Titel: | Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation. |
Autor: | Morgen |
Fundstelle: | Band 266, Jahrgang 1887, S. 593 |
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Ueber Fortschritte in der
Spiritusfabrikation.
(Patentklasse 6. Schluſs des Berichtes S. 563 d.
Bd.)
Mit Abbildung.
Ueber Fortschritte in der Spiritusfabrikation.
VI. Apparate.
Ueber die Hefekühler von Gomolka und Bohm berichtet W. in der Zeitschrift für
Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 16. Während der Kühler von Gomolka (vgl. 1887 264 392),
um in Thätigkeit gesetzt zu werden, immer eines mechanischen Antriebes bedarf, ist
bei dem Kühler von C. G. Böhm in Fredersdorf die
Bewegung insofern eine automatische, als dieselbe durch das Wasser, welches den
Kühler durchströmt hat, selbstthätig erzeugt wird. Die Construction des Kühlers ist
folgende.
Das Kühlwasser, welches durch Rohr P zuströmt, ergieſst
sich zunächst in den
oberen von zwei um eine Welle drehbaren, durch eine Feder A stets in horizontaler Stellung arretirten Kippkasten JJ und stürzt dann plötzlich, sobald ein Kasten gefüllt
ist, in den Umfassungskasten E und aus diesem durch
eine trichterförmige Verlängerung rasch in den Kasten O, welcher mit Zugstangen an dem die Kühlschlange tragenden Hebel H hängt, und zieht dadurch die Kühlschlange empor.
Sobald aber der Kasten O sich durch die Oeffnung q wieder entleert hat, sinkt der dadurch entlastete
Hebel mit der Kühlschlange wieder nieder. Diese Bewegungen wiederholen sich ohne
Unterbrechung. Nach Mittheilungen des Verfassers ist dieser Kühler bereits in
mehreren Brennereien im Betrieb und hat in einem Falle im Vergleich zu einem
gewöhnlichen Kühler mehr als die doppelte Leistung bewirkt. Es wird noch bemerkt,
daſs die Patentinhaber bei Ausführung der Kühler eine derartige Aenderung
vorgenommen haben, daſs sie an Stelle der beiden Wasserbehälter J nur einen solchen anbringen, welcher sich, sobald er
gefüllt ist, durch Umschlagen selbstthätig entleert und wieder zur Aufnahme neuen
Wassers einstellt.
Textabbildung Bd. 266, S. 594
Neuerung an Condensationskühlapparaten von E. Theisen in Lindenau-Leipzig (* D. R. P. Nr. 37534
vom 26. Juli 1885). Die Gefäſse, in welchen die Condensation von Dampf [oder die
Kühlung einer Flüssigkeit stattfindet, sind aus parallel liegenden Wellblechen oder
Schlangenrohren hergestellt und liegen in mit Kühlwasser gefüllten Gefäſsen. Diesem
wird durch schnell rotirende Scheiben oder auf und ab bewegte Platten fortwährend
eine sehr groſse Oberfläche geboten, so daſs die durch die damit verbundene lebhafte
Verdunstung erzeugte Abkühlung genügt, trotz der Wärmezufuhr in Folge der
Condensation des Dampfes oder der Hindurchleitung der heiſsen Flüssigkeit, das
Kühlwasser beständig kühl oder doch wenigstens auf einer zur Condensation genügenden
Temperatur zu erhalten. In der Patentschrift sind sehr verschiedene Modificationen
der Apparate beschrieben. Bei allen wird, nach der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 28, an Kühlwasser nur so
viel verbraucht, als durch die Verdunstung verloren geht. Es soll daher zur
Condensation von 3k Dampf nur etwa 1l Kühlwasser nothwendig sein.
Die Frage: Welche Form der Kühlschlange die zweckmäſsigste
ist, erörtert Emil Heſse-Czerbienschin in der
Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 45. Derselbe gibt der
flachen Form den Vorzug vor derjenigen, wo die Rohre über einander liegen. Ein
solcher flacher Kühler wird 30cm vom oberen Rande
des Bottichs entfernt befestigt. Derselbe Verfasser empfiehlt nachdrücklichst das
Reinigen der Bottichkühler, da durch das Ansetzen von Schlamm innerhalb der Kühler
die Kühlung bedeutend verlangsamt wird.Josef Knogler in Geisenfeld a. Ilm, Oberbayern. Malz-Entkeim-, Putz- und Polirmaschine (* D. R. P. Nr. 34221 vom 9. Mai 1885).Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. Trockenapparat für Schlämpe (* D. R. P. Nr. 37641 vom 13. April 1886).Wirth und Comp. in Frankfurt a. M. Neuerung an rotirenden Trockenapparaten für Schlämpe (* D. R. P. Nr. 37632 vom 31. Oktober 1885).Heinrich Hencke und Comp. in Darmstadt. Patenttrocknungsapparat für Schlämpe, Treber u. dgl. (Bayerisches Industrie- und Gewerbeblatt. 1887 S. 266).
VII. Analyse.
Ein neues Verfahren zum qualitativen Nachweis geringer Mengen
von Milchsäuren theilt W. Windisch in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 88
mit. Der Nachweis der Milchsäure ist, besonders wenn dieselbe mit anderen, nicht
flüchtigen Säuren zusammen vorkommt, bekanntlich ein sehr unsicherer und
schwieriger. Bisher führte man denselben aus, indem man die Milchsäure zu isoliren
suchte und dann charakteristisch krystallisirende Salze derselben, besonders das
Zinksalz, darstellte und mit Hilfe des Mikroskopes als Zinklactat erkannte. Hierzu
war, wenn das Verfahren irgend sichere Resultate geben sollte, wie schon erwähnt,
die Isolirung der Milchsäure nothwendig, welche sehr umständlich ist und bei sehr
geringen Mengen von Milchsäure oft überhaupt nicht gelingt. Der Verfasser hat nun
zum Nachweis der Milchsäure ein neues Verfahren ausgearbeitet, welches sich darauf
gründet, daſs die Milchsäure bei vorsichtiger Oxydation mit Chromsäure zu Aldehyd
und Ameisensäure oxydirt wird, so daſs man also die Milchsäure durch die Gegenwart
des Aldehydes nachweisen kann. Allerdings muſs die Oxydation mit Vorsicht, durch
Einwirkung verdünnter Chromsäurelösung ausgeführt werden, da bei energischer
Oxydation der zuerst entstandene Aldehyd sehr bald in Essigsäure übergeht. Die
chemischen Vorgänge verlaufen nach folgenden Gleichungen:
CH3 – CH(OH) –
COOH(Milchsäure)
=
CH3 –
CHO(Aldehyd)
+
HCOOH(Ameisensäure)
schreitet die Oxydation weiter fort, so bildet sich:
CH3 –
CHO(Aldehyd)
+
HCOOH(Ameisensäure)
+
2O(Sauerstoff)
=
CH3 –
COOH(Essigsäure)
+
CO2(Kohlensäure)
+
H2O(Wasser)
Zum Nachweis des durch vorsichtige Oxydation erhaltenen Aldehydes eignet sich am
besten eine warme alkalische Jodkaliumquecksilberlösung, welche in folgender Weise bereitet wird.
50g Jodkalium werden in etwa 50cc heiſsem destillirten Wasser gelöst und mit heiſser concentrirter
Quecksilberchloridlösung so lange versetzt, bis sich der entstehende rothe
Niederschlag nicht mehr löst, wozu man etwa 20 bis 25g Quecksilberchlorid verbraucht. Man filtrirt, versetzt das Filtrat mit
einer Lösung von 150g Kalihydrat in 300cc Wasser, füllt das Gemisch zu 1l auf, fügt noch etwa 5cc Quecksilberchloridlösung hinzu, läſst den
Niederschlag absitzen und decantirt die klare Flüssigkeit ab. Dieses Reagens (im
Wesentlichen dasselbe wie das zum Nachweis von Ammoniak lange bekannte Neſsler'sche Reagens. D. Ref.) gibt mit Aldehyd
haltigen Flüssigkeiten einen dicken gelben bis gelbrothen Niederschlag, bei starker
Verdünnung, besonders beim Erwärmen auf 50 bis 60°, noch eine charakteristische
gelbe opalisirende Ausscheidung. Man kann damit noch Aldehyd in der Verdünnung von 1
: 400000, also 1cc Aldehyd in 4hl Wasser, nachweisen. Es ist also diese Reaction,
welche sich wahrscheinlich auch zum Nachweis des Aldehydes im Spiritus benutzen
läſst (vorausgesetzt, daſs der Spiritus frei von Ammoniak ist. D. Ref.), noch
empfindlicher, als diejenige mit Metaphenylendiaminchlorhydrat (vgl. 1887 265 415). Wenn man die Reaction zum Nachweis von Aldehyd
in Alkohol anwenden will, so muſs man jegliche Erwärmung vermeiden, damit nicht
durch Einwirkung des in dem Reagens enthaltenen freien Alkalis auf den Alkohol
Aldehyd gebildet wird.
Zum Nachweis der Milchsäure verfährt man wie folgt: Die Milchsäure enthaltende
Flüssigkeit wird in einem Destillationskolben auf etwa 100cc verdünnt, mit etwas chromsaurem Kali und 5 bis
10cc concentrirter Schwefelsäure versetzt. Der
Kolben wird mit einem gebogenen Glasrohr oder mit einem Kühler, durch welchen man
jedoch nicht Wasser streichen läſst, verbunden. Die Ausfluſsöffnung des Kühlrohres
wird mit einer zu einer Spitze ausgezogenen Glasröhre verbunden, welche in die in
einem Reagensglase befindliche warme alkalische Jodkaliumquecksilberlösung
eintaucht. Man erwärmt nun den Inhalt des Destillationskolbens; die entweichenden
Dämpfe erzeugen alsdann, wenn sie Spuren von Aldehyd enthalten, in der vorgelegten
Jodkaliumquecksilberlösung die obenerwähnte Reaction. Ist die Aldehydmenge sehr
gering, so tritt die Reaction erst nach dem ersten Aufkochen des Kolbeninhaltes auf,
wenn durch die sich bildenden Wasserdämpfe die anfangs im Kolben befindlichen
Aldehyddämpfe in die Vorlage geführt sind. Verfasser hat durch diese Reaction noch
0,005 Proc. Milchsäure (also in einer Verdünnung von 1 : 20000) mit Sicherheit
nachgewiesen, also eine Menge, welche kaum noch auf Lakmus reagirt.
Selbstverständlich muſs die auf Milchsäure zu prüfende Flüssigkeit absolut frei von
Alkohol sein. Verfasser empfiehlt daher, falls Alkohol in der zu prüfenden
Flüssigkeit enthalten ist, denselben durch Verdunsten zu verjagen. Referent möchte
dazu bemerken, daſs beim Verdunsten alkoholischer Lösungen von Milchsäure letztere
theilweise mit den Alkoholdämpfen fortgeht. Jedenfalls dürfte, wenn es sich um Nachweis
geringer Mengen Milchsäure handelt, beim Verjagen des Alkohols groſse Vorsicht zu
empfehlen sein. Verfasser bemerkt, daſs auch Zucker bei der Oxydation etwas Aldehyd
liefern kann, und empfiehlt daher, derartige Flüssigkeiten mit Aether
auszuschütteln, den Aether unter Zusatz einiger Tropfen Wasser zu verdunsten, den
Rückstand mit Wasser zu verdünnen, mit verdünnter Natronlauge genau zu
neutralisiren, auf dem Wasserbade zur Trockne zu verdampfen, den Trockenrückstand
mit Wasser aufzunehmen und im Destillationskolben mit Chromsäurelösung zu oxydiren.
Andere Säuren, wie Ameisen-, Essig-, Propion-, Butter-, Valerian-, Bernstein-,
Wein-, Citronen- und Aepfelsäure, geben diese Reaction nicht.
Ueber Farbenreactionen der Stärke- und der Gummiarten
macht Anton Ihl in der Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1887 Bd. 8 S. 53
(daselbst nach Zeitschrift des Alpinen Oesterreichischen
Apotheker-Vereins) Mittheilungen. Diese Substanzen geben bei Behandlung mit
Phenolen und Schwefelsäure oder Salzsäure ziemlich gleiche Reactionen, jedoch ist
die Temperatur, bei welcher die Farbenerscheinungen hervortreten, eine verschiedene,
z.B. bei der Stärke eine höhere als bei den Gummiarten. Stärke färbt sich, mit
alkoholischer α-Naphtollösung befeuchtet und mit erwärmter concentrirter
Schwefelsäure beträufelt, dunkelrothviolett, mit alkoholischer Thymollösung in
derselben Weise behandelt, zinnoberdunkelroth. Dieselbe Reaction gibt auch Kreosol,
Guajacol und Brenzcatechin. Mit alkoholischer Resorcinlösung färbt sich Stärke bei
Gegenwart von erwärmter concentrirter Schwefelsäure gelbroth, ebenso mit Orcin, mit
Phloroglucin gelbbraun. Bei den Gummiarten werden dieselben Reactionen nur bei
mäſsigerer Temperatur erzielt. Charakteristisch wirkt Phloroglucin auf Arabin ein.
Die durch Kochen von Arabin mit alkoholischer Phloroglucinlösung und concentrirter
Salzsäure erzielte Färbung ist prachtvoll kirschroth. (Vgl. 1887 263 447.)
VIII. Allgemeines und
Theoretisches.
Ueber Unzuträglichkeiten bei der Spiritusablieferung und über
die Mittel zur Beseitigung dieser Uebelstände wird in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 24.
40. 45. 68 berichtet. Wittelshöfer macht darauf
aufmerksam, daſs nach der Aichordnung für das deutsche Reich vom 27. December 1884
bei Fässern über 30l Inhalt die Fehlergrenze 1/300 des Inhaltes
betragen darf, so daſs also bei einem Faſs von 6001 ein Mehr oder Weniger von 2l noch
zulässig ist. Es sind dem Verfasser schon mehrfach Fälle berichtet, wo derartige
Differenzen in der That vorgekommen sind, und zwar hat es den Anschein, als ob diese
noch gestattete Fehlergrenze von den Abnehmern zum Nachtheil des Ablieferers
ausgenutzt werde. Das Verfahren der Ausmessung der Fässer ist nun aber bei den den
Behörden zur Verfügung stehenden Hilfsmitteln ein so genaues, daſs man schon einen
zulässigen Fehler von 1/1000 als recht groſs bezeichnen muſs. Es erscheint daher wohl möglich, die
Fehlergrenze herabzusetzen; so lange dieses aber nicht geschehen ist, muſs der
Spiritusfabrikant sich vor Uebervortheilung durch den Abnehmer dadurch schützen,
daſs er den Inhalt der Fässer selbst controlirt. Dieses kann durch Ausmessen oder
Wägen geschehen; noch einfacher dürfte aber die Einstellung von Meſsapparaten
zwischen Spiritusstandfaſs und Reservoir sein. Als ein solcher Meſsapparat ist in
erster Linie der selbstthätig registrirende und schon für andere Zwecke in den
Brennereien benutzte Apparat von Siemens zu empfehlen.
Derselbe müſste für den vorliegenden Zweck noch etwas abgeändert werden. Es müſste
der Probenehmer wegfallen und auſserdem zwischen Meſstrommel und Faſs noch ein
kleines graduirtes Meſsgefäſs eingeschaltet werden. Die Genauigkeit des Siemens'schen Apparates ist eine sehr groſse, denn die
Fehlergrenze soll nicht mehr als ½ pro Mille, also für ein Faſs von 600l nur etwa 0l,3
betragen. Andere Cubicirapparate empfehlen sich weniger, da dieselben erst für die
Messung mit Spiritus eingerichtet werden muteten. Damit der Siemens'sche Apparat auch in Differenzfällen maſsgebend sein kann, würde
es nothwendig sein, daſs derselbe amtlich geaicht wird. Vom Vorsitzenden des Vereins
für Spiritusindustrie sind beim Aichungsamt zwei Anträge gestellt. In dem einen
Antrag wird ersucht, den von Gebr. Siemens und Comp. in
Charlottenburg angefertigten Präcisionsmeſsapparat ohne
Probenehmer, aber in Verbindung mit einem kleineren graduirten Meſscylinder zur
amtlichen Aichung zuzulassen. In dem zweiten Antrag wird um Herabsetzung der
Fehlergrenze von 1/300 des Raumgehaltes auf höchstens 1/1000 gebeten. Auf diesen zweiten Antrag ist von der
Aichungscommission erwidert, daſs diese Herabsetzung so lange ohne praktische
Bedeutung bleiben würde, als der zulässige Verkehrsfehler, welcher nach der Bekanntmachung vom 25. Juli 1885 1/150 des
Raumgehaltes (also für 600l 4l) betragen darf, noch gröſser als der Ermittelungsfehler sein darf. Der Verkehrsfehler hat
aber mit Rücksicht auf die erheblichen Veränderungen, welchen der Raumgehalt der
Fässer im Verkehr unterworfen ist, nicht niedriger bestimmt werden können. In einer
weiteren Mittheilung macht die Normalaichungscommission darauf aufmerksam, daſs aus
der in der Aichordnung festgesetzten Fehlergrenze eine Rechtfertigung für die
gerügten Vorkommnisse nicht entnommen werden könne, da diese Vorschrift nicht dahin
aufzufassen ist, als ob bei der aichamtlichen Raumgehaltsermittelung Fehler bis zu
1/300 des
Raumgehaltes nothwendig aufträten und die Aichungsbeamten sich beispielsweise bei
Fässern von 6001 Inhalt mit einer Genauigkeit von
2l begnügten, sondern daſs vielmehr es Pflicht
der Aichungsbeamten ist, auf die gröſstmögliche Genauigkeit zu achten, und daſs kein
Zweifel besteht, daſs der Regel nach die Faſsaichungen eine viel gröſsere
Genauigkeit erzielen.
Erwähnen wollen wir noch, daſs von J. Klix zum Ausmessen
der Transportfässer, sowie auch zum Messen des Spiritus in der Brennerei, ein
Apparat von Schmidt und Sohn in Nauen empfohlen wird.
Derselbe dürfte jedoch, besonders da er nicht selbstthätig registrirt, kaum Vorzüge
vor dem Apparat von Siemens besitzen.
Ueber die Erzeugung von Wein und Branntwein aus Himbeeren und
Erdbeeren berichtet Windisch in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 47
nach Untersuchungen von A. Rommier im Journal de l'Agriculture. Auf der Haut der Himbeere
befindet sich ein Pilz, der Saccharomyces Wurtzii, welcher jedoch nur einen Theil
des in der Frucht enthaltenen Zuckers zu vergähren vermag. Dagegen gelingt eine
vollständige Vergährung des Gesammtzuckers, ja sogar noch einer 2 bis 3mal gröſseren
Menge, so daſs man 18 bis 18,5 Proc. Alkohol erhalten kann, wenn man zu den
gequetschten Himbeeren Saccharomyces ellipsoides hinzufügt. Auch bei Erdbeeren,
welche zwar eine Hefe besitzen, welche im Stande ist, den Gesammtzucker zu
vergähren, empfiehlt es sich, bei der Bereitung von Branntwein noch Zucker und zu
dessen vollständiger Vergährung auch Saccharomyces ellipsoides hinzuzufügen. Ebenso
ist der Zusatz von Saccharomyces ellipsoides bei der Bereitung von Branntwein aus
Früchten, welche Rohrzucker enthalten, also z.B. Aepfeln, Birnen u.s.w. zu
empfehlen, da derselbe den Rohrzucker invertirt, so daſs die Gährung sofort
eintritt.
Analysen des Zwetschgen- und Tresterbranntweines aus
Südungarn und den angrenzenden Gebieten theilt M.
Petrowitsch in der Zeitschrift für analytische
Chemie, 1886 S. 195 mit. Darnach betrug beim Zwetschgenbrannt wein der
Gehalt an Alkohol 22,27 bis 47,89 Proc., der Gehalt an freier Säure schwankte
zwischen 0,078 und 0,240 Proc., der Eindampfrückstand zwischen 0,008 und 0,108 Proc.
Bei dem Tresterbranntwein betrugen die Grenzzahlen für Alkohol 19,60 bis 46,67
Proc., für freie Säure 0,018 bis 0,216 Proc., für den Rückstand 0,006 bis 0,035
Proc. Der bedeutende Säuregehalt und der in mehreren Proben verhältniſsmäſsig
geringe Gehalt an Alkohol wird als eine Folge der oft sehr mangelhaften
Darstellungsweise bezeichnet. Tresterbranntwein kommt gewöhnlich wasserhell,
Zwetschgenbranntwein mehr oder weniger gelbbraun gefärbt in den Handel. Letzterer
wird häufig mit Zuckercouleur versetzt. Auch wird oft der billige Tresterbranntwein
über gedörrte Zwetschgen lagern gelassen und dann als Zwetschgenbranntwein verkauft.
Zu erkennen sind beide Branntweine durch fractionirte Destillation. Bei dem
Zwetschgenbranntwein bleiben die Destillate bis zum Schluſs klar, bei dem
Tresterbranntwein sind nur die ersten Destillate klar, die späteren durch
Oenanthäther ganz trübe.
Bakteriennester hat Saare
(Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 53) häufig in
Brennereien beobachtet in Gestalt von dicken Schleimmassen, welche in den Gährräumen
und Hefekammern an den Wänden und Geräthen sich befanden. Bei der mikroskopischen
Prüfung erwiesen sich dieselben als sogen. Zooglaeamassen, d.h. Unsummen von in
Schleimhüllen eingelagerten Bakterien. Dazwischen finden sich auch Fadenpilze,
Essigälchen u.s.w. In einer Brennerei wurde beobachtet, wie in der Hefekammer Theile
dieser Schleimmassen in die Mutterhefegefäſse tropften (über die Vortheile des
Zudeckens der Hefegefäſse vgl. S. 564 und 570 d. Bd.). In dieser Brennerei war
Schaumgährung, welche erst nach Bereitung neuer Hefe und Entfernung der Schleimmasse
verschwand. Wo solche Unreinlichkeiten vorkommen, müssen nach mechanischer
Entfernung des Schleimes Wände und Geräthschaften mit doppelt schwefligsaurem Kalk
bestrichen werden.
Die Denaturirung des Spiritus für gewerbliche Zwecke
geschieht allgemein durch Zusatz von Holzgeist, und zwar nach Bestimmung des
Bundesrathes vom 7. September 1881 durch Zusatz von 5 Proc. Holzgeist. Wittelshöfer macht in der Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S. 54 darauf aufmerksam,
daſs durch den hohen Preis dieses Denaturirungsmittels die Vortheile der
Steuerbonification sehr erheblich (bis auf 50 Proc.) vermindert werden. Er stellt
folgende Rechnung auf:
Tagespreis für Rohspiritus loco ohne Faſs
37
Mark
100l steuerfreier
absoluter Spiritus kosten
21
„
5l Holzgeist
kosten
5,4
„
Unkosten pro 100l
3
„
–––––––––––
Es kosten also
105l
denaturirter,
absoluter Spiritus
29,4
„
„ „ „
100l
„
„ „
28
„
„ „ „
100l
„
Spiritus von 95 Proc.
26,6
„
Hiernach würden von 16 M. Steuerbonification 10,40 M. als Ermäſsigung bleiben, da
aber in Berlin der Preis sich auf 9 M. unter Börsennotiz stellt, so würde 1l denaturirter Spiritus von 100 Proc. 29,5 Pf.
kosten, mithin noch nicht einmal 50 Proc. der Bonification übrig bleiben. Es steht
zu erwarten, daſs die schon von verschiedenen Seiten gemachten Vorschläge nach einem
anderen geeigneten Denaturirungsmittel von Erfolg sein werden. Bei der Auffindung
eines solchen ist das Hauptaugenmerk auch auf die Billigkeit zu richten, damit der
denaturirte Spiritus auch mit Vortheil in Haushaltungen u.s.w. verwendet werden kann
und das Absatzgebiet für denselben dadurch vergröſsert werde. Es wird sich
empfehlen, daſs die Brennereibesitzer den Spiritus selbst denaturiren, sobald
genügend Absatz in der Umgegend dafür vorhanden ist, da alsdann die Unkosten sich
ermäſsigen. Es wird aber empfohlen, mit der Einrichtung zum Denaturiren so lange zu
warten, bis die schwebenden Verhandlungen, welche möglicherweise bedeutende
Umgestaltungen veranlassen können, zum Abschluſs gelangt sind.
Als Mittel, um Nebengährungen in der Branntweinbrennerei zu
verhindern, empfehlen U. Gayon und G. Dupetis (Comptes rendus, 1886 Bd. 103) das basisch
salpetersaure Wismuth, welches schon in Mengen von 0g,1 im Liter Maische alle Nebengährungen unterdrücken soll, wie folgende
Versuche der Verfasser zeigten:
Anfäng-licheAcidität
Schlieſs-licheAcidität
Unter-schied
Abso-luter Al-koholimLiter
Ent-wickelteSpalt-pilze
cc
a) Gährung mit Zusatz von Wismuth
9
14
5
54
0
b) „ ohne „ „ „
9
33
24
50,3
400
Die Zahl 400 für die Entwicklung der Spaltpilze bezieht sich auf die Menge Pilze,
welche im Gesichtsfeld des Mikroskopes gezählt werden konnten. Die günstige Wirkung
des Wismuthsalzes ist nach den angeführten Zahlen klar ersichtlich. Zu demselben
Resultat, wie diese Laboratoriumsversuche, führten auch Versuche, welche im Groſsen
mit hunderten von Hektolitern Maische angestellt wurden.
Bei 3 Versuchsreihen betrug die Zunahme an Säure ohne Zusatz von Wismuthsalzen 13,
26,5 und 36, mit Wismuthsalz dagegen nur 2,5, 6,7 und 4,5. Wird der Alkoholgehalt
der vergohrenen Maische ohne Wismuthzusatz zu 100 angenommen und die Alkoholzunahme
bei Wismuthzusatz in Procenten dieser Zahl ausgedrückt, so erhält man
beim
ersten
Versuch
2,21
Proc.
„
zweiten
„
4,66
„
„
dritten
„
11,90
„
Zu einem Bericht von Windisch über diese Versuche in der
Zeitschrift für Spiritusindustrie, 1887 Bd. 10 S.
17 bemerkt die Redaction der genannten Zeischrift, daſs gegen die Anwendung der
Wismuthsalze in der Praxis, so günstig ihre Wirkung auch ist, sich doch Bedenken
geltend machen werden, indem einmal der Preis des basisch salpetersauren Wismuths
bei der anzuwendenden Menge (200g auf 2000l) in Betracht zu ziehen ist, andererseits zu
beachten ist, daſs das Wismuth in die Schlampe geht und diese dadurch
gesundheitsschädlich werden kann.
Ueber die Vergährung von Dextrin und Stärke haben Gayon und Dubourg Versuche
ausgeführt (Comptes rendus, 1886 Bd. 103). Einem
Bericht von Windisch über diese Versuche in der Zeitschrift für Spiritus-Industrie, 1887 Bd. 10 S. 17
entnehmen wir hier das Folgende. Die Alkohol bildenden Saccharomycesarten sind auf
Dextrinlösungen und Stärkekleister ganz ohne Wirkung. Dagegen fanden die Verfasser,
daſs eine Mucorart, nämlich der Mucor circinelloides, sowohl Dextrin und Stärke in
Zucker verwandelt und vergährt, als auch die Eigenschaft besitzt, Rohrzucker ohne
vorherige Invertirung in Alkohol umzuwandeln. Der Pilz tritt in verschiedenen
Formen, theils als Mycel, theils als Kugelzellen auf. Ein Versuch mit Dextrin gab folgendes Resultat. In Hefewasser, welches
10 Proc. käuflichen Dextrins enthielt, wurde reiner Mucor gesäet. Es trat eine
regelmäſsige Gährung ein, bei welcher sich bildeten
am
6.
September
0,32
Proc.
reducirender
Zucker,
2,8
Proc.
Alkohol
„
14.
„
1,67
„
„
„
4,0
„
„
„
1.
Oktober
2,38
„
„
„
4,2
„
„
Schon dieser Versuch zeigt, daſs durch den Mucor das Dextrin in Zucker umgewandelt
wurde. Bei einem weiteren Versuch, wo die Dextrinlösung mit Mucorhefe 48 Stunden auf
52° erwärmt wurde, um die Zucker bildende Wirkung des Pilzes zu erhöhen, die
Alkoholbildung aber zu verringern, wurden gefunden:
Proc.
Proc.
Anfängliche
Rotation
144,5
reducirender
Zucker
0,32
Dextrin
7,33
Schlieſsliche
„
117,5
„
„
2,52
„
4,08
Die Umwandlung erfolgt durch ein lösliches, durch Alkohol fällbares Ferment, jedoch
übt der Pilz diese Wirkung nur in der Form von kugeligen Zellen, nicht in der
Gestalt eines Mycels aus. Dieselben Resultate wurden bei einem Versuch mit Bier
erhalten. Durch Zusatz von Mucorhefe zu Bier, in welchem gewöhnliche Hefe keine
Wirkung mehr ausübte, trat nach Entfernung des Alkohols von Neuem eine Gährung ein,
welche bis zum vollständigen Verbrauch des Dextrins und Zuckers dauerte. Man wird
daher durch Mucor mehr Alkohol erzielen können als mit Bierhefe und dieses
bestätigte auch ein Versuch, bei welchem unter sonst gleichen Umständen mit Bierhefe
5,2, mit Mucor 6,5 Proc. Alkohol erhalten wurden. Auf Stärkekleister wirkt der Mucor nicht so kräftig wie auf das Dextrin,
jedoch findet eine Verflüssigung des Kleisters allmählich unter Bildung von Alkohol
und Kohlensäure statt.
Die Eigenschaft, Stärke in Zucker umzuwandeln, kommt noch anderen Schimmelpilzen zu,
so z.B. dem Eurotium oryzae. Diese Pflanze invertirt auch Rohrzucker, besitzt aber,
im Gegensatz zum Mucor, keine fermentative Wirkung.
Ueber die chemischen Fermente oder Enzyme. Von C. Lintner jun. In einem Aufsatz in dem Deutschen Brauer- und Mälzerkalender, 1887, gibt
Verfasser in gedrängter Kürze einen Ueberblick über die bisherigen Forschungen auf
diesem Gebiete. Er theilt die Fermente nach den Körpern, auf welche dieselben
wirken, in folgende 4 Gruppen ein:
1) Fermente, welche Kohlehydrate und zwar speciell Stärke, Dextrin und Rohrzucker
umzuwandeln vermögen. Zu diesen gehören die Diastase, das Ptyalin, die
Pankreasdiastase oder das Pankreatin und das Invertin.
2) Protein umwandelnde Fermente, zu denen Pepsin, Trypsin, Papain und das Labferment
gehören. 3) Fermente, welche Glucoside spalten, unter denen die bekanntesten das
Emulsin und das Myrosin sind. Endlich 4) Fett spaltende Fermente, welche
hauptsächlich in der Pankreasdrüse vorkommen.
Es werden die Eigenschaften, das Vorkommen und die Wirkungsart dieser Fermente
besprochen, wobei der Diastase, als dem für die Gährungsgewerbe wichtigsten Ferment,
naturgemäſs die eingehendste Behandlung zu Theil wird. Da wir über die interessanten
Untersuchungen des Verfassers über Diastase bereits an dieser Stelle berichtet haben
(1887 265 462 und 263 147),
die anderen Fermente aber von untergeordneterer Bedeutung für die
Spiritusfabrikation sind, so beschränken wir uns hier darauf, auf den sehr interessanten Aufsatz
des Verfassers, welcher auch in der Zeitschrift für
Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1887 Bd. 8 S. 6 wiedergegeben ist,
aufmerksam zu machen.
Die Umwandlung der Stärke in Zucker hat J. Frankhausen mikroskopisch untersucht (Zeitschrift für Spiritus- und Preſshefeindustrie, 1887
Bd. 8 S. 49, daselbst nach Chemisch-technischer
Zeitung). Der Verfasser ist der Ansicht, daſs das Erweichen und die Lösung
der Zellen wand des Gerstenkorns nicht durch Mikroben bewirkt wird, sondern durch
Einwirkung der Diastase erfolgt. Er beobachtete beim Keimen von Kartoffeln und
Gerste auſser Kohlensäure auch das Auftreten von Ameisensäure, welche auch das
Vermögen besitzen soll, Stärke in Zucker umzuwandeln. Daſs die Cellulose, obgleich
schwerer angreifbar als die Stärke, doch leicht gelöst wird, erklärt Verfasser
dadurch, daſs die Zellenwände den die Ameisensäure ausscheidenden Blattkeim berühren
und durch ihre Structur befähigt sind, die Ameisensäure aufzunehmen und deshalb
durch dieselbe auch leicht angegriffen werden.
Die Darstellung von Jodaldehyden ist G. Kliebhan (Zeitschrift für Spiritus- und
Preſshefeindustrie, 1887 Bd. 8 S. 12, daselbst nach „Der Chemiker und Droguist“) durch Einwirkung
von 3 Th. Jod und 1 Th. Jodsäure auf mit Wasser versetztem Aldehyd gelungen. Der
Jodaldehyd stellt eine flüchtige klare Flüssigkeit dar, welche nicht brennbar und
nicht ohne Zersetzung destillirbar ist. Durch weitere Einwirkung von Jod auf diese
Verbindung erhält man Dijodaldehyd und Trijodaldehyd. Dagegen konnte die Verbindung
CJ3CJO bisher nicht erhalten werden.
Doppelverbindungen verschiedener Kohlehydrate hat M. Berthelot (Comptes rendus, 1886 Bd. 103 S. 533)
dargestellt. Dieselben sind sehr loser Natur, werden z.B. schon durch Alkohol
zerlegt; sie erinnern an die unorganischen Doppelsalze. Aus einem 30 Jahre alten
Invertzuckersyrup erhielt Verfasser eine Doppelverbindung, welche aus 1 Th. Lävulose
und 5 Th. Dextrose bestand, strahlenförmige Krystalle darstellte und eine Drehung
von Dα = 32 zeigte. Eine andere, weniger stark drehende
Verbindung bestand aus 1 Th. Lävulose und 3 Th. Dextrose. Die vom Verfasser aus
Eucalyptus-Manna dargestellte Melitose erwies sich als eine Doppel Verbindung von
Raffinose und Eucalyn. Eine ähnliche Verbindung kann man auch aus Baumwollsamen
erhalten. Durch Umkrystallisiren in Alkohol findet schon eine Zersetzung dieser
Doppelverbindungen statt, indem z.B. die Lävulose in Lösung bleibt und nur Dextrose
krystallisirt.
Im Anschluſs an diese interessante Beobachtung Berthelot's erörtert Tollens in einem Referat
in Biedermann's Centralblatt, 1887 Bd. 16 S. 128 die
Frage, ob diese losen Verbindungen als „chemische Individuen“ aufzufassen
sind. Man wird dieselben einstweilen als molekulare Anlagerungen betrachten müssen
und erst, wenn der Nachweis gelingt, daſs die Componenten sich stets in denselben
Gewichtsverhältnissen mit ein- ander verbinden, dieselben als „Individuen“ ansehen
dürfen. Tollens warnt davor, im Hinblick auf diese beim
Umkrystallisiren schon zerfallenden Doppelverbindungen, die Reinigung von
Pflanzensäften und Kohlehydraten lässiger zu betreiben, als es jetzt geschieht.
Zucker aus Gerste und Malz hat C. O. Sullivan (Biedermann's Centralblatt, 1887 Bd. 16 S. 143, daselbst
nach Chemische Industrie S. 257) durch Ausziehen mit
Alkohol dargestellt und ist dabei zu folgenden Resultaten gelangt:
Gerste
Malz
I
II
I
II
Rohrzucker
0,9
1,39
4,5
4,5
MaltoseDextroseLävulose
1,1
0,62
1,23,10,2
1,98 1,57 0,71
Lichenin hat R. W. Bauer
(Journal für praktische Chemie, neue Folge 1886 Bd. 12 S. 46) durch
vierstündiges Erhitzen mit verdünnter Schwefelsäure in Dextrose übergeführt.
Cyclamose, C12H22O11, eine neue
Zuckerart, hat Michaud (Neue Zeitschrift für
Rübenzuckerindustrie, 1886 Bd. 16 S. 318) aus den Knollen von Cyclamen
europaeum dargestellt; dieser Zucker reducirt Fehling'sche Lösung und ist links drehend.
Morgen.