Titel: | Neuerungen im Hüttenwesen. |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 121 |
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Neuerungen im Hüttenwesen.
(Patentklasse 40. Fortsetzung des Berichtes Bd.
265 S. 443.)
Mit Abbildungen auf Tafel
9.
Neuerungen im Hüttenwesen.
Elektrolyse.
Die Anwendung der Elektricität in der Metallurgie erstreckt sich bisher im
Wesentlichen auf die Reingewinnung der Metalle aus Zwischenproducten, die aus den
Erzen auf chemischem Wege erzeugt worden sind. So gewinnt man z.B. aus Schwarzkupfer
und Kupferstein durch Elektrolyse Feinkupfer, aus unreinen Goldblechen feines Gold,
aus Handelszink fast chemisch reines Zink. Die Gewinnung der Metalle direkt aus den
Erzen ist zwar wiederholt vorgeschlagen worden, doch sind bisher nutzbringende
Erfolge nicht zu verzeichnen gewesen. Carlos Stolp in
Santiago de Chile hat nun eine Neuerung in dem Verfahren zur elektrolytischen
Gewinnung von Metallen aus Erzen vorgeschlagen (* D.R.P. Nr. 41061 vom 12. November
1886), bei welcher weder eine Röstung der Erze, noch eine vorherige Schmelzung
derselben erforderlich ist. Die Erze werden gemahlen und dann in Kasten gebracht,
welche zweckmäſsig aus geharztem Holze oder anderem, die Elektricität nicht
leitendem Material bestehen. Die Gröſse der Kasten, welche gewöhnlich zwei bis
dreimal so lang als breit sind, richtet sich nach der elektrischen Leitungsfähigkeit
der Erze. In Fig.
5 Taf. 9 ist ein derartiges Gefäſs A, bei
welchem die Kopfenden mit Kohlenplatten C belegt sind,
zur Anschauung gebracht. Jedes dieser Gefäſse wird zunächst mit zermahlenem Erz
angefüllt, welches dann mit Kochsalzlösung oder Meerwasser so weit getränkt wird,
daſs die Flüssigkeit nicht ganz bis zum oberen Rande der Erze reicht. Hierauf macht
man die eine der Kohlenplatten C zur Kathode, die
andere zur Anode. Der elektrische Strom darf jedoch nur so stark sein, daſs das
durch die Zersetzung der Salzlösung entstehende Chlor in statu nasc. die in den
Erzen vorhandenen Metalle sofort chlorirt, ohne daſs freies Chlor hierbei abdunstet.
Die Chlorirung wird in der Reihenfolge der gröſseren oder geringeren Verwandtschaft
derselben zum Chlor vor sich gehen. Ist das zu behandelnde Erz nicht genügend
leitend, so daſs die Masse dem elektrischen Strome einen zu groſsen Widerstand
entgegensetzt, so mischt man der Erzmasse eine geringe Quantität fein gepulverter
Holzkohle bei.
Sobald nun die Erze gut chlorirt sind oder die Salzlösung vollkommen zersetzt ist,
werden sie mit einer gröſseren Menge der gleichen Lösung versetzt. Nachdem die
Masse, um die Chlormetalle in Lösung zu bringen, gut umgerührt ist, wird die Lösung
durch Hähne am Boden des Gefäſses abgezapft. Dann leitet man den elektrischen Strom
von Neuem durch das noch feuchte Erz, löst die gebildeten Chloride auf und fährt
fort, bis die Masse vollkommen erschöpft ist. Statt der Kochsalzlösung u.s.w. kann
man in analoger Weise auch Schwefelsäure anwenden, wodurch dann die Erze in Sulfate
übergeführt werden.
Zur weiteren Behandlung der nach vorstehendem Verfahren erhaltenen Lösungen dient ein
Apparat, welcher in den Fig. 6 bis 14 Taf. 9 in mehrfacher
Modification dargestellt ist.
In einem Bassin A (Fig. 6) von beliebiger
Länge, 1m breit und 0m,75 hoch, steht lose eine Reihe von Kasten B, welche die innere Breite und Höhe des Bassins A haben und mit Leichtigkeit aus dem Bassin zu heben sind. Die Hinterwände
der nach oben offenen Kasten sind mit Kohlenplatten C
belegt, während die Vorderwände aus Diaphragmen D
bestehen. Je zwei solcher Kasten B sind mit ihren
Diaphragmen D einander zugekehrt. Zwischen letzteren
hängt die Platte E aus Kupfer oder einem anderen gut
leitenden Material von der Gröſse eines Diaphragmas. Die Entfernung der Platte E von den Diaphragmen beträgt bis zu 6cm, während die Diaphragmen von den Kohlenwänden
von 0cm,5 bis zu 4cm, je nach der Beschaffenheit des Erzes, entfernt sein können. Die Kasten
B, also der Raum zwischen C und D, werden mit zermahlenem oder
zerstückeltem Erz und der nach vorstehendem Verfahren entstandenen
Chlormetalllösung., das Bassin A nur mit
Chlormetalllösung so weit gefüllt, daſs die Diaphragmen noch etwas aus der
Flüssigkeit herausragen. Dann läſst man den Strom von je zwei Kohlenanoden C nach der gemeinsamen Kathode E gehen. In kurzer Zeit löst sich das in den Kasten vorhandene Erz auf,
während sich das Metall auf der gemeinsamen Kathode E
niederschlägt.
Sind die zu behandelnden Erze Gold-, Silber- oder Platinerze, so wendet man am besten
reine Chlornatriumlösung an. Die Erze werden in den Kasten während der Operation in
der Weise zusammensinken, wie ihnen der Metallgehalt entzogen wird.
In Fig. 7 und
8 ist eine
Modification des beschriebenen Apparates dargestellt, welcher sich für
continuirlichen Betrieb, namentlich zur Gewinnung von Edelmetallen, gut eignet. Die
Anode wird hier durch einen senkrecht stehenden Kohlencylinder C gebildet, welcher um seine Achse w rotiren kann. Der Cylinder ist oben und unten
geschlossen und unten mit schrägen Ansätzen H versehen.
Der obere Verschluſs wird durch einen Conus G gebildet,
über welchem sich ein Trichter T befindet, aus welchem
gemahlenes Erz und Chlormetalllösung stetig hinabgleiten, während der Cylinder
langsam rotirt.
Der Kohlencylinder wird in Entfernung von etwa 1cm
von einem cylindrischen Diaphragma D (porösem
Thoncylinder) umgeben. Kohlencylinder und Diaphragma werden in einer Entfernung von
ungefähr 1cm vom dritten Cylinder A (aus Holz oder säurefestem Material) eingeschlossen.
Letzterer muſs sich unten an das Diaphragma hermetisch anschlieſsen. Zwischen D und A steht lose ein
Kupfercylinder E. Der Raum zwischen D und A wird mit reiner
Kochsalzlösung gefüllt. Leitet man einen elektrischen Strom von der Kohlenanode zur
Kupferkathode, während gleichzeitig die Anode rotirt und aus T fortwährend neues Material nachsinkt, so wird sich auf der Kathode
beständig Metall niederschlagen. Die Erzrückstände, welche kein Metall mehr
enthalten, werden continuirlich bei H den Apparat
verlassen.
Eine andere Modification des Apparates ist in Fig. 9, 10 und 11 dargestellt. Ein
langes, nach dem einen Ende H zu schwach geneigtes
Bassin A ist auf der Sohle mit einer beliebigen Anzahl
von Kohlen-platten CC1
C2 u.s.w. belegt. Jede
Kohlenplatte ist etwa lm lang und 0m,5 breit. Ueber je einer dieser Kohlenplatten
befindet sich in einer Entfernung von etwa 1cm ein
Kasten B, welcher mit der betreffenden Kohlenplatte
gleiche Länge und Breite hat. Die Sohle dieser Kasten B
bildet ein Diaphragma D, über welchem in einer
Entfernung von. 1 bis 2cm horizontal an den Leitern FF1
F2 u.s.w. aufgehängte
Kupferplatten EE1
E2 u.s.w. sich
befinden. Dieser ganze Apparat steht nun in einer nach dem beschriebenen Verfahren
erhaltenen Metallsalzlösung so weit eingetaucht, daſs die Flüssigkeit nicht in die
Kasten B hineinlaufen kann, während diese wenigstens
bis zur Berührung mit den Platten E mit reiner
Kochsalzlösung gefüllt sind. Das aus dem Trichter G
zugeführte Erz rutscht, während das Bassin schwach erschüttert wird, auf der
schiefen Sohle nach H hinab, wo die extrahirten
Rückstände den Apparat verlassen.
Man kann auch dem Bassin u.s.w. eine solche Construction geben, wie dies Fig. 12 und
13 Taf. 9
veranschaulichen. Hier läſst sich der mit einer Kohlenplatte C belegte Balken B mittels einer
excentrischen Scheibe G bei H auf und ab bewegen. D ist wiederum
Diaphragma und E eine herausziehbare Kupferplatte,
welche als Kathode dient, während durch C die Anode
gebildet wird. Die Erzrückstände verlassen den Apparat bei J.
Fig. 14
endlich zeigt ein elektrolytisches Gefäſs, bei welchem die Sohle durch eine einzige
Kohlenplatte gebildet wird und sämmtliche Kathoden durch die Leitung F in Verbindung gesetzt sind.
Sämmtliche Apparate sind constructiv einfach und dürften mit Ausnahme der
Kohlenanoden und der Diaphragmen auch in weniger cultivirten Ländern leicht
herzustellen sein. Da fortwährend emsig experimentirt wird, um es zu ermöglichen,
haltbare künstliche Kohle sowie dünne unangreifbare Diaphragmen billig herzustellen,
so dürften die Apparate., namentlich zur Kupfer- und Edelmetallgewinnung, in Kohlen
armen, dagegen an Wasserkräften reichen Gegenden nützlich verwerthet werden
können.
Das Verfahren der Kupfergewinnung aus Kupferstein, welches zuerst von Elkington, später von Marchese wiederum vorgeschlagen wurde, setzt voraus, daſs die in das
elektrolytische Bad einzuhängenden Platten möglichst unzerbrechlich und, ohne
Schaden zu nehmen, nach beliebiger Entfernung transportirbar sind. Gleichzeitig
müssen dieselben während des elektrischen Extractionsprozesses gute
Leitungsfähigkeit besitzen. Bisher steckte man in den geschmolzenen, in die Formen
ausgegossenen Stein Metallstreifen aus Kupfer oder goſs die Platten mit Ansätzen, um
Contacttheile zum Anschluſs an die elektrische Leitung zu gewinnen. C. Stolp schlägt vor (vgl. D.R.P. Nr. 40434 vom 21.
November 1886), in die Formen vor dem Guſs der Platten ein grobmaschiges Drahtnetz
zu legen, so daſs, wenn der Stein in die Form entleert ist, das Drahtnetz der
Steinplatte einverleibt ist. Das Drahtnetz muſs auf der Seite, an welcher die
Steinplatte beim Eintauchen in das betreffende Bad an dem elektrischen Leiter
aufgehängt werden soll, so weit aus der Steinplatte hervorragen, daſs mit den
vorstehenden Netzfäden die Steinplatte an dem Leiter festgebunden werden kann.
Da der Elkington-Marchese-Prozeſs groſse Mengen von
Schwefelsäure verlangt, so dürfte die Bedeutung des beschriebenen Verfahrens darin
zu suchen sein, daſs die nach demselben hergestellten Anodenplatten aus Ländern, die
wenige oder gar keine Schwefelsäurefabriken besitzen, nach Ländern transportirbar
sind, in denen genannte Säure sehr billig hergestellt wird.
Nach Dr. A. Föhring (vgl. Berg-
und Hüttenmännische Zeitung, 1887 S. 336) eignet sich die elektrolytische
Raffination der Metalle (Elektrolyse von Silber haltigem Kupfer) besonders für den
Kleinbetrieb, weil dabei der ganze Verlauf des Prozesses eingehender und schärfer
beobachtet werden kann, als dies beim Groſsbetrieb möglich ist. Nach seiner Angabe
kostet eine Anlage, welche monatlich etwa 30000k
reinstes Kupfer liefern kann, 20000 bis 25000 M. Hierbei sind 9000 M. auf die Siemens'sche Maschine und 6000 M. auf die Betriebskraft
(6pferdige Locomobile) gerechnet. Der Rest wird sich wahrscheinlich auf die Bäder
und Schwefelsäure vertheilen. Zur Bedienung ist nur eine Arbeitskraft
erforderlich.
Für eine solche Kleinanlage ist der bleigefütterte hölzerne Fällungskasten 4m lang, 1m,5
breit und 1m hoch und faſst 700k Kupfervitriollösung und 700k 66grädige Schwefelsäure. Auf der Längsborde des
Kastens laufen zwei starke Kupferschienen, welche mit den beiden Polen der Maschine
verbunden sind. In der Lauge hängen 32 Silber haltige Kupferplatten von 1 × 1m,3 Fläche und 3cm Stärke. Dieselben ruhen mit lappenartigen Ansätzen auf den beiden
Kupferschienen und zwar auf dem positiven Strange direkt, während sie von der
negativen Schiene durch untergeschobene Holzklötzchen isolirt werden. Zwischen
diesen Platten hängen die 31 Matrizen, von derselben Gröſse, aber nur 1mm stark, aus reinstem Kupferbleche- sie sind mit
dem negativen Pole verbunden. Sämmtliche Platten müssen vollständig frei in der
Flüssigkeit hängen, ohne Boden oder Seitenwände zu berühren. Damit sich das
elektrolytisch gefällte Kupfer leicht von den Matrizen ablöst, sind diese mit
Petroläther überstrichen, welcher als guter Leiter der Elektricität die Ablagerung
des Raffinates in keiner Weise beeinträchtigt. Die Ränder, dagegen sind mit nicht
leitendem Paraffin überzogen, um ein Uebergreifen des abgelagerten Feinkupfers über
die Matrize zu verhindern. Bei Anwendung dieser Vorsichtsmaſsregel läſst sich das
raffinirte Kupfer in festen metallglänzenden Platten ohne Schwierigkeit von der
Matrize loslösen und letztere sofort wieder in Gebrauch nehmen.
Für constante Zusammensetzung und Bewegung in der Lauge wird so gesorgt, daſs auf der
einen Seite fortwährend frische Lauge durch ein Bleirohr am Boden des Kastens
zutritt, während am anderen Ende des Kastens die entkupferte leichte Lauge
(verdünnte Schwefelsäure) durch ein am Bordrand des Fällungsgefäſses angebrachtes
Bleirohr continuirlich abflieſst. Nachdem diese wieder mit Kupfervitriol, den man
sich aus
Kupferabfällen selbst erzeugt, auf die nöthige Concentration gebracht worden ist,
kann sie wieder in den Kreislauf des Prozesses zurückkommen. Das ausgeschiedene
Silber fällt zu Boden; ein Sammeln desselben in um die Platten gehängten Gazesäcken
hat sich nicht sehr bewährt. Nachdem die positiven Platten vollständig zerfressen,
porös und schwarz geworden sind, werden sie aus dem Prozesse entfernt. Sie bestehen
fast nur noch aus den Verunreinigungen des Kupfers, namentlich Blei mit Silber,
Arsen, Antimon u.s.w. Diese Reste werden unter Zusatz von Blei oder Glätte in
Tiegeln oder besser im kleinen Flammofen zusammengeschmolzen und dann gesaigert. Man
erhält dabei Silber haltiges Blei und Saigerdörner, welche aus Kupfer, Arsen,
Antimon u.s.w. bestehen. Die Saigerdörner werden vortheilhafter Weise nicht weiter
verarbeitet, sondern an das nächste Hüttenwerk abgegeben. Dagegen empfiehlt es sich,
das Silber haltige Blei zusammen mit dem Silberschlamm aus dem Fällungskasten in dem
kleinen Flammofen zusammenzuschmelzen und auf in der Regel Gold haltiges Feinsilber
zu vertreiben. Die fallende Glätte wird wiederum zum Entsilbern der Kupferrückstände
benutzt.
Ein neues Verfahren zur Gewinnung von Aluminium auf dem Wege der kaltflüssigen
Elektrolyse ist von Arwed Walter in Tarnowitz,
Oberschlesien (D.R.P. Nr. 40626 vom 10. Juli 1886), angegeben. Wässerige Lösungen
der Thonerde in Salpetersäure, nach Möglichkeit jedoch von Schwefelsäure- und
Salzsäureverbindungen der Thonerde und von Verbindungen der festen Alkalien und
Erden befreit, werden in groſsen hinter einander geschalteten Bädern nach Art der
Feinkupfergewinnung der Einwirkung eines starken Maschinenstromes unter Anwendung
platinirter Kupferbleche als Elektroden unterworfen. Das bei geringer
Stromdichtigkeit, etwa 0,02 bis 0,05 Ampère für 19° Kathodenfläche, in Gestalt eines
im feuchten Zustande tiefschwarzen Niederschlages ziemlich fest an der Kathode
abgeschiedene pulverförmige Aluminium wird mit dem Kupferblech aus der Flüssigkeit
gehoben, von geringen Mengen immer oberflächlich anhaftender Thonerde durch gelindes
Abspülen befreit, sodann durch gepreſsten Wasserstrahl vom Kupferblech abgelöst, mit
reinem kalten, namentlich Kochsalz freiem Wasser ausgewaschen und bei gelinder Wärme
in freier Luft getrocknet. In trockenem Zustande stellt das so gewonnene Aluminium
ein dunkelgraues Pulver dar, das unter einer Decke von Kochsalz oder Kryolith
zusammengeschmolzen werden kann. Hinsichtlich der Bereitung des Elektrolyten sei
noch bemerkt, daſs demselben theils zu Anfang, theils später organische Säuren
(Ameisen-, Essig-, Wein-, Trauben-, Citronen-, Oxalsäure, auch Fettsäuren) oder
besser primäre Alkohole zugesetzt werden sollen, welche sich unter dem Einflüsse des
an der Anode frei werdenden Sauerstoffes zunächst zu Aldehyden bezieh. Ketonen,
schlieſslich zu Säuren oxydiren lassen. Ob dem vorstehend beschriebenen Verfahren
eine gröſsere
Bedeutung als dem bereits früher von Braun
vorgeschlagenen Verfahren der Elektrolyse von Alaunlösungen beigemessen werden kann,
kann erst dann festgestellt werden, wenn im Groſsen angestellte Versuche
vorliegen.