Titel: | Neuer Gichtgasreiniger für Hochöfen; von C.A. Hering in Freiberg, Sachsen. |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 10 |
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Neuer Gichtgasreiniger für Hochöfen; von C.A.
Hering in Freiberg, Sachsen.Aus einem in nächster Zeit erscheinenden Werke: Die Verdichtung des Hüttenrauches
u.s.w. von C.A. Hering, J.G. Cotta's
Verlag.
Mit Abbildungen auf Tafel
3.
Hering's neuer Gichtgasreiniger für Hochöfen.
Die groſse Bedeutung, welche die Anwendung des heiſsen Windes bei dem Hochofenprozeſs
hat, ist bereits allgemein anerkannt und sind darüber so ausführliche Darlegungen
von berufener Seite veröffentlicht worden, daſs ich nicht erst den hohen Werth des
heiſsen Windes, den derselbe für das geschäftliche Ergebniſs bei dem Hochofenprozeſs
hat, zu beweisen brauche.
Als Brennmaterial bei den Winderhitzungsapparaten dienen heute wohl fast
ausschlieſslich die Gichtgase desselben Hochofens, für den der heiſse Wind bestimmt
ist, so daſs, wie man sieht, ein Theil der beim Schmelzprozeſs entwickelten Wärme
den Kreislauf macht.
Die Verbrennungstemperatur der Gichtgase beträgt etwa 1200° C., jedoch kann dieselbe,
unabhängig von der guten Qualität des eigentlichen Heizgases, sehr wesentlich
herabgezogen werden, wenn die Gase mit Flugstaub beladen sind; schon geringe Mengen desselben ziehen den Grad der
Wärmeentwickelung wie den der Verwendung bedeutend herunter, so konnte nach
C. Stöckmann bei der Verbrennung eines Gichtgases
mit 31 Proc. Kohlenoxyd doch nur eine Temperatur von 240° C. erzielt werden, weil
das Gas sehr rauchig war (vgl. C. Stöckmann „Die Gase des
Hochofens und der Siemens-Generatoren“, Ruhrort 1876 S. 21).
Stöckmann sagt l.c.S. 24 ferner: „Der aufmerksame
Beobachter erhält aber bald die Ueberzeugung, daſs der niedrige Kohlenoxydgehalt
nicht immer die Ursache ist, daſs die Gase nicht brennen, sondern daſs hier der
Gichtrauch eine bedeutende Rolle spielt .... Der Gichtrauch wirkt verdünnend und
Wärme absorbirend.“
Da es nun eine unbestreitbare Erfahrung ist, daſs rauchige Gichtgase nur schlecht
brennen, so liegt, um eine möglichst hohe Wärmeausnutzung zu erzielen, die Nothwendigkeit
vor, die rauchigen Gichtgase von allen mechanisch beigemengten festen Stoffen zu
befreien; man schaltet zu dem Zwecke zwischen Hochofen und Windheizapparat einen Gichtgasreiniger ein.
Hierfür hat man bereits sehr verschiedenartige Einrichtungen in Anwendung gebracht
und habe ich ebenfalls eine solche früher empfohlen (vgl. * D.R.P. Nr. 38775 vom 14.
Mai 1886 und D.p.J., 1887 263 * 514).
Im Nachfolgenden beschreibe ich eine neuere einschlägige Construction, die ich für
sehr wirksam halte. Der Apparat kann verschieden construirt werden, und zwar
entweder auf dem Prinzip des oben erwähnten Patentes fuſsend als Parallelapparat,
oder aber, wie in der hier beigegebenen Zeichnung, als einfacher Apparat.
Die Gichtgase treten durch das Rohr a in einen Schacht
A, der oben einen in einem Zargenkranze
aufsitzenden Deckel hat. Der Querschnitt ist ein Rechteck von etwa 1m Breite und 2m
Länge.
In dem Schachte A sind in Abständen von je 2m rostartig Rundeisenstangen b querdurch gezögen, über welchen in kleinen Abständen
schmale Eisenblechbänder o. dgl. gehängt werden, so daſs diese Einrichtung eine Art
Bandfilter bildet. Man sieht, daſs die Gichtgase wohl viel freien Raum zum
Durchziehen haben, daſs sie sich aber mehrfach winden müssen, so daſs also dem
Rauche die beste Gelegenheit geboten wird, sich an den Bändern anzuhängen. Da der
Flugstaub an diesen Bändern in groſser Masse anhaftet, so muſs er öfter davon
losgeklopft werden. Man bringt deshalb bei jedem Bandfilter einen von unten durch
einen Drahtzug zu bewegenden Anschlaghammer an.
Damit der losgeklopfte Flugstaub möglichst auſserhalb des Gasweges gebracht wird,
habe ich unterhalb eines jeden Bandfilters abwechselnd einmal nach links, einmal
nach rechts schräge Bleche p eingeschaltet, auf denen
der Flugstaub nach den schmalen Seiten hin rutscht, dort sind wiederum Blechschirme
q angebracht, hinter welchen derselbe herabfällt
bis in den Fuſskasten v, aus dem er durch die Thür t entfernt werden kann. Der Flugstaub, welcher auf den
Blechen nach rechts rutscht, fällt schlieſslich in einen Trichter r, dessen Rohr s den
Flugstaub ebenfalls in v herabführt. Die Gase gehen bei
dieser Einrichtung in einer Schlangenlinie und erleiden bei jeder Umbiegung einen
Stoſs, der das Ausfallen des Flugstaubes bekanntlich befördert.
In den meisten Fällen wird dieser Thurm schon genügen, um die Gase hinreichend für
deren gute Verbrennung zu reinigen, hingegen da, wo die Gase mit schwerer
condensirbaren Stoffen, wie chemisch verflüchtigte Kieselsäure, Salze, Metalloxyde
u.s.w. beladen sind, dürfte immerhin aus dem Bänderthurme noch Flugstaub entweichen,
so daſs also zu dessen Gewinnung noch weitere Apparate erforderlich sind.
In der Zeichnung habe ich an den Bänderthurm den Winderhitzungsapparat B zunächst angeschlossen, dessen Construction im
vorliegenden Falle ganz
auſser Belang bleiben soll, und erst danach eine Flugstaubkammer C.
Da die Gase im Winderhitzer verbrannt werden und dort etwa drei Viertel der
entwickelten Temperatur nutzbar gemacht wird, so entweichen die Gase noch mit einer
hohen Temperatur, die für eine Condensation von Flugstaub schädlich ist. Ich lasse
deshalb die Gase aus dem Winderhitzer oben in einen schmalen heberförmigen Kanal i von etwa 0m,5
Breite bei 2m Länge im Querschnitt treten, dessen
anderer Schenkel mit der Flugstaubkammer communicirt, um hierdurch eine möglichste
Abkühlung zu bezwecken. Ist eine solche Abkühlung in starkem Maſse erforderlich, so
verweise ich auf meine Vorrichtung, die ich früher (s. obige Quellenangabe)
empfohlen habe.
Die Einrichtung der Kammer C weicht von meiner sonstigen
Construction nur dadurch ab, daſs ich hier in etwas über mittlerer Höhe ein Bandfilter durch die ganze Länge angebracht habe, durch
welches die Gase vermöge der dazwischen angebrachten Vorhänge k und Querwände l mehrmals
hindurchstreichen müssen.
Am Ende der Kammer befindet sich eine Esse n oder man
bringt sie in Verbindung mit einer Centralesse, jedenfalls aber bringt man eine
Klappe m zur Zugregulirung am Ende der Kammer an.
Die Reinigung der Kammer oder vielmehr die theilweise Entnahme von Flugstaub aus
Kammer wie Thurm kann während des Betriebes vorgenommen werden, ohne daſs Luft in
die Apparate eindringt.
Baukosten des Gichtgasreinigers.
1) Bänderthurm A. Angenommen derselbe sei 20m hoch und 1 × 2m = 2qm im Querschnitt. Unten auf 6m Höhe bestehe er aus Mauerwerk
Kostenüberschlag:
Pos.
Gegenstand
Gewicht inKilogramm
Einheits-preis
Betrag inMark
1 2 3 4 5 6 7 8 9101112
110qm110m2200 St.65m1120m–220qm 8cbm 24cbm24m30m–
Blech von 2mm (1qm 15k,58)Winkeleisen von 100mm
Schenkel (1m 14k,8)Nieten verschiedener
GröſseRundeisen zu 56 Querstangen, fertig mit Kopf und Schraube
15mm
∅ (im 1k,377)Bandeisen zu 560 Bändern à 2m lang, 50mm breit, 1mm dick (1m 0k,39)Schlosserlöhne und
MontageAnstrich mit
AsphalttheerGrundmauerungSchachtmauerungWinkeleisen zur
VerankerungFlacheisen „ „Grundgraben, Allgemeines
und zur Ab- rundung
17141628 62 90 437–––– 355 116–
2515302230–5013241523–
430 244 19 20 131 500 110 104 576 52 27 87
Gesammtkosten
–
–
2300
und die oberen 14m seien aus
2mm-Eisenblech mit Winkeleisenverstärkung und
Verbindung hergestellt. Vorhanden sind im Thurme 8 Bänderfilter zu 7 Stangen zu je
10 Bänder. Zwischen jedem Bänderfilter ist auf 1m
hoch ganz freier Raum.
2) Bänderkammer C. Es wird angenommen, die Kammer sei
15m lang, 5m,5 hoch und 3m weit, habe 2 Vorhänge von
2m und eine aufsteigende Querwand von 2m,5 Höhe. In 3m,5 Höhe ist ein Bänderfilter angebracht, in dem mit 250mm Abstand von einander 20mm Rundeisenstangen querdurch gezogen sind, über
welche in Abständen von 50mm Eisenbänder von 50mm Breite und 1mm Dicke 1m tief herabhängen. Der
Kühlkanal i ist von rectangulärem Querschnitt bei 500 ×
2000mm Seitenlängen. Am Ende der Kammer sitzt
eine 4m hohe, 1 × 1m weite Esse n auf. Am Fuſse der Kammer sind
3 Räumthüren u angebracht. Die Kammer ruht auf
Eisenbahnschienen, welche auf acht gemauerten 800mm über dem Fuſsboden emporragenden Pfeilern o lagern.
Kostenüberschlag:
Pos.
Gegenstand
Gewicht inKilogramm
Einheits-preis
Betrag inMark
1 2 3 4 5 6 7 8 910
360qm150m5400 St.126m2400m24m–720qm 20cbm–
Blech von 2mm (1qm 15k,58)Winkeleisen von 100mm
Schenkel (1m 14k,8)Verschiedene NietenRundeisen
von 20mm
∅ (1m 2k,42)Bandeisen 50mm × 1mm
dick (1m 0k,39)Eisenbahnschienen (1m,33k)Schlosserlöhne und
MontageAnstrich mit AsphalttheerMauerwerkGrundgraben,
Allgemeines und zur Ab- rundung
56002200 152 305 936 800––––
251530223010–5015–
1400 46 67 281 80 500 820 360 300313
Gesammtkosten
–
–
4000
Aus diesen Kostenüberschlägen ist ersichtlich, daſs es sich
bei der Rauchverdichtung gar nicht um groſse Kosten handelt und daher der
Kostenpunkt überhaupt kaum ein Grund sein kann, derartige Anlagen nicht zu treffen,
zumal gilt dies in Bezug auf den Bänderthurm, der hier die sonst unter allen
Umständen nothwendige Gasleitung ersetzt, welche also durch die von mir angegebene
Einrichtung in den Kosten nur um einen kleinen Betrag erhöht wird gegenüber einer
gewöhnlichen Rohrleitung. Wie auſserordentlich gewinnbringend aber eine solch
vollkommene Rauchverdichtung werden kann, geht aus der Abhandlung hervor, die Herr
E. Jensch in Rosamundenhütte bei Morgenroth, O.-S.,
in der Zeitschrift des Oberschlesischen Berg- und
Hüttenmännischen Vereins, November 1887, veröffentlicht hat; er berechnet den Verlust an Blei und Zink bei dem
Oberschlesischen Hochofenprozeſs durchschnittlich im Jahre auf 170000 M!!! für 1
Ofen. (Ich muſs hierzu bemerken, daſs diese Arbeit Jensch's eine wohlbegründete ist und sich auf sehr viele Analysen
stützt.)
Im Vergleich zu solchen Beträgen sind die Anlagekosten einer guten
Flugstaubgewinnungsanlage wirklich ganz geringfügige.