Titel: | L. d'Arlincourt und Willot's Relais und Uebertrager. |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 449 |
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L. d'Arlincourt und Willot's Relais und
Uebertrager.
Mit Abbildungen.
d'Arlincourt und Willot's Relais und Uebertrager.
Anfang 1884 sind in Frankreich auf den Kabelleitungen zwischen Paris und Marseille
Versuche mit dem Relais-Uebertrager von L. d'Arlincourt
und Willot vorgenommen worden, welche einen sehr
günstigen Erfolg hatten. Das Gegensprechen mit dem automatischen Geber von Wheatstone
(1883 250 313. 1873 207 471) vollzog
sich bei Anwendung dieses Relais ganz regelmäſsig und etwa mit derselben
Geschwindigkeit wie auf oberirdischen Leitungen. Auch beim Hughes ermöglichte dieses Relais auf den unterirdischen Leitungen ein
ebenso rasches Arbeiten wie auf Luftleitungen. Diese Ergebnisse veranlaſsten, daſs
dieser Uebertrager auch auf dem Hauptamte der Niederländischen Staatstelegraphen in
Amsterdam im August 1884 für den unmittelbaren Verkehr zwischen London und Berlin in
Betrieb genommen wurde. Auch da hat sich das neue Relais gut bewährt und arbeitet
auf Dauer gut, wenn es einmal sorgsam eingestellt ist. Ueber seine Einrichtung und
Verwendung berichtet der Ingenieur der holländischen Staatstelegraphen, Aug. E. R. Collelte in Haag, ausführlich in der Tijdschrift van het K. Instituut van Ingenieurs, 1886
bis 1887, aus welcher die nachstehenden Mittheilungen geschöpft sind.
Das ältere Relais von d'Arlincourt (vgl. 1874 212 * 298), das namentlich ein schnelleres Arbeiten mit
d'Arlincourt's Copirtelegraph (1874 212 * 295) ermöglichen sollte, aber auch bereits als
Translator benutzt wurde (1874 212 * 299), enthielt einen
gewöhnlichen Hufeisenelektromagnet CC1 (Fig. 1
und 2). Nahe am Bug U
besitzt der eiserne Kern KK1 desselben zwei Verstärkungen D und D1 welche als Polstücke bezeichnet werden mögen; zwischen denselben
spielt als Anker des Elektromagnetes der flache Eisenstab F, welcher mit dem einen Ende mittels der Schrauben i und j drehbar an dem
einen Schenkel des stählernen Hufeisenmagnetes IGJ
befestigt ist und von demselben magnetisirt wird. Mit Hüte der Schraube H wird dem Anker F die
richtige Lage zwischen den Polstücken gegeben.
Fig. 1., Bd. 266, S. 450
Fig. 2., Bd. 266, S. 450
Während nun die Rollen C und C1 von einem elektrischen Strome
durchlaufen sind, unterliegt nach der Anschauung d'Arlincourt's der Anker F vorherrschend der
Wirkung der ihm am nächsten liegenden Enden d und d1 der Rollen C und C1. Wenn dann der Strom aufhört, in dem Kern
KK1 aber der
Magnetismus nicht sofort verschwindet wirken D und D1 auf den Anker als
PoleDiese Erklärung gab L. d'Arlincourt 1872 im Journal télégraphique Bd. 2 * S. 85. Schwendler, du Moncel u. A. dagegen erklärten
die oben geschildertenWirkungen einfach daraus, daſs der Kern KK1 durch die
Wirkung des Stromes ein Magnet mit Folgepunkten wird. Die beiden anderen
neutralen Zonen würden in der Nähe von d und
d1 liegen,
so daſs also D und D1 die entgegengesetzte Polarität
von K und K1, also übereinstimmende mit d und d1 haben. Vgl. auch R. S. Brough in dem Journal of the Society of Telegraph Engineers, 1875 Bd. 4 * S.
418.; diese Wirkung ist allerdings nur schwach, weil ja der remanente Magnetismus nach der
neutralen Zone U hin an Stärke abnimmt; die Polarität
von D und D1 aber ist die entgegengesetzte von d und d1.
Demnach kann der in arideren Telegraphenapparaten störend wirkende remanente
Magnetismus bei dieser Anordnung dazu verwendet werden, die sonst gebräuchliche
Abreiſsfeder zu ersetzen. Ueberdies wird der im Augenblicke des Aufhörens des
Telegraphirstromes in den Rollen C und C1 auftretende
Extrastrom die Wirkung des remanenten Magnetismus verstärken.
Fig. 3 bis 5 zeigen
das Relais d'Arlincourt's in ½ der natürlichen Gröſse
in einer Ansicht und zwei Schnitten. An dem Bug U sind
hier isolirt zwei Stellschrauben p und q angebracht und ebenso ist der Bügel, Welcher die
Mutter für die Schraube i bildet und die Stromzuleitung
zu dem Anker F vermittelt, sowie das untere Lager j für die Achse des Ankers F gegen den Schenkel I des Hufeisenmagnetes
IGJ isolirt.
Fig. 3., Bd. 266, S. 451
Fig. 4., Bd. 266, S. 451
Fig. 5., Bd. 266, S. 451
Je nach der Stellung der beiden Schrauben p und q ist aber die Wirkungs- und Benutzungsweise des Relais
eine verschiedene. Das freie Ende des Ankers F sei
nordmagnetisch, und der Strom werde so durch die Rollend C und C1
geführt, daſs er bei K und d1 (bezieh. D1) einen Südpol, bei K1 und d (bezieh. D) einen
Nordpol entwickelt. Dann wird der Anker durch die Wirkung des Stromes gegen die
Schraube q hin gezogen werden, beim Aufhören des
Stromes dagegen durch den remanenten Magnetismus gegen p hin.
Werden nun die beiden Stellschrauben p und q so eingestellt, daſs der Anker F nach jeder Bewegung in der einen oder in der anderen
Richtung an jeder der beiden Stellschrauben, nachdem er an dieselbe gelegt worden
ist, auch ruhig liegen bleibt, so wird der Anker bei jeder Stromzustandsänderung in
der Leitung eine halbe Schwingung machen; er wird beim
Auftreten des Stromes an q, beim Aufhören desselben an
p gelegt werden und an beiden bis zur nächsten
Stromzustandsänderung (Stromgebung) liegen bleiben. Da in Fig. 5 die Zuführung des Lokalstromes an die Schraube p gezeichnet ist, so würde das Relais bei der
vorausgesetzten Polarität des Ankers und Richtung der Telegraphirströme für
Ruhestromlinien geeignet sein; für Arbeitsstromlinien hätte man entweder die
Polarität des Ankers oder bequemer die Richtung der Telegraphirströme umzukehren.
Der Vorzug dieses Relais würde also gegenüber einem gewöhnlichen Relais darin
liegen, daſs der remanente Magnetismus nicht ein Klebenbleiben des Ankers
verursacht, sondern dessen Rückgang sofort beim Aufhören des Stromes und zwar ohne
daſs man einen entgegengesetzten Strom durch die Telegraphenleitung senden müſste,
wie bei Anwendung eines polarisirten Relais. Das Relais wird daher schneller zu
arbeiten vermögen, als andere. Auſserdem verschwindet mit dem remanenten Magnetismus
in den Kernen zugleich die Kraft, welche den Anker F an
der Schraube p festhält und deshalb wird weiter der
nächste Telegraphirstrom den Anker auch leichter, als bei anderen Relais, an p legen können, weil er dabei nicht die Gegenkraft
einer Spiralfeder oder eines permanenten Magnetes zu überwinden hat.
Wenn man dagegen die Schrauben p und q so einstellt, daſs der Anker F in jeder Lage dem einen Polstücke (z.B. D1 wie in Fig.
5) näher liegt, als dem anderen, also selbst dann noch, wenn er an der
Spitze der gegenüberliegenden Schraube p anliegt, so
wird er an der letztgenannten Schraube nicht auf Dauer liegen bleiben können,
sondern von ihr an die Schraube q zurückgehen, sobald
die Kraft zu wirken aufhört, welche ihn an p legte.
Diese Kraft ist unter den oben gemachten Voraussetzungen über die Polarität des
Ankers und die Stromrichtung der remanente Magnetismus, und unter diesen
Voraussetzungen wird der Anker F sowohl bei stromloser
Leitung wie während der Stromgebung an der Schraube q
anliegen, bei Unterbrechung jedes Telegraphirstrom es aber an die Schraube p gelegt werden und kurze Zeit darauf beim Verschwinden
des remanenten Magnetismus von selbst nach q
zurückkehren. Der Anker macht also bei jeder Stromunterbrechung eine ganze Schwingung, und vollzieht bei jeder
entsprechenden Einstellung diese Bewegung mit einer so groſsen Geschwindigkeit, daſs
d'Arlincourt sie als einen Peitschenschlag (coup de fouet) bezeichnete. Diese Thätigkeit des Relais
kann u.a. mit Vortheil zur Entladung langer unterirdischer oder unterseeischer
Leitungen benutzt werden. Es kann dies ganz gut auch bei der Uebertragung geschehen,
wenn man nur dem als Uebertrager benutzten Relais ein Entladungsrelais beigesellt.
Der von dem Uebertragungsamte aus weiter gesendete Strom kann dann einfach noch
durch die Rollen des Entladungsrelais geführt werden, das aber erst bei der
Unterbrechung des Telegraphirstromes anspricht, die Leitung für kurze Zeit über p an Erde legt und so entladet, so daſs der
Entladungsstrom (Rückstrom) keinen störenden Einfluſs auf den Uebertrager ausüben
kann. Es können aber die Rollen des Entladungsrelais, wie dies schon in Fig. 32 auf
Taf. 5 in Band 212 von D. p. J. dargestellt ist, in
einen lokalen Stromkreis gelegt werden, welcher durch den Ankerhebel eines Klopfers
geschlossen wird, sobald der von dem Uebertragungsamte aus weiter gesendete Strom
durch die Rollen des Klopfers hindurchgeht, durch welche hindurch er zum Anker des
Uebertragungsrelais und in die weiter führende Leitung gelangt.
Fig. 6., Bd. 266, S. 453
Fig. 7., Bd. 266, S. 453
Das Relais von Willot, das in Fig. 6 in der Vorderansicht und in Fig. 7
im Schnitte nach yy abgebildet ist, kann als eine
Weiterbildung des Relais d'Arlincourt's angesehen
werden. Die Schenkel des hufeisenförmigen Kernes, über welche die Drahtrollen C und C1 gesteckt sind, haben vier Polstücke D und D1, V und V1. Vor den Polen des stählernen
Hufeisenmagnetes M sind auf die gemeinschaftliche
kupferne Achse xx die beiden Anker S und N fest aufgesteckt,
so daſs sich beide nur gleichzeitig und in gleicher Richtung bewegen können. Das
freie Ende von N ist nordmagnetisch, das von S südmagnetisch. Aus der Achse xx steht ein Stift h vor, an welchem die
Spiralfeder f mit dem einen Ende befestigt ist. Auf die
Achse xx ist endlich der Contactarm z aufgesteckt und wird im Ruhezustande durch die
Wirkung der Feder f an die Ruhecontactschraube r, durch den Strom dagegen an den Arbeitscontact a angedrückt. Die Contactschrauben r und a sind durch eine
unter ihre Träger gelegte, in Fig. 6 schwarz
angegebene Ebonitplatte gegen die übrigen Apparattheile isolirt. Die Schrauben W und W1 sind aus weichem Eisen, bilden daher eine
Fortsetzung der Polstücke D und D1 und ermöglichen, daſs man die
wirksamen Enden der Polstücke in die richtige Lage gegen den Anker N bringen kann.
Wird nun durch die Rollen C und C1 ein Strom gesendet, welcher bei V einen Nordpol und bei V1 einen Südpol entstehen läſst, so tritt
(wie in Anm. 1 auf S. 450 erläutert wurde) zugleich bei D ein Südpol und bei D1 ein Nordpol auf. Die gegenseitige Stellung der Pole ist also:
{n\,S\,s_1}\atop{s\,N\,n_1} unter der gemeinschaftlichen
Wirkung der vier Pole werden daher N und S in derselben Richtung, nach D und V hin, bewegt und der Arm z an die Schraube a
gelegt.
Wird darauf der Strom unterbrochen, so hört die Wirkung dieser vier Pole auf; der
noch eine Zeit lang fortwirkende remanente Magnetismus aber wird, zu Folge der
ursprünglich gröſseren Stärke der Pole bei V und V1 und des gröſseren
Abstandes derselben vom neutralen Bug U, sehr rasch in
jedem der beiden Schenkel einerlei Polarität zeigen, die gegenseitige Stellung der
Pole ist demnach jetzt so: {n\,S\,s_1}\atop{n_1\,N\,s} und die
Wirkung der allerdings etwas schwächeren unteren Pole bei D und D1 wird
die Wirkung der oberen Pole bei V und V1 nahezu aufheben, so
daſs die Spiralfeder f die Anker nebst dem Arme z leichter an die Schraube r zurückzubringen vermag, als wenn der remanente Magnetismus bei V und V1 allein wirksam wäre.
Solche Willot'sche Relais sind nun in Amsterdam als
Uebertrager in Benutzung. Nach der von Aug. E. R.
Collette gegebenen Skizze entspricht die Schaltung ganz der schon erwähnten
in Fig. 32 Taf. 5 Bd. 212 von D. p. J. Vorhanden sind
auſser zwei solchen Relaisübertragern noch zwei d'Arlincourt'sche Entladungsrelais, deren Anker aber auf den beiden
Schenkeln eines gemeinschaftlichen Hufeisenmagnetes (vgl. Fig. 4) angebracht sind, und zwei Klopfer, ferner zwei Stromwender,
mittels deren dem Strome die richtige Richtung in den Rollen der Uebertrager gegeben
werden kann, und endlich zwei Taster, womit kurze Mittheilungen vom
Uebertragungsamte aus nach den beiden Endämtern gegeben werden können.
Die Rollen der beiden Klopfer haben einen Drahtwiderstand von 2500 Ohm als
Nebenschluſs, damit das Ueberspringen von Funken zwischen dem Anker und den
Contactschrauben verhütet wird. Zu demselben Zwecke sind die Rollen der beiden
Entladungsrelais mit einem Nebenschluſs von je 500 Ohm Widerstand versehen.