Titel: | Die Fabrikation des Arsensäurefuchsins; von Dr. Otto Mühlhäuser. |
Autor: | Otto Mühlhäuser |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 504 |
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Die Fabrikation des Arsensäurefuchsins; von Dr.
Otto Mühlhäuser.
(Fortsetzung der Abhandlung S. 455 d.
Bd.)
Mit Abbildungen auf Tafel 26 u. 27.
Mühlhäuser, über die Fabrikation des
Arsensäurefuchsins.
III. Die nasse Behandlung der
Rothschmelze.
Die Behandlung der Schmelze auf nassem Wege bezweckt die Trennung der in derselben
vorhandenen technisch verwerthbaren Farbstoffe von den Säuren des Arsens und die
Abgrenzung von Zwischenproducten, welche bei nachfolgender Reinigung in
Handelsproducte übergeführt werden können. Die Isolirung dieser als Rohfuchsin und
Rohcerise zu bezeichnenden Zwischenproducte ist lange Zeit mit Schwierigkeiten verbunden
gewesen. Erst als die Anwendung constant zusammengesetzter Rothöle die regelmäſsige
Herstellung der Fuchsinschmelze gestattete und wissenschaftliche Arbeiten die
Kenntnisse über die Zusammensetzung der Schmelze und die Eigenschaften ihrer
Bestandtheile erweiterten, gelang es, die älteren Verfahren so umzugestalten, daſs
die Trennung der werthvollen Farbstoffgemenge von den nicht verwerthbaren Pigmenten
und die Abscheidung der ersteren in passender Form und in arsenarmem Zustande
möglich wurde.
Geschichtliches.
Zu Anfang der Industrie, im J. 1860, zu einer Zeit, als man groſse Ansprüche an die
Reinheit des Fuchsins nicht machte, mochte wohl die im Patente von Girard und de Laire1861 159 229 und 452. aufgezeichnete Methode der Reinigung, nach welcher die Schmelze mit
Wasser und Salzsäure abgekocht und das Filtrat mit Natron gefällt wird, genügen.
Alles Arsen bleibt hierbei als arsensaures und arsenigsaures Natron in Lösung, der
Farbstoff fällt als Base aus, wird filtrirt und kann mit Säuren wieder in Lösung
gebracht werden.
Diese Methode, welche ein unrein färbendes, aber ziemlich arsenfreies Fuchsin
liefert, wurde zunächst aus ökonomischen Gründen dahin abgeändert, daſs man statt
Natron die weniger theure Soda zum Ausfällen des Farbstoffes benutzte. In dieser
modificirten Form ist das Verfahren im J. 1862 in der Fabrik der Herren Rénard frères et Franc in Lyon in Gebrauch gewesen. Wie
WurtzRapports du Jury international de l'exposition de
Londres de 1862 Bd. 1 S. 295. mittheilt, wurde die zerkleinerte Schmelze mit 2 Th. gewöhnlicher
Salzsäure unter Einleiten von Dampf gekocht, vom Rückstand durch Filtration
getrennt, die klare Lösung mit Soda ausgefällt und der abgeschiedene Farbstoff mit
dem Schaumlöffel abgehoben. Bei dieser Arbeitsweise wird als
Schmelzabkochungsrückstand ein Gemenge von arseniger Säure mit Violanilin und
Mauvanilin erhalten. In Lösung gehen wenig Mauvanilin, alle Fuchsine und Phosphine
in Form der arsen-, arsenig- und chlorwasserstoffsauren Salze. Beim Neutralismen des
Filtrates mit kohlensaurem Natron scheidet sich sämmtlicher Farbstoff in Kuchenform
aus, während Arsensäure und arsenige Säure als Natronsalze in Lösung gehen. Beim
Abkochen des Kuchens, der ein Gemenge von salzsauren Fuchsinen und Phosphinen mit
freier Mauvanilinbase darstellt, mit Wasser, gehen die Chlorhydrate in Lösung,
während Mauvanilinbase als Rückstand bleibt. Das heiſse Filtrat scheidet beim
Erkalten das Fuchsin in Krystallen, das Phosphin und geringe Mengen eines violetten
Farbstoffes als Harz ab. Diese Abscheidung wurde, wie Wurtz mittheilt, einer nochmaligen Krystallisation unterworfen. Die
kostspielige und schwer ausführbare Methode, welche ein verhältniſsmäſsig reines,
arsenarmes Product ergab, wurde in der Folge dadurch ökonomischer gemacht, daſs man – wie ReimanM. Reiman, Technologie des Anilins. Berlin
1866 S. 64. es thut – die theure Soda durch die billige Kreide ersetzte. Nach
wie vor blieb aber dem Verfahren das lästige Aufschäumen beim Carbonatzusatz und die
schwer durchführbare Filtration der Massen anhaften. Habedank1864 171 73. suchte die Verwendung von Salzsäure und Soda dadurch zu umgehen,
daſs er die Schmelze mit Wasser, dem so viel Kochsalz zugesetzt ist, als zur
Umwandlung aller in der Schmelze vorhandenen Arsensäuren in Natriumarseniat und
-arsenit nöthig ist, abkocht. Der von der Natronsalzlösung getrennte FarbstoffNach Brimeyr (1867 184 145) erhält man beim Abkochen der Schmelze mit Kochsalzlösung
nach dem Erkaltenlassen einen Kuchen, welcher, im Gewicht ungefähr 50 bis 60
Proc. von der Rohmasse betragend, den meisten Farbstoff, etwas arsenige
Säure und den unlöslichen Rückstand enthält. Nach dem Ausziehen mit Wasser
ohne Säure verbleiben 18 bis 20 Proc. violettblauer Farbstoff und schwarzer
Rückstand. In Lösung gehen 52 Proc. arsenige Säure, also beinahe die ganze Menge der
angewendeten, wenn man die in der Schmelze enthaltene zu 56 bis 58 Proc.
berechnet. gibt bei der fractionirten Abkochung mit heiſsem Wasser verschieden reine
Fractionen, von denen die erste – als unrein – mit Kochsalz ausgesalzen, die übrigen
der Krystallisation überlassen bleiben. Diese Methode, welche die gründliche
Wegschaffung des Arsens aus der Schmelze bezweckt, liefert in der That ein
arsenarmes, aber auch ein unrein färbendes Fuchsin, das durch Umkrystallisiren nur
schwer reiner zu erhalten ist. Das Verfahren hat indessen den zeitlichen
Bedürfnissen des Marktes ebenso genügt, wie ein von J.
Levinstein1865 176 155. im J. 1864 beschriebenes Verfahren. Der letztgenannte Techniker
kocht die Schmelze einfach in Wasser ab, erhält als Schmelzabkochungsrückstand ein
Gemenge von arseniger Säure, Violanilin und Mauvanilin, im klaren Filtrate eine
Lösung der Arseniate und Arsenite des Fuchsins und Phosphins neben
Mauvanilinarseniat. Beim Erkalten der Lösung werden Fuchsinkrystalle erhalten, denen
Mauvanilin und Spuren der Phosphine als harzige Bestandtheile anhängen.
Als ein groſser Fortschritt ist es zu betrachten, daſs man die von Habedank und Levinstein
empfohlenen Verfahren in geeigneter Weise combinirte, d.h. die Schmelze nur mit
Wasser abkochte und erst im Filtrate die Umwandlung und Abscheidung der Farbstoffe
mit Kochsalz vornahm. Diese Methode, welche von Hofmann,
Girard und de LaireRapports du Jury international de l'exposition de
Paris de 1867 Bd. 7 S. 243. im J. 1867 beschrieben worden ist, wurde wie folgt ausgeführt:
300k Schmelze werden in 1500k Wasser mit direktem Dampfe etwa 4 bis 5 Stunden
gekocht, die Lösung abklären gelassen und das Filtrat durch Einrühren von 360k Kochsalz vollständig ausgefällt. Man erhält so
den Farbstoff als ein Product von ziemlicher Löslichkeit und Reinheit der Nuance, das bei nochmaligem
Umkrystallisiren ein zur Zeit genügend reines Fuchsin bei guter Ausbeute lieferte.
Diese Reinigungsweise erfuhr eine bedeutende Verbesserung, als die von A. W. Hofmann begründete Chemie der Arsensäureschmelze
durch die Arbeiten von Girard, de Laire und ChapotautZeitschrift für Chemie 1867 S. 17 und
236. noch weiter aufgeklärt wurde. Man wuſste nunmehr die Eigenschaften
aller wesentlichen in der Schmelze enthaltenen Bestandtheile und war in den Stand
gesetzt, auf Grund dieser Eigenschaften die Schmelzbestandtheile zu trennen. Aus der
Farbstoffbrühe fällte man in Zukunft nicht mehr sämmtlichen Farbstoff mit Kochsalz
aus, suchte vielmehr diejenigen Farbstoffe, die sich vom eigentlichen Fuchsin durch
gröſsere Löslichkeit auszeichnen, in den Mutterlaugen zu behalten. Diese Methode der
Schmelzhandlung ist von WurtzProgrès des matières colorantes artificielles p.
Wurtz 1876 S. 55. im J. 1876 beschrieben worden. Danach kocht man die Schmelze mit
wenig Wasser unter Druck ab, läſst das heiſse Filtrat in Klärgefäſsen behufs
Absonderung der violetten Farbstoffe auf 60 bis 70° erkalten, decantirt die klare
Brühe und versetzt nun erst die von Mauvanilin befreite Flüssigkeit mit Kochsalz. Da
man auf 100 Th. Schmelze 120 Th. Kochsalz anwendet, so wird aus der stark
concentrirten Farbbrühe alles Rosanilin und ein Theil der gelben Farbstoffe
ausgefällt, während ein gelbrothfärbendes Farbstoffgemisch, das Rohcerise, in der
Mutterlauge bleibt. In ähnlicher, aber weniger ökonomischer Weise gewinnt auch Schoop1885 258 276. (1885) das Rohfuchsin durch Abkochen von 100 Th. Schmelze in
40001 Wasser und Versetzen des Filtrates mit
230k Salz. Da bei derartiger Behandlungsweise
immer noch viel Phosphin mit den Fuchsinen ausfällt und beim Zusatz von wenig
Kochsalz zu viel Fuchsin in Lösung bleibt, so benutzte man die Eigenschaft der
Phosphine, in Säuren bedeutend löslicher zu sein als Fuchsin, um sie in Lösung zu
behalten. Man säuert zu dem Zweck die Schmelzabkochung mit Salzsäure an und setzt
Kochsalz zu. Auf diese Weise gelingt es, fast alles Fuchsin abzuscheiden, beinahe
alles Phosphin und andere leicht lösliche rothe Farbstoffe in Lösung zu behalten.
Diese Methode der nassen Behandlung gibt in Bezug auf Ausbeute und Qualität des
Farbstoffes das beste Resultat und ist auch heute noch in Ausübung.
Die Ausfällung der in den Mutterlaugen verbleibenden Farbstoffe geschieht im
Wesentlichen heute noch so, wie sie von Levinstein1865 176 155. (1864), KoppTraité des matières colorantes artificielles p.
Bolley et Kopp 1874 S. 143. (1874), WurtzProgrès de l'industrie des matières colorantes p.
Wurtz 1876 S. 55. (1876), HäuſsermannDie Industrie der Theerfarbstoffe, 1881 S.
24. (1881) und Schoop1885 258 * 276. (1885) angegeben worden ist. Man versetzt entweder mit Kalk oder
mit Soda und gewinnt
das Rohcerise durch Abschöpfen. Die Gewinnung des Anilins aus den entfarbstofften
und mit Kalkmilch überalkalisirten Laugen erwähnt WurtzProgrès de l'industrie des matières colorantes p.
Wurtz 1876 S. 56. im J. 1876.
Die Schmelzabkochung und die Gewinnung der
Zwischenproducte.
Die Rothschmelze wurde zu Anfang der Industrie in offenen Gefäſsen aus Holz oder
Eisen mit Salzsäure oder reinem Wasser extrahirt. Erst Mitte der sechziger Jahre
fing man an, die Abkochung in mit Rührwerk versehenen geschlossenen Cylindern unter
Druck vorzunehmen. Vollständige Extraction der Schmelze, Ersparniſs an Wasser, Dampf
und Fällmaterial, an Zeit und Arbeit waren die unmittelbaren Folgen der Einführung
dieser rationellen Arbeitsweise, welche heute noch ausgeübt wird. Als Kochgefäſs
dient ein aus Kesselblech erstellter, mit Rührwerk versehener liegender Cylinder F von etwa 40001
Inhalt. Der Kessel F besitzt ein am Dom angebrachtes
Mannloch zur Eingabe der Materialien. Am untersten Theile des etwas geneigt
aufgestellten Kessels befindet sich ein Arbeitsloch zur Ausstoſsung der Rückstände.
Die Verbindung mit der Dampf- und Wasserleitung gestattet die Extraction mit
kochendem Wasser, welche durch das Rührwerk unterstützt wird. Das oberhalb des
Kessels F auf einem Holzgestell ruhende Druckfilter G dient zur Filtration des „abgeruhten“
Farbextractes, der als Filtrat in einen der Rohfuchsinkrystallisationskasten HH1H2 oder H3 geleitet wird. Ein über dem Kochkessel
F aufgestellter eiserner Behälter J nimmt die durch nochmalige Abkochung des
Schmelzabkochungsrückstandes resultirende, wenig Farbstoff enthaltende Farbbrühe
auf, Welche behufs Verarbeitung einer frischen Schmelze an Stelle von reinem Wasser,
wieder in den Kessel F zurückflieſsen gelassen
wird.
Die unterhalb der Rohfuchsinkrystallisationskasten HH1H2 und H3 stehenden
Rohcerisekasten K und K1 dienen zur Aufnahme der
Rohfuchsinmutterlaugen. Nach dem Ausfällen des Rohcerise wird dieses mit
Schaumlöffeln abgeschöpft und die nur noch wenig Farbstoff suspendirt enthaltenden
Laugen behufs Gewinnung dieser letzten Mengen Farbstoff in ein Druckfaſs L abgezogen und durch die Filterpresse M filtrirt. Das anilinhaltige Filtrat läuft direkt in
den Destillationskessel N, in welchem das Anilin durch
Wasserdampf abgetrieben wird.
Die spröde, in Stücke zerschlagene Masse wird, wenn die allererste Schmelze
verarbeitet werden soll, mit Wasser, in allen anderen Fällen aber mit der sogen.
„Schmelzrückstandsbrühe“ abgekocht, welche man durch Abkochung des nach
der ersten Extraction zurückbleibenden Rückstandes mit frischem Wasser erhält. In
den Kessel wird zunächst Schmelzrückstandsbrühe eingefüllt und ein Volum von 2400l Flüssigkeit Eventuell durch Nachfüllen mit
Wasser bis zum Markirhahn hergestellt. Die Schmelze wird bei gehendem Rührwerk zur
kochenden Flüssigkeit eingegeben. Ist der Apparat beschickt, so schlieſst man den Kessel, bringt den
Druck mit Dampf auf 1at,5 und erhält diese
Spannung unter Inganghaltung des Rührwerkes etwa 1 Stunde lang. Es geht fast aller
Farbstoff als arsensaures Salz in Lösung. Nach einstündiger Behandlung stellt man
Rührwerk und Dampfzufuhr ab. Der Druck sinkt während 1½ Stunden auf 0at,3 zurück, so daſs jetzt durch Oeffnen eines am
Mannlochdeckel angebrachten Hahnes der Ueberdruck des Kochers „abgeblasen“
werden kann. Die heiſse Behandlung der Schmelze dauert im Ganzen ungefähr 3 Stunden.
Da der Kessel etwa 2 Stunden der Ruhe überlassen bleibt, ehe der Kesselinhalt
filtrirt wird, so setzt sich der in saurem Wasser unlösliche Antheil als mürbe, mehr
oder weniger von Harz durchsetzte Masse zu Boden. Nur wenig harziger Rückstand
bleibt in der der Ruhe überlassenen heiſsen Brühe suspendirt. Man trennt von Harz
und festem Rückstand durch Filtration. Da nicht der ganze Kesselinhalt filtrirt
wird, sondern nur die wenig Rückstand enthaltende Flüssigkeit und eine groſse
Filtrirfläche, der gutartigen Filtration halber, unnöthig wird, so gebraucht man
zweckmäſsig ein Druckfilter. Die Anwendung des letzteren hat in diesem speciellen
Falle Manches vor der Filterpresse voraus. Das auf einem Gestell ruhende Druckfilter
G ist oberhalb des Kessels F auf dem Podium aufgestellt und kann mit einem in den Kessel eingesetzten
Steigrohr mittels des Kautschuckschlauches eines Quetschhahnes in Verbindung
gebracht werden. Soll filtrirt werden, so bringt man das Innere des Kessels auf
Atmosphärendruck, führt ein Steigrohr durch einen am Kessel angebrachten Stutzen in
den Kessel ein, stellt die Verbindung mit dem Druckfilter her und setzt durch Zufuhr
von Dampf die Filtration in Gang. Das Steigrohr, welches nicht ganz bis auf den
Boden des Kessels reicht, sondern sich bis auf etwa 10cm der auf dem Kesselboden liegenden Rückstandschichte nähert, wird,
sobald demselben keine Flüssigkeit mehr entströmt, durch ein etwas längeres
Steigrohr ersetzt, welches bis auf den Boden der Harzdecke geht. Man filtrirt damit
den letzten, ziemlich viel Rückstand enthaltenden Antheil der Flüssigkeit. Durch
dieses 2malige Einsetzen verschieden langer Röhren in den Kochkessel F bewerkstelligt man eine sehr glatte Filtration, denn
bei der Anwendung des kurzen Steigrohres geht die Hauptmenge der Flüssigkeit, da sie
kaum Rückstand enthält, sehr rasch durchs Filter, was nicht der Fall wäre, wenn von
vornherein, das bis auf den Boden reichende Rohr in Anwendung gebracht würde. Im
letzteren Falle würde das Filter bald, durch Harz verschmiert, für Flüssigkeit fast
undurchdringlich werden, die Filtration würde nur langsam fortschreiten können,
bezieh. bald vollständig aufhören. Ein Filterwechsel wäre dann nothwendig, was wegen
der darauf zu verwendenden Zeit mit einer Deconcentration der Brühe, in Folge
eintretender Abkühlung, gleichbedeutend ist. Ein neues Aufkochen der Brühe würde
nöthig, Zeit und Arbeit müſsten geopfert werden. Man filtrirt deshalb zweckmäſsig mit der kurzen
Steigröhre den abgeklärten Theil, mit der langen den trüben Theil der heiſsen
Farbbrühe. Das Filtrat leitet man in einen der auf einem Podium stehenden
Krystallisationskasten HH1,
H2 oder H3. Ist zu Ende filtrirt, so öffnet man das
Filter durch Abheben des Deckels, welcher mittels Zwingschrauben am Filterkasten
befestigt ist- dann löst man das mit Schrauben befestigte, zur Verstärkung und
Anpressung des Baumwolltuches dienende Sieb, das im Inneren des Eisenkastens auf
einspringenden Rändern aufliegt, los, nimmt das Baumwolltuch heraus, reinigt
dasselbe und setzt den Kasten für die nächste Filtration in Stand.
Da der im Kochkessel verbleibende Rückstand noch extrahirbaren Farbstoff enthält, so
wird derselbe einer zweiten Extraction unterworfen. Man löst erst das Rührwerk von
dem die Rührarme festhaltenden Harze los, füllt den Kessel von Neuem mit 2000l Wasser an, setzt das Rührwerk in Gang und
erhitzt zum Kochen. Zur kochenden Masse gibt man 10k Arsensäure. Der Kessel wird geschlossen und während einer Stunde die
durch Umrühren in Bewegung gehaltene Masse auf 1at
Druck erhitzt. Man stellt das Rührwerk ab und läſst den Druck im Kessel innerhalb
einer Stunde auf 0at,3 zurückgehen. Nach dem
Abblasen des Dampfes filtrirt man die heiſse Brühe unter den oben citirten
Vorsichtsmaſsregeln in das über dem Kocher stehende Reservoir J. Den im Kessel verbleibenden mürben Rückstand, den
sogen. Schmelzrückstand wirft ein in den erkalteten Kessel gestiegener Arbeiter
durch das am Boden angebrachte Mannloch heraus. Dieser Rückstand wird von den
meisten Fabriken verloren gegeben, in wenigen Werken wird derselbe jedoch auf
Arsensäure verarbeitet. In amerikanischen Werken wird der Schmelzabkochungsrückstand
von den Farmern zur Vertilgung des potato-bug
aufgekauft. Der Schmelzabkochungsrest besteht zum gröſsten Theile aus arseniger
Säure, aus violetten Farbstoffen: Mauvanilin und Violanilin und aus noch nicht näher
definirten humusartigen Stoffen, unter denen sich wahrscheinlich diejenigen
Zersetzungsproducte finden dürften, die entweder durch die Hitze allein oder durch
die vereinigte Wirkung von höherer Temperatur und Arsensäure auf die Farbstoffe
entstanden sind.
Wollte man das im Reservoir J befindliche, durch
Abkochung des Rückstandes erhaltene heiſse Filtrat, welches die letzten Mengen
löslichen Farbstoffes des Schmelzrückstandes enthält, erkalten lassen, so würde sich
daraus dennoch kein Farbstoff abscheiden. Denselben für sich aus der Brühe mittels
Kochsalz abzusondern, würde sich kaum lohnen; man benutzt daher in zweckmäſsiger
Weise diesen Auszug zur Extraction der nachfolgenden Schmelze, indem man die heiſse
Brühe aus dem Reservoir J in den Kochkessel F zurücklaufen läſst, dieselbe zum Kochen bringt und
dazu die frische Schmelze unter Umrühren eintragt, im Uebrigen genau wie oben
beschrieben ist die Schmelze extrahirt und das farbstoffreiche Filtrat weiter
verarbeitet. Dieses heiſse, grünschimmernde, stark mit Farbstoff beladene Filtrat
enthält die Fuchsine und Phosphine neben etwas Mauvanilin als arsen- bezieh.
arsenigsaures Salz und auſserdem freie arsenige Säure und Arsensäure. Es handelt
sich jetzt darum, einerseits die ganze Menge des Rosanilins ins Chlorhydrat
überzuführen und letzteres von der in der Brühe enthaltenen Arsensäure zu befreien,
andererseits so viel freie Säure im Ueberschuſs zu haben, um das in Säuren leicht
lösliche Chrysanilin in Lösung zu behalten. Zu dem Zwecke gibt man zur Brühe 10k Salzsäure von 21° B. zu, dann rührt man 50k Kochsalz, das man in kleinen Mengen zustreut,
ein. Es findet dann doppelte Umsetzung statt. Sämmtlicher arsensaurer Farbstoff
setzt sich mit dem Kochsalz unter Bildung von salzsaurem Farbstoff und arsensaurem
Natron um. Letzteres fällt beim Erkalten der Mischung etwas schwer löslichen, aus
Mauvanilin bestehenden Farbstoff aus und bringt fast alles Fuchsin zur
krystallinischen Abscheidung. Dieses Farbstoffgemenge, das sogen.
„Rohfuchsin“ setzt sich innerhalb 3 Tagen in Form von mit Harz
durchsetzten grünen Krystallkuchen an Wand und Boden des Kastens H ab. Nach vollständigem Erkalten wird Flüssigkeit und
Ausscheidung getrennt, indem man die nunmehr fuchsinarme Mutterlauge in den
unterstehenden Kasten K ablaufen läſst und dort nach
Ausfällen von sämmtlichem Farbstoff das „Rohcerise“ gewinnt.
Das Rohfuchsin, welches in festen Krusten nach dem Ablaufen der Mutterlauge in dem
geneigt stehenden eisernen Krystallisirkasten H
zurückbleibt, wird mit einem eisernen Brecheisen von einem sich in den Kasten
begebenden Arbeiter losgelöst, in ein Faſs gebracht und zur weiteren Verarbeitung
bei Seite gestellt, oder wenn der Feinkocher frei ist, sofort weiter verarbeitet.
Die Mutterlauge vom Rohfuchsin, welche sich in H
befindet, wird mit Kalkmilch und Soda versetzt. Es wird so zunächst alle vorhandene
freie Säure neutralisirt, endlich aller Farbstoff mit Soda niedergeschlagen. Will
man aus der Flüssigkeit das Rohcerise abscheiden, so erhitzt man dieselbe erst mit
direktem Dampfe auf 40° und trägt nun eine aus 30k
Kalk bereitete, durch ein Sieb von grobem Material getrennte, Kalkmilch mittels
Schöpfer unter Umrühren in die rothe Brühe ein. Nunmehr wird beim Einrühren der Soda
ein Aufschäumen nicht mehr stattfinden. Nach dem Einstreuen von 20 bis 25k Soda ist aller Farbstoff ausgefällt und hat sich
derselbe, vermöge seines geringeren specifischen Gewichtes an der Oberfläche der
Flüssigkeit und in Folge der lauwarmen Temperatur des Bades in harziger, leicht zu
handhabender Form abgeschieden und kann mit durchbohrten Schöpfpfannen in ein Faſs
abgeschöpft werden. Die anilinhaltige Brühe läſst man in das Druckfaſs L ablaufen, drückt sie mit comprimirter Luft durch die
Filterpresse M, befreit sie dort von allem in
Suspension gehaltenem Farbstoff und leitet die Brühe in den Destillator N, wo dieselbe, nachdem man sie noch auf ihre
Alkalinität geprüft hat, über freiem Feuer
Textabbildung Bd. 266, S. 511
Zwischenproducte; Nebenproducte;
Abfallproducte; Schmelze mit Schmelzrückstandsbrühe 1 Stunde lang gekocht; Heiße
Farbbrühe mit HCl und NaCl versetzt und erkalten gelassen; Rohfuchsin;
Mutterlauge lauwarm mit Ca(OH)2 und CO3Na2 versetzt;
Rohcerise; Filtrat destillirt; Anilinöl; Salzbrühe; I. Rückstand mit Wasser 1
Stunde bei 1at gekocht; II. Rückstand
(Schmelzabkochungsrückstand); Heiße Schmelsrückstandsbrühe;
Schmelzrückstandsbrühe; Schmelzabkochungsrückstand
zum Kochen erhitzt wird. Nachdem die Destillation in Gang
gesetzt ist, läſst man einen Dampfstrom in die Flüssigkeit eintreten. Die sich im
Kühler O condensirenden anilinhaltigen Dämpfe werden
gesammelt, das Destillat mit Kochsalz ausgesalzen, Anilin und Wasser im
Scheidetrichter getrennt. Man erhält so noch ungefähr 6 bis 8k Anilin. Die im Kessel N verbleibende, von ausgeschiedenem Calciumarsenit milchig getrübte
Flüssigkeit wird in einen Kanal abgelassen, der zu einer Grube führt, in welcher
sämmtliche aus dem Fuchsinbetriebe kommenden Abwässer sich ansammeln und mit Kalk
einer nochmaligen Behandlung unterworfen werden.
Das Schema auf S. 511 zeigt in übersichtlicher Weise die Herstellung der
Zwischenproducte, wie man sie bei der nassen Behandlung einer Rohschmelze
erhält.
IV. Die Verarbeitung der
Zwischenproducte.
Bei der Verarbeitung der Zwischenproducte handelt es sich nicht um Isolirung
bestimmter chemischer Individuen, sondern um Herstellung derjenigen
Farbstoffgemenge, welche auf dem Farbenmarkte unter den Handelsnamen: Fuchsin 00, Fuchsin 0, Rosanilin, Cerise RR, Cerise R
und Marron verlangt werden.
Nach den Untersuchungen derjenigen Chemiker, welche sich mit der Isolirung der bei
Einwirkung von Arsensäure auf Rothöl entstehenden Farbstoffe beschäftigt haben, sind
es namentlich: Pararosanilin, Rosanilin, Chrysanilin,
Chrysotoluidin, Mauvanilin und Violanilin,
welche beim Schmelzprozeſs entstehen. Diese Farbstoffe setzen auch die oben
erwähnten Handelsmarken zusammen. So stellen die Fuchsinmarken ein Gemenge der
Chlorhydrate des Rosanilins und Pararosanilins, die Cerise ein Gemenge von
Pararosanilin und seinen Homologen mit mehr oder weniger Chrysanilin und seinen
Homologen nebst anderen noch nicht definirten Farbstoffen dar, das Marron endlich
ist ein Gemenge von Mauvanilin, wenig Fuchsinen, Phosphin und braunen
Farbstoffen.
Da die Rosaniline in Form von Fuchsinkrystallen den werthvollsten Farbstoff der
Fuchsinschmelze darstellen, so ist die möglichst vollkommene Isolirung des Fuchsins
das Hauptbestreben des Fabrikanten. Die Trennung des Fuchsins von den Begleitern ist
indessen nach den zur Verfügung stehenden, technisch möglichen Trennungsverfahren
eben nur unvollkommen, ein Uebelstand, der durch die Nachfrage von Seiten der Färber
nach den anderen erwähnten Farbstoffgemischen, die, wenn sie nicht direkt erhalten
würden, doch durch Mischung der isolirten Farbstoffe dargestellt werden müſsten,
nicht so sehr viel zu bedeuten hat.
1. Die Fabrikation von Rosanilin
und Fuchsin.
a) Die Herstellung der
Fuchsinkrystalle.
Geschichtliches.
Die Reindarstellung des Fuchsins in Krystallform scheint zuerst
Ch. NicholsonWagner's Jahresbericht 1862 S.
554. gelungen zu sein, der zu der denkwürdigen Untersuchung von
A. W. Hofmann das Material in Form des
Acetates lieferte.
Anfangs der sechziger Jahre brachte man im Allgemeinen das Fuchsin noch als
eine viel Harz enthaltende teigige Masse in den Handel. Etwas später, etwa
im J. 1862, gelang es, auch das Fuchsin im Groſsen in Krystallen zu
erhalten, jedoch waren die auf den Markt kommenden Producte noch unrein und
namentlich sehr arsenhaltig. Im weiteren Verlaufe der Entwickelung der
Fabrikation hat man die unreinen, schlecht ausgebildeten, mehr oder weniger
von Harz durchsetzten Krystalle, wie sie nach den verschiedenen Methoden in
mehr oder weniger reiner Qualität erhalten wurden, der reinigenden Operation
des Umkrystallisirens unterworfen, erhielt hierbei aber neben nur wenig
reinerem Fuchsin auch eine schlechte Ausbeute an Krystallen. In dieser Weise
reinigte man, wie aus den Abhandlungen von WurtzRapports du Jury international de
l'exposition de Londres, 1862 Bd. 1 S. 296. (1862), Hofmann, Girard und de
LoireRapports du Jury international de
l'exposition de Paris, 1867 Bd. 1 S. 244. (1867), WurtzProgrès de l'industrie de matières
colorantes p. Wurtz 1876 S. 54. (1876) und Anderen hervorgeht, das Fuchsin bis in die Mitte
der siebziger Jahre. So erhält man z.B. nach den Mittheilungen von Hofmann, Girard und de Laire das
Krystallfuchsin, indem man das (durch Kochsalz aus der Schmelzabkochung
erhaltene) Rohfuchsin in Wasser löst und das Filtrat auskrystallisiren
läſst. Man muſste so, je nachdem das Fuchsin den verschiedenen Stellen des
Krystallbottiches: der Wand, den eingehängten Krystallisationsstäben oder
dem Boden entnommen war, auch verschieden reine Fuchsinsorten erhalten, die
unter den verschiedensten Namen auf den Markt gebracht wurden. Nur wenigen
Fabrikanten gelang die Erzeugung eines schönen mit reiner Nuance färbenden
Fuchsins, welches zur Fabrikation des phenylirten Rosanilinblau, zu Hofmann's Violett und Jodgrün hätte dienen
können. In Folge dessen war der Preis der feinen Fuchsinsorten ein bedeutend
höherer, als derjenige der etwas weniger reinen, zum Rothfärben dienenden
Producte. Im J. 1869 standen, wie M. VogelDie Entwickelung der
Anilin-Industrie von M.
Vogel 1870 S. 14. mittheilt, die Preise der verschiedenen Fuchsinsorten in
folgender Proportion zu einander:
Fuchsin
gelblich
M.
15
bis
18
für
1k
„
bläulich
„
15
„
18
„
1
Fuchsin
ff. Bläulich
„
21
„
27
„
1
„
prima ff. Bläulich
„
48
„
60
„
1
Der hohe Preis der einen Sorte gegenüber einer anderen, lediglich durch das
Fehlen einer geringen Beimischung von Chrysanilin und Mauvanilin bedingt,
muſste auch fallen, sobald es gelang, die Vermengung dieser lästigen
Producte mit dem Fuchsin zu verhindern. Auf dem Wege der bloſsen
Krystallisation war dies äuſserst schwer zu erreichen. Man versuchte daher diese
Trennung auf anderem Wege durchzuführen und erinnerte sich hierbei wohl der
bereits verlassenen, schon zu Anfang der Industrie in französischen Fabriken
angewendeten Behandlungsweise mit SodaDie Reinigung der Schmelze mit Soda erwähnt zuerst E. J. Hughes in seinem am 24. Juni 1860
genommenen Patent (1860 158 147)., welche die Trennung des Fuchsins und Mauvanilins gestattet. Indem
man das Rohfuchsin mit einer verdünnten Sodalösung abkochte, gingen Fuchsin
und Chrysanilin in Lösung, während Mauvanilin zurückblieb. Das Filtrat lieſs
beim Erkalten das Fuchsin auskrystallisiren und das Chrysanilin mehr oder
weniger harzig ausfallen. Man erhielt ein in der Form unschönes, aber rein
färbendes, immerhin noch zu gelbstichiges Präparat. Als in der Folge eine
weitere Verbesserung gemacht wurde und man dem Filtrate Salzsäure zusetzte
und dadurch das Phosphin in Lösung behielt, gelang die Darstellung des
Fuchsins in vollkommen reiner und krystallisirter Form. Die Reinigung des
mit Kochsalz abgeschiedenen Rohfuchsins mit Soda scheint, wie aus dem
Berichte von Wurtz hervorgeht, im J. 1876 noch
nicht gebräuchlich gewesen zu sein, ebenso wenig der Zusatz von Kochsalz zu
der mit Soda gereinigten und mit Salzsäure versetzten Farblösung. Diese
Methode der Krystalldarstellung hat P. Schoop1885 258 281. im J. 1885 kurz beschrieben.
Die Fuchsinkrystallisation.
Zur Aufarbeitung des Rohfuchsins auf Handelsfuchsin benöthigt man ein
Apparatensystem, das analog zusammengesetzt ist wie dasjenige, welches zur
Aufarbeitung der Schmelze dient. Der Kochkessel N
gestattet das Abkochen des Rohfuchsins unter schwachem Druck, das Druckfilter Y erlaubt die Filtration der geläuterten Fuchsinbrühe,
welche als Filtrat nach einem der Krystallbottiche Z, Z1, Z2, Z3, Z4, Z5 geleitet wird. Das Druckfaſs C dient zur Aufnahme der erkalteten Fuchsinmutterlaugen
und zum Transport derselben nach a. Das Rohfuchsin, wie
man es dem Krystallisationskasten entnimmt, enthält auſser dem Fuchsin noch Phosphin
und Mauvanilin, ferner in geringen Mengen Violanilin und huminartige Stoffe.
Auſserdem kann es, wenn man mit einem leichten Ueberschuſs von Anilin gearbeitet
hat, kleine Mengen phenylirter Producte enthalten. Man trennt nun diese Farbstoffe
zunächst in einen in verdünnter Sodalösung leicht löslichen und in einen darin
unlöslichen Antheil. Das Abkochen des Rohfuchsins wird, wie erwähnt, in einem
groſsen, dem „Schmelzkocher“ vollkommen gleichen Kochkessel, dem
„Feinkocher“
X ausgeführt. Löst man das Rohfuchsin in kochendem
Wasser auf und behandelt man die Lösung mit Soda, so erfolgt zunächst Umsetzung
zwischen den Salzen des Mauvanilins und Violanilins, Kohlensäure entweicht und die
freien Basen scheiden sich ab, während das Fuchsin neben Phosphin in Lösung bleibt und durch
Filtration vom im Alkali unlöslichen Rückstande getrennt werden kann.
Dieser Rückstand, welcher aus viel Mauvanilin und Violanilin, neben etwas Chrysanilin
und Rosanilin besteht, liefert nach fast vollständigem Entzug der letzteren das
Material zur Marrondarstellung. Das heiſse Filtrat läſst nach dem Neutralisiren
bezieh. schwachem Ansäuern mit Salzsäure und dem Einrühren derjenigen Menge
Kochsalz, welche gerade zur Abscheidung des Fuchsins ausreicht, den gröſsten Theil
des Fuchsins auskrystallisiren. Nur wenig Fuchsin neben allem Phosphin bleibt in
Lösung. Die vom Fuchsin getrennte Mutterlauge findet zum Umkochen von Rohcerise
Verwendung. Da bei der Krystallisation neben sehr schön ausgebildeten, groſsen,
treppenförmig über einander gelagerten Oktaedern, die sich an Schwimmdeckel und
Büttenwandung angesetzt haben, auch minder gut ausgebildete und weniger ansehnliche
Krystalle sich am Boden des Bottichs ansetzen, letztere aber in Bezug auf Qualität
ebenfalls nichts zu wünschen übrig lassen, so verwendet man die letzteren zur
Herstellung von Rosanilin, indem man die getrockneten Krystalle mit einer Sodalösung
nochmals umkocht und das Filtrat mit Natronlauge ausfällt. Die nach dem Erkalten vom
Rosanilin getrennte Brühe, die sogen. „Basenbrühe“, welche neben Kochsalz und
Soda noch Rosanilin in Lösung hält, wird anstatt Wasser zum Umkrystallisiren von
Rohfuchsin verwendet. Da diese Basenbrühe nur wenig Natron im Ueberschuſs enthält
und dasselbe bei Zugabe des stets sauer reagirenden Rohfuchsins neutralisirt wird,
so kann die Rosanilinmutterlauge in der That mit Vortheil zum Umkrystallisiren des
Rohfuchsins verwendet werden. Man zieht dann nicht allein das in der Lösung
vorhandene Rosanilin, sondern auch noch die darin enthaltene Soda zu Nutzen. Man
wird daher thunlichst immer diese Basenbrühe zur Krystallisation von Fuchsin
verwenden und nur dann Wasser zum Umkrystallisiren nehmen, wenn keine Basenbrühe
vorräthig ist. Ist letzteres der Fall, so füllt man den Kochkessel X bis zur Marke mit kaltem Wasser an. Beginnt aus dem
Markirhahn Wasser auszulaufen, so enthält der Kessel die zur Krystallisation nöthige
Menge Wasser, nämlich 2500l. Das Wasser wird
zunächst durch direkten Dampf ins Sieden gebracht, dann setzt man das Rührwerk in
Gang und läſst den Dampf nur noch schwach einströmen, so daſs das Ausströmen
desselben durchs Mannloch das Arbeiten an letzterem nicht behindert. Zum kochenden
Wasser gibt man das Rohfuchsin einer Schmelzabkochung, wie man es beim Ausbrechen
aus dem Krystallisationskasten erhält, so schnell als es das Füllen und Entleeren
der Zutrageimer erlaubt.
Statt des Rohfuchsins einer Schmelze kann auch die entsprechende Menge von Rohfuchsin
anderer Provenienz, wie man es bei Verarbeitung des Rohcerise und des sogen.
Krystallrückstandes erhält, verwendet werden.
Nach Eingabe des Rohfuchsins in den Kessel X wird
zunächst ½ Stunde bei offenem Kocher gekocht. Es ist dann aller in Wasser löslicher
Farbstoff in Lösung gegangen. Jetzt erst streut man 10k Soda unter Umrühren ein. Das Einstreuen der der Gesammtmenge des
Farbstoffgemenges äquivalenten Menge Soda muſs wegen starkem Aufschäumen anfangs
langsam geschehen, kann jedoch, sobald letzteres nachläſst, rascher stattfinden.
Nach Vermischung der Ingredientien schlieſst man den Kessel X und erhitzt ungefähr 1½ Stunden lang auf 0at,5. Nach Verfluſs dieser Zeit stellt man das Rührwerk ab, läſst den
Druck im Inneren des Kessels auf 0at,3 zurückgehen
und „bläst“ endlich den Kessel ab. Man setzt das Steigrohr ein, stellt die
Verbindung mit dem Druckfilter Y her und drückt den
ganzen Kesselinhalt durchs Druckfilter Y in einen der
auf dem Boden aufgestellten Krystallisationsbottiche Z.
Sobald etwa ein Drittel des Kessels in den Bottich abgelaufen ist, rührt man in den
letzteren 18k Salzsäure von 21° B. ein und setzt
nun das Umrühren so lange fort, bis alles Filtrat sich im Krystallisationsbottich
angesammelt hat. Zur heiſsen und concentrirten, schwach sauren Lösung von salzsaurem
Rosanilin rührt man 25k Kochsalz innerhalb 10
Minuten ein und bedeckt die gesättigte Lösung mit einem mehrtheiligen Schwimmdeckel.
Dieser Schwimmdeckel wird aus acht zurechtgeschnittenen Brettern so eingelegt, daſs
der ganze Spiegel der grünroth schillernden Flüssigkeit bis auf 2cm peripherischen Spielraum durch den 8theiligen
Deckel bedeckt wird. Die Krystallisation findet über Nacht und in den darauf
folgenden 2 Tagen statt. Es scheiden sich hierbei der gröſste Theil der Krystalle an
der Wand und am Deckel, ein anderer Theil am Boden der Bütte aus. Da man nun
möglichst wenig Bodengut erzielen will, so macht man die Krystallisationsbottiche
ziemlich hoch, d.h. etwa ebenso hoch wie breit. Man erhält nach dem Erkalten an
Deckel und Wandung sehr reines Product, ein nur wenig unreineres Fuchsin von
unschönem Aeuſseren am Boden selbst. Ist alles Fuchsin auskrystallisirt und hat der
Bottich die Temperatur des Arbeitsraumes angenommen, so hebt man die Schwimmbretter
ab, stellt sie in einer mit hölzerner Lehne versehene Rinne auf und läſst sie dort,
gegen die Lehne gestellt, absickern.
Die Mutterlauge der Krystallisation läſst man in das im Boden versenkte Druckfaſs C ablaufen und drückt sie mittels Luft in den
Cerisekocher a, wo sie zum Um kochen von Cerise
verwendet wird. Die vollständig von Mutterlauge befreite Bütte Z säubert man zuerst von den Bodenkrystallen, indem ein
in den Bottich gestiegener Arbeiter die Krystallkruste losbricht, zusammenschabt,
herausschöpft und auf Zinkblechen vertheilt. Ist der Boden vollkommen blank, so
kratzt man das Wandgut sorgfältig auf den reinen Boden herunter und vertheilt
dasselbe gesondert vom Bodengut, ebenfalls auf zinkene Trockenbleche. Die
Deckelkrystalle werden ebenfalls für sich getrocknet. Die reine Bütte dient zur Aufnahme einer
nachfolgenden Brühe. Die abgelösten Fuchsinkrystalle, welche man je nach ihrem
Bildungsorte von Deckel, Wand und Boden als Diamantfuchsin
oder Fuchsin 00, Fuchsin 0, Fuchsin B bezeichnet, kommen in den mit heiſser
Luft gespeisten Trockenraum, wo sie, auf den Zinkblechen ausgestreut, einer
Temperatur von 50 bis 60° ausgesetzt werden und innerhalb 2 bis 3 Tagen vollkommen
trocknen.
Man erhält im Mittel eine Ausbeute von Fuchsin 00 12k, Fuchsin 0 35k, Fuchsin B 16k. Die beiden ersten Sorten bilden die
Handelswaare, die dritte Sorte wird auf Rosanilin verarbeitet. Die Gröſse der
erhaltenen Krystalle hängt hier wie in ähnlichen Fällen von der langsamen
Abscheidung ab. Krystalle werden, wenn Fuchsin zum Export nach China oder Ost-Indien
bestimmt ist, stets groſs gefordert. Der europäische und amerikanische Consument
gibt wenig auf diese Aeuſserlichkeit. Die langsame Abscheidung hängt von der
Concentration der Brühe, dann auch von der Menge des zugesetzten Kochsalzes ab.
Einen groſsen Einfluſs auf die Krystallbildung hat ferner der Standort der Bütten
und die Holzdicke derselben. Man wird, um groſse Krystalle zu erzielen, die Dicke
des Holzes nicht zu schwach nehmen dürfen und die Bütte an einem ruhigen, einer
Erschütterung nicht ausgesetzten Ort aufstellen.
Bei einem Inhalte von 3000l ist, wenn Durchmesser
und Höhe annähernd gleiches Maſs haben, eine Holzdicke von 3cm,5 hinreichend und zweckdienlich. Es findet dann
unter den oben erwähnten Verhältnissen die Bildung schöner Krystalle statt. Folgende
Tabelle ergänzt Obiges durch einige Beispiele.
Rohfuchsinaus einer Schmelze
CalcinirteSoda
Salzsäurevon 21° B.
Salz
Ausbeute
Ganzer Posten
10k
18k
25k
59k
„ „
10
18
25
61
„ „
10
18
25
62
„ „
10
18
30
60
(Schluſs folgt.)