Titel: | Kirchhoff's Dampfmaschine mit rotirenden Cylindern. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 416 |
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Kirchhoff's Dampfmaschine mit rotirenden Cylindern.
Mit Abbildungen auf Tafel 24.
Kirchhoff's Dampfmaschine mit rotirenden Cylindern.
Obgleich ein Bedürfniſs nach kleinen Dampfmaschinen mit hoher Umlaufszahl
insbesondere zum Betriebe von Dynamomaschinen u. dgl. unzweifelhaft vorliegt, so
haben doch die bisher construirten Maschinen dieser Art nicht die Anwendung
gefunden, welche man hätte erwarten sollen. In erster Linie wird ihnen groſser
Dampfverbrauch vorgeworfen und zwar mit Recht, weil meist verhältniſsmäſsig groſse
schädliche Räume und hohe Dampfgeschwindigkeiten in den Leitungen vorkommen; ganz
abgesehen davon, daſs Cylinderheizung oder wenigstens ausreichende Schutz der
Abkühlungsflächen kaum bei einer der bekannten Maschinen ausgeführt ist. Meistens
arbeiten auch die Maschinen mit unveränderlicher Füllung und werden durch Drosselung
des Dampfes regulirt, was natürlich den Dampfverbrauch erhöht. Einen weiteren
Nachtheil bilden die durch Druckwechsel und Centrifugalwirkung excentrisch
umlaufender Massen hervorgerufenen Störungen, unter denen namentlich unmittelbar
gekuppelte Dynamomaschinen leiden. Schlieſslich wird der Nutzeffekt der Maschinen noch
dadurch herabgemindert und die Haltbarkeit derselben beeinträchtigt, daſs die meist
in groſser Zahl vorhandenen Reibungsflächen sich nur auf umständliche Weise
schmieren lassen, man denke nur an das Peitschen der Kurbeln im Oele, was öfter
vorkommt.
In recht gelungener Weise sind die meisten der aufgezählten Mängel rasch laufender
Maschinen bei der durch Fig. 16 bis 18 Tafel 23
dargestellten Dampfmaschine von P. Kirchhoff in
Mittweida (* D. R. P. Kl. 14 Nr. 41187 vom 8. April 1887) vermieden, und zwar
hauptsächlich dadurch, daſs die wie gewöhnlich einfachwirkenden Cylinder mit
umlaufen, aber nach auſsen hin arbeiten. Hiedurch wird einem Druckwechsel im
Gestänge vorgebeugt und zugleich eine einfache Umsetzung des Kolbenausschubes in
Drehbewegung ermöglicht. Die sechs Cylinder c sind
nämlich in radialer Stellung durch die Scheibe C
vereinigt und drehen sich mit letzterer excentrisch in der mit gleicher
Geschwindigkeit umlaufenden Scheibe A. Die beiden
Scheiben A und C sind
durch eine Oldham'sche Kreuzschleife D (Fig. 3) gekuppelt. In
die eine Schleife dieser Oldham'schen Scheibe greift
die Cylinderscheibe C mit dem Gleitstücke e ein, während die Scheibe A mit 2 Gleitstücken d in die andere Schleife
faſst. Da die Kreuzschleife D die einzige Masse in der
Maschine ist, welche nicht mit gleichförmiger Geschwindigkeit im Kreise umläuft, was
selbst die Schwerpunkte der Pleuelstangen näherungsweise thun, so ist dieselbe
möglichst leicht gehalten Uebrigens sind auch hier die zu erwartenden
Beschleunigungsdrücke sehr gering, da die Excentricität der beiden Scheiben A und C verhältniſsmäſsig
klein ist.
Die Kolbendrücke werden unmittelbar durch die mittels je eines Kugelgelenkes an den
Kolben angeschlossenen Pleuelstangen auf die Scheibe A
übertragen, indem sich die concentrisch zum Gelenke abgerundeten Köpfe der Stangen
in entsprechende Aussparungen des Scheibenrandes einlegen. Durch diese Anordnung
wird bewirkt, daſs die Reaction der Schubstangenkraft immer axial auf dem Kolben
lastet, letzterer also nicht unrund wird, und bei kleiner Dichtungsfläche dauernd
dampfdicht bleibt. Zugleich ergibt sich hieraus der Vortheil, daſs die Arbeitsdrücke
durch die Achse der Scheibe C hindurchgehen, letztere
also kein Drehmoment aufzunehmen hat, demzufolge auch in der Oldham'schen Kuppelung keine groſsen mit Kraftverlusten und Abnutzung
verbundenen Arbeitsdrücke auftreten.
Wenn nun die beiden Scheiben A und C in der Richtung der Pfeile umlaufen, bewegen sich die
Kolben der aufsteigenden Cylinder auswärts, die der abwärtsgehenden einwärts. Die
Dampfvertheilung erfolgt durch eine entlastete Drehschieberanordnung. Es münden
nämlich die Dampfwege der einzelnen Cylinder in einen an der Scheibe C angedrehten Ring aus, welcher in der entsprechenden
Ausdrehung des durch 2 Schraubenfedern entgegen dem Dampfdrucke angedrückten
feststehenden Schiebers S gleitet. In letzterem sind 2
Aussparungen angebracht, deren eine mit dem Dampfeintrittsrohre a1, die andere mit dem Dampfausblaserohre
a2 in Verbindung
steht. Indem nun die Ausmündungen 1 bis 6 der Cylinderdampfwege abwechselnd an der
einen und anderen Aussparung vorbeigleiten, erfolgt die Steuerung in der aus der
Fig. 16
ersichtlichen Weise. Um den Füllungsgrad abändern zu können, ist in der
Schieberkammer für den Dampfeintritt eine Zunge z
angebracht, durch deren entsprechende Drehung die Länge der Kammer und somit das
Füllungsverhältniſs begrenzt werden kann. In der vorliegenden Ausführung wird die
Drehung dieses Expansionsschiebers z durch einen
unmittelbar auf die Welle der Scheibe C aufgesetzten
pseudoastatischen Regulator von groſser Energie bewirkt.
Um der Abkühlung der Cylinder vorzubeugen und gleichzeitig den Luftwiderstand
herabzumindern, sind dieselben in einen glatten Mantel i1 eingeschlossen. Ebenso ist die
Wärmeabgabe der Cylinderböden an die Welle w2 der Scheibe C durch den Luftraum i gröſstentheils
verhütet; letzterer ist durch einen Holzring abgeschlossen, wodurch auch Erhitzung
des Anlaufes von w2
vermieden ist. Die centrifugale Luftströmung innerhalb der Scheibe A wird durch den Ringdeckel o verhindert. Ebenso ist das innere Ende des Lagers der Welle w2 durch Ummantelung
gegen die strahlende Wärme des Schiebers geschützt.
Ein Hauptgewicht ist bei der Construction dieser Maschine auf die Schmierung aller
Reibungsflächen gelegt. Die Wellen w1 und w2 erhalten Schmierung durch auf die Lager
aufgesetzte Schmiergefäſse gewöhnlicher Anordnung. Der Oldham'schen Kuppelung wird das Schmiermaterial durch die schrägen Kanäle
x aus einem auf v
aufgesteckten Schmiergefäſs mit Regulirventil vermöge der Centrifugalkraft zugeführt
(Fig.
17), ebenso wie den Pleuelstangenköpfen durch die radialen an der
Innenseite des Mantels o befestigten Röhrchen p, deren innere Enden durch eine sechseckige, nach
innen offene Rinne von bogenförmigem Querschnitt verbunden sind. In diese Rinne
streckt ein von dem Lager der Welle w2 getragenes Schmiergefäſs seine Dochttülle
mit nach oben gebogener Spitze, von welcher die hohlen Seiten des Rinnensechseckes
tangential darüber hinwegstreichend je einen Tropfen Oel abnehmen, welches dann
durch die Centrifugalkraft in die Röhren p und nach den
Pleuelstangenköpfen hin getrieben wird. Die Kugelgelenke der Pleuelstangen und die
Kolben werden durch gefetteten Dampf geschmiert, welcher zu den Gelenken durch eine
feine Bohrung im Cylinderböden Zutritt erhält.
Die Maschine leistet bei 1200 Umdrehungen in der Minute und 3at,5 absoluter Anfangsspannung im Cylinder 2
Pferdestärken und ist zum direkten Betriebe kleiner Dynamomaschinen bestimmt. Der
Sicherheit halber ist um die Scheibe A ein
Schmiedeeisenring herumgelegt.