Titel: | Ueber Versuche zur Klarstellung des Wirkungsgrades des Locomotivkessels; von Prof. H. Gollner in Prag. |
Autor: | H. Gollner |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 1 |
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Ueber Versuche zur Klarstellung des
Wirkungsgrades des Locomotivkessels; von Prof. H. Gollner in Prag.
Mit Abbildungen auf Tafel
1 und 2.
Gollner, Klarstellung des Wirkungsgrades des
Locomotivkessels.
Eine der interessantesten Aufgaben aus dem Gebiete der praktischwissenschaftlichen
Untersuchungen von den Dampfkesseln ist jene, welche sich auf den Locomotivkessel
bezieht. Die einschlägige Aufgabe soll durch Feststellung des Wirkungsgrades unter
Voraussetzung gewisser Betriebsverhältnisse gelöst werden; analoge Aufgaben und
Lösungen derselben für stationäre Dampfkessel liegen bereits in ansehnlicher Menge
vor und umfassen nicht nur die gewöhnlichen Kesseltypen, sondern auch
Constructionssysteme, welche für ausnahmsweise Fälle und Verhältnisse gewählt und
ausgeführt werden muſsten.
Die Ermittelung des Wirkungsgrades der Locomotivkessel, welcher mit Rücksicht auf die
angewendete Bestimmungsmethode als „absoluten“ Wirkungsgrad aufzufassen ist
und fortan auch so bezeichnet werden soll, kann selbstredend nur als eine
Specialaufgabe angesehen werden, welche durch eine Reihe von äuſseren Umständen, wie
Locomotivtype, Verkehrsstrecke, Zugbelastung, Fahrgeschwindigkeit, Brennmaterial,
Feuerungsanlage genau umschrieben ist.
Die Ergebnisse dieser Sonderuntersuchung sind sehr wohl geeignet zur Specialisirung
der allgemeinen Theorie des Locomotivkessels verwerthet zu werden, wenn die oben
angedeuteten bestimmenden Umstände in sachgemäſsen Betracht gezogen werden;
insbesondere gilt dies von den ermittelten Erfahrungszahlen (Coefficienten), mit
deren Hilfe aus der allgemeinen Theorie des Locomotivkessels der maſsgebende
Specialfall entwickelt und voll gekennzeichnet werden kann.
Die für die Untersuchung der stationären Dampfkessel anerkannten Grundsätze finden
natürlich für die Klarstellung des absoluten Wirkungsgrades des Locomotivkessels
volle Anwendung; zu den für das Studium der ersteren Kesselgruppe maſsgebenden und
auch allgemein üblichen Versuchsarbeiten kommen aber für die Untersuchung des
Locomotivkessels mit Rücksicht auf den bestehenden künstlichen Luftzug und die
dadurch geänderten Verbrennungs- und Temperatur Verhältnisse besondere Beobachtungen
und Bestimmungen
hinzu, deren Durchführungen an sich im Allgemeinen mit Schwierigkeiten verbunden
sind und welche auch die umfassende Lösung der Gesammtaufgabe wesentlich
erschweren.
Der Zweck der folgenden ausführlichen Mittheilungen ist eine über-sichtliche
Darstellung der angewendeten Methoden für die Untersuchung des Locomotivkessels für
den genau umschriebenen speciellen Fall, sowie für die Ermittelung des
Hauptergebnisses, nämlich des „absoluten“ Wirkungsgrades desselben für
dieselben Sonderverhältnisse, endlich die Entwickelung einer Reihe von
Erfahrungszahlen, welche zur Specialisirung der allgemeinen Theorie des
Locomotivkessels für analoge Fälle verwerthet werden können. Diese Erfahrungszahlen,
welche sachgemäſs nur im Wege des Versuches ermittelt werden können, beziehen sich
nicht nur auf die Feuerungsanlage und deren wesentlichen Einfluſs auf die Gröſse des
absoluten Wirkungsgrades der ganzen Kesselanlage, sondern auch auf die
Gesammtheizfläche derselben, und zwar hinsichtlich des ihr anhaftenden
Strahlungsverlustes und weiters auf die Wärmeverluste in Folge der unvermeidlichen
Dampfnässe, ferner in Folge der üblichen Anwendung von Injectoren für die Speisung
der Locomotivkessel, sowie in Folge des periodischen Locomotivbetriebes durch
Stillstände in Stationen. Obwohl für den behandelten speciellen Fall allein völlig
maſsgebend, lassen die gefundenen Erfahrungszahlen in ihrem Zusammengange mit einer
Reihe anderer maſsgebender Hauptgröſsen diejenigen ursachlichen Verhältnisse
überblicken und hinsichtlich der Gröſse ihres Einflusses beurtheilen, von welchen
der resultirende Werth des absoluten Wirkungsgrades eines Locomotivkessels im
Wesentlichen abhängig ist.
Ueber die äuſseren Umstände, welche die im Folgenden zu erläuternden und betreffend
ihre Schluſsergebnisse sicher zu stellenden Untersuchungen und Versuchsreihen
begleiteten, soll zunächst einleitend Folgendes mitgetheilt werden: In der Zeit vom
3. bis 11. Mai 1884 fanden auf Anregung der Direktion der k.k. priv. Dux-Bodenbacher Eisenbahn auf der Bergstrecke
Bodenbach-Kleinkahn 12 Probefahrten mit schweren Lastzügen unter solchen äuſseren
Umständen statt, welche geeignet waren, das Material für die Erledigung der damals
gestellten Hauptfragen, betreffend den Nachweis der Leistungsfähigkeit des
Locomotivkessels, zu liefern, wenn derselbe unter Verfeuerung von böhmischer
Braunkohle (Duxer Becken) im Formate der Nuſs- und Mittelkohle einerseits mit der
Patentfeuerung „System Nepilly“, andererseits mit der gewöhnlichen Planfeuerung
ausgerüstet war (vgl. Nepilly 1886 261 * 74). Anläſslich dieser Versuchsfahrten, welche
bekanntlich durchaus Resultate lieferten, welche die Patentfeuerung „System Nepilly“ sowohl in mechanischer wie in ökonomischer
Beziehung als die wesentlich vollkommenere sicher stellten (vgl. die Publication:
„Die Locomotivfeuerbüchse für Rauchverzehrung und Brennstoffersparniſs
u.s.f.“ von Eisenbahndirektor Johann
Pechar, Wien 1884), wurde nun durch zahlreiche Sonderbeobachtungen und
Untersuchungen jenes Material gesammelt, welches die Erledigung der gestellten
Hauptfrage betreffend den absoluten Wirkungsgrad des Locomotivkessels ermöglichte.
Ausführliche und begründete Mittheilungen über die angezeigten Specialuntersuchungen
werden im Folgenden bei Behandlung der einzelnen Hauptaufgaben geliefert werden,
nachdem – so weit bekannt – in die einschlägige Literatur die Verwerthung derartiger
Specialuntersuchungen für die Ermittelung des absoluten Wirkungsgrades des
Locomotivkessels noch nicht aufgenommen wurde.
Zur Kennzeichnung der Versuchsstrecke, welche den
nächsten und wichtigsten äuſseren Versuchsumstand darstellt, sei auf die bezügliche
in Fig. 10
Taf. 1 eingetragene graphische Darstellung derselben hingewiesen, welche zunächst
erkennen läſst, daſs 1) die benutzte Versuchsstrecke 15km,3 lang ist und für dieselbe, abgesehen von einer kurzen Anfangsstrecke
sowie den horizontalen Stationsplätzen, ein constantes Steigungsverhältniſs von 20
auf das Tausend besteht, daſs 2) auf derselben Minimalkrümmungsradien im Werthe von
284m,0 zur Ausführung kommen muſsten. Die Zahl
und Lage der auf der bezeichneten Strecke liegenden Stationen sowie die übrigen
dieselbe kennzeichnenden Daten sind aus der bezeichneten graphischen Darstellung zu
ersehen.
Zur Kritik dieser Bahnstrecke als Versuchsstrecke übergehend, muſs sofort
hervorgehoben werden, daſs diese vermöge zweier Umstände, und zwar 1) wegen der
ausgeführten bedeutenden Steigung von 1 : 50, ferner 2) mit Rücksicht auf die
Unveränderlichkeit dieses maſsgebenden Verhältnisses als eine für Versuchszwecke
eigentlich vortheilhafte Strecke erkannt werden muſs, nachdem in Folge der gewählten
Belastung sowie der angegebenen Steigungsverhältnisse die Leistungsfähigkeit des
Locomotivkessels, sowie der Locomotivdampfmaschine bei ungestörtem
Beharrungszustande zur vollen Geltung kommen muſste. Allerdings konnte es nicht in
allen Fällen erreicht werden, daſs die Probezüge ohne Unterbrechung die einzelnen
Stationen passirten, wodurch Störungen des Beharrungszustandes des Versuchsobjektes
thatsächlich eintraten, die Anlaſs zur Untersuchung der Frage gaben, welchen
Einfluſs der continuirliche und intermittirende Betrieb der Locomotive zunächst auf
den Wirkungsgrad ihres Kessels selbst ausübt.
Ein für dieselbe Versuchsstrecke ungünstiges Moment liegt hingegen in der
verhältniſsmäſsig kurzen Ausdehnung derselben, durch welche die Dauer des für die
Versuchszwecke nöthigen Beharrungszustandes der Locomotive verkürzt wird und daher
auch die Zahl der Einzelbeobachtungen für die Probefahrten beschränkt werden muſs.
Der schädliche Einfluſs dieses eben hervorgehobenen Mangels vermindert sich
einigermaſsen durch die folgenden, für die Versuchsfahrten eingeleiteten
Betriebsverhältnisse. Es wurde nämlich eine solche Zugbelastung gewählt, daſs die
mittlere Fahrgeschwindigkeit nur etwa 11,5 bis 13km,7 in der
Stunde erreichte; des weiteren wurde für die Dauer der Nettofahrzeit und des
Beharrungszustandes der Locomotive eine möglichst groſse Reihe von
Einzelbeobachtungen durchgeführt, um den Grad der Genauigkeit der ermittelten
Durchschnittsgröſsen zu erhöhen; endlich wurden mit besonderer Rücksicht auf die
Eigenthümlichkeiten der unveränderlich gegebenen Versuchsstrecke, auſser den
Instructionsfahrten, auch mehrfache Controlfahrten durchgeführt, deren Ergebnisse
mit jenem der entscheidenden Versuchsfahrten so befriedigend übereinstimmten, daſs
jene Schluſsresultate, welche endlich zur Feststellung der einschlägigen besonderen
Erfahrungszahlen verwerthet werden sollten, als den bestehenden thatsächlichen
Verhältnissen vollkommen entsprechend, angesehen werden können.
Es kann übrigens die Erkenntniſs nicht unterdrückt werden, daſs unter allen Umständen
eine Versuchsstrecke von wesentlich gröſserer Entwickelung bei gleichwerthigen und
constanten Steigungsverhältnissen und bei möglichst geringen Unterbrechungen durch
die Stationshorizontalen für die Genauigkeit der zu ermittelnden Versuchsergebnisse
nur von Vortheil gewesen wäre, da in allen Fällen die Bestimmung der Dauer und
Grenzen des nothwendigen Beharrungszustandes für die Beobachtungen am Kessel und an
der Maschine mit Schwierigkeiten und Unsicherheiten verbunden ist, wodurch, bei
kurzen Versuchsstrecken, zum mindesten die Anzahl der Einzelbeobachtungen eine
Verminderung erfahren muſs.
Durch die gekennzeichnete Versuchsstrecke sowie die eingeführten Verkehrsverhältnisse
der bezeichneten Bahn ist weiters der Typus der auf dieser verkehrenden Locomotiven
bestimmt, von welchen nur jener hervorgehoben werden soll, der für die Versuchslocomotive maſsgebend ist. In der vorläufig
genügenden allgemeinen Beschreibung seien folgende Hauptdaten hervorgehoben:
Die Versuchslocomotive Nr. 28 wurde im J. 1870 in der Locomotivfabrik von G. Sigl in Wiener-Neustadt erbaut und rangirt nach den
Hauptzügen ihrer Construction unter die Lastenzuglocomotiven. Ihre genauere
Kennzeichnung – ohne auf Details besonders einzugehen – ergibt sich ohne Weiteres
aus den folgenden Hauptconstructionsdaten, im Zusammenhange mit der durch Fig. 1 Taf. 1
gegebenen schematischen Darstellung der Gesammtconstruction.
Gesammte KesselheizflächeDirekte Heizfläche
(Verdampf- flächeIndirekte Heizfläche (Verdampf- fläche)
sammt VorwärmflächeTotale Rostfläche (Nepilly-Feue- rung)Freie Rostfläche (Nepilly-Feue- rung)
qmqmqmqmqm
140,0 9,0131,0 1,920 0,941
Verhältniſs beiderTotale Rostfläche (Syst. Gruson)
(gew. Planfeuerung).Freie Rostfläche (System Gru- son)Verhältniſs
beiderAnzahl der SiederohreLänge der SiederohreAeuſserer
Durchmesser (Feuer- box)
qmqmmmm
0,49 1,993 0,7720,3871914,248
Aeuſserer Durchmesser (Rauchkammer)Feuerbox Länge
oben „ „ unten „ Breite
oben „ „ mittlere „ „ unten „ HöheFeuerkiste
(Länge)Langkessel (Länge)Rauchkasten (Länge)Durchmesser des
LangkesselsMaximale Kesselspannung für die
ProbefahrtenRahmenlängeRadstandAnzahl der gekuppelten
Ach- senRaddurchmesser bei den Probe- fahrten
mmm„„„„„„„„„
531,7271,7861,1821,0721,1161,4281,9704,2290,8211,35010,08,0403,16031,198
Gewicht der ausgerüsteten Loco- motiveGanze Länge
der LocomotiveGröſste Breite der „ „
Höhe „ „Cylinderdurchmesser bei den
ProbefahrtenKolbenhubExhaustor- (maximaler) Quer-
schnittExhaustor- (minimaler) Quer- schnittLänge der
TriebstangeExcenterstangen
gekreuzt „ LängeExcentricität der
ExcenterVorwärts Voreilungswinkel GradRückwärts
„Schieberdeckung (äuſsere) „
(innere)
tm„„m„qcmqcmm–m„„mm„
40,08,6502,9904,3000,4780,632160561,6901,2130,085272925,0 2,0
Die schematische Darstellung des Typus der Versuchslocomotive Fig. 1 Taf. 1 läſst weiter
erkennen, daſs diese eine Sechskupplerlastenzugmaschine mit wagerechten auſsen
liegenden Cylindern und innen liegender Steuerung und Rahmen ist. Die mittlere Achse
ist Triebachse, die Feuerkiste ist freihängend; die Coulissensteuerung nach Stephenson mit gekreuzten Excenterstangen vermittelt
die Dampfvertheilung. Der Kamin ist cylindrisch mit Funkenfänger ausgerüstet, die
beiden Injecteurs (System Anschütz-Schlu) Nr. 7 und 9
sind selbstsaugend. Die Versuchslocomotive wurde, wie schon erwähnt, für eine Reihe
von Probefahrten mit der Patentfeuerung System Nepilly,
für eine zweite Serie von Probefahrten mit dem Planroste System Gruson ausgerüstet. Der Klappen-exhaustor war für
veränderlichen Ausgangsquerschnitt eingerichtet.
Die genauere Charakteristik solcher Kessel- und Maschinendetails, welche für einzelne
Sonderuntersuchungen wesentlich waren, folgt bei Mittheilung und Erläuterung
derselben.
Zum Betriebe des Dampfkessels der eben im Wesentlichen charakterisirten
Versuchslocomotive wurde Braunkohle verfeuert. Diese
kam bei jenen Versuchsfahrten, welche zunächst den Hauptzweck hatten, zur
Instruction aller Betheiligten und Erprobung der verschiedenen Apparate und
Instrumente für die folgenden Untersuchungen zu dienen, als sogen. „gemischte
Nuſskohle II“ unter Ausnützung der Nepilly'schen Patentfeuerung zur Verwendung. Bei den maſsgebenden und
entscheidenden Probefahrten, sowie bei den Controlprobefahrten wurde ohne Rücksicht
auf die augenblicklich eingebaute Rostanlage (Nepilly
oder Gruson) hauptsächlich sogen. Nuſskohle II
(Herbertzeche) und nur in wenigen Fällen Mittelkohle I (Johannaschacht, Dux)
verfeuert, deren genauere Charakteristik nebst Angaben über deren Elementaranalyse
u.s.f. bei Berechnung des absoluten Wirkungsgrades der Dampfkesselanlage der
Locomotive folgt. Es muſs schon an dieser Stelle hervorgehoben werden, daſs sowohl vor als nach
Einführung der Patentfeuerung nach Nepilly
hauptsächlich die Verwerthung der vorzüglichen und zugleich billigen Nuſskohle II für den Betrieb der Locomotiven der
Dux-Bodenbacher Eisenbahn angestrebt und später thatsächlich auch allgemein
durchgeführt wurde, nachdem diese Locomotiven ausnahmslos mit Nepilly's Feuerungsanlage ausgerüstet waren und die
einschlägigen vergleichenden Erprobungen den entschiedenen ökonomischen Vortheil der
Verwendung der bezeichneten Brennmaterialsorte nachgewiesen haben.
Es wurden, wie schon erwähnt, 12 Probefahrten auf derselben Strecke
Bodenbach-Kleinkahn erledigt, welche ausnahmslos den Hauptzweck hatten, für die
beiden schon früher charakterisirten Feuerungsanlagen unter Verfeuerung der oben
angegebenen Brennmaterialien die Leistungsfähigkeit des Locomotivkessels bezieh. die
von Fall zu Fall erreichte Verdampfungsziffer sicher zu stellen und endlich den
Einfluſs der Nepilly-Patentfeuerung auf die Oekonomie
der Kesselanlage gegenüber der gewöhnlichen Planfeuerung nachzuweisen. Diese
Verdampfungsziffer wurde, wie bei den früheren sehr zahlreichen, seitens der
Eisenbahndirektion im eigenen Wirkungskreise durchgeführten Versuchsfahrten, als der
Werth des Verhältnisses der in einer bestimmten Zeit erzeugten Dampfmenge Mnk zur hierzu erforderlichen Brennstoffmenge Bk, also als das Maſs
(Mn : B) aufgefaſst, um die gewünschte Controle der aus den
früheren Versuchsreihen entwickelten Werthen der Verdampfungsziffer zu erhalten. Die
Bedeutung des Werthes (Mn : B) ist aber, nachdem Mn die Gewichtsmenge
des erzeugten gesättigten Kesseldampfes im Zustande der Nässe bedeutet, vollkommen
illusorisch und sachgemäſs von jenem maſsgebenden Verhältniſswerthe zu
unterscheiden, welcher als Maſs der praktischen Verdampfung durch Vp = Mt : B
ausgedrückt werden muſs; wobei Mt die in derselben Zeit durch Verfeuerung von Bk Brennstoff
erzeugte Gewichtsmenge gesättigten und sich in trockenem Zustande befindlichen Kesseldampfes bezeichnet. Die Bestimmung
von Mt aus Mn erfordert die
Kenntniſs der specifischen Dampfnässe x, welche im
Folgenden auf dem rechnungsmäſsigen Näherungswege ermittelt wurde, nachdem die
experimentelle Bestimmung dieser Gröſse derzeit noch nicht möglich ist. Von
Interesse ist ferner die Beziehung Mn : Mt oder 1 : (1 – x), da sie den Unwerth des Verhältnisses Mn : B am
besten erkennen läſst.
Von diesen 12 Probefahrten dienten mehrere selbstverständlich als
Instructionsfahrten, die sowohl für nicht völlig übereinstimmende Zugbelastungen als
auch für die früher angegebenen verschiedenen Brennmaterialien durchgeführt werden
konnten. Die erübrigenden Probefahrten sind als entscheidende Versuchsfahrten
anzusehen und theilen sich in 4 Gruppen von Fahrten, deren einzelne
Schluſsergebnisse sowohl für die Ermittelung des absoluten Wirkungsgrades des
Locomotivkessels als auch zur Controle des ermittelten Werthes dieser Gröſse
verwendet wurden. Der
Umfang der durchgeführten Untersuchungen, sowie die Anzahl der erledigten
Probefahrten ist aus folgender Zusammenstellung zu ersehen, in welche hauptsächlich
die Daten, betreffend die Zugbelastung, Brutto-Netto-Fahrzeit, die Art des
Brennmateriales, sowie die Art der Feuerungsanlage aufgenommen sind.
Nr.
Tag
Zeit derBeobachtungen
Brutto-Last
Brutto
Netto
Zahl der Be-obachtugen
Brenstoff
Art derFeuerung
Fahrzeit
1884
t
Min.
Min.
III
3. Mai 4. „
2|10–3|17 N.6|03–7|03 M.
200 197,0
70,067,0
––
10 9
Alte gem.Nuſskohle II.
Nepilly'sPatent-feue-rung.
IIIIVVIIIIX
4. „ 4. „10. „10. „
1|54–3|12 N.5|25–6|31 A.8|07–9|13 M.2|08–3|04 N.
193,0 193,0 214,4 214,4
91,071,077,082,0
––69,568,0
11 8 9 9
Nuſskohle IIHerbertzeche.
X
10. „
6|55–8|05 A.
214,4
84,0
70,0
9
Mittelkohle IJohanna-schacht Dux.
VVIIXIXII
5. „ 5. „11. „11. „
5|58–7|16 M.4|28–6|02 N.6|05–7|20 M.12|23–1|47 M.
190,1 197,8 214,4 214,4
92,097,093,587,0
70,0–77,578,0
9 9 8 9
Nuſskohle IIHerbertzeche.
Ge-wöhn-lichePlan-feue-rung (Gruson)
XIII
11. „
4|30–5|43 N.
214,4
82,0
64,0
9
Mittelkohle IJohanna-schacht Dux.
Die Fahrten I, II, III, VII sind als Instructionsfahrten, jene mit VIII, X, XI und
XIII bezeichneten als entscheidende Probefahrten anzusehen, deren Ergebnisse in
Folge dessen vollständig detaillirt geführt werden, während die Fahrten IV und IX
bezieh. V und XII als Controlfahrten für die früher genannten entscheidenden
Probefahrten VIII und XI ausgeführt wurden.
Die dargestellten Probefahrten erforderten gewisse allgemeine
Vorbereitungen, von welchen zunächst die Zusammensetzung des Probezuges
bezieh. die Brutto-Zugbelastung hervorzuheben ist. Für die entscheidenden
Probefahrten, deren Beobachtungsergebnisse der Rechnung zu Grunde gelegt wurden,
wurde sachgemäſs ein und derselbe Probezug, bestehend
aus Locomotive Nr. 28 sammt Tender, 1 Hüttelwagen und 38 leeren Kohlenwagen
(Lowries), benutzt, welchem eine Zugbelastung von 214t,4 entsprach. Für 2 Controlversuche wurde eine Zugbelastung von 190,1
bezieh. 193t,0 gewählt und verwerthet. Ferner
wurde sowohl für die Instructionsfahrten, als auch für die entscheidenden und
controlirenden Versuchsfahrten dasselbe
Maschinenpersonal verwendet; nur in einem Falle (Fahrt XII), in welchem die
Probefahrt mit 214t,4 Zugbelastung bei Verfeuerung
von (durch Regen) genäſster Nuſskohle II von etwas minderer Qualität durchgeführt
werden sollte, muſste dem Heizer ein Gehilfe beigegeben werden, um mit voller
Sicherheit die für die Probefahrt nöthige Brennstoffmenge aufgeben zu können. Ueber
denZustand des Dampfkessels
wie der Betriebsmaschine der Locomotive zur Zeit der 12 Probefahrten wird an anderer
Stelle berichtet.
Die bezeichneten 12 Probefahrten muſsten in den normalmäſsigen Verkehrsplan der Bahn
eingeschaltet werden, und wurde zugleich Sorge getragen, daſs eine Störung oder
Unterbrechung derselben vermieden wurde, welche wesentliche Bedingung in der That
auch für die entscheidenden und controlirenden Probezüge erfüllt werden konnte; der
Aufenthalt derselben in den einzelnen Stationen muſste mit Rücksicht auf den nothwendigen regelmäſsigen Gesammtverkehr der
zahlreichen Normalzüge eingehalten werden. Diese Bedingung entsprach auch vollkommen
dem Bestreben, die Probezüge möglichst genau unter denselben äuſseren Umständen in
Verkehr zu setzen, welche für die normalen Lastzüge derselben Bahn als maſsgebend
angegeben und seit Jahren auch eingehalten wurden. Es wurde hierdurch erreicht, daſs
einerseits aus den Ergebnissen der Untersuchungen anläſslich der Probefahrten
richtige Rückschlüsse auf die ökonomischen Verhältnisse der Normallastenzüge gezogen
werden konnten, daſs andererseits auch ein Mittel zum Studium des Einflusses der Fahrtunterbrechungen in den einzelnen Stationen auf die
Wirkungsgrade der verwendeten Feuerungen und der Kesselheizfläche gewonnen werden
konnte.
Erst nach Erledigung dieser allgemeinen Vorbereitungen konnte auf die Vorbereitungen
zu den nöthigen Einzelbeobachtungen mittels der controlirten Instrumente und
Apparate übergegangen werden, welche je nach der Natur der Sonderuntersuchungen in
besondere Anwendung kommen muſsten und Dank ihrer ausreichenden Zahl und
Vollkommenheit für die 12 Versuchsfahrten nachweisbar 1500 Einzelbeobachtungen
erledigen lieſsen. Diese bedeutende Gesammtzahl der Einzelbeobachtungen zerfallt für
jede Versuchsfahrt in eine Anzahl von Beobachtungsgruppen, für deren
Einzeldurchführungen besondere Hilfskräfte zur Verfügung gestellt waren. So wurden
für je eine Versuchsfahrt 14 Gruppen (Arten) von Beobachtungen durchgeführt, von
welchen jede Gruppe durchschnittlich 9 Einzelbeobachtungen umfassen konnte. Diese
Zahl von Einzelbeobachtungen für jede Versuchsfahrt war wieder eine Folge der
getroffenen Vorbereitungen für den Verkehr der Probezüge und der geringen mittleren
Fahrgeschwindigkeit derselben, welche nach den Beobachtungen zwischen 11,5 und 13km,7 für 1 Stunde schwankte. Der Verkehr der
Probezüge wurde grundsätzlich erst bei erreichter normaler Dampfspannung sowie beim
Eintreten des markirten Wasserstandes (bei geschlossenem Regulator), ferner bei
frischem Feuer eingeleitet und möglichst unter denselben Umständen geschlossen. Die
Einzelbeobachtungen betreffend die Temperaturen in der Feuerbox- und Rauchkammer,
die Messungen betreffend die volumprocentische Zusammensetzung der Rauchgase, ferner
die effective Dampfspannung, die Gröſse der Eröffnung des Regulators und des
Exhaustors, endlich die Messung des Füllungsgrades in den Maschinencylindern wurden nur während des Beharrungszustandes des Probezuges, während der „freien Fahrt“, gemacht und
registrirt; mit diesen Beobachtungen und Messungen wurden gleichzeitig jene zur
Ermittelung des Luftdruckes, des relativen Feuchtigkeitsgrades der Luft u.s.f.
erledigt. Während des Aufenthaltes in den einzelnen Stationen wurde die
Kesselspeisung und Aufgabe des Brennmateriales je nach Bedarf ununterbrochen
fortgesetzt, hingegen der Gasaspirator abgeschlossen und derselbe erst nach
Erreichung des Beharrungszustandes der Locomotive auf „freier Fahrt“ wieder
mit der Rauchkammer in Verbindung gesetzt.
(Fortsetzung folgt.)