Titel: Die Reinigung des Kesselspeisewassers.
Fundstelle: Band 267, Jahrgang 1888, S. 198
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Die Reinigung des Kesselspeisewassers. Mit Abbildung auf Tafel 11. Reinigung des Kesselspeisewassers. In dem siebzehnten Jahresberichte des Bayerischen Dampfkessel-Revisions-Vereins wird in einem mit Gg. unterzeichneten Aufsatze eine Einrichtung zur Verwendung von Aetzkalk und Soda beschrieben, dem wir das Nachstehende entnehmen. Das Verfahren ist in einigen zwanzig Vereinsanlagen, zum Theile schon seit sechs Jahren, mit Erfolg eingeführt, und ist sowohl in der Anlage als auch im Betriebe mit geringen Kosten verknüpft, Die beigefügte Zeichnung gibt nur ein allgemeines Bild der Anordnung, welche für jeden Fall nach Gröſse und Stellung zu wählen ist (Fig. 8 Taf. 11). Auch können die Behälter nach Bedarf länglich, viereckig, rund, aus Eisen, Holz oder Cement hergestellt sein. In allen Fällen soll jedoch der Behälter bequem zugänglich und nicht zu hoch sein, da letzteres die Klärung verzögert, und soll derselbe den Bedarf für sechs Stunden fassen können. Die Einrichtung besteht im Wesentlichen 1) aus einem Behälter A zur Aufnahme des zu reinigenden Wassers, 2) einer Dampfleitung zum. Anwärmen desselben, wozu man entweder eine Heizschlange a für den Abdampf oder frischen Kesseldampf verwendet, dessen Zuleitung b in eine Anwärmdüse c endigt; 3) aus einem Rührgebläse B zum Mischen des Wassers mit den Zusätzen Aetzkalk und Soda und 4) aus einem Behälter D für das gereinigte Wasser. Als Nebentheile kommen hierzu eine Leitung d, um das gereinigte Wasser in den Speisewasserbehälter D zu führen, sowie eine mit dem Ueberlaufrohr f vereinigte Leitung g, um die als Schlamm ausgefällten Kesselsteinbildner zeitweilig aus dem Reinigungsbehälter auszuspülen. Bei der Handhabung des Verfahrens ist das zu reinigende Wasser mittels Dampf möglichst hoch anzuwärmen, dann wird der Aetzkalk in Form von Kalkmilch zugegeben und das Rührgebläse während einiger Minuten in Gang gesetzt. Letzteres wiederholt sich, nachdem vorher die Sodalösung zugegeben ist. Das Wasser nimmt alsbald eine trübe, milchige Beschaffenheit an und setzen sich in drei bis fünf Stunden die Kesselsteinbildner als Schlamm auf dem Boden des Behälters ab. Nach dieser Reinigung wird das Wasser in den Behälter D abgelassen, an welchem die Saugleitungen der Speisevorrichtungen mindestens 10cm über dem Boden angebracht sind, um für den etwa nachträglich sich absetzenden Schlamm Raum zu gewinnen. Auf diese Weise werden etwa 80 Proc. der gewöhnlichen und hauptsächlichen Kesselsteinbildner (Kalk, Gyps und Magnesia) aus dem Speisewasser entfernt, indem das Kalkhydrat den gelösten doppeltkohlensauren Kalk in den fast unlöslichen einfach kohlensauren Kalk umwandelt, während durch die Soda der schwefelsaure Kalk unter Bildung von löslichem schwefelsauren Natron ausgefällt wird. Die gleiche Umwandlung erfahren die Magnesiasalze. Die Reinigung erfolgt bei höherer Temperatur rascher und vollständiger als wenn das Wasser nur wenig erwärmt wird: bei der natürlichen Temperatur des Wassers erfordert sie weit mehr Zeit und weit gröſsere Behälter. Wie erwähnt, werden, wie bei fast allen Wasserreinigungsverfahren, nur etwa 80 Proc. der Kesselsteinbildner entfernt, die übrig bleibenden 20 Proc. schlagen sich im Kessel theils als Schlamm nieder, theils bilden sie an den Kessel Wandungen, namentlich in der Nähe des Feuers, eine dünne mürbe Schicht, welche leicht entfernt werden kann. Diese mürbe Beschaffenheit wird durch einen mäſsigen Ueberschuſs des Sodazusatzes begünstigt, womit man noch den weiteren Vortheil erreicht, daſs etwaige saure und fette Bestandtheile unschädlich gemacht werden. Auch die im Wasser enthaltenen Gase (Luft und Kohlensäure) werden durch das Reinigungsverfahren in der Hauptsache entfernt, wenn man das Wasser in dem Reinigungsbehälter genügend erwärmt. Dagegen verbleiben die löslichen Salze in dem gereinigten Wasser und bilden mit der Zeit in dem Kessel eine starke Sole, in welcher das schwefelsaure Natron und die Chlorverbindungen das Zerfressen der Kesselwandung besonders auf der Feuerplatte und in der Wasserstandslinie veranlassen können, was übrigens bei chlorhaltigen Wässern auch dann geschehen wird, wenn das Wasser nicht gereinigt wird. Dieser Uebelstand läſst sich indeſs beseitigen, indem man den Kessel von Zeit zu Zeit gänzlich abläſst und mit frischem Wasser füllt, oder die Sole durch theilweises Ablassen und Nachspeisen in verdünntem also unschädlichem Zustande erhält. Diese Vorsichtsmaſsregel sollte bei lang gehenden Kesseln stets beobachtet werden. Wie ersichtlich, sind weder die Kosten der Einrichtung beträchtlich, noch auch die Betriebskosten, welche das Erwärmen des Wassers und die Ausgaben für Aetzkalk und Soda umfassen. Letztere betragen erfahrungsmäſsig im Durchschnitte nicht ganz 2 Pf. und schwanken zwischen ¾ bis 5 Pf. für 1cbm Wasser. Mit dem Gehalte des Wassers an Kesselsteinbildnern steigen selbstverständlich auch die Auslagen für Chemikalien; es empfiehlt sich jedoch, falls diese Ausgabe den Betrag von 8 Pf. für 1cbm Wasser überschreitet, ein besseres Wasser für die Kesselspeisung aufzusuchen. Das Erwärmen des Wassers verursacht bei vorhandenem Abdampf keine besonderen Kosten; muſs man frischen Dampf verwenden, so geht auch die Brennmaterialausgabe nur zum Theil verloren, weil das gereinigte Wasser mit erheblicher Temperatur in den Kessel übergeführt wird. Um letzteren Vortheil zu vergröſsern, schütze man die beiden Behälter möglichst gegen Abkühlung. Die Zusammensetzung mancher Speisewässer pflegt sich durch Witterungseinflüsse zu ändern; demgemäſs müssen auch die Zusätze an Kalk und Soda geändert werden. Um dies zu regeln, lasse man von Zeit zu Zeit das gereinigte Wasser auf den Grad seiner Reinheit untersuchen, um festzustellen, ob die Wasserreinigung richtig durchgeführt wird, was dann der Fall ist, wenn der Kesselsteingehalt des gereinigten Wassers vier deutsche Härtegrade nicht übersteigt. Der Verein hat neuerdings ein sehr einfaches, von jedem Techniker ausführbares Prüfungsverfahren ermittelt, so daſs, wenn sich dasselbe bewähren sollte, die Wasserprüfung ohne besondere chemische Kenntnisse besorgt werden kann. Die Handhabung der Wasserreinigung kann jedem Maschinisten oder Kesselwärter anvertraut werden; immerhin empfiehlt es sich, daſs die Ueberwachung des Kesselhauses auch auf die Wasserreinigung ausgedehnt werde. In einigen Fällen der Einführung dieses Reinigungsverfahrens ergaben sich anfänglich Schwierigkeiten, sei es, daſs die Gröſse der Wasserreinigungsanlage nicht richtig bemessen, eine Aenderung des Speisewassers nicht gehörig berücksichtigt war, oder die chemischen Zusätze (für welche man sich nur bester Bezugsquellen bedienen sollte) nicht die erforderliche Reinheit und Güte besaſsen. Bei Einführung der Wasserreinigung ist es nöthig, daſs eine Probe des zu reinigenden Wassers (4 bis 6l) in dem chemischen Laboratorium untersucht, die Menge der zur Reinigung nöthigen Zusätze ermittelt und durch einen Reinigungsversuch im Kleinen das Verfahren geprüft werde. Die zur Wasserreinigung nöthigen Behälter u.s.w. können alsdann bemessen und angefertigt werden und ist damit ein guter Erfolg, wie bei den bisherigen Anlagen, in sichere Aussicht gestellt. Der Referent ist auf Grund günstiger Erfahrungen zu der Ueberzeugung gelangt, daſs die beschriebene Wasserreinigung bestens empfohlen werden kann; will damit jedoch keineswegs behaupten, daſs andere Verfahren nicht ebenfalls befriedigende Ergebnisse liefern könnten.

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