Titel: | Neuerungen an Drehbänken. |
Autor: | Prégel |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 394 |
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Neuerungen an Drehbänken.
Patentklasse 49. Mit Abbildungen im Texte und auf
Tafel 23.
Neuerungen an Drehbänken.
Drehbankschlitten von H. Wohlenberg. Um die beim
Gewindeschneiden erforderlichen mannigfachen Handgriffe, wie Zurückführen des
Schneidstahles, Oeffnen des Mutterschlosses, Anstellen des Schneidstahles zum
Schnittbeginn u.s.w. zu vereinfachen und dadurch bei rascher Leistung eine möglichst
einfache Bedienung zu erstreben, baut H. Wohlenberg in
Hannover (* D. R. P. Nr. 31322 vom 23. August 1884) Drehbänke, welche neben einem
eigenen Spindelstock (vgl. 1882 244 * 192) noch mit einem
besonderen Schlitten ausgerüstet sind, mit welchem die vorgenannte Aufgabe in
zweckentsprechender Weise gelöst wird.
An der vorderen Unterseite des Schlittens verschieben sich in einer kurzen
Prismaführung die Hälften a und b (Fig.
1 und 2) der Leitspindelmutter vermöge einer im Schlitten gelagerten Schraube
e mit Rechts- und Linksgewinde. Zwischen dem
Schlitten und auf den Köpfen der Mutternhälften gleitet unabhängig davon ein
Winkelschieber k, durch welchen die Supportspindel d gehalten wird und die daher in den Lagern des
Schlittens sich verschieben muſs. Je nachdem nun durch Vermittelung eines in
passende Bohrungen m, n, o eingesteckten Querstiftes
l, der Winkelschieber k mit dem Schlitten, oder einer der beiden Mutterntheile a, b mit dem Winkelschieber k verkuppelt wird, entstehen bei Drehung des Kurbelgriffes f um 240° folgende Verschiebungen:
a) Wird der Querstift l in o eingesteckt, der Winkelschieber k mit dem
Schlitten verbunden, so werden bloſs die Muttern a und
b verschoben, ohne irgend eine Wirkung auf die
Supportspindel auszuüben. Der Schlitten ist daher für das Lang- und Plandrehen
eingestellt.
b) Ist der Querstift durch m geschoben, wird die vordere
Mutternhälfte a mit dem Winkelschieber k verriegelt, dieser aber dadurch vom Schlitten
unabhängig, so wird bei Auslösung der Leitspindelmutter der Theil a den Winkelschieber k und
dieser die Supportspindel d mit dem Supportobertheil
nach auſsen schieben und hierdurch beim Schneiden voller Spindelgewinde den
Schneidstahl aus dem Gewindegang herausführen.
c) Dagegen muſs beim Schneiden hohler oder Muttergewinde der Muttertheil b mit dem Schieber k
verbunden werden, indem der Stift l in das Loch n geschoben wird. Um die Bewegung dieses Stiftes nicht
zu hindern, sind die Löcher n, m in den Seitenführungen
des Schlittens länglich gemacht, während dieselben in den Muttertheilen a, b und im Schieber k
streng passend sind. Um die Supportstellung zu regeln und zu sichern, ist die
Stellschraube s vorgesehen, während die Nachstellung
des Schneid Stahles zum Schnitt durch einfache Drehung des Handrädchens h erfolgt, wobei eine Zeigertheilung ein gleichmäſsiges
Spanabnehmen erleichtert.
Da der Schnittdruck nicht nur den Bund der Supportspindel d, sondern auch den Querstift l und die
Ausrückschraube s belastet, und da ferner die achsiale
Triebkraft der Leitspindel mit ziemlich groſsem Hebelarm auf die um ihre
Führungskante kippende Mutter wirkt, so wird der Werth dieser sinnreichen und
zweckentsprechenden Einrichtung von der Sorgfalt in der Ausführung und Erhaltung
bedingt.
Pendlebury's Drehbankspindellagerung. Um das hintere
Ende der Drehbankspindel für das Aufstecken von Rädern und Steuerscheiben frei zu
halten, wird nach Engineering, 1887 Bd. 43 * S. 483 der
achsiale Druck der Spindel durch ein Kammlager aufgefangen und etwaiges Spiel durch
stellbare Ringmuttern beseitigt (Fig. 3). Beide
Räderpaare des Vorgeleges sind vor der Hauptstufenscheibe angeordnet, wodurch Platz
für eine gröſsere Stufenscheibe gewonnen wird. Die Wange dieser Drehbank hat nicht
abgeschrägte, sondern winkelrechte Seitenbahnen.
Seller's Drehbanksupport. Im Allgemeinen beanspruchen
Kraft und Widerstand ein Drehbankbett auf Verdrehung, und zwar können diese Kräfte
in einer Ebene liegend gedacht werden, welche durch die Schnitt- und die
Angriffsstelle der Triebkraft des Schlittens geht. Da es aber nicht thunlich ist, in
dieser Ebene von stets wechselnder Lage die Kräfte aufzufangen, so muſs jede
einzelne dieser Kräfte in Seitenkräfte zerlegt werden, deren Richtungen winkelrecht
zu den Bahnen stehen, in welchen der Support getheilt ist und von denen sich wieder
einige zu Drehkräften vereinigen. Es wird dem zu Folge der Hauptschlitten, je nach
der Lage der Schnittstelle zur Wangenkante, um diese zu kippen gesucht, sowie
ebenfalls in senkrechter Ebene um die eigene vordere Querkante gekippt und endlich
in wagerechter Ebene auf der Wange verdreht.
Diese Kraftwirkungen müssen nun die Führungsflächen der Wange bezieh. des Schlittens
aufheben, wobei nach Maſsgabe der zu erwartenden Kraftstärken die Gröſse dieser
Führungsflächen bemessen wird. Um das Ecken des Schlittens auf der Wange zu
verringern, wird das Verhältniſs Länge zu Breite möglichst groſs gemacht, um aber
die Annäherung des Schlittens an Spindel- und Reitstock nicht zu behindern, werden
die Schlittenführungen flügelartig umfassend ausgebildet, weil es nicht statthaft erscheint,
die Wangenbreite zu verkleinern, weil dadurch doch nur das Kippen um die Wangenkante
erhöht würde. Ein zweites nicht weniger wichtiges Constructionsmoment ist in dem
Bestreben gegeben, die Hebelarme der wirkenden Kräfte möglichst klein zu gestalten,
und ihre Angriffspunkte thunlichst nahe an die Ebene der Bettführung zu bringen.
Nach diesen Gesichtspunkten ist Seller's Support gebaut
und obwohl derselbe bekannt ist, so dürfte eine neuere Bauart desselben doch
Beachtung verdienen (Fig. 4).
Nach Industries, 1887 * S. 458 sind die Seitenführungen
der Wange nicht abgeschrägt, sondern winkelrecht ausgeführt, es erhält demnach die
hintere Druckleiste einen durchlaufenden Ansatz (Fig. 4), wodurch sowohl
der Schub nach vorwärts als auch die nach aufwärts wirkende Kraft aufgefangen wird.
Die Leitspindel liegt unter der vorderen Bettführung nach innen zu gedeckt, während
die Zahnstange an der vorderen äuſseren Unterseite angegossen ist.
Unter dem Schlitten und unmittelbar auf der Wange liegend, geht eine schwache
Querschiene durch, an welcher ein in dem mittleren Schlittenansatz geführter Rahmen
angeschraubt ist, welcher zugleich eine halbe Spindelmutter bildet. Mit dem anderen
freien Theile legt sich die Leitspindel in die entsprechende Ausbohrung der Wange,
wodurch dieselbe gegen das Ausbiegen geschützt und auch genügend gelagert ist. Am
vorderen Theile der Querschiene greift in einen Ansatz derselben der
Ausrückhebel.
Die Triebwerkslager für den Zahnstangentransport sowie jene für die
Supportspindelbewegung sind am Schlitten theilweise angegossen und angeschraubt,
während die untere Steuernuthwelle längs der Wange frei gelagert ist. Auf dieser ist
ein wanderndes Hülsenwinkelrad aufgeschoben, welches ein schräg gelegtes kurzes
Wellstück und damit eine Schnecke treibt, wodurch eine wagerechte Welle gedreht
wird, auf welcher zwei Stirnräder sitzen, die dadurch abwechselnd sowohl die
Zahnstangengetriebswelle als auch die Supportspindel bethätigt.
Das zugehörige Spindelgetriebe, welches zwischen festen Lagerbunden des Schlittens
gehalten ist, bildet zugleich die Mutter für die Supportspindel, welche in einem
Lappen des Querschlittens lagert, sonst aber frei nach innen ausläuft. Wird nun das
gröſsere Stirnrad vermöge einer Reibungskuppelung zum Betrieb eingerückt, die
Supportspindel aber an der Drehung verhindert, so erfolgt bei drehender Mutter eine
fortschreitende Bewegung der Spindel und mit ihr des Obersupportes mit dem
Schneidstahl.
Wird dagegen die Spindelmutter durch einen Winkelhebel gesperrt, das groſse Rad aber
ausgelöst, so kann die Spindel gedreht und der Support durch Hand gesteuert werden,
sowie hierbei das Zahnstangengetriebe eingerückt und der Schlitten selbstthätig
fortgeschoben werden kann.
Auf dem Querschlitten ist die Kreisnuth für das Drehstück, welches auf seiner kurzen
Prismabahn einen zwar langen aber einfachen Supportobertheil mit dem Spannkloben
trägt.
Ehrhardt's Support und Schneidstähle für Räderdrehbänke.
Um das Material der abzudrehenden Radreifen zu schonen, werden verschiedene nach dem
äuſseren Radreifenprofil eingestellte Schneidstähle in einem gemeinschaftlichen
Stahlhalter eingesetzt und dieser zuerst normal an den Reifen angesetzt, alsdann
etwas seitlich verschoben, so daſs dadurch weniger Verluste durch das Spanmaterial
entstehen als durch das seitliche Ansetzen eines einzelnen Schneidwerkzeuges (* D.
R. P. Nr. 32542, 32625 und 35412; vgl. 1885 258 *
152).
Für das Ausfräsen der Radreifen wird das Werkzeug aus einem zum Theil profilirten
Rundstahl gefertigt, dessen Schneidkante mit Einkerbungen versehen ist, um den Span
zu trennen, und die Schnittwirkung auf mehrere Stellen von geringer Breite zu
vertheilen. Weil auch hier das Ansetzen normal und auf der vollen Breite der
Ausbohrung auf einmal erfolgt, so gewährt diese Bearbeitungsweise entschieden
Vortheile gegenüber dem öfteren Nachdrehen mittels eines von der Seite angestellten
Werkzeuges.
Die für diese Stähle gebauten Supporte können auf jede schon vorhandene Räderdrehbank
aufgesetzt werden, doch ist es bei neuen Maschinen dieser Art weitaus zweckmäſsiger,
das Bett mit Rücksicht auf diese besonders gestalteten Supporte auszubilden. Das
Bett sowie die verschiedenen Supporte sind in Fig. 5 bis 8
dargestellt, zu deren Verständniſs es keiner weiteren Erklärung bedarf, während in
Fig. 9
und 10 die
Schroppstähle für die Ausbohrung, in Fig. 8 und 11 die
entsprechenden Schlichtmesser, in Fig. 6 die Stähle für
die Reifenseiten und in Fig. 12 und 13 die
Stähle sammt Halter für das Ausdrehen der Sprengringnuthe zur Anschauung gebracht
sind.
Baville's Planscheibe für Drehbänke. In einer Aussparung
der hinteren Nabe wird eine kurze Rohrhülse drehbar und durch eine Stellschraube
entsprechend festgestellt eingeschoben (Fig. 14 und 15). In die
mit Winkelradzähnen versehene Krone derselben greifen von auſsen drei Winkelrädchen
ein, welche auf den Stellspindeln der Planscheibe sitzen. Wird nun eine derselben
gedreht, so drehen sich die beiden anderen Spindeln mit, sofern die Stellschraube
der Rohrhülse vorher gelüftet wurde, wodurch alle drei in Nuthen laufenden
Spannbacken gleichmäſsig angeschoben werden. Um den Wirkungsbereich zu erweitern,
sind die für das Aufspannen von Ringen und röhrenförmigen Körpern bestimmten Backen
aufgeschraubt und versetzbar (Englisches Patent Nr. 5875).
Drehbank für Triebwerkswellen von Kendall und Gent. Nach
Industries, 1887 Bd. 2 S. 183 werden auf dieser
stark gebauten Drehbank von 305mm Spitzenhöhe und
9150mm Bettlänge glatte Triebwerkswellen von
6m Länge und 60mm
Durchmesser in einer Stunde vollständig fertig abgedreht (vgl. W. Muncaster und Mc Kaig,
1887 264 574). Auf den durch eine starke Leitspindel
getriebenen Schlitten sind drei Stahlsupporte angebracht, von denen der
hintenliegende abweichend von den zwei vorliegenden ausgeführt ist. Durch eine
gröſsere Theilscheibe können alle drei Schneidstähle gleichzeitig zurückgestellt
werden, während jeder einzelne vermöge seines Supportobertheiles die richtige Lage
erhält.
Eine kleine Druckpumpe liefert das Kühlwasser, dessen biegsames Zuleitungsrohr auf
einer drehbaren Scheibe der jeweiligen Supportstellung entsprechend sich aufwickelt,
durch ein auf dem hinteren Support befindliches Vertheilungsrohr den Schnittstellen
zu, während das ablaufende Wasser in der trogförmig gebildeten Wange aufgefangen
wird.
W. Gleason's Drehbank. Das Eigenthümliche dieser
Drehbank besteht nach American Machinist, 1887 Nr. 23
darin, daſs der Spindelstock drei versetzbare Räderpaare erhält, wodurch trotz einer
beschränkteren Stufenscheibe doch eine gröſsere Zahl von gleichmäſsig abgesetzten
Spindelumdrehungen ermöglicht wird. Namentlich werden bei einer geeigneten Wahl der
Mittelräder und bei geringerer Uebersetzung in den Stufenscheiben die bei
gewöhnlichen Drehbänken oft unbrauchbaren hohen Umdrehungen gemindert und dafür mehr
Mittelgeschwindigkeiten erhalten. So gibt die in der Textfigur dargestellte Drehbank
von W. Gleason in Rochester, Amerika, bei vierstufiger
Riemenscheibe zwölf verschiedene Spindelumdrehungen. Uebrigens ist diese Anordnung
nicht neu, denn es wurde schon von Richards im Engineering, 1885 Bd. 40 S. 584 ein ähnlicher
Spindelstock, von G. und H. Harvey in Glasgow
herrührend, beschrieben.
Textabbildung Bd. 266, S. 398
In die Leitspindel ist ferner eine Längsnuth gehobelt, um hierdurch sowohl die
Querbewegung des Supportes durch Stirnräder, als auch die Längsbewegung des
Schlittens durch Zahnstangenbetrieb zu vermitteln, während eine getheilte
Schloſsmutter für das Gewindeschneiden dient.
Der Antrieb der Leitspindel geschieht durch Vermittelung eines zwischen den Lagern
des Spindelstockes angeordneten Wendetriebwerkes (Reversirvorrichtung), an dessen
durchgehender Welle die Schere angebracht ist, so daſs die Leitspindel für die
Versatzräder frei bleibt.
Durch diese Gesammtanordnung werden die Schneckentriebe und die Steuerstufenscheiben
vermieden und eine unbeschränkte Wahl der Stahlvorschubgeschwindigkeiten geboten;
doch dürfte die Keilnuth in der Leitspindel manche Unzuträglichkeiten veranlassen,
sowie die aus der Abbildung ersichtliche Wange mit Hobelmaschinenbahn kaum zu
empfehlen ist.
J. Bertram's Drehbank. Die Wangenkanten sind nach American Machinist, 1887 Nr. 44 nicht nach innen wie
gewöhnlich, sondern nach auſsen abgeschrägt, die Leitspindel ist auf die
Betthinterseite, während die Steuernuthwelle und die Zahnstange an der Vorderseite
der Wange angeordnet sind. Dadurch wird das aus Schneckentrieb und Stirnräder am
Schlittenschild zusammengestellte Supporttriebwerk zugänglich, wobei das
hintenliegende Mutterschloſs von der Vorderseite leicht zu verstellen geht. An der
Steuerwelle ist auch eine selbständige Schere für die Wechselräder, sowie ein
Kettentriebwerk vorgesehen.
Astbury's Drehbank. Nach Engineering, 1887 Bd. 44 * S. 172 bietet diese Drehbank manches
Bemerkenswerthe dar (Fig. 16 bis 18). Der
vordere Lagerhals der Drehbankspindel ist schwach conisch, deren Bund Preſst sich
gegen einen Stahlring, der auf die Lagerbüchse aufgeschraubt und hierdurch stellbar
wird, während die Lagerbüchse durch eine Stellschraube gesichert ist. Die Spindel
wird durch Ringmuttern am cylindrisch ausgebohrten Hinterlager angezogen. Während
die vordere Seitenbahn nach gewöhnlicher Art abgeschrägt ist. wird die hintere
rechtwinkelig gebildet (vgl. Seitenfigur links).
Auſserdem ist auf das hintere Steuerwellenende noch eine Schere aufgesteckt, wodurch
ein beliebiger Wechsel des Stahl Vorschubes für das Paralleldrehen ermöglicht wird,
An der vorderen Wangenseite befindet sich die Zahnstange und die Leitspindel, deren
getheilte Mutter dreimal so lang ist als der Durchmesser der Leitspindel. Die
vordere Seitenbahn ist aus dem Grunde abgeschrägt, um ein Heben des Schlittens beim
Einlösen der Mutternhälften zu verhindern.
Prégel.