Titel: | Kugelplanimeter. |
Autor: | R. |
Fundstelle: | Band 268, Jahrgang 1888, S. 261 |
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Kugelplanimeter.
Mit Abbildungen.
Kugelplanimeter.
Wir haben seiner Zeit (vgl. 1884 252 * 60. 254 * 374) über die Fortsehritte berichtet, welche die
Polarplanimeter durch den Mechaniker G. Coradi in
Zürich in den neuen Formen, den sogen. Präcisionspolarplanimetern und in den
Rollplanimetern erfahren haben. Die früheren Polarplanimeter gestatteten nur einen
sehr geringen Spielraum für die Veränderung des Werthes einer Umdrehung der
Meſsrolle; dieser nur vom Halbmesser der Rolle und der Länge des Fahrarmes abhängige
Werth lieſs eine beträchtliche Verringerung nicht leicht zu; eine Verkleinerung des
Rollenhalbmessers, ohnehin von keinem nennenswerthen Einfluſs, ist aus praktischen
Gründen unthunlich, und eine bedeutende Verkürzung des Fahrarmes erschwert die
Umfahrung, wenn sie dieselbe, namentlich bei etwas gröſseren Flächen, nicht gar ganz
unmöglich macht. Die Constructionen, die Coradi nach
Homann seinen Planimetern gab, haben eine Anzahl
anderer Längen und Abmessungen von Constructionstheilen, von welchen der Werth der
Rollenumdrehung abhängig ist, und durch zweckmäſsige Wahl dieser, hat es der
Mechaniker in der Macht, jenen Flächenwerth fast beliebig herabzudrücken. Während
bei den gewöhnlichen Polarplanimetern bei normaler Armstellung der Flächenwerth
einer Umdrehung etwa 100qc ist, konnte bei den
Scheibenplanimetern von Coradi derselbe bis auf selbst
8 und 4qc gebracht werden und dennoch die
Umfahrung selbst verhältniſsmäſsig gröſserer Flächen noch anstandslos erfolgen. In
dem Herabdrücken des Werthes einer Rollenumdrehung liegt aber mit ein Factor für die
Genauigkeit der Flächenbestimmung. Ferner verfolgten die dort ausführlicher
beschriebenen Planimeter die Tendenz, die rollenden Bewegungen der Integrirrolle,
gegenüber den auch vorkommenden gleitenden, die eine wesentliche Fehlerquelle in den
Angaben der Meſsrolle bilden, zu begünstigen, was bei all diesen Planimetern in der
That gelungen ist. Auſserdem wurde eine Fehlerquelle dadurch beseitigt, daſs für die
Planunterlage, die nicht immer von gleichmäſsiger und guter Beschaffenheit ist, auf
der sich bei den gewöhnlichen Polarplanimetern die Meſsrolle bewegte, ein Ersatz
geschaffen wurde durch eine aus Hartgummi oder aus Ebonit hergestellte rotirende
Scheibe, die mit glattem Papier überzogen ist. Die hier angeführten Vortheile, die
durch diese Planimeter
angestrebt und in hohem Grade auch erreicht wurden, wurden wie begreiflich durch den
Nachtheil erkauft, daſs diese Instrumente complicirter in der Ausführung sind, und
die die gewöhnlichen Amsler'schen Polarplanimeter
auszeichnende Einfachheit und compendiöse Form nicht aufweisen, daſs sie eine
subtilere und aufmerksamere Behandlung erfordern, um die für eine correcte
Flächenberechnung nothwendige Unveränderlichkeit zu bewahren. Obwohl nun die mit
diesen Instrumenten angestellten VersucheVgl. die Abhandlungen von Prof. Lorber in der
Zeitschrift für Instrumentenkunde, 1882 S.
1 und S. 425. Oesterreichische Zeitschrift für Berg-
und Hüttenwesen, 1883. Zeitschrift des
österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, 1884, sowie
Zeitschrift für Vermessungswesen, 1884.
Dann Prof. Tinter, Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur- und Architekten-Vereins, 1882. vorzügliche
Resultate in jeder Hinsicht ergaben, bemühte sich Coradi noch weiter, um seine Planimeter auf einen noch höheren Grad der
Vollkommenheit zu bringen. Insbesondere lieſs ihn der Umstand eine Verbesserung
wünschenswerth erscheinen, daſs für die genaue Flächenbestimmung eine groſse
Leichtigkeit in der rotirenden Bewegung der Meſsrolle um ihre Achse erforderlich
ist, dieser Forderung aber die andere, ebenfalls nothwendig zu erfüllende Bedingung
gegenüber steht, daſs die Rolle in ihren Achsenlagern nicht den geringsten Spielraum
besitzen darf; da nämlich bei den Scheibenplanimetern die Umdrehungen der Meſsrolle
abhängig sind von dem Abstande ihres Auflagepunktes vom Mittelpunkte der Scheibe, so
wird ein geringer Spielraum der Rolle in ihren Lagern zu einem unrichtigen Abstand
und somit zu Fehlern führen, die ganz bedeutend sein können. Wenngleich die
Instrumente vom Mechaniker auch in dieser Hinsicht möglichst fehlerfrei ausgeführt
werden, so ist doch durch Transport, Erschütterungen, Gebrauch oder in Folge groſser
Temperaturunterschiede diese correcte Justirung auf die Dauer vielleicht nicht zu
erhalten und eine Rectification nicht für Jedermann leicht ausführbar. Die
Instrumente nun so einzurichten, daſs sie auch in dieser Beziehung verläſslich sind,
hat Coradi veranlaſst, die Scheibenunterlage durch ein
rotirendes Kugelsegment, die Integrirrolle durch einen genau gearbeiteten Cylinder
zu ersetzen. Auch Professor J. Amsler-Laffon in
Schaffhausen hat in einer Abhandlung, die in der Zeitschrift
für Instrumentenkunde, Jahrg. 1884, veröffentlicht wurde, in der er eine
allgemeine Theorie der Planimeter gibt, verschiedene Formen der Planimeter erörtert
und alle als Specialfälle des Kugelplanimeters ableitet, bemerkt, daſs nur ein
solches Planimeter mit Kugel und Cylinder auf die Bezeichnung eines
Präcisionsplanimeters Anspruch erheben kann, natürlich sorgfältige Ausführung von
Seite des Mechanikers vorausgesetzt, welche hier um so eher möglich ist, als
keinerlei physikalische Hindernisse zu überwinden sind, wie bei den
Scheibenplanimetern, wo die Fehlerquelle wegen des Gleitens wohl vom fachkundigen
Mechaniker bedeutend reducirt, niemals aber vollständig beseitigt werden kann; bei
den Planimetern mit Kugel und Cylinder treten überhaupt nur rollende und keine gleitenden Bewegungen auf.
Coradi, der schon bei seinen ersten
PlanimeterconstructionenVgl. Beschreibung, Theorie und Gebrauch der
Präcisionspolarplanimeter. Patent Homann-Coradi, Karlsruhe 1882 und Das
freischwebende Präcisionsplanimeter, Patent Homann-Coradi und dessen Modificationen, von Friedrich Homann, Erlangen 1883. die
Kugel, damals ohne befriedigende Resultate zu erzielen, versuchte, hat nun, von der
von Amsler a.a.O. angegebenen Form wesentlich
verschieden, seinen neuesten Planimetern nachstehend beschriebene und durch Figuren
ersichtlich gemachte Construction gegeben. Coradi
fertigt diese neuen Polarimeter in zwei Formen: a) mit Polscheibe, b) als
Rollplanimeter an, erstere in Fig. 1, letztere in
Fig. 2 abgebildet. In ihrer prinzipiellen
Einrichtung unterscheiden sich die beiden nicht wesentlich von einander; vielmehr
wird man aus der nachfolgenden Beschreibung unschwer erkennen, daſs das letztere
eigentlich nur als ein solches von der ersten Type sich ergibt, mit unendlich
groſser Polscheibe und unendlich fernem Pol.
In Fig. 1 ist P die an
der oberen Peripherie geriffelte entsprechend schwere Polscheibe, O der Pol, auf welchen der Polarm BB gesteckt wird; in diesem ist die Achse a des Kugelsegmentes K
gelagert. Auf a ist eine kleine geriffelte Rolle fest,
welche mit der Riffelung der Polscheibe in Eingriff ist. Dreht man das Instrument um
den Pol, so wird sich die kleine Rolle auf der Riffelung der Polscheibe wälzen und
die Achse a und das Kugelsegment K rotiren. C ist ein
Gewicht, an einem ebenfalls um O gegen BB verdrehbaren Arm zur Ausbalancirung des Instrumentes
bei verschiedenen Fahrarmlängen.
Fig. 1., Bd. 268, S. 263In Fig. 2 sind R und R' zwei cylindrische, gleich groſse, an
ihren Umfangen rauhe Walzen, welche an derselben Welle A fest aufsitzen. Die Lager für die Welle A
sind in dem Wagen BB, der den Polarm der ersten
Construction vertritt. In diesem Wagen ist wieder die Achse a des Kugelsegmentes K gelagert und ist auch
auf dieser wieder fest aufsitzend eine kleine geriffelte Rolle, welche in den
ebenfalls geriffelten rechten RandDie Walze R' hat zu diesem Zwecke einen schmalen
Streifen rechts von etwas kleinerem Durchmesser; dieser Streifen ist
geriffelt und in diesen greift die kleine Rollen ein. der linken
Walze eingreift. Eine Bewegung des Wagens erfolgt wegen der gleichen Durchmesser der
Walzen R und R' senkrecht
zur Walze A und die Drehung von R' bewirkt jene von a und damit das Rotiren des Kugelsegmentes K. Von hier ab ist dann die Einrichtung für beide
Formen der Instrumente die gleiche; in dem Arm BB ist
eine vertikale Achse, um die eine Hülse k drehbar ist;
diese hat quadratischen Querschnitt und ist in ihr der Fahrarm F verschiebbar.
Fig. 2., Bd. 268, S. 264
Der Fahrarm ist eingetheilt und an der Hülse ein Nonius
entsprechend angebracht; Klemmschraube und feine Bewegung ermöglichen es, den
Fahrarm auf eine beliebige Ablesung bezieh. Marke einzustellen und zu fixiren. An
der Hülse k ist ferner eine horizontale, dem Fahrarm
parallele Achse, um welche sich der Rahmen M dreht;
dieser Rahmen hat eine weitere horizontale, auch dem Fahrarm parallele Achse für den
Cylinder c, an dessen einem Ende concentrisch mit ihm
eine Trommel aus weiſsem Celluloid befestigt ist; diese ist in 100 gleiche Theile
getheilt und mit Hilfe eines Nonius können Tausendstel einer Trommelumdrehung
abgelesen werden; das ZählwerkDie groſsen Planimeter mit Polscheibe, sowie die Rollplanimeter dieser
Construction haben Differentialzählwerk bis 420 Trommelumdrehungen zählend.
Dasselbe besteht in einer Achse, auf der ein kleiner Zeiger fest ist und
ebenso ein kleines Zahnrad mit 21 Zähnen. Diese Achse wird umschlossen von
einem Cylinder, an dem die Zählscheibe und unten ein Zahnrad mit 20 Zähnen
festsitzen; beide Zahnräder (gleich groſs und concentrisch) sind in Eingriff
mit dem auf der Cylinderachse eingeschnittenen Gewinde. Der kleine Zeiger,
durch das Drehen der Achse bewegt, spielt auf der inneren Theilung der
Ziffernscheibe in 21 gleiche Theile und zählt die ganzen Umdrehungen der
Ziffernscheibe; der feste Index zählt an der unter ihm vorbei gedrehten
Scheibe die Umdrehungen der Meſsrolle; die Theilung am Umfange ist in 20
gleiche Theile. für die Anzahl der ganzen Umdrehungen der
Meſsrolle ist aus der Figur zu ersehen. Durch eine in Fig.
1 ersichtlich gemachte Spiralfeder wird der Rahmen M und damit der Cylinder c immer sanft an das
Kugelsegment K angepreſst, so daſs stete Berührung
zwischen beiden ist. Kugelsegment und Cylinder sind aus hartem Stahl genau
gearbeitet und vernickelt. Groſse Sorgfalt hat der Mechaniker der Lagerung
zugewendet, die für eine richtige Functionirung des Instrumentes von groſser
Wichtigkeit ist. Da ein Spielraum der Kugelachse sowohl als ein todter Gang im
Eingriffe griffe der
Riffelung, insbesondere bei Flächen von gewissen Formen schädlich auf die Angaben
der Meſsrolle einwirken, so hat Coradi bei den nach
diesem Prinzipe angefertigten neuesten Rollplanimetern das linke Lager der
Kugelachse beweglich construirt, so daſs dasselbe mittels einer Spiralfeder nach
abwärts gezogen wird. Hierdurch ist der Eingriff der kleinen Rolle in die Riffelung
ohne todten Gang und der vordere Theil der Achse des Kugelsegmentes wird nach oben
in die Aussparung des cylindrischen Lagers gedrückt, wodurch der Spielraum im
Halslager der Kugelachse selbstthätig aufgehoben wird. Die Etuis für die Instrumente
sind zweckmäſsig so angefertigt, daſs diese mit jeder beliebigen Fahrarmeinstellung
eingelegt werden können. Die Planimeter mit Polscheibe können bei Ermittelung sehr
groſser Flächen auch mit „Pol innen“ Verwendung finden und es ist dann vorher
die dabei geltende konstante zu bestimmen, am besten auf dem Wege des Versuches.
Zu diesem Zwecke hat Coradi eine Vorrichtung construirt,
die aus Fig. 3 ersehen werden kann und aus einem
kreisrunden, auſsen genau kreiscylindrisch gearbeiteten polirten Metallring von etwa
18cm Durchmesser besteht. Derselbe hat an der
unteren Fläche 3 bis 4 feine Nadelspitzen eingesetzt, mit Hilfe welcher er auf der
Unterlage unverrückbar festgestellt wird. An diesen Ring legt sich ein Arm von der
aus der Fig. 3 ersichtlichen Form an, der sich um den
Ring herum drehen läſst, wodurch von den kleinen Löchern, welche im Abstande von 10,
11, 12, 15 bis 30cm vom Centrum des Ringes in dem
Arm geschlagen und beziffert sind, Kreise beschrieben werden. Stellt man die
Polscheibe in den Ring, die Spitze des Fahrstiftes in eines der Grübchen und führt
man den Arm, von einem Punkte ausgehend, im Kreise herum bis wieder zum
Ausgangspunkte, so wird man aus der bekannten Kreisfläche, der beobachteten Anzahl
der Umdrehungen der Meſsrolle und dem bekannten, oder vorher mit Hilfe eines anderen
Controllineales oder einer Probeplatte ermittelten Werthes einer Rollenumdrehung,
leicht die Constante des Instrumentes, natürlich für die betreffende
Fahrarmstellung, rechnen können. Obwohl die Werthe einer Rollenumdrehung sowie bei
den von Coradi „freischwebende Kugelplanimeter“
genannten Instrumenten auch die Constante für die verschiedenen Fahrarmeinstellungen
angegeben sind, wird man sich doch im gegebenen Falle von der Richtigkeit der Angabe
selbst überzeugen bezieh. diese richtig stellen, indem man aus bekannten Flächen,
die man umfährt, die Werthe ableitet.
Fig. 3., Bd. 268, S. 265Die mit mehreren solchen Instrumenten beider Gattungen und verschiedener
Gröſse ausgeführten eingehenden GenauigkeitsversucheLorber, Zeitschrift für Vermessungswesen,
Jahrgang 1888 S. 161 bis 187. haben ergeben, daſs die mit diesen
neuen Kugelplanimetern erreichbare Genauigkeit nahe jener gleich kommt, welche mit
den Scheibenplanimetern erzielt wurde, daſs diese Instrumente aber vor jenen den
Vorzug gröſserer Unveränderlichkeit haben, und daſs sie, was Reducirung der
Fehlerquellen anlangt, einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiete der
mechanischen Integratoren bedeuten. Hinsichtlich der Theorie, Fehlerbestimmung,
Genauigkeitsuntersuchung u.s.w. sei auf die letzt citirte Abhandlung verwiesen.
R.