Titel: Neuerungen an Schermaschinen für Gewebe.
Autor: Hugo Glafey
Fundstelle: Band 268, Jahrgang 1888, S. 59
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Neuerungen an Schermaschinen für Gewebe. Patentklasse 8. Mit Abbildungen auf Tafel 5. Neuerungen an Schermaschinen für Gewebe. Beim Betriebe der Schermaschinen kommt es nicht selten vor, daſs an den Stellen, wo Knoten oder sonstige Unebenheiten in der Waare vorhanden sind, der Schercylinder das Waarenstück aufschlitzt. Wenn der Arbeiter, welcher gewöhnlich mehrere solcher Maschinen beaufsichtigt, dies nicht sofort bemerkt, kann der Schlitz bald eine groſse Länge annehmen. Gustav Meister in Glauchau (* D.R.P. Nr. 33624 vom 30. Mai 1885) will diesem Uebelstand dadurch abhelfen, daſs er den Schercylinder ausrücken läſst, sobald der Widerstand an demselben zu groſs wird. Die Ausrückvorrichtung ist in den Fig. 1 und 2 Taf. 5 dargestellt. Die Losscheibe a steckt auf der Welle w des Schercylinders und ist durch den Stellring r und die Festscheibe b gegen seitliche Verschiebung gesichert. Die Losscheibe a trägt die federnden Riegel d1 d2 , welche von den Federn f1 f2 mit ihren vorderen abgeschrägten Theilen in entsprechende Vertiefungen der Scheibe b gehalten werden und dadurch den Schercylinder zwingen, an der Drehung der Losscheibe theilzunehmen. Sobald sich jedoch der Bewegung des Schercylinders ein Hinderniſs entgegenstellt oder der Widerstand zu groſs wird, werden die Riegel d1 d2 zurückgedrängt, die an den Riegeln befestigten Stifte s1 s2 treten in die in Fig. 2 gezeichnete Stellung, treffen beim Weiterdrehen der Losscheibe gegen den Ausrückhebel h und rücken die Maschine aus. Die Spannung der Federn f1 f2 wird mittels der Schrauben g1 g2 so eingestellt, daſs bei dem durch Eintreten des Knotens zwischen den festliegenden massiven Tisch und den Schercylinder verursachten Widerstand sich dieselben zusammendrücken. Anstatt die Riegel d1 d2 beweglich zu machen, könnte man auch die Losscheibe selbst durch eine Feder gegen die Festscheibe b drücken, nur würde die Vorrichtung dann nicht so feinfühlend sein. Aus Vorstehendem geht hervor, daſs die Ausrückvorrichtung bei einem zwischen den Messercylinder und den Tisch gelangenden Knoten u.s.w. wohl ein Ausrücken der Maschine bewirkt, der Messercylinder aber in Folge der ihm innewohnenden lebendigen Kraft sich noch weiter drehen kann, da derselbe nur eine Bremsung durch die auf der Scheibe b schleifenden, durch Federn beeinfluſsten Stifte d1 d2 erfährt, und in Folge dessen ein Zerschneiden des Stoffes auf gröſsere Längen kaum verhindert werden dürfte. – Diesem Mangel könnte jedoch durch Anbringung einer Bremsvorrichtung, welche mit dem Ausrücken der Maschine eingerückt wird und den Messercylinder bremst, zum Theil abgeholfen werden. Die Ausrückvorrichtung von Meister setzt, wie sich aus Vorstehendem ergibt, einen festen und massiven Tisch voraus, über welchen das zu scherende Gewebe läuft. Die Engländer E. Martin, J.W. Johnson und E. Bamford, sämmtlich in Lindley, Huddersfield (Englisches Patent Nr. 2598 vom Jahre 1885) wollen den der Schermaschine anhaftenden Uebelstand dadurch beseitigen, daſs sie die auf dem Gewebe befindlichen Knoten, Unebenheiten u.s.w. nicht zum Stillsetzen der Maschine benutzen, sondern dieselben aus dem Bereich der Messer bringen, weshalb sie das Gewebe über einen Tisch führen, welcher gebildet wird aus einer Reihe senkrechter Stifte C (Fig. 3 und 4 Taf. 5), die auf einer Unterlage von Kautschuk oder anderem elastischem Material ruhen und zwischen den beiden Schienen BB1 geführt werden. Die eine der Schienen, und zwar B1 ist nachstellbar und kann behufs Auswechselns der Stifte entfernt werden. Sobald nun ein Knoten oder eine Unebenheit zwischen den aus den Stiften C gebildeten Tisch und den Messercylinder gelangt, werden diejenigen Stifte, über welche derselbe läuft, ausweichen, sobald das Messer über dieselben hinweggeht und es wird in Folge dessen ein Durchschlagen bezieh. Aufschlitzen des Gewebes seltener sein. G. Henry Nussey und W. Bradshaw Leachmann in Leeds, County of York (Englisches Patent Nr. 9128 vom Jahre 1886) gehen noch einen Schritt weiter, indem sie dem Gewebe jede metallene Unterstützung entziehen und dasselbe über Borstenstempel a führen, weil sich nach ihrer Ansicht in Folge der Dehnbarkeit des Kautschuks bei dem Temperaturwechsel der Abstand zwischen Tisch und Messercylinder ändert und somit Unregelmäſsigkeiten im Scherprozeſs sich einstellen. Die Borstenstempel a (Fig. 5 und 6 Taf. 5) sind in die Schienen b eingeklemmt, welche durch die Schrauben h nachstellbar sind und von denen die eine behufs Auswechselns der Bürsten entfernt werden kann. E. Martin, Th. Fred. Drake, J.W. Johnson in Lindley, Yorkshire (Englisches Patent Nr. 1931 vom Jahre 1885) und James Snnderland in Armitage Bridge, County of York (Englisches Patent Nr. 6937 vom Jahre 1885) führen das zu scherende Gewebe über einen Tisch, welcher aus einem elastischen Hohlkörper A (Fig. 7 und 8 Taf. 5) gebildet wird, der in einem geeignet gestalteten Bett C gelagert ist und mit Hilfe einer Pumpe ED bis zu einem beliebigen Druck mit Wasser oder Luft angefüllt werden kann. Etwa ankommende Knoten u.s.w. werden dem Messer dadurch auszuweichen suchen, daſs sie sich in den Umfang des Hohlkörpers eindrücken. Je nach der Spannung, welche demselben durch das eingepumpte Wasser bezieh. die Luft gegeben ist, wird derselbe mehr oder weniger leicht empfindlich in Bezug auf die Aufnahme von Knoten u.s.w. sein. Martin, Drake und Johnson (Englisches Patent Nr. 15415 vom Jahre 1886) bilden diesen elastischen Tisch insofern noch weiter aus, als sie den Hohlkörper A nicht einfach in einer Aussparung lagern, sondern mit Hilfe eines demselben anhaftenden Fortsatzes einklemmen bezieh. aufschrauben (Fig. 9 und 10 Taf. 5), fernerhin überziehen sie denselben noch mit einem Stoff B, welcher dann gleichzeitig zur Befestigung des Hohlkörpers dient, damit erstens das Gewebe den elastischen Tisch nicht aus seiner Lagerung heraushebt und somit der Abstand zwischen Messer und Tisch verändert wird und zweitens an demselben hängen bleibt und Falten bildet. Bei der Schermaschine von G. Henry Nussey und W. Bradshaw Leachmann in Leeds (Englisches Patent Nr. 5745 vom Jahre 1885) ist der elastische Hohlkörper ersetzt durch ein verstellbares massives Bett b (Fig. 11 Taf. 5), welches auf der dem Messercylinder j zugekehrten Seite mit einer rinnenförmigen Aussparung c versehen ist, die von einem wasserdichten dehnbaren Stoff a abgeschlossen wird. Die Aussparung c steht mit einer Pumpe u.s.w. in Verbindung und kann durch dieselbe mit Wasser, Luft u.s.w. bis zu einem beliebigen Druck gefüllt werden, d.h. es bekommt der den Abschluſs und zugleich die Gleitfläche für das zu scherende Gewebe bildende Stoff eine entsprechende Spannung. Um ein leichtes Gleiten des Gewebes auf dem Tisch aber zu ermöglichen, kann derselbe noch mit Papier oder Taffet überzogen sein. Bei allen Schermaschinen sammeln sich unter dem Messercylinder die Scherflocken an und müssen, nachdem die Maschine ausgerückt ist, entfernt werden. Die Geschwister Wyckhuyse in Roulers, Belgien (* D.R.P. Nr. 39118 vom 6. Mai 1886) haben nun eine Vorrichtung construirt, welche die Scherflocken in dem Maſse, wie sie entstehen, forttransportirt. Diese in Fig. 12 Taf. 5 dargestellte Vorrichtung, welche stets oberhalb der Maschine angebracht werden muſs, besteht der Hauptsache nach aus einem senkrecht geführten endlosen breiten Riemen oder Tuche D, auf welchem hölzerne Latten angebracht sind, auf denen in gewissen Zwischenräumen von einander stehende Reihen scharfer Spitzen E sich befinden. Das endlose Tuch D wird von den Rollen B und C getragen und in der durch die Pfeile angedeuteten Richtung durch Vermittelung einer auf der Achse der Rolle G sitzenden Riemenscheibe bewegt. Die Spitzen E nehmen die bei X nahe an dem Messercylinder angehäuften Scherflocken hinweg und führen dieselben eine mit dem endlosen Tuche D einen Raum N bildende Blechwand entlang bis Y. An letzterer Stelle ist ein aus Blech gefertigter trommelförmiger Ventilator G angebracht, in welchem eine mit Flügelarmen versehene Bürste H rotirt, die von der Haupttransmission aus getrieben wird. Dieser Ventilator drängt die Scherflocken eine aus einer Blechtafel L gebildete geneigte Ebene hinab in einen Behälter M, aus welchem dieselben dann durch eine Thür herausgenommen werden können. Um ein Entweichen der Scherflocken zu verhüten, muſs die Blechtafel L ganz dicht bis an das endlose Tuch D heranreichen und doch den Spitzen E ein freies Passiren gestattet sein. Dieses wird durch folgende Einrichtung ermöglicht, die auſserdem noch das Herunterrutschen der Scherflocken in den Behälter M hinein beschleunigt. Die Tafel L wird auf jeder Seite des Apparates verlängert, so daſs eine Art Klappe I gebildet wird, welche am äuſsersten Ende der Platte verschoben werden kann, ohne sich jedoch von letzterer zu entfernen. An dieser Klappe sitzt ein bei J drehbarer, senkrecht angeordneter Hebel K, welcher durch eine Stange P mit einem zweiten, zu K parallelen Hebel S verbunden ist. Unter der Tafel L ist eine Spiralfeder mit einem ihrer Enden befestigt, während das andere Ende derselben an dem unteren Theile des um seine Mitte drehbaren Hebels S fest angebracht ist. An dem endlosen Riemen oder Tuche D wird auf jeder Seite unter einem Zahne E einer jeden Reihe eine aus einem geeigneten kleinen Winkeleisen bestehende Nase F angebracht, welche der Reihe nach jedesmal, wenn eine Reihe Zähne E vor dem Behälter vorbeipassiren will, die Platte I zurückschiebt und hierdurch unter Vermittelung der Hebel K und S und der Stange P die Feder anspannt; hat dann die Reihe Zähne die Stelle Z passirt, so zieht die Feder sich wieder zusammen und schiebt dadurch die Klappe I wieder dicht an das endlose Tuch D. Die durch das Vorschieben der Klappe hervorgebrachten Stöſse beschleunigen noch das Hinabgleiten der Scherflocken in den Behälter M. Dadurch, daſs nach Maſsgabe der Menge der abgeschorenen Scherflocken diese von den Messern entfernt wird, wird auch die Abnutzung der letzteren bedeutend verringert und ein öfteres Stillsetzen der Maschine vermieden. (Vgl. auch Uebersicht 1885 257 * 57.) Hugo Glafey.

Tafeln

Tafel Tafel 5
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