Titel: | Maschine zur Anfertigung von Kantillen; von Francis Mallet-Guy in Paris. |
Autor: | Francis Mallet-Guy |
Fundstelle: | Band 267, Jahrgang 1888, S. 495 |
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Maschine zur Anfertigung von Kantillen; von
Francis Mallet-Guy in Paris.
Mit Abbildungen auf Tafel
26.
Mallet-Guy's Maschine zur Anfertigung von Kantillen.
Wie bekannt, bestehen Kantillen aus einem sehr feinen, in Schraubenlinien gewundenen
Metalldraht und werden heute noch durch Handarbeit hergestellt, da alle Versuche,
dieselben auf maschinellem Wege anzufertigen, an der Schwierigkeit gescheitert sind,
die Spirale nach Maſsgabe ihres Entstehens vorrücken zu lassen.
Die in den Fig.
1 bis 4 Taf. 26 dargestellte Maschine soll die Aufgabe lösen und besitzt zu
diesem Zwecke nach Angabe des Oesterreichisch-Ungarischen
Patentblattes folgende Einrichtung.
Das Futter a bildet den äuſsersten Theil der
Drehbankspindel d, die ihren Antrieb durch eine um das
Schnurstufenscheibchen e geschlungene Schnur erhält.
Die Spindel selbst läuft vorn in einem conischen Lager, in welches sie durch die als
Widerlager dienende Schraube f hineingedrückt wird, so
daſs die Möglichkeit einer seitlichen oder achsialen Verschiebung ausgeschlossen
erscheint. Das Ende des Futters a bildet eine
cylindrische oder schwach conische Nadel c, deren Basis
den zur Wickelung des Drahtes nöthigen Durchmesser besitzt. Der Draht, welcher sich
von einer Spule k mit entsprechender Spannung
abwickelt, läuft über ein gekerbtes Laufrädchen g,
welches denselben zur Basis der Nadel hinleitet, auf welche er sich in Folge der
Rotation der Drehbankspindel aufwickelt.
Das Leitorgan b, welches einen wesentlichen Bestandtheil
der Maschine bildet, besteht aus einer aus Holz oder einem anderen
zusammendrückbaren Material hergestellten Scheibe, deren Rand genügend stark gegen
die Nadel gedrückt wird, um ein leichtes Eindrücken der Kantillenwindungen in
derselben zu verursachen. Die Scheibe b erhält eine
rotirende Bewegung, während sich auf ihrem Rande Eindrücke der Kantille in Form
kleiner paralleler Vertiefungen, bilden, in welche die sich neugebildeten
Spiralwindungen nach einander einlegen.
Auf diese Weise wird die Drahtspirale durch ihre eigene Rotation regelmäſsig
fortbewegt, indem sich die Spiralen in dem Maſse, als sie durch die Vertiefungen am
Rande der Scheibe gebildet werden, fortschrauben.
Die Scheibe b ruht auf einem System zweier Schlitten,
von welchen der eine, i (Fig. 2 und 3), parallel, der zweite,
j, senkrecht zur Drehbankspindel verschiebbar ist.
Letztere ist in einer Docke h gelagert, welche auf den
Schlitten j drehbar befestigt ist, so daſs ihr mit
Hilfe der Schraube ohne Ende m eine Drehung um eine
senkrechte Achse ertheilt werden kann.
Aus dieser Anordnung geht hervor, daſs die Scheibe eine bestimmte Neigung gegen die
Nadel einnehmen kann, was ihr gestattet, entweder mit der ganzen Breite ihres Randes
oder nur unter einem Winkel zu arbeiten; man kann sie auch parallel zur
Drehbankspindel verschieben, um sie auf einen beliebigen Punkt der Nadel c einstellen zu können, und schlieſslich kann sie auch
senkrecht gegen die Nadel verschoben werden, wodurch ihr Druck gegen die Windungen
des Drahtes nach Erforderniſs geändert werden kann. Dieser Druck kann durch die den
Schlitten j bethätigende Schraube l mit Genauigkeit je nach dem Grade der Festigkeit,
welche man der Kantille geben will, regulirt werden.
Dasselbe Resultat kann auch mit einer feststehenden Scheibe erreicht werden, in
welchem Falle die Kantille auf dem Rande der starren Scheibe gleiten und daselbst
Theile eines Muttergewindes eindrücken würde, die ebenfalls zum Fortbewegen der
Spirale dienen würden.
Bei dieser Ausführungsform, welche dann anwendbar ist, wenn es der Draht aushält,
würde es genügen, auf dem Schlitten an Stelle der Scheibe ein Holzstück zu
befestigen.
Nebst der regelmäſsigen Fortbewegung der Kantillen, durch welche allein eine
maschinelle Erzeugungsweise derselben ermöglicht wird, gestattet das Führungsorgan
mit derselben Regelmäſsigkeit auch durchsichtige Drahtspiralen, das sind solche,
deren Windungen mehr oder minder von einander entfernt sind, herzustellen. Es
genügt, durch ein Stück einer mehr oder minder dichten Kantille die entsprechenden
Vertiefungen auf dem Führungsorgan einzudrücken, um hierauf vollkommen dieselbe
Entfernung der einzelnen Windungen von einander zu erhalten; auf diese Weise kann
man Kantillen aus mehreren parallel gewickelten Drähten erzeugen, wodurch bei
Verschiedenheit der Farben ganz neue Effecte hervorgebracht werden können, die mit
den gegenwärtigen Mitteln nur schwer zu erreichen sind. Auf die beschriebene Art
kann man Kantillen von beliebiger Länge erzeugen, welche später je nach Erforderniſs
zerschnitten werden; da dieser Artikel aber gewöhnlich in bestimmten Längen in den
Handel gebracht wird, ist die Maschine durch Beifügung einer sehr einfachen
Vorrichtung, welche nachstehend beschrieben ist, befähigt, das Theilen selbst
auszuführen.
Beim Verlassen des Futters a fällt die Drahtspirale in
einen Trichter, dessen Boden durch eine Stahllamelle n
gebildet wird (Fig.
1), die mit einem kreisrunden Loch mit schneidenden Rändern versehen ist,
unter welchem eine zweite von dem Elektromagneten p
bethätigte Lamelle o spielt. Nachdem die Kantille diese
Schere passirt hat, gleitet sie in einer schiefen Rinne r nach abwärts, in welcher ein Contact verschiebbar ist, der dazu dient,
den Stromkreis des Elektromagneten zu schlieſsen, wenn er von der Kantille berührt
wird, wobei die letztere von der aus den Lamellen no
bestehenden Schere zerschnitten wird; hierdurch tritt wieder Strom Unterbrechung
ein, die Schere öffnet sich in Folge der Wirkung der Feder y und die Kantille bewegt sich wieder so lange nach abwärts, bis ein neuer
Contact stattfindet.
Die zum Zerschneiden der Drahtspirale nöthige Schlieſsung und Unterbrechung des
Stromes kann auch direkt dadurch bewirkt werden, daſs man den Strom, wie dies
dargestellt, durch die Kantille selbst leitet, in welchem Falle der Strom, beim
Contacte x eintretend, den Elektromagnet p umkreist und andererseits durch die Drehbankdocke bei
a zur Kantille gelangt. Bei dieser Anordnung ist
aber immerhin zu befürchten, daſs der Widerstand der Drahtspirale zu groſs wird,
weshalb es vorzuziehen ist, letztere auf einen sehr leichten Hebel wirken zu lassen,
welcher die Schlieſsung des Stromes durch einen speciellen Leiter von geringem
Widerstand bewerkstelligt.
Schlieſslich sei noch erwähnt, daſs man anstatt den Elektromagnet direkt auf die
Schere wirken zu lassen, diesen nur dazu benutzen kann, um die von der Maschine
direkt bethätigte Schere in bestimmten Zeitperioden auszulösen, wie dies in Fig. 4 gezeigt
ist.
Auf die Welle t ist ein Daumen u gekeilt, der durch Vermittelung der Hebel vv1 auf die Scherenlamelle o wirkt. Ein Theil des Hebelarmes v ist bei x drehbar, so
daſs er sich, wie es die Figur zeigt, der Wirkung des Daumens entziehen kann; in
dieser Stellung wird er durch eine Feder y gehalten,
deren Zug im Augenblick des Contactes durch die Wirkung des Elektromagneten p aufgehoben wird. Es ist klar, daſs, wenn der Hebel
v angezogen ist, dieser die Wirkung des Daumens auf
die Scherenlamelle o überträgt und letztere die
Kantille zerschneidet, wodurch der Strom unterbrochen wird und die Feder y den Hebel v in seine
frühere Stellung bringt.