoniumoxalatlösung alle Phosphorsäure dem Phosphat, welches durch Oxydation des
glühenden Eisens aus dem Phosphid entstanden ist, entzogen wird.
Nun wird zwar Eisenphosphid von ammoniakalischer Kupferchloridlösung in der Kälte
wenig, aber immerhin merklich angegriffen, und zwar um so stärker, je feiner
vertheilt es im Eisen vorhanden ist, wie Schneider bei
seinen Untersuchungen über die chemische Constitution des Phosphoreisens mehrfach zu
beobachten in der Lage war. Ist die verwendete Lösung vollkommen neutral, so geht
hierbei keine Spur Phosphorsäure in Lösung, sondern die durch Oxydation des
Phosphides entstandene Phosphorsäure bleibt, mit dem Eisen Wasser haltige Salze
bildend, im Rückstande, aus welchem dieselbe durch schwach angesäuertes Wasser
leicht gelöst wird.
Andererseits werden aus dem durch Glühen des Phosphides bei Luftzutritt dargestellten
Eisenphosphat durch 5 Minuten langes Schütteln mit 1 procentiger Salzsäure nur
Spuren von Phosphorsäure gelöst. Ebenso wenig geht Phosphorsäure durch dreistündiges
Digeriren mit Ammoniak in Lösung, während concentrirte Aetznatronlauge oder mäſsig
concentrirte Mineralsäuren auch diesem Phosphate reichliche Mengen Phosphorsäure entziehen.
Diese Beobachtungen stimmen vollkommen mit der von Eggertz1868 188 119. angegebenen und seither allgemein gebräuchlichen
Untersuchungsmethode des Stahles auf Schlacke überein. Derselbe befreit die durch
Behandlung des Stahles mit Kupferchlorid oder Brom im Rückstand gebliebene Schlacke
durch einige Tropfen Salzsäure von den beigemengten basischen Salzen, ohne daſs
hierbei Auflösung von Schlacke zu befürchten wäre.
Die Gröſse der Einwirkung des Kupferchlorides auf das im Eisen enthaltene Phosphid
geht aus folgenden Versuchen Schneider's hervor:
1g weiſses Roheisen, welches
2,06 Proc. Phosphor enthielt, wurde mit Kupferchlorid-Ammoniumlösung 24 Stunden
stehen gelassen und dann abfiltrirt. Das Filtrat enthielt keine Spur Phosphor. Der
Rückstand wurde mit 1 procentiger Salzsäure 5 Minuten geschüttelt. Es gingen dadurch
1,105 Proc. Phosphor als Phosphorsäure in Lösung. Ein nochmaliges Digeriren des
Rückstandes mit 1 procentiger Salzsäure führte selbst nach Stunden langer Dauer nur
mehr 0,02 Proc. Phosphor in Lösung. Nachdem man jedoch wiederum 24 Stunden
Kupferchlorid einwirken gelassen hatte, so konnten neuerdings 0,08 Proc. Phosphor
als Phosphorsäure durch 1 procentige Salzsäure gelöst werden. Der Rückstand wurde
noch einmal, und zwar 48 Stunden, mit der genannten Doppelsalzlösung stehen
gelassen. Nach dieser Zeit hatten sich abermals 0,09 Proc. Phosphor zu Phosphorsäure
oxydirt.
Ferner wurde Puddelstahl mittlerer Härte, welcher 0,11 Proc.
Phosphor Enthielt, mit Kupferchlorid-Ammoniak 1 Stunde lang digerirt und dann vom
Rückstände abfiltrirt. Es war keine Spur Phosphor in Lösung gegangen. Aus dem
Rückstande lieſsen sich 0,06 Proc. Phosphor durch 1 procentige Salzsäure ausziehen,
während 0,05 Proc. ungelöst zurückblieben.
Wendet man statt der wässerigen Lösung von Kupferchlorid eine
alkoholische Lösung an, so entstehen durch die Einwirkung auf Eisen keine basischen
Salze und die durch die Oxydation des Phosphides entstehende Phosphorsäure geht als
Eisenoxydulsalz in Lösung.
1g des oben erwähnten
Puddelstahles wurde in Form von Bohrspänen mit einer Lösung von 10g Kupferchlorid in 100cc Alkohol eine halbe Stunde in einer Glasreibschale verrieben. Nach
dieser Zeit hatte sich der Stahl bis auf einen geringen höchst feinpulverigen
Rückstand gelöst, ohne daſs eine Abscheidung von Kupfer stattgefunden hätte. Der
Rückstand wurde abfiltrirt und mit 1 procentiger Salzsäure digerirt. Die verdünnte
Salzsäure löste nur Unbestimmbar kleine Mengen Phosphor, während die alkoholische
Kupferchloridlösung 0,07 Proc. enthielt. Im Rückstand waren nach der Digestion mit
Salzsäure noch 0,04 Proc. Phosphor geblieben. Aehnliche Resultate erhielt Schneider bei der Behandlung eines 0,4 Proc. Phosphor
enthaltenden Puddelstahles mit alkoholischer Kupferchloridlösung. Auch hier konnten
mit 1 procen-tiger Salzsäure aus dem Rückstande nur Spuren Phosphorsäure in Lösung
gebracht werden.
Diese Versuche beweisen also, daſs Kupferchlorid merklich auf Eisenphosphid einwirkt.
Die hierbei entstehende Phosphorsäure, welche bei alkoholischer Lösung des Chlorides
in Lösung geht, bleibt bei wässeriger Lösung mit dem Eisen, basische, Wasser haltige
Salze bildend, im Rückstande, aus welchem sie durch 1 procentige Salzsäure laicht
ausgezogen werden kann.
Aber auch die Phosphorsäure der Schlacke wird durch 1 procentige Salzsäure nicht in Lösung gebracht, und daraus folgt, daſs die
von Cheever
gefundenen
Phosphorsäuremengen gröſstentheils das Product der Einwirkung von Kupferchlorid auf
Eisenphosphid sind.
Die von Cheever gegebene Erklärung über die
Verschiedenheit bestimmter Phosphormengen im Stahle entbehrt sonach der verlässigen
analytischen Grundlage.