Titel: | Dulac'sche Dampfkessel-Gruppirung. |
Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 5 |
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Dulac'sche Dampfkessel-Gruppirung.
Mit Abbildungen im Texte und auf Tafel 2.
Dulac's Dampfkesselgruppe.
Die Gruppirung einer Anzahl von Kesseln zu einem Betriebe vermehrt bekanntlich die
Gefahr, daſs die Folgen der Explosion eines Kessels verhängniſsvoll werden. Unsere
Quelle (Portefeuille économique des machines Nr. 384
vom December 1887) erinnert an die Explosionen von Marnaval und Eurville; für uns
ist die Explosion der Friedenshütte noch in frischer Erinnerung. Die französische
Verordnung vom 29. Juni 1886 (vgl. 1887 264 358) soll
diese Unfälle verhüten, indem sie eine Sicherheitsvorrichtung zwischen jedem Dampferzeuger und
dem gemeinschaftlichen Dampfraume anordnet. Es ist jedoch wahrscheinlich, daſs die
Explosion eines Kessels und das damit verbundene Umherschleudern von Materialien
auch anderweitige Brüche herbeiführen und dadurch die Gruppirung der Kessel für den
Fall einer Explosion immerhin bedenklich machen, trotz der vorhandenen
Sicherheitsvorrichtungen.
Die gewöhnliche Anordnung der Kessel in einer geraden Linie bietet mehrfache
Unbequemlichkeiten rücksichtlich der Züge, da die verschiedene Entfernung der
Feuerungen vom Schornsteine eine Verschiedenheit der Zugstärke bedingen, wodurch
besondere Vorkehrungen zur Regelung des Zuges erforderlich werden; dadurch wird aber
der Betrieb wieder von der Bedienung abhängig, und es werden leicht
Brennmaterialverluste herbeigeführt. Diese Uebelstände hat Dulac durch seine Anordnung zu vermeiden gesucht.
Beschreibung der Anordnung. Nach Fig. 4 Taf. 2 sind die
Kessel radial um einen gemeinsamen Schornstein gelegt, in der Weise, daſs sie einen
Halbkreis bilden, dessen Durchmesser der Wand des Gebäudes entspricht. Jeder
Dampfkessel ist von zwei Mauern in einen Sector eingeschlossen, welche sich dem
Schornsteine anschmiegen. Zwischen den Kesseln und dem Schornsteine ist ein
kreisförmiger Gang für die Wartung angeordnet, während die Stirnseite der Feuerung
nach dem Hofe zu gekehrt ist. Die Dachbinder (Fig. 3) ruhen auf
einfachen Pfeilern und liegen über den Trennungsmauern der einzelnen Kassel. Ein
leichtes Dach bildet die Ausfüllung zwischen den Bindern und die Pfeiler sind am
oberen Theile durch leichte Fensterfüllungen verbunden. So entsprechen den am
wenigsten widerstandsfähigen Theilen der Kesseleinrichtung die leichtesten
Constructionen des Kesselhauses.
Die Form der Kessel ist aus der Zeichnung (Fig. 1 und 2) zu ersehen. Bezüglich
einiger Einzelheiten sei noch erwähnt, daſs das ausgedehnte Röhrensystem den Zweck
hat, die Feuergase bis zu dem Grade abzukühlen, bei welchem sie keine merkliche
Einwirkung auf die Widerstandsfähigkeit der Kesselwände mehr ausüben können, selbst
nicht bei ungenügendem Wasserstande. Selbst wenn die Röhren ohne Wasser wären,
sollen dieselben wohl glühen und selbst platzen, ohne jedoch bemerklichen Schaden
anzurichten (?). Eine zu hohe Dampfspannung ist wegen der
Compensations-Sicherheitsventile des Constructeurs, deren zuverlässige Wirkungsweise
erprobt ist, nicht zu befürchten. Zieht man auſserdem in Betracht, daſs jeder Theil
des Kessels von auſsen und von innen leicht zugänglich ist, daſs die Bleche nur auf
Zug beansprucht sind, so wird man die Ueberzeugung gewinnen, daſs alle möglichen
Vorsichtsmaſsregeln getroffen sind, um eine Zerstörung zu verhüten.
Nehmen wir jedoch an, daſs ein gefüllter und unter Druck stehender Kessel explodire,
und sehen zu, welche Folgen entstehen können! Bei den in der Zeichnung angegebenen
Gröſsen und bei normalem Wasserstande ist der Wasserinhalt 2800l mit
einer Temperatur von 150°. Das Gewicht des sich in Folge der Explosion entwickelnden
Dampfes kann zu 320k angenommen werden, welcher
sich auf annähernd 530cbm ausdehnen wird. Diese
Entfesselung einer so beträchtlichen Gasmenge bewirkt nothwendigerweise eine
plötzliche Verdrängung der umgebenden Luft, welche die sich dem Entweichen
entgegenstellenden Hindernisse zerschmettert. Bei der getroffenen Anordnung ist
offenbar die gröſste Wahrscheinlichkeit vorhanden, daſs sich das leichte Dach heben
werde und die leichten Scheiben zerbrechen, während das Gerüst, die Oefen und der
Kamin verschont bleiben. Die Kesselböden gestatten im Falle der Explosion nur eine
Explosionswirkung nach oben oder unten und wird dieselbe den Oefen nicht schaden.
Eine horizontale Wirkung kann nur in der Höhe von einigen Metern stattfinden, wo die
geringste Widerstandsfähigkeit stattfindet.
Auf diese Weise bietet die Anordnung in Bezug auf die Explosion einige Aehnlichkeit
mit den Pulverfabriken, denen man möglichst leichte Wände gibt, um die Explosion
dahin zu lenken, wo sie am wenigsten gefährlich ist.
Textabbildung Bd. 267, S. 7Textabbildung Bd. 267, S. 7Anordnung des Herdes. Wie schon angedeutet, gewährt die
Anordnung die möglichste Unabhängigkeit vom Heizer. Wie Fig. 1 zeigt, ist der Rost
stark geneigt, etwa 48° gegen den Horizont. Die Beschickung geschieht vermittels
einer Trichterthür, welche den Zutritt der Luft vollständig verhindert. Während des
Füllens verschlieſst der Trichter die Oeffnung. Läſst man ihn um seine Achse
schwingen, so vertheilt sich die Kohle auf dem oberen Theile des Rostes. Die
Kohlenlage kann somit nach Bedarf stärker oder schwächer gehalten werden, sie regelt
sich ohne Zuthun des Heizers fast vollkommen gleichmäſsig. Der Verbrennungsraum ist
von beträchtlicher Gröſse, und ist die gute Mischung der Brenngase mit der Luft
dadurch gesichert, daſs letztere durch eine Reihe von quer gerichteten Kanälen in
dünnen Strahlen eintritt. Die Ausnutzung der Wärme ist möglichst vollkommen, da das Röhrensystem, die
guſseiserne Feuerbrücke, die Blechhülle, welche um den Hinterkessel gelegt ist, eine
gute Vertheilung der Wärme bewirken. Der Rost ist von guſseisernen Stäben
zusammengesetzt, dessen Anordnung sich aus den vorstehenden Skizzen ergibt. Derselbe
besteht (Textfig. 1) aus einem schmiedeeisernen
Rahmen mit zwei Längsschienen und mehreren Querschienen. Auf letzteren lagern die
Guſseisen-Roststäbe, deren eigenthümliche Form aus dem Grundrisse zu ersehen ist. Da
jeder Roststab nur in seinem mittleren Theile auf den Trägerstäben aufruht, so ist
die freie Bewegung des ganzen Systemes gesichert. Gegen die seitliche Verschiebung
schützt der an dem mittleren Theile angebrachte Knaggen, gegen welchen sich die
entsprechenden Enden anlehnen. Textfig. 2 zeigt das
Dulac'sche Rostsystem in Anwendung auf einen runden
Rost.
Die Bedienung und Reinigung der Kessel ist durch zahlreiche Maueraussparungen
erleichtert, die von allen Seiten den Zugang gestatten. Die Asche fällt in einen
Wagen, welcher die ganze Gruppe der Kessel und auch den Schornstein bedient. Die
Reinigung der Kesselwände geschieht durch einen Dampfstrahl und wird so oft als
möglich ausgeführt. Die Bildung des Kesselsteines wird durch Zusatz von alkalischen
Salzen verhindert. Uebrigens kann das Innere durch die Mannlöcher leicht erreicht
werden.
Die wichtigen Gröſsenverhältnisse der Kessel sind folgende:
Heizfläche der Röhren
57qm,60
Gesammte Kesselfläche
72qm
Gesammte Rostfläche
2qm
Wasserinhalt
2cbm,40
Dampfinhalt
2cbm,65
Erzeugter Dampf auf 1qm in
der Stunde
im Mittelhöchstens
17k20k
Zulässiger Kesseldruck
7k auf 1qm
Durchmesser des Schornsteines
am Grundean der Spitze
2m 1m,25
Höhe desselben
35m
Annähernder Wärmegrad im Verbrennungsraume
1400°
Wärmegrad der Gase nach dem Durchgange
durch das Röhrensystem
400°
Wärmegrad der Abzugsgase
160°
Die Maſse der Kanäle verringern sich in dem Grade, als der Raum der abziehenden Gase
sich verringert, so daſs die Durchzugsgeschwindigkeit annähernd dieselbe bleibt.
Die ganze Anordnung soll nach der Angabe des Constructeurs die Betriebskosten
verringern und gröſsere Sicherheit gewähren.